Ausflugsziele am Niederrhein -  Von Andreas Rüdig (November 2007)

B. C. Koekkoek - Niederrhein-Landschaftsmaler

 
Es ist das größte Schifffahrtsmuseum am unteren Niederrhein: Das Rheinmuseum Emmerich dokumentiert die wechselvolle Geschichte der Stadt Emmerich am Rhein, ihrer Umgebung, ihrer – teils schon wieder verschwundenen – auch überregional bekannten ortsansässigen Firmen, den Rheinstrom sowie die Entwicklung der Rheinschifffahrt.  So beschreibt das Museum seine Sammlung.

Das Erdgeschoß ist dem Leben am und dem Arbeiten auf und unter Wasser gewidmet. Ein Museumsgarten mit Segelkutter, Rheinruderboot und Ein – Mann – U – Boot ist hier genauso vorhanden wie alte Fotos oder ein monströser Taucheranzug.

Die 1. Etage ist der Binnenschifffahrt gewidmet. Über 130 Schiffsmodelle vom Einbaum zum Schubverband und Containerschiff, ein Original – Steuerhaus eines Motorschiffes mit Radaranlage, nautisches Gerät und Schiffszubehör sind hier zu besichtigen. Ein bedeutendes Standbild des Christopherus ist hier zu sehen.

Bis zum 2. Weltkrieg war diese überlebensgroße Figur im Freien, und zwar in einer Nische des Christopheltores am Rhein untergebracht. Nach dem Abbruch des Christopheltores fand die Figur eine neue Heimstätte im Ratssaal. Noch einmal wechselte das Standbild seinen Platz. Bei Fertigstellung des Rheinmuseums fand es seinen Platz in diesem neuen Haus.

Zum Standbild selbst: Christopherus hat die Hosenbeine aufgerollt und durchwatet mit großen Schritten die schäumenden Wellen des Stromes, indem er sich schwer auf einen gewaltigen Eichenstab stützt. An seinem sorgenvollen Gesicht, das er in voller Breite dem Betrachter zuwendet, erkennt man die Schwere der Last und die Mühe des Tragens, die ihm das seltsame Kind bereitet, das auf seinen Schultern sitzt und mit kindlich frohem Lächeln dreinschaut. Es freut sich, in so luftiger Höhe zu sitzen und dem riesigen Mann eine so schwere Arbeit zu verursachen.

Aber Christopherus trägt nicht nur das Kind, sondern auch noch zwei weitere Personen. Davon hält er die eine gleich einem Bündel unter dem linken Arm, während die andere fröhlich aus seiner Ledertasche hervorschaut und nach dem anderen Ufer späht.

Christopherus trägt das um 1500 gebräuchliche Wams mit dem gestickten Halsausschnitt, das um die Hüften zusammengezogen wird durch den ledernen Gürtel, an dem eine Tasche hängt. Denn für den Künstler war Christopherus einer aus der Mitte des Volkes, bekleidet wie viele daraus, nur gewaltig groß und mit Riesenkraft begabt.

Die 2. Etage beschäftigt sich mit dem Fisch und seinem Fang. Fischfang am Rhein? Das jahrhundertealte Gewerbe der Rheinfischerei verlor erst nach dem 2. Weltkrieg seine Existenz. Original – Ausrüstungsgegenstände eines Rheinfischers, Modell von Fischereifahrzeugen und Fanggeräte sowie Fischpräparationen werden hier gezeigt; hinzu kommt ein wenig Stadtgeschichte.

Zwischen den heutigen Anlegestellen der Köln – Düsseldorfer – Schiffahrtsgesellschaft und einem Teil der jetzigen Ölwerke „Unichema“ befand sich von 1858 – 1887 eine Schiffswerft, deren Eigentümer Heinrich Prenger hieß.

Der Schiffsbauer Heinrich Prenger kann aus der alten Schiffbauerstadt Dorsten nach Emmerich. Obwohl Dorsten eine weit vom Rhein entfernte, an der unteren Lippe gelegene Stadt ist, war sie selbst für das Schiffer- und Schiffsbautenland Holland nicht selten eine scharfe Konkurrenz.

Am Niederrhein selbst gab es bis 1858, als Prenger seinen Betrieb von Dorsten nach Emmerich verlegt, nur eine Werft für den damaligen Holzschiffbau, nämlich die Werft „Berninghaus“ (heute noch für Eisenschiffbau in Köln – Mülheim).

Hier den komplizierten Schiffsbauprozeß zu beschreiben, würde sicherlich zu weit führen. Das Ende des Unternehmens kam jedenfalls schnell. Da das Schleppen der Schiffe wesentlich schneller mit Dampfern als mit Segeln vonstatten ging, bedeutete das ein langsames Ende des umfangreichen Takelgeschäfts. Beschleunigt wurde dieser Prozeß jedoch durch die Versandung der Werften; es wurde hier soviel Sand angeschwemmt, daß es bei niedrigem Wasserstand nicht möglich war, die Schlitten unter den Schiffen anzubringen, weil sie nicht nahe genug an das Ufer gelangen konnten.

Die Schiffe mußten nun zu einer Werft nach Holland fahren, was dazu führte, daß der Sohn des Inzwischen verstorbenen Schiffsbaumeisters Heinrich Prenger die Werft 1887 nach Ruhrort Verlegt, wo sie in eine Werft für eiserne Schiffe umgewandelt wurde. Johann Prengers erstes erbautes Schiff hieß „Else“ und trug eine Last von 400 t.

In Emmerich erinnern noch das Denkmal auf dem Grabe des Schiffsbaumeisters Prenger und ein Werftmodell im Rheinmuseum daran, daß hier auf einmal der Schiffsbau betrieben wurde.

So beschreibt das Museum das Schicksal einer lokalen Schiffswerft. Ob sich der Besuch in dem Schiffahrtsmuseum lohnt? Gutbürgerlich wie die Stadt – so präsentiert sich das Museum. Dementsprechend bodenständig ist auch die Ausstellung. Eine moderne Museumspädagogik – na ja, von diese kleinen Museum wäre es vielleicht zu viel verlangt. Einen Sonntagsausflug ist es auf jeden Fall wert.

 

Aber bitte mit Sahne – so heißt es in einem älteren Schlager von Udo Jürgens. Kaffee und Kuchen sind eine beliebte Freizeitbeschäftigung für den Sonntag Nachmittag. Wie der Kaffee in die Tasse kommt, zeigt das Museum für Rösttechnik in Emmerich.

Nostalgisches rund um den Kaffee und die Geschichte der Entwicklung der Kaffee – Rösttechnik mit Exponaten vom Kugelröster bis zu modernen Röstmaschinen – wenn man der Werbung glauben darf, bekommt ein Besucher dies im Museum zu sehen. Und tatsächlich: Probenröster, Trommelröster, Kugelröster, Scheibenmühlen, Ladenmühlen, Mokkamühlen, Schnellröster und Laborröster – sie alle sind in dem Museum vereint. Zusammen  mit einer Espressobar, einem kleinen Kaffee – Lädchen, 350 Handmühlen und einigen anderen Ausstellungsstücken rund um den Kaffee machen sie das Museum aus.

Die Probat – Werke von Gimborn Maschinenfabrik GmbH riefen das Museum in den 1970er Jahren ins Leben. „Probat bietet Lösungen für den gesamten Bereich der Kaffee- und Nahrungsmittelveredelung. Angefangen bei Rohprodukt – Annahmen, Gewichtskontrollstationen, Reinigungsmaschinen, Fördereinrichtungen, Siloanlagen, Mischern, Probenröstern, Chargen- und kontinuierlichen  Röstmaschinen bis hin zu  kontinuierlichen Röst- und Kühlsystemen, Mühlen und Laboreinrichtungen. Anlagensteuerungen und Software entwickelt Probat im eigenen Haus und stimmt sie exakt auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse ab,“ heißt es in einer Imagebroschüre des Unteernehmens. Auch wenn das Museum von privater Hand getragen wird, findet hier keine Selbstbeweihräucherung statt: Nicht das Untenehmen, sondern die Technikgeschichte steht hier im Vordergrund. Produkte der Konkurrenz sind also durchaus zugelassen.

Über 150 Liter Kaffee trinkt jeder Deutsche im Jahr – Kaffee ist damit deutlich beliebter als Bier. 70 % des Kaffees wird mit Maschinen der Firma Probat geröstet – was übrigens nicht nur für Goch oder Emmerich gilt, sondern weltweit. Lediglich Auswahl der Bohnen, Zusammensetzung des Kaffees und die Art des Röstens ist Firmengeheimnis des Kaffeeanbieters. 1868 wurde die Maschinenfabrik gegründet. Auch wenn keine konkrete Zahlen zu erfahren sind: Sehr schwierige Zeiten durchläuft das Unternehmen in diesen Tagen. Sichtbares Zeichen: Die Zahl der Beschäftigten ging in den vergangenen 10 Jahren auf 310 Mitarbeiter und 30 Lehrlingen zurückgegangen. So ist zumindest unter der Hand auf einer Führung zu erfahren.

Kaffee. Mit ihm kommt der Duft der großen weiten Welt ins heimische Wohnzimmer. Dieser Flair fehlt dem Museum völlig. Wo wächst Kaffee? Wie wird er angebaut? Wie kommt er nach Deutschland? Wie kommt der gemahlene Kaffee ins Geschäft? Geschichte, die dem Besucher das Geschäft mit dem Kaffee näher bringen, fehlen völlig. Noch nicht einmal der Röstvorgang wird hier erklärt. Lediglich einen langjährigen Mitarbeiter mit der Betreuung des Museums zu beauftragen, ist sicherlich zu wenig. Schade eigentlich. Mit ein bißchen gutem Willen hätte hier durchaus eine angenehme Kaffeeklatsch – Atmosphäre entstehen können.

 

Er ist ein Ingenieur und Unternehmer aus dem holländischen Örtchen Berg en Dal: Koenrad Bosman lebte von 1918 bis 2000. Das bemerkenswerte an ihm: seine Liebe zur Kunst und zum Mäzenatentum. Seit 1996 ist das Städtische Museum Rees nach ihm benannt.

Neben einer kleinen Abteilung für die Stadtgeschichte ist die Abteilung Kunst der eigentliche, spannende Teil des Museums. Gemälde niederländischer Maler der Romantik (die Sammlung Koenrad Bosman), Gemälde, Aquarelle, Druckgraphiken und Zeichnungen niederrheinischer bzw. niederländischer Künstler (die Sammlung Stadt Rees) sowie Wechselausstellungen zeitgenössischer Künstler machen diese Abteilung aus.

Die Sammlung K. Bosman umfaßt alte Gemälde von Matthias Scheits (um 1625 – um 1700) und Johan Maurits Quinkhard (1688 in Rees – 1772). Hinzu kommen Bilder des 19. Jahrhunderts, beispielsweise von Dirk van Lokhorst (1818 – 1893), Albertus Verhoesen (1806 – 1881), Johannes F. Hoppenbrouwers (1819 – 1866), Charles Rochussen (1814 – 1894), Johannes H. B. Koekkoek (1840 – 1912), Hermanus Koekkoek jun. (1836 – 1895), Bartol Willem van Laar (1818 – 1901), Hendrik Willem Mesdag Nachf. (1831 – 1907), Jan Jacob Spohler (1811 – 1866) und Albert J. van Prooyen (1834 – 1898). Außerdem beinhaltet die Sammlung Gemälde der Französischen Schule vom Anfang des 19. Jahrhunderts.

Die Sammlung Stadt Rees beinhaltet unter anderem Werke von Piet Leysing (1885 – 1933), Helmuth Liesegang (1858 – 1945), Johann Moritz Quinkhard, Ernst Isselmann (1885 in Rees – 1916), Paul Biesemann (1896 – 1943), Franz M. Jansen (1885 – 1958), Heinz Scholten (1894 in Rees  - 1967), Erich Feyerabend (1889 in Rees – 1945), Walter Heimig (1880 – 1955) sowie Willi Angenendt (1910 in Rees – 1992).

Das zweigeschossige, fünfachsige Gebäude aus der Zeit um 1850 mit dem neuen Anbau umfaßt 418 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Unter dem Museumsgebäude befindet sich eine zugängliche, noch weitgehend erhaltene, in den 1580er Jahren auf Veranlassung des Reeser Magistrats erbaute Kasematte für leichte Geschütze. Die ca. 15 Meter lange Kasematte umfaßt vier Geschützkammern. Sie wurde zu einer Zeit erbaut, als das Territorium des Herzogtums Kleve, zu dem Rees damals gehörte, mehr und mehr in die kriegerischen Auseinandersetzungen während des 80jährigen Aufstandes gegen die spanische Herrschaft hineingezogen wurde.

Ein kleines, hübsches Museum erwartet hier den Besucher. Landschaften und Porträts bestimmen die Motive. Der niederländische Einfluß ist hier deutlich zu spüren. Malweise und Themenauswahl sprechen sehr deutlich hierfür. Welcher niederrheinische Künstler hätte sich schon freiwillig mit etwas anderem beschäftigt als der heimischen Landschaft und Landwirtschaft? Sehr bodenständig, konservativ, ja auch auf wohltuende Art altmodisch ist die Ausstellung.

Ob es ein Fluch oder Segen ist, daß die Sammlung weitgehend unbekannt ist? Wahrscheinlich eher ein Segen. Wer sich in aller Ruhe gute Malerei ansehen möchte, kommt hier voll auf seine Kosten. Handwerkliches Können und künstlerische Qualität gehen hier vor Modernität und Exklusivität.

Keine Experimente! So lautet ein politischer Slogan der `50er Jahre. Ein Spruch, der sich auch auf dieses Museum beziehen könnte. Moderne Kunst á la Beuys ist hier nicht zu finden. Was wohl ein Unternehmer wie Bosman davon gehalten haben wird?

 

Hier findet Kunst parallel zur Natur statt: Die Stiftung Insel Hombroich organisiert Kunst in einer Parklandschaft.

In einer Park – Aue und Terrassenlandschaft, die von dem Landschaftsgärtner Bernhard Korte erarbeitet wurde, liegen, zum Teil versteckt, elf skulpturenartige Museumsbauten, die von dem Bildhauer Erwin Heerich entworfen wurden.

„Für viele Besucher wird die Begegnung mit dem Bildhauer Anatol Herzfeld zum überraschenden Erlebnis, besonders wenn man das Glück hat, in seiner Arbeitszeit mit ihm persönlich ins Gespräch zu kommen,“ erzählt die Werbung für die Insel.

Die Insel – sie kann von dem Besucher individuell entdeckt werden – einen festgelegten Weg, an den sich der Besucher halten muß, gibt es hier nicht. Das Erleben von „Kunst parallel zur Natur“ – frei nach einem Zitat von Paul Cezanne – soll dem Besucher viele Wege und Einblicke, quasi Blickbeziehungen bieten. Ruhig von jedem Umgebungslärm läßt sich hier gut das Leben genießen, ohne daß man einem roten Faden folgen muß.

Eine Besonderheit der Museen ist der Aufbau und die Präsentation der Kunstwerke, die in den einzelnen Räumen von dem Maler Gotthard Graubner durch eigenwillig Inszenierung und Gegenüberstellung zum Dialog gebracht wird. Weder Schilder noch andere Erläuterungen lenken von der reinen Bildsprache ab. Diese Konzeption bestimmt die Unverwechselbarkeit der Museumsinsel.

In dem Gebäude „Labyrinth“ sind mehrere Kunstbereiche der Sammlung präsentiert. Khmer – Skulpturen und chinesische Figuren aus der Han – Zeit stehen in Korrespondenz zur Malerei von Gotthard Graubner. Schwerpunktartig gesetzt sind im Labyrinth auch Sammlungsbereich aus dem frühgeschichtlichen Luristan und Amlasch, aus dem frühen China, aus der Han – Tang und Ming – Zeit, aus Khmer. Das 20. jahrhundert ist weiter vertreten mit Werken von Lovis Corinth, Kurt Schwitters, Hans Arp, Jean Frautier, Francis Picabia, Raymond Hains und Erwin Heerich.

In dem Ausstellungsgebäude mit zwölf Räumen werden folgende Sammlungsbereiche gezeigt: Afrika, Ozeanien, Mezcala Kultur (Mexiko), Nazca Federkleid aus Peru, Objekte aus China und dem alten Persien (Amlasch, Luristan), Khmer Skulpturen, Filz- und Tonarbeiten von Eduardo Chillida, Möbelobjekte von Gerit Rietveld und Marcel Breuer, Skulpturen von Anatol Herzfeld, Erwin Heerich in Verbindung mit Oliver Kruse, stabile und mobile Skulpturen von Alexander Calder, ein Theatergewand von Henri Matisse sowie Bilder von Norbert Tadeusz, Bart van der Leck, Alfred Jansen, Yves Klein, Ellsworth Kelly und Bruno Goller.

Das Gebäude „Schnecke“ ist das graphische Kabinett mit Zeichnungen von Lovis Corinth, Gustav Klimt, Henri Matisse, Constantin Brancusi, Alberto Giacometti, mit Aquarellen von Paul Cezanne, Gotthard Graubner und Bart van der Leck, mit Radierungen von Rembrandt, Chillida, Graubner und Corinth sowie mit Wachsskulpturen von Medardo Rosso.

Kunst und Natur – diese Kombination ist bisher einzigartig. Bislang hatte der Kunstfreund die Wahl. Entweder stand die Kunst als solche im Vordergrund. Dann spielte sich die Ausstellung in einem Gebäude ab. Oder die Natur wurde als Kunstwerk, die es auszugestalten gilt, begriffen: Gärten und Gartenanlagen seien hier als Beispiele genannt. Die auf der Museumsinsel gezeigte Kunst ist sehr modern, aber trotzdem fast schon alltäglich. Sensationelle, aufregende Exponate sind hier nicht zur finden. Trotz aller prominenter Namen: Daß in einem Museum gelegentlich die Frage aufkommt, was an einem bestimmten Exponaten Kunst ist, ist ja fast schon normal.

Ob die Museumsinsel ein Freiluftmuseum ist? Ja, mit all` seinen Vor- und Nachteilen. Gerade im Sommer mit seinen sonnigen, warmen Tagen ist das Museum sicherlich eine Einladung an jeden Besucher, sich mit beidem, Kunst und Natur, zu beschäftigen. Doch wehe, es fällt ein Tropfen Regen. Dann gleicht die Anlage eher einer Wassertretanlage a la Kneipp. Ob das wohl Sinn der Sache ist? Deutsche Sommer sind sehr kühl und regnerisch. Ein wenig mehr Rücksichtnahme auf die Besucher und ihre Schuhe wäre hier schon angebracht.

Was gibt es sonst noch zu berichten? Motorisiert sollte der Besucher sein, der die Insel anstrebt. Es ist nun wirklich unverständlich, daß ein solches Ausflugsziel nur unregelmäßig mit Bussen (und Bahnen schon gar nicht) zu erreichen ist. Ist es wirklich zuviel verlangt, daß zumindest einmal stündlich und gar auch an Wochenende ein Bus fährt? Immerhin ist die Museumsinsel einer der wenigen bedeutenden kulturellen Ereignisse, die es in Neuss gibt.

 

Mord braucht Reklame. Behauptet Dorothy L. Sayers in einem ihrer Buchtitel. Wer nicht in Werbung investiere, weil es Geld koste, könne auch gleich die Uhr anhalten, um Zeit zu sparen, sagt Unternehmensgründer Henry Ford. Plakate sind das Werbeinstrument des frühen 20. Jahrhunderts. Ihnen ist ein eigenes Museum gewidmet: das Deutsche Plakatmuseum in Essen.

„Plakate sind ja große Bilder, denen man überall begegnet; nicht nur zuhause, sondern im ganzen Land und weltweit. Plakate sind ein einseitig bedrucktes Stück Papier. Die Menschen bestimmen dann, was darauf steht: ein politisches Pamphlet, ein attraktives Produkt (die Wirtschaft nutzt immer noch dieses Medium) oder kulturelle Ankündigungen. `Wirb oder stirb´ sagte man am Anfang des 20. Jahrhunderts. Das Ausbleiben der Werbung schwächt die wirtschaftliche Stellung eines Unternehmens. Werbung muß Gestalt und ein Aussehen haben – und beides muß immer wieder neu erfunden werden. Ich muß Leistung anbieten; ich muß Leute animieren, diese Leistung zu kaufen. Konkurrenz durch Fernsehen, Computer und Radio? Plakate haben Geschichte und Zukunft. Es gibt eine handliche Form von Plakat wie die an Litfasssäulen und eine optische Form für Autofahrer. Ein gutes Beispiel ist die Waschmittelwerbung: Die emanzipierte Hausfrau fährt an der Werbung vorbei und erinnert sich im Kaufhaus daran. Optische Wiedererkennungsmerkmale sorgen dafür, daß man zu einem bestimmten Produkt greift. Großflächenwerbung macht einen wichtigen Teil der Plakatwerbung aus. Für uns ist es allerdings ein riesiges Problem. Nicht so sehr wegen er Größe, sondern wegen der Folgekosten. Lagerung und Präsentation wären zu teuer,“ erzählt Dr. Frieder Mellinghoff, der Leiter des Museums.

Zentral in der Essener Innenstadt und doch ein wenig abseits in der Theaterpassage liegt das Museum. Über 120.000 plakative Grafiken werden hier aufbewahrt; Toulouse – Lautrec, Thorn – Prikker und Behrens sind hier genauso zu finden wie Vertreter neuester Stilrichtungen. Der zeitliche Schwerpunkt der Sammlung: Jahrhundertwende- und Nachkriegsplakate. Der inhaltliche Schwerpunkt: der deutschsprachige Raum, Osteuropa und die USA. Ob die Ausstellungshalle, die auf einer halben Etage der Theaterpassage untergebracht ist und ein Kabinett für historische Druckmaschinen mit beinhaltet, den ästhetischen Ansprüchen genügt, bleibt zweifelhaft. Zu einfach, zu schlicht wirkt die Ausstellung.

Und dennoch: „Das Grafik – Design ist die humanitäre Quelle, aus der wir schöpfen. Wir möchten möglichst dicht an Handel und Gewerbe sein. Wir möchten eine Fläche schaffen, die Anschauung und Information bietet,“ erläutert Mellinghoff das Konzept der Ausstellung, nur um fortzufahren: „Wir haben eine große Distanz zur bildenden Kunst. Kunst ist eine Vision vom menschlichen Miteinander im paradiesischen Zustand. Bei Plakaten werden reale Dinge gespiegelt. Sie haben Funktion und Zweck und sind Werkzeug, um dieses zu bewirken.“

 

Sie ist die Schutzheilige der Bergleute, Glockengießer und Glöckner: die heilige Barbara. Seit dem 14. Jahrhundert wird sie als Schutzpatronin verehrt. Ihre Bilder und Statuen sind im Deutschen Bergbaumuseum in Bochum zu sehen.

„Glück auf“ – mit dem traditionellen Bergmannsgruß werden die Besucher im größten Bergbaumuseum der Welt empfangen. In zahlreichen Abteilungen mit einer montanhistorischen Sammlung erfährt der Besucher alles Wissenswerte zur deutschen und europäischen Bergbaugeschichte. Wie ist die Kohle erdgeschichtlich entstanden? Wie werden Schächte abgeteuft? Was bedeuten Bewetterung und Wasserhaltung, und wie funktionieren sie? Diese und noch mehr Fragen werden hier beantwortet.

Ein Teil des Besuchs ist eine „Grubenfahrt“ in das zur Besichtigung angelegte Anschauungsbergwerk etwa 20 Meter tief unter dem Museum. Zahlreiche Originalmaschinen stehen entlang des 1,5 km lagen Rundgangs und geben dem Besucher einen Einblick in die Arbeit unter Tage.

Die Besucher erfahren nicht nur etwas über den Steinkohleabbau, sondern können sich auch über die Erzgewinnung informieren. Hier kommen aber nicht nur Technikfreunde auf ihre Kosten; Kunstliebhaber sollten die Abteilung „Bergbau und Kunst“ besuchen.

Bergbau ist reine Männersache? Weit gefehlt – seit 1989 beweist die Ausstellung „Frauen und Bergbau“, daß auch Frauen über und unter Tage zupackten und es in manchen Ländern heute noch tun. Wer sich so lange mit der Kohlengräberei beschäftigt hat, den zieht es in die Höhe. Eine Fahrt im Förderkorb auf das 70 m hohe Fördergerüst, einst auf der Zeche Germania in Dortmund im Dienst, seit 1975 Wahrzeichen der Stadt Bochum, sollte auch auf dem Programm stehen. Von der Plattform aus bietet sich ein Blick über die früher größte Kohlenstadt des Reviers und über weite Teile des Ruhrgebiets – zumindest bei gutem Wetter.

Auch die Architektur des Museums ist interessant. Das Hauptgebäude entstand ab Mitte der 1930er Jahre nach den Plänen des bekannten Industriearchitekten Fritz Schupp. Er übernahm einerseits Formen des Industriebaus für das einem Industriezweig gewidmeten Museum, kubische Baukörper mit hochrechteckigen Fenstern und betonten Ecken, gleichzeitig aber entspricht der Eingangsbereich den ästhetischen Vorstellungen der NS – Machthaber. Schupp entwarf auch das Fördergerüst, das 1944 gebaut wurde.

Soweit zur Beschreibung der Ausstellung. Doch lohnt sich ein Besuch wirklich? Ein wenig spröde, fast schon langweilig wirkt die eigentliche Ausstellung. Große Säle, Exponate, die in Vitrinen versteckt werden, Schautafel und Kunst hinter Glas – sie vermitteln keinen lebendigen Eindruck vom Leben und Arbeiten in und um ein Bergwerk. Eine rein technische Betrachtung des Bergbaus geht am Thema vorbei. Die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, die tägliche Lebenswelt, die regionalen Bezüge – auch sie wollen angemessen präsentiert werden. Hörprogramme, Videos, interaktive Computer, Exponate zum Anfassen – sie alle fehlen. Welches Kind, welcher Jugendliche kann sich noch vorstellen, wie sich Briketts und Eierkohle anfühlt?

Der Besuch im Ausstellungsstollen ist sicherlich lohnenswert. Doch Vorsicht! Kohle wurde hier nie abgebaut. Es ist vielmehr ein Nachbau, nur zu Ausstellungszwecken errichtet. So spannend eine Fahrt unter Tage auch ist, Authentizität und Lebendigkeit sind hier nur bedingt spürbar. Zu gut ausgebaut sind die Stollen, es fehlt der Duft von Methan, Schweiß und Staub.

Zur Route der Industriekultur gehört dieses Museum. Wer das Museum besucht, soll auch auf die Rheinische Bergbau – Route vorbereitet werden. Ob ein solches Museum aber wirklich eine gute Vorbereitung auf den Bergbau ist, sei einmal dahingestellt. Wen interessiert schon der Blick auf längst vergangene Tage, wenn der Blick in die Zukunft fehlt?

 

 

Wir lagen von Madagaskar und hatten die Pest an Bord. So beginnt ein bekanntes Volkslied. „Die Duisburger Binnenschiffer haben Madagaskar natürlich nie kennengelernt. Schließlich sind die Nordsee und das Schwarze Meer ihre natürlichen Grenzen,“ erzählt Ruth Löffler. Die studierte Historikerin und Archäologin betreut die Öffentlichkeitsarbeit im Museum der Deutschen Binnenschiffahrt, das im Duisburger Stadtteil Ruhrort angesiedelt ist.

Also eines jener  unzähligen Museen, die dem Trend der Zeit folgend ein Stück Heimatgeschichte zeigen? Mitnichten! Allein schon der Ort, in dem das Museum untergebracht ist, ist ungewöhnlich; Das Museum ist in der alten Ruhrorter Badeanstalt untergebracht. Von 1908 bis 1910 erbaut, bis 1986 Schwimmbad, 1988 Denkmal, 1992 Sanierung, 1998 Neu – Eröffnung als Museum – so ließe sich die Geschichte dieses Gebäudes beschreiben. „Das Museum als solches gibt es schon seit 20 Jahren,“ betont Löffler. „Die Sammlung war zuerst ím ehemaligen Ruhrorter Rathaus untergebracht. Als es über die Jahre zu eng wurde, konnten wir dann in die Badeanstalt umziehe.“

Ein bißchen Glück war schon dabei im Spiel: 1989 fiel der Startschuß der Internationalen Bauausstellung (IBA) Emscher Park. Die ökologische und städtebauliche Erneuerung des nördlichen Ruhrgebiets stand als Ziel auf ihren Fahnen geschrieben.  „Da Ruhrort damals sehr heruntergekommen war, wurde es als eines der Projekte ausgewählt. Das Museum als attraktiver Standort soll dazu beitragen, den Stadtteil zu verbessern,“ erzählt Löffler. Nun ging es Schritt auf Schritt: Die IBA beteiligte sich als Ideengeber und unterstützte das Projekt finanziell. Das Land NRW bezahlte den Umbau; die NRW – Stiftung für Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege finanzierte, zusammen mit dem Förderverein des Museums, die museale Einrichtung.

Schiffahrt in einem Museum? Kein Problem für die Duisburger Museumsmacher. „Im Herrenbad zeigen wir die Geschichte der Binnenschiffahrt. Vom Einbaum bis zum Schubverband ist die ganze Bandbreite der Binnenschiffahrt zu sehen,“ erzählt die gebürtige Kölnerin. Ganz egal, ob Modelle, Fahnen, Originalgegenstände von Schiffen oder eine Galerie  (Gemäldesammlung der Binnenschiffahrt) – eine ganze Bandbreite von Ausstellungsgegenständen eröffnet sich dem Besucher.  „Unser Prunkstück ist natürlich die Tjalke von 1913 in der Mitte des Raumes. Mit diesem Segelschiff wurden landwirtschaftliche Produkte aus Holland transportiert.  Das besondere an dem Schiff: Sie sieht aus wie aus Holz hergestellt, besteht aber auch Eisen. Dieses riesige Schiff ins Museumsgebäude zu kriegen war schon ein spektakulärer Akt,“ so Löffler. „Es erforderte schon einigen Aufwand, das 20 Meter lange Schiff mit Hilfe von Luftkissen durch ein Loch in der Außenwand in das Schwimmbecken zu hieven.“

Fast schon ein bißchen stiefmütterlich sehen der Frachtkontor im Keller und die sozialgeschichtliche Ausstellung im kleineren Damenbad aus. „Im Damenbad wollten wir die soziale Seite des Berufes zeigen. Die Frauen waren oft Hausfrau, Matrosin, Schiffsführerin und Mutter in einer Person. Das brachte besondere Schwierigkeiten  mit sich. Immerhin war das Schiff oft nicht nur Arbeitsplatz, sondern auch Wohnort. So koche ich, wo wasche ich die schmutzige Wäsche?“ Eine kleine Schifferkneipe, oft erster Anlaufpunkt für heimgekehrte Schiffer, rundet das Bild ab. Einen Schmankerl bietet auch dieser Raum: Hier entsteht der Nachbau eines Binnenschiffes, genauer gesagt: eines Frachtkahnes. „Es ist ein dynamischer Prozeß. Die Besucher sollen erleben, wie Schiffe gebaut werden. Unsere Schwierigkeit: Der Beruf des Holzschiffbauers ist ausgestorben, Schreiner müssen erst wieder eingearbeitet werden. Und das Museumsschiff „Oscar Huber“ (ein ehemaliger Seitenradschleppdampfer, der im Originalzustand im Duisburger Hafen zu besichtigen ist) sei nun wirklich nicht als Vorbild zu gebrauchen.

Ein Schiffahrtsmuseum mitten im Binnenland? Kein Wunder angesichts der langen Tradition als Stadt eines Binnenhafens. Das erste Hafenbecken wurde im 18. Jahrhundert gebaut, heute ist der Duisburger Binnenhafen der größte seiner Art der Welt. Auch wenn die Nostalgie früherer Tage oder das Fernweh und das Flair größerer Seehäfen fehlt – die Binnenschiffart ist ein Teil der Geschichte, die sich durchaus sehen lassen kann.

 

Im Schlossturm am Burgplatz, dem einzigen Überrest des Düsseldorfer Stadtschlosses, befindet sich seit den `80er Jahren das Schiffahrt – Museum. Es präsentiert sich (oder möchte es zumindest so) als ein modernes, interaktives Museum, das sich verschiedenen Themen widmet. Der Lebensraum Schiff, der Naturraum Rhein, der Ökologie, Hochwasser, Eisgang, Fischfang und das Leben im Rhein gleichermaßen betrifft, die Entwicklung der Schiffahrt auf dem Rhein sowie die Entwicklung der Düsseldorfer Häfen, Fähren und Brücken – dies sind die Themen, die in dem Museum angesprochen werden.

Multimedial – so präsentiert sich das Museum wirklich. Viele Modelle zeugen von dem Leben auf dem Fluß: Schiffe, Arbeitsgeräte und nautische Literatur sind hier genauso vertreten wie Gebrauchsgegenstände aus dem täglichen Leben. Auf modernen gläsernen Schautafeln kommen Hobbyhistoriker auf ihre Kosten: Hier wird die neuere Geschichte des gewaltigen Stroms in der Düsseldorfer Gegend lebendig. Hinzu kommen Filme und Fotos, die per Mausklick abrufbar sind: Auf jeder der vier Etagen gibt es mindestens einen Monitor, wo die Besucher sich visuell Infos über das Geschehen auf dem Rhein abrufen können. Welche Berufe gibt es in der Binnenschiffahrt? Wie arbeitet man in einer Taucherglocke? Wie lebt, wohnt, arbeitet man auf dem Schiff? Wie war es in der guten alten Zeit? Kurze Filme und Fotos sollen lebendig in die Themen einführen. Die moderne Museumspädagogik läßt grüßen.

Ob sich ein Besuch in dem Museum lohnt? Auf den ersten Blick erscheint es natürlich reizvoll, ein Museum in die Höhe gehen zu lassen und in einem Turm unterzubringen. Doch wo bleibt der Flair der Binnenschiffahrt, wenn sich die Ausstellung in einem Turm des ehemaligen Stadtschlosses befindet. Ein wenig albern und deplaziert erscheint es für so manchen Besucher. Ist es wirklich unrealistisch, wenn ich das Wasser an der Reling plätschern hören möchte. Die schwankenden Planken, die Enge an Bord, die schweren Schritte auf dem Bord aus Stahl – sie machen für Landratten den Reiz der Schiffahrt aus. Leider fehlt der sprichwörtliche Salzgeruch der Luft hier vollständig.

Sehenswert ist lediglich die Multimediashow zum Thema Düsseldorf. Die Geschichte der Stadt ist hier genauso Thema wie die Gegenwart und der Rhein. Farben, Bilder, filmische Spielszenen, Musik, Geräusche, gesprochener Text, angestrahlte Objekte – sie machen den Reiz dieser Show aus. Sie läßt den üppigen Eintrittspreis von 3 € schnell vergessen.

  

Der Glaube kann Berge versetzen. Behauptet zumindest der Volksmund. „Bei mir sollst Du wissen. Glauben kannst Du am Sonntag in der Kirche,“ hält so mancher Lehrer im Unterricht dagegen, wenn ein Schüler einen Satz mit „Ich glaube...“ beginnt. Ein Ort, diesem Rat des Lehrers nachzukommen: die Abtei Werden in Essen.

Oberhalb des malerischen Ruhrtals thront auf einer Anhöhe über Werden die Basilika St. Ludgerus. Über Jahrhunderte hinweg prägte das Kloster das wirtschaftliche und kulturelle Leben der Umgebung. 799 gründete der Friese Liudger, der erste Bischof von Münster, das Benediktinerkloster Werden. Verkehrsgünstig an einer Furt über die Ruhr gelegen, entwickelte sich der Ort Werden mit seinem Kloster rasch zu einem blühenden Städtchen, das 1317 die Stadtrechte erhielt. 1056 brannte die Klosterkirche nieder. Die Bevölkerung begann sofort mit dem Wiederaufbau, diesmal im spätromanischen Stil, der auch heute noch den Bau prägt. In der Barockzeit wurde die Kirche neu ausgestaltet und erhielt ein geschnitztes Chorgestühl und einen neuen Hochaltar.

Die Abtei und ihr Grundbesitz spielte bei der Frühindustrialisierung durchaus eine Rolle. Schon aus dem 16. Jahrhundert sind Zehntzahlungen aus dem Kohlengraben an die Abtei bekannt. Auch die Fürstinnen des Stiftes Essen waren beispielsweise an der Gründung der ersten Eisenhütten in Sterkrade beteiligt. Wie überall im Rheinland wurde das Kloster in Werden 1802 während der Franzosenzeit aufgelöst. Noch heute ist das Land NRW und nicht die Kirchengemeinde Eigentümer des Sakralbaus. Nach dem Krieg erhielt die weltberühmte Folkwang – Schule für Musik, Theater und Tanz in den fürstlich gestalteten Klostergebäuden ihren Sitz – sehr zu ihrem Schaden, macht das Gebäude heute doch eher einen heruntergekommenen Eindruck.

Ein wenig knapp und nüchtern beschreibt der Kommunalverband Ruhrgebiet die Station auf der Route der Industriekultur. Doch was bekommt der Besucher hier zu sehen? Für den zufälligen Besucher ist das eigentliche Gotteshaus natürlich der auffälligste, weil sichtbarste Punkt und damit auch erste Anlaufstelle. Hier ist die (katholische) Pfarrgemeinde St. Ludger  untergebracht. „Tatsächlich ist dies die dritte Kirche an dieser Stelle. Die erste Klosterkirche wurde schätzungsweise zu Beginn des 9. Jahrhunderts gebaut. Von diesem Gebäude existieren nur noch die Grundmauern. Im Jahre 856 wurde es durch ein Feuer zerstört. Die folgende Kirche wurde 875 durch Bischof Willibert von Köln eingeweiht. Diese Kirche wurde im frühromanischen Stil gebaut und diente dem Gottesdienst der Mönche. Das gemeine Volk verfügte über seine eigene Kirche, die dem Heiligen Peter gewidmet war. Heute gibt es nur noch diese Volks – Kirche, weil die Klosterkirche auch durch ein Feuer vernichtet wurde. Die Mönche bauten die heutige große Kirche im frühromanischen Stil und weihten sie im Jahre 1275 ein. Dies war die Zeit des Umbruchs vom romanischen zum gotischen Stil. Der berühmte (gotische) Kölner Dom wurde zur selben Zeit erbaut – auch wenn in Werde die letzte romanische Kirche des Rheinlandes entstand. Im Innenraum ist dieser Stilwechsel deutlich zu sehen, was die Bedeutung der Kirche erklärt.

Betritt man die Kirche durch den Westeingang, sieht man auf der rechten Seite ein Standbild von St. Ludger aus dem 16. Jahrhundert, während auf der linken Seite  eine Skulptur der Heiligen Maria mit dem toten Jesus – die Skulptur stammt aus dem späten 15. Jahrhundert – zu sehen ist. St. Ludger ist ja der Gründer der Kirche. Auf den frühen romanischen Gewölbebögen sind Relikte von Originalgemälden aus dem 10. Jahrhundert zu sehen. Auch Besucher, die sich in der Kunstgeschichte nicht auskennen, werden den Unterschied zwischen früher und später romanischer Architektur schnell erkennen.

Die Ausstattung und Dekoration der Kirche, nämlich Altar, Kanzel und Holzausstattung, stammen aus dem Barock, 17. und 18. Jahrhundert. Die Gemälde stammen von einem Werdener Mönche namens Josef Gebhardsöder. Interessant ist auch die Orgel aus dem Jahre 1983. In der frühromanischen Gruft gibt es einen modernen Schrein, in dem die Relikte des St. Ludger untergebracht sind. In der spätromanischen Gruft auf der anderen Seite des Sarkophags wurde die Familie Ludgers beerdigt,“ beschreibt Heinrich Engel das Kirchgebäude. Äußerlich einen wuchtigen Eindruck hinterlassen, entwickelt die Kirche nur bedingt die Pracht vergleichbarer Kirchen. Ein prächtiger Altarraum, eine hübsche Orgel, Heiligenbilder, vergoldete Standbilder – natürlich sind sie hier vorhanden. Doch übertrieben oder überladen, nein, so wirkt die Kirche nun wirklich nicht.

Zweite Anlaufstelle der Abtei: die Domschatzkammer. Sakrale Gegenstände, wertvolle historische Handschriften (z. T. als Faksimile), Meßgewänder, Gemälde, Statuen aus Stein und Holz – dies sind nur einige der Gegenstände, die ein Besucher hier bewundert kann. „Klein, aber fein“ könnte man das Museum nennen. Auch ohne zu tief in die Geschichte von Ort, Kloster und Kirche sowie das klösterliche Leben einzusteigen, bekommt der Betrachte doch einen interessanten Einblick in den Wohlstand der Abtei.

Es darf schon ein wenig spekuliert werden: Wie wäre die Geschichte wohl verlaufen, hätten die Franzosen nicht zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Säkularisation eingeführt? Hätte es die Industrialisierung gegeben? Hätte unser Staat theokratische Züge? Keine Ahnung. Eines ist jedenfalls sicher: Die Stadt Essen hätte ein Ausflugsziel weniger. Wer sich für kirchliche Themen interessiert, wird hier ein lohnendes Ziel für den sonntäglichen Ausflug finden. Zumal auch – praktischerweise ganz in der Nähe – der Baldeneysee mit seinen Reizen lockt.

Aber bitte mit Sahne – so heißt es in einem älteren Schlager von Udo Jürgens. Kaffee und Kuchen sind eine beliebte Freizeitbeschäftigung für den Sonntag Nachmittag. Wie der Kaffee in die Tasse kommt, zeigt das Museum für Rösttechnik in Emmerich.

Nostalgisches rund um den Kaffee und die Geschichte der Entwicklung der Kaffee – Rösttechnik mit Exponaten vom Kugelröster bis zu modernen Röstmaschinen – wenn man der Werbung glauben darf, bekommt ein Besucher dies im Museum zu sehen. Und tatsächlich: Probenröster, Trommelröster, Kugelröster, Scheibenmühlen, Ladenmühlen, Mokkamühlen, Schnellröster und Laborröster – sie alle sind in dem Museum vereint. Zusammen  mit einer Espressobar, einem kleinen Kaffee – Lädchen, 350 Handmühlen und einigen anderen Ausstellungsstücken rund um den Kaffee machen sie das Museum aus.

Die Probat – Werke von Gimborn Maschinenfabrik GmbH riefen das Museum in den 1970er Jahren ins Leben. „Probat bietet Lösungen für den gesamten Bereich der Kaffee- und Nahrungsmittelveredelung. Angefangen bei Rohprodukt – Annahmen, Gewichtskontrollstationen, Reinigungsmaschinen, Fördereinrichtungen, Siloanlagen, Mischern, Probenröstern, Chargen- und kontinuierlichen  Röstmaschinen bis hin zu  kontinuierlichen Röst- und Kühlsystemen, Mühlen und Laboreinrichtungen. Anlagensteuerungen und Software entwickelt Probat im eigenen Haus und stimmt sie exakt auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse ab,“ heißt es in einer Imagebroschüre des Unteernehmens. Auch wenn das Museum von privater Hand getragen wird, findet hier keine Selbstbeweihräucherung statt: Nicht das Untenehmen, sondern die Technikgeschichte steht hier im Vordergrund. Produkte der Konkurrenz sind also durchaus zugelassen.

Über 150 Liter Kaffee trinkt jeder Deutsche im Jahr – Kaffee ist damit deutlich beliebter als Bier. 70 % des Kaffees wird mit Maschinen der Firma Probat geröstet – was übrigens nicht nur für Goch oder Emmerich gilt, sondern weltweit. Lediglich Auswahl der Bohnen, Zusammensetzung des Kaffees und die Art des Röstens ist Firmengeheimnis des Kaffeeanbieters. 1868 wurde die Maschinenfabrik gegründet. Auch wenn keine konkrete Zahlen zu erfahren sind: Sehr schwierige Zeiten durchläuft das Unternehmen in diesen Tagen. Sichtbares Zeichen: Die Zahl der Beschäftigten ging in den vergangenen 10 Jahren auf 310 Mitarbeiter und 30 Lehrlingen zurückgegangen. So ist zumindest unter der Hand auf einer Führung zu erfahren.

Kaffee. Mit ihm kommt der Duft der großen weiten Welt ins heimische Wohnzimmer. Dieser Flair fehlt dem Museum völlig. Wo wächst Kaffee? Wie wird er angebaut? Wie kommt er nach Deutschland? Wie kommt der gemahlene Kaffee ins Geschäft? Geschichte, die dem Besucher das Geschäft mit dem Kaffee näher bringen, fehlen völlig. Noch nicht einmal der Röstvorgang wird hier erklärt. Lediglich einen langjährigen Mitarbeiter mit der Betreuung des Museums zu beauftragen, ist sicherlich zu wenig. Schade eigentlich. Mit ein bißchen gutem Willen hätte hier durchaus eine angenehme Kaffeeklatsch – Atmosphäre entstehen können.

 

Er ist ein Ingenieur und Unternehmer aus dem holländischen Örtchen Berg en Dal: Koenrad Bosman lebte von 1918 bis 2000. Das bemerkenswerte an ihm: seine Liebe zur Kunst und zum Mäzenatentum. Seit 1996 ist das Städtische Museum Rees nach ihm benannt.

Neben einer kleinen Abteilung für die Stadtgeschichte ist die Abteilung Kunst der eigentliche, spannende Teil des Museums. Gemälde niederländischer Maler der Romantik (die Sammlung Koenrad Bosman), Gemälde, Aquarelle, Druckgraphiken und Zeichnungen niederrheinischer bzw. niederländischer Künstler (die Sammlung Stadt Rees) sowie Wechselausstellungen zeitgenössischer Künstler machen diese Abteilung aus.

Die Sammlung K. Bosman umfaßt alte Gemälde von Matthias Scheits (um 1625 – um 1700) und Johan Maurits Quinkhard (1688 in Rees – 1772). Hinzu kommen Bilder des 19. Jahrhunderts, beispielsweise von Dirk van Lokhorst (1818 – 1893), Albertus Verhoesen (1806 – 1881), Johannes F. Hoppenbrouwers (1819 – 1866), Charles Rochussen (1814 – 1894), Johannes H. B. Koekkoek (1840 – 1912), Hermanus Koekkoek jun. (1836 – 1895), Bartol Willem van Laar (1818 – 1901), Hendrik Willem Mesdag Nachf. (1831 – 1907), Jan Jacob Spohler (1811 – 1866) und Albert J. van Prooyen (1834 – 1898). Außerdem beinhaltet die Sammlung Gemälde der Französischen Schule vom Anfang des 19. Jahrhunderts.

Die Sammlung Stadt Rees beinhaltet unter anderem Werke von Piet Leysing (1885 – 1933), Helmuth Liesegang (1858 – 1945), Johann Moritz Quinkhard, Ernst Isselmann (1885 in Rees – 1916), Paul Biesemann (1896 – 1943), Franz M. Jansen (1885 – 1958), Heinz Scholten (1894 in Rees  - 1967), Erich Feyerabend (1889 in Rees – 1945), Walter Heimig (1880 – 1955) sowie Willi Angenendt (1910 in Rees – 1992).

Das zweigeschossige, fünfachsige Gebäude aus der Zeit um 1850 mit dem neuen Anbau umfaßt 418 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Unter dem Museumsgebäude befindet sich eine zugängliche, noch weitgehend erhaltene, in den 1580er Jahren auf Veranlassung des Reeser Magistrats erbaute Kasematte für leichte Geschütze. Die ca. 15 Meter lange Kasematte umfaßt vier Geschützkammern. Sie wurde zu einer Zeit erbaut, als das Territorium des Herzogtums Kleve, zu dem Rees damals gehörte, mehr und mehr in die kriegerischen Auseinandersetzungen während des 80jährigen Aufstandes gegen die spanische Herrschaft hineingezogen wurde.

Ein kleines, hübsches Museum erwartet hier den Besucher. Landschaften und Porträts bestimmen die Motive. Der niederländische Einfluß ist hier deutlich zu spüren. Malweise und Themenauswahl sprechen sehr deutlich hierfür. Welcher niederrheinische Künstler hätte sich schon freiwillig mit etwas anderem beschäftigt als der heimischen Landschaft und Landwirtschaft? Sehr bodenständig, konservativ, ja auch auf wohltuende Art altmodisch ist die Ausstellung.

Ob es ein Fluch oder Segen ist, daß die Sammlung weitgehend unbekannt ist? Wahrscheinlich eher ein Segen. Wer sich in aller Ruhe gute Malerei ansehen möchte, kommt hier voll auf seine Kosten. Handwerkliches Können und künstlerische Qualität gehen hier vor Modernität und Exklusivität.

Keine Experimente! So lautet ein politischer Slogan der `50er Jahre. Ein Spruch, der sich auch auf dieses Museum beziehen könnte. Moderne Kunst á la Beuys ist hier nicht zu finden. Was wohl ein Unternehmer wie Bosman davon gehalten haben wird?

 

Hier findet Kunst parallel zur Natur statt: Die Stiftung Insel Hombroich organisiert Kunst in einer Parklandschaft.

In einer Park – Aue und Terrassenlandschaft, die von dem Landschaftsgärtner Bernhard Korte erarbeitet wurde, liegen, zum Teil versteckt, elf skulpturenartige Museumsbauten, die von dem Bildhauer Erwin Heerich entworfen wurden.

„Für viele Besucher wird die Begegnung mit dem Bildhauer Anatol Herzfeld zum überraschenden Erlebnis, besonders wenn man das Glück hat, in seiner Arbeitszeit mit ihm persönlich ins Gespräch zu kommen,“ erzählt die Werbung für die Insel.

Die Insel – sie kann von dem Besucher individuell entdeckt werden – einen festgelegten Weg, an den sich der Besucher halten muß, gibt es hier nicht. Das Erleben von „Kunst parallel zur Natur“ – frei nach einem Zitat von Paul Cezanne – soll dem Besucher viele Wege und Einblicke, quasi Blickbeziehungen bieten. Ruhig von jedem Umgebungslärm läßt sich hier gut das Leben genießen, ohne daß man einem roten Faden folgen muß.

Eine Besonderheit der Museen ist der Aufbau und die Präsentation der Kunstwerke, die in den einzelnen Räumen von dem Maler Gotthard Graubner durch eigenwillig Inszenierung und Gegenüberstellung zum Dialog gebracht wird. Weder Schilder noch andere Erläuterungen lenken von der reinen Bildsprache ab. Diese Konzeption bestimmt die Unverwechselbarkeit der Museumsinsel.

In dem Gebäude „Labyrinth“ sind mehrere Kunstbereiche der Sammlung präsentiert. Khmer – Skulpturen und chinesische Figuren aus der Han – Zeit stehen in Korrespondenz zur Malerei von Gotthard Graubner. Schwerpunktartig gesetzt sind im Labyrinth auch Sammlungsbereich aus dem frühgeschichtlichen Luristan und Amlasch, aus dem frühen China, aus der Han – Tang und Ming – Zeit, aus Khmer. Das 20. jahrhundert ist weiter vertreten mit Werken von Lovis Corinth, Kurt Schwitters, Hans Arp, Jean Frautier, Francis Picabia, Raymond Hains und Erwin Heerich.

In dem Ausstellungsgebäude mit zwölf Räumen werden folgende Sammlungsbereiche gezeigt: Afrika, Ozeanien, Mezcala Kultur (Mexiko), Nazca Federkleid aus Peru, Objekte aus China und dem alten Persien (Amlasch, Luristan), Khmer Skulpturen, Filz- und Tonarbeiten von Eduardo Chillida, Möbelobjekte von Gerit Rietveld und Marcel Breuer, Skulpturen von Anatol Herzfeld, Erwin Heerich in Verbindung mit Oliver Kruse, stabile und mobile Skulpturen von Alexander Calder, ein Theatergewand von Henri Matisse sowie Bilder von Norbert Tadeusz, Bart van der Leck, Alfred Jansen, Yves Klein, Ellsworth Kelly und Bruno Goller.

Das Gebäude „Schnecke“ ist das graphische Kabinett mit Zeichnungen von Lovis Corinth, Gustav Klimt, Henri Matisse, Constantin Brancusi, Alberto Giacometti, mit Aquarellen von Paul Cezanne, Gotthard Graubner und Bart van der Leck, mit Radierungen von Rembrandt, Chillida, Graubner und Corinth sowie mit Wachsskulpturen von Medardo Rosso.

Kunst und Natur – diese Kombination ist bisher einzigartig. Bislang hatte der Kunstfreund die Wahl. Entweder stand die Kunst als solche im Vordergrund. Dann spielte sich die Ausstellung in einem Gebäude ab. Oder die Natur wurde als Kunstwerk, die es auszugestalten gilt, begriffen: Gärten und Gartenanlagen seien hier als Beispiele genannt. Die auf der Museumsinsel gezeigte Kunst ist sehr modern, aber trotzdem fast schon alltäglich. Sensationelle, aufregende Exponate sind hier nicht zur finden. Trotz aller prominenter Namen: Daß in einem Museum gelegentlich die Frage aufkommt, was an einem bestimmten Exponaten Kunst ist, ist ja fast schon normal.

Ob die Museumsinsel ein Freiluftmuseum ist? Ja, mit all` seinen Vor- und Nachteilen. Gerade im Sommer mit seinen sonnigen, warmen Tagen ist das Museum sicherlich eine Einladung an jeden Besucher, sich mit beidem, Kunst und Natur, zu beschäftigen. Doch wehe, es fällt ein Tropfen Regen. Dann gleicht die Anlage eher einer Wassertretanlage a la Kneipp. Ob das wohl Sinn der Sache ist? Deutsche Sommer sind sehr kühl und regnerisch. Ein wenig mehr Rücksichtnahme auf die Besucher und ihre Schuhe wäre hier schon angebracht.

Was gibt es sonst noch zu berichten? Motorisiert sollte der Besucher sein, der die Insel anstrebt. Es ist nun wirklich unverständlich, daß ein solches Ausflugsziel nur unregelmäßig mit Bussen (und Bahnen schon gar nicht) zu erreichen ist. Ist es wirklich zuviel verlangt, daß zumindest einmal stündlich und gar auch an Wochenende ein Bus fährt? Immerhin ist die Museumsinsel einer der wenigen bedeutenden kulturellen Ereignisse, die es in Neuss gibt.

 

Mord braucht Reklame. Behauptet Dorothy L. Sayers in einem ihrer Buchtitel. Wer nicht in Werbung investiere, weil es Geld koste, könne auch gleich die Uhr anhalten, um Zeit zu sparen, sagt Unternehmensgründer Henry Ford. Plakate sind das Werbeinstrument des frühen 20. Jahrhunderts. Ihnen ist ein eigenes Museum gewidmet: das Deutsche Plakatmuseum in Essen.

„Plakate sind ja große Bilder, denen man überall begegnet; nicht nur zuhause, sondern im ganzen Land und weltweit. Plakate sind ein einseitig bedrucktes Stück Papier. Die Menschen bestimmen dann, was darauf steht: ein politisches Pamphlet, ein attraktives Produkt (die Wirtschaft nutzt immer noch dieses Medium) oder kulturelle Ankündigungen. `Wirb oder stirb´ sagte man am Anfang des 20. Jahrhunderts. Das Ausbleiben der Werbung schwächt die wirtschaftliche Stellung eines Unternehmens. Werbung muß Gestalt und ein Aussehen haben – und beides muß immer wieder neu erfunden werden. Ich muß Leistung anbieten; ich muß Leute animieren, diese Leistung zu kaufen. Konkurrenz durch Fernsehen, Computer und Radio? Plakate haben Geschichte und Zukunft. Es gibt eine handliche Form von Plakat wie die an Litfasssäulen und eine optische Form für Autofahrer. Ein gutes Beispiel ist die Waschmittelwerbung: Die emanzipierte Hausfrau fährt an der Werbung vorbei und erinnert sich im Kaufhaus daran. Optische Wiedererkennungsmerkmale sorgen dafür, daß man zu einem bestimmten Produkt greift. Großflächenwerbung macht einen wichtigen Teil der Plakatwerbung aus. Für uns ist es allerdings ein riesiges Problem. Nicht so sehr wegen er Größe, sondern wegen der Folgekosten. Lagerung und Präsentation wären zu teuer,“ erzählt Dr. Frieder Mellinghoff, der Leiter des Museums.

Zentral in der Essener Innenstadt und doch ein wenig abseits in der Theaterpassage liegt das Museum. Über 120.000 plakative Grafiken werden hier aufbewahrt; Toulouse – Lautrec, Thorn – Prikker und Behrens sind hier genauso zu finden wie Vertreter neuester Stilrichtungen. Der zeitliche Schwerpunkt der Sammlung: Jahrhundertwende- und Nachkriegsplakate. Der inhaltliche Schwerpunkt: der deutschsprachige Raum, Osteuropa und die USA. Ob die Ausstellungshalle, die auf einer halben Etage der Theaterpassage untergebracht ist und ein Kabinett für historische Druckmaschinen mit beinhaltet, den ästhetischen Ansprüchen genügt, bleibt zweifelhaft. Zu einfach, zu schlicht wirkt die Ausstellung.

Und dennoch: „Das Grafik – Design ist die humanitäre Quelle, aus der wir schöpfen. Wir möchten möglichst dicht an Handel und Gewerbe sein. Wir möchten eine Fläche schaffen, die Anschauung und Information bietet,“ erläutert Mellinghoff das Konzept der Ausstellung, nur um fortzufahren: „Wir haben eine große Distanz zur bildenden Kunst. Kunst ist eine Vision vom menschlichen Miteinander im paradiesischen Zustand. Bei Plakaten werden reale Dinge gespiegelt. Sie haben Funktion und Zweck und sind Werkzeug, um dieses zu bewirken.“

 

Sie ist die Schutzheilige der Bergleute, Glockengießer und Glöckner: die heilige Barbara. Seit dem 14. Jahrhundert wird sie als Schutzpatronin verehrt. Ihre Bilder und Statuen sind im Deutschen Bergbaumuseum in Bochum zu sehen.

„Glück auf“ – mit dem traditionellen Bergmannsgruß werden die Besucher im größten Bergbaumuseum der Welt empfangen. In zahlreichen Abteilungen mit einer montanhistorischen Sammlung erfährt der Besucher alles Wissenswerte zur deutschen und europäischen Bergbaugeschichte. Wie ist die Kohle erdgeschichtlich entstanden? Wie werden Schächte abgeteuft? Was bedeuten Bewetterung und Wasserhaltung, und wie funktionieren sie? Diese und noch mehr Fragen werden hier beantwortet.

Ein Teil des Besuchs ist eine „Grubenfahrt“ in das zur Besichtigung angelegte Anschauungsbergwerk etwa 20 Meter tief unter dem Museum. Zahlreiche Originalmaschinen stehen entlang des 1,5 km lagen Rundgangs und geben dem Besucher einen Einblick in die Arbeit unter Tage.

Die Besucher erfahren nicht nur etwas über den Steinkohleabbau, sondern können sich auch über die Erzgewinnung informieren. Hier kommen aber nicht nur Technikfreunde auf ihre Kosten; Kunstliebhaber sollten die Abteilung „Bergbau und Kunst“ besuchen.

Bergbau ist reine Männersache? Weit gefehlt – seit 1989 beweist die Ausstellung „Frauen und Bergbau“, daß auch Frauen über und unter Tage zupackten und es in manchen Ländern heute noch tun. Wer sich so lange mit der Kohlengräberei beschäftigt hat, den zieht es in die Höhe. Eine Fahrt im Förderkorb auf das 70 m hohe Fördergerüst, einst auf der Zeche Germania in Dortmund im Dienst, seit 1975 Wahrzeichen der Stadt Bochum, sollte auch auf dem Programm stehen. Von der Plattform aus bietet sich ein Blick über die früher größte Kohlenstadt des Reviers und über weite Teile des Ruhrgebiets – zumindest bei gutem Wetter.

Auch die Architektur des Museums ist interessant. Das Hauptgebäude entstand ab Mitte der 1930er Jahre nach den Plänen des bekannten Industriearchitekten Fritz Schupp. Er übernahm einerseits Formen des Industriebaus für das einem Industriezweig gewidmeten Museum, kubische Baukörper mit hochrechteckigen Fenstern und betonten Ecken, gleichzeitig aber entspricht der Eingangsbereich den ästhetischen Vorstellungen der NS – Machthaber. Schupp entwarf auch das Fördergerüst, das 1944 gebaut wurde.

Soweit zur Beschreibung der Ausstellung. Doch lohnt sich ein Besuch wirklich? Ein wenig spröde, fast schon langweilig wirkt die eigentliche Ausstellung. Große Säle, Exponate, die in Vitrinen versteckt werden, Schautafel und Kunst hinter Glas – sie vermitteln keinen lebendigen Eindruck vom Leben und Arbeiten in und um ein Bergwerk. Eine rein technische Betrachtung des Bergbaus geht am Thema vorbei. Die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, die tägliche Lebenswelt, die regionalen Bezüge – auch sie wollen angemessen präsentiert werden. Hörprogramme, Videos, interaktive Computer, Exponate zum Anfassen – sie alle fehlen. Welches Kind, welcher Jugendliche kann sich noch vorstellen, wie sich Briketts und Eierkohle anfühlt?

Der Besuch im Ausstellungsstollen ist sicherlich lohnenswert. Doch Vorsicht! Kohle wurde hier nie abgebaut. Es ist vielmehr ein Nachbau, nur zu Ausstellungszwecken errichtet. So spannend eine Fahrt unter Tage auch ist, Authentizität und Lebendigkeit sind hier nur bedingt spürbar. Zu gut ausgebaut sind die Stollen, es fehlt der Duft von Methan, Schweiß und Staub.

Zur Route der Industriekultur gehört dieses Museum. Wer das Museum besucht, soll auch auf die Rheinische Bergbau – Route vorbereitet werden. Ob ein solches Museum aber wirklich eine gute Vorbereitung auf den Bergbau ist, sei einmal dahingestellt. Wen interessiert schon der Blick auf längst vergangene Tage, wenn der Blick in die Zukunft fehlt?

 

 

Wir lagen von Madagaskar und hatten die Pest an Bord. So beginnt ein bekanntes Volkslied. „Die Duisburger Binnenschiffer haben Madagaskar natürlich nie kennengelernt. Schließlich sind die Nordsee und das Schwarze Meer ihre natürlichen Grenzen,“ erzählt Ruth Löffler. Die studierte Historikerin und Archäologin betreut die Öffentlichkeitsarbeit im Museum der Deutschen Binnenschiffahrt, das im Duisburger Stadtteil Ruhrort angesiedelt ist.

Also eines jener  unzähligen Museen, die dem Trend der Zeit folgend ein Stück Heimatgeschichte zeigen? Mitnichten! Allein schon der Ort, in dem das Museum untergebracht ist, ist ungewöhnlich; Das Museum ist in der alten Ruhrorter Badeanstalt untergebracht. Von 1908 bis 1910 erbaut, bis 1986 Schwimmbad, 1988 Denkmal, 1992 Sanierung, 1998 Neu – Eröffnung als Museum – so ließe sich die Geschichte dieses Gebäudes beschreiben. „Das Museum als solches gibt es schon seit 20 Jahren,“ betont Löffler. „Die Sammlung war zuerst ím ehemaligen Ruhrorter Rathaus untergebracht. Als es über die Jahre zu eng wurde, konnten wir dann in die Badeanstalt umziehe.“

Ein bißchen Glück war schon dabei im Spiel: 1989 fiel der Startschuß der Internationalen Bauausstellung (IBA) Emscher Park. Die ökologische und städtebauliche Erneuerung des nördlichen Ruhrgebiets stand als Ziel auf ihren Fahnen geschrieben.  „Da Ruhrort damals sehr heruntergekommen war, wurde es als eines der Projekte ausgewählt. Das Museum als attraktiver Standort soll dazu beitragen, den Stadtteil zu verbessern,“ erzählt Löffler. Nun ging es Schritt auf Schritt: Die IBA beteiligte sich als Ideengeber und unterstützte das Projekt finanziell. Das Land NRW bezahlte den Umbau; die NRW – Stiftung für Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege finanzierte, zusammen mit dem Förderverein des Museums, die museale Einrichtung.

Schiffahrt in einem Museum? Kein Problem für die Duisburger Museumsmacher. „Im Herrenbad zeigen wir die Geschichte der Binnenschiffahrt. Vom Einbaum bis zum Schubverband ist die ganze Bandbreite der Binnenschiffahrt zu sehen,“ erzählt die gebürtige Kölnerin. Ganz egal, ob Modelle, Fahnen, Originalgegenstände von Schiffen oder eine Galerie  (Gemäldesammlung der Binnenschiffahrt) – eine ganze Bandbreite von Ausstellungsgegenständen eröffnet sich dem Besucher.  „Unser Prunkstück ist natürlich die Tjalke von 1913 in der Mitte des Raumes. Mit diesem Segelschiff wurden landwirtschaftliche Produkte aus Holland transportiert.  Das besondere an dem Schiff: Sie sieht aus wie aus Holz hergestellt, besteht aber auch Eisen. Dieses riesige Schiff ins Museumsgebäude zu kriegen war schon ein spektakulärer Akt,“ so Löffler. „Es erforderte schon einigen Aufwand, das 20 Meter lange Schiff mit Hilfe von Luftkissen durch ein Loch in der Außenwand in das Schwimmbecken zu hieven.“

Fast schon ein bißchen stiefmütterlich sehen der Frachtkontor im Keller und die sozialgeschichtliche Ausstellung im kleineren Damenbad aus. „Im Damenbad wollten wir die soziale Seite des Berufes zeigen. Die Frauen waren oft Hausfrau, Matrosin, Schiffsführerin und Mutter in einer Person. Das brachte besondere Schwierigkeiten  mit sich. Immerhin war das Schiff oft nicht nur Arbeitsplatz, sondern auch Wohnort. So koche ich, wo wasche ich die schmutzige Wäsche?“ Eine kleine Schifferkneipe, oft erster Anlaufpunkt für heimgekehrte Schiffer, rundet das Bild ab. Einen Schmankerl bietet auch dieser Raum: Hier entsteht der Nachbau eines Binnenschiffes, genauer gesagt: eines Frachtkahnes. „Es ist ein dynamischer Prozeß. Die Besucher sollen erleben, wie Schiffe gebaut werden. Unsere Schwierigkeit: Der Beruf des Holzschiffbauers ist ausgestorben, Schreiner müssen erst wieder eingearbeitet werden. Und das Museumsschiff „Oscar Huber“ (ein ehemaliger Seitenradschleppdampfer, der im Originalzustand im Duisburger Hafen zu besichtigen ist) sei nun wirklich nicht als Vorbild zu gebrauchen.

Ein Schiffahrtsmuseum mitten im Binnenland? Kein Wunder angesichts der langen Tradition als Stadt eines Binnenhafens. Das erste Hafenbecken wurde im 18. Jahrhundert gebaut, heute ist der Duisburger Binnenhafen der größte seiner Art der Welt. Auch wenn die Nostalgie früherer Tage oder das Fernweh und das Flair größerer Seehäfen fehlt – die Binnenschiffart ist ein Teil der Geschichte, die sich durchaus sehen lassen kann.

 

Im Schlossturm am Burgplatz, dem einzigen Überrest des Düsseldorfer Stadtschlosses, befindet sich seit den `80er Jahren das Schiffahrt – Museum. Es präsentiert sich (oder möchte es zumindest so) als ein modernes, interaktives Museum, das sich verschiedenen Themen widmet. Der Lebensraum Schiff, der Naturraum Rhein, der Ökologie, Hochwasser, Eisgang, Fischfang und das Leben im Rhein gleichermaßen betrifft, die Entwicklung der Schiffahrt auf dem Rhein sowie die Entwicklung der Düsseldorfer Häfen, Fähren und Brücken – dies sind die Themen, die in dem Museum angesprochen werden.

Multimedial – so präsentiert sich das Museum wirklich. Viele Modelle zeugen von dem Leben auf dem Fluß: Schiffe, Arbeitsgeräte und nautische Literatur sind hier genauso vertreten wie Gebrauchsgegenstände aus dem täglichen Leben. Auf modernen gläsernen Schautafeln kommen Hobbyhistoriker auf ihre Kosten: Hier wird die neuere Geschichte des gewaltigen Stroms in der Düsseldorfer Gegend lebendig. Hinzu kommen Filme und Fotos, die per Mausklick abrufbar sind: Auf jeder der vier Etagen gibt es mindestens einen Monitor, wo die Besucher sich visuell Infos über das Geschehen auf dem Rhein abrufen können. Welche Berufe gibt es in der Binnenschiffahrt? Wie arbeitet man in einer Taucherglocke? Wie lebt, wohnt, arbeitet man auf dem Schiff? Wie war es in der guten alten Zeit? Kurze Filme und Fotos sollen lebendig in die Themen einführen. Die moderne Museumspädagogik läßt grüßen.

Ob sich ein Besuch in dem Museum lohnt? Auf den ersten Blick erscheint es natürlich reizvoll, ein Museum in die Höhe gehen zu lassen und in einem Turm unterzubringen. Doch wo bleibt der Flair der Binnenschiffahrt, wenn sich die Ausstellung in einem Turm des ehemaligen Stadtschlosses befindet. Ein wenig albern und deplaziert erscheint es für so manchen Besucher. Ist es wirklich unrealistisch, wenn ich das Wasser an der Reling plätschern hören möchte. Die schwankenden Planken, die Enge an Bord, die schweren Schritte auf dem Bord aus Stahl – sie machen für Landratten den Reiz der Schiffahrt aus. Leider fehlt der sprichwörtliche Salzgeruch der Luft hier vollständig.

Sehenswert ist lediglich die Multimediashow zum Thema Düsseldorf. Die Geschichte der Stadt ist hier genauso Thema wie die Gegenwart und der Rhein. Farben, Bilder, filmische Spielszenen, Musik, Geräusche, gesprochener Text, angestrahlte Objekte – sie machen den Reiz dieser Show aus. Sie läßt den üppigen Eintrittspreis von 3 € schnell vergessen.

 

 

Der Glaube kann Berge versetzen. Behauptet zumindest der Volksmund. „Bei mir sollst Du wissen. Glauben kannst Du am Sonntag in der Kirche,“ hält so mancher Lehrer im Unterricht dagegen, wenn ein Schüler einen Satz mit „Ich glaube...“ beginnt. Ein Ort, diesem Rat des Lehrers nachzukommen: die Abtei Werden in Essen.

Oberhalb des malerischen Ruhrtals thront auf einer Anhöhe über Werden die Basilika St. Ludgerus. Über Jahrhunderte hinweg prägte das Kloster das wirtschaftliche und kulturelle Leben der Umgebung. 799 gründete der Friese Liudger, der erste Bischof von Münster, das Benediktinerkloster Werden. Verkehrsgünstig an einer Furt über die Ruhr gelegen, entwickelte sich der Ort Werden mit seinem Kloster rasch zu einem blühenden Städtchen, das 1317 die Stadtrechte erhielt. 1056 brannte die Klosterkirche nieder. Die Bevölkerung begann sofort mit dem Wiederaufbau, diesmal im spätromanischen Stil, der auch heute noch den Bau prägt. In der Barockzeit wurde die Kirche neu ausgestaltet und erhielt ein geschnitztes Chorgestühl und einen neuen Hochaltar.

Die Abtei und ihr Grundbesitz spielte bei der Frühindustrialisierung durchaus eine Rolle. Schon aus dem 16. Jahrhundert sind Zehntzahlungen aus dem Kohlengraben an die Abtei bekannt. Auch die Fürstinnen des Stiftes Essen waren beispielsweise an der Gründung der ersten Eisenhütten in Sterkrade beteiligt. Wie überall im Rheinland wurde das Kloster in Werden 1802 während der Franzosenzeit aufgelöst. Noch heute ist das Land NRW und nicht die Kirchengemeinde Eigentümer des Sakralbaus. Nach dem Krieg erhielt die weltberühmte Folkwang – Schule für Musik, Theater und Tanz in den fürstlich gestalteten Klostergebäuden ihren Sitz – sehr zu ihrem Schaden, macht das Gebäude heute doch eher einen heruntergekommenen Eindruck.

Ein wenig knapp und nüchtern beschreibt der Kommunalverband Ruhrgebiet die Station auf der Route der Industriekultur. Doch was bekommt der Besucher hier zu sehen? Für den zufälligen Besucher ist das eigentliche Gotteshaus natürlich der auffälligste, weil sichtbarste Punkt und damit auch erste Anlaufstelle. Hier ist die (katholische) Pfarrgemeinde St. Ludger  untergebracht. „Tatsächlich ist dies die dritte Kirche an dieser Stelle. Die erste Klosterkirche wurde schätzungsweise zu Beginn des 9. Jahrhunderts gebaut. Von diesem Gebäude existieren nur noch die Grundmauern. Im Jahre 856 wurde es durch ein Feuer zerstört. Die folgende Kirche wurde 875 durch Bischof Willibert von Köln eingeweiht. Diese Kirche wurde im frühromanischen Stil gebaut und diente dem Gottesdienst der Mönche. Das gemeine Volk verfügte über seine eigene Kirche, die dem Heiligen Peter gewidmet war. Heute gibt es nur noch diese Volks – Kirche, weil die Klosterkirche auch durch ein Feuer vernichtet wurde. Die Mönche bauten die heutige große Kirche im frühromanischen Stil und weihten sie im Jahre 1275 ein. Dies war die Zeit des Umbruchs vom romanischen zum gotischen Stil. Der berühmte (gotische) Kölner Dom wurde zur selben Zeit erbaut – auch wenn in Werde die letzte romanische Kirche des Rheinlandes entstand. Im Innenraum ist dieser Stilwechsel deutlich zu sehen, was die Bedeutung der Kirche erklärt.

Betritt man die Kirche durch den Westeingang, sieht man auf der rechten Seite ein Standbild von St. Ludger aus dem 16. Jahrhundert, während auf der linken Seite  eine Skulptur der Heiligen Maria mit dem toten Jesus – die Skulptur stammt aus dem späten 15. Jahrhundert – zu sehen ist. St. Ludger ist ja der Gründer der Kirche. Auf den frühen romanischen Gewölbebögen sind Relikte von Originalgemälden aus dem 10. Jahrhundert zu sehen. Auch Besucher, die sich in der Kunstgeschichte nicht auskennen, werden den Unterschied zwischen früher und später romanischer Architektur schnell erkennen.

Die Ausstattung und Dekoration der Kirche, nämlich Altar, Kanzel und Holzausstattung, stammen aus dem Barock, 17. und 18. Jahrhundert. Die Gemälde stammen von einem Werdener Mönche namens Josef Gebhardsöder. Interessant ist auch die Orgel aus dem Jahre 1983. In der frühromanischen Gruft gibt es einen modernen Schrein, in dem die Relikte des St. Ludger untergebracht sind. In der spätromanischen Gruft auf der anderen Seite des Sarkophags wurde die Familie Ludgers beerdigt,“ beschreibt Heinrich Engel das Kirchgebäude. Äußerlich einen wuchtigen Eindruck hinterlassen, entwickelt die Kirche nur bedingt die Pracht vergleichbarer Kirchen. Ein prächtiger Altarraum, eine hübsche Orgel, Heiligenbilder, vergoldete Standbilder – natürlich sind sie hier vorhanden. Doch übertrieben oder überladen, nein, so wirkt die Kirche nun wirklich nicht.

Zweite Anlaufstelle der Abtei: die Domschatzkammer. Sakrale Gegenstände, wertvolle historische Handschriften (z. T. als Faksimile), Meßgewänder, Gemälde, Statuen aus Stein und Holz – dies sind nur einige der Gegenstände, die ein Besucher hier bewundert kann. „Klein, aber fein“ könnte man das Museum nennen. Auch ohne zu tief in die Geschichte von Ort, Kloster und Kirche sowie das klösterliche Leben einzusteigen, bekommt der Betrachte doch einen interessanten Einblick in den Wohlstand der Abtei.

Es darf schon ein wenig spekuliert werden: Wie wäre die Geschichte wohl verlaufen, hätten die Franzosen nicht zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Säkularisation eingeführt? Hätte es die Industrialisierung gegeben? Hätte unser Staat theokratische Züge? Keine Ahnung. Eines ist jedenfalls sicher: Die Stadt Essen hätte ein Ausflugsziel weniger. Wer sich für kirchliche Themen interessiert, wird hier ein lohnendes Ziel für den sonntäglichen Ausflug finden. Zumal auch – praktischerweise ganz in der Nähe – der Baldeneysee mit seinen Reizen lockt.
 

B. C. Koekkoek - Niederrhein-Landschaftsmaler

Man nannte ihn den Prinzen der Landschaftsmalerei: Zu Lebzeiten war Barend Cornelis Koekkoek ein beliebter Künstler. Selbst bedeutende Persönlichkeiten wie Zar Alexander, König Friedrich Wilhelm IV von Preußen und König Willem II der Niederlande zählten zu seinen Kunden. Doch heute wäre der gebürtige Niederländer ein fast schon vergessener Teil der Kunstgeschichte, gäbe es da nicht ein kleines aber feines Museum in Kleve, das sich mit seiner Person befaßt. „Wir zeigen hier allerdings nicht nur Bilder von B. C. Koekkoek. Er ist Teil einer Künstlerdynastie, die bis heute Landschaftsmalerei betreibt,“ erzählt Svenja Bossmann. Die Studentin der Kunstgeschichte und Archäologie führt Besucher im Museum.

1803 in Middelburg geboren, Vater Marinemaler, mit staatlichem Stipendium an der neugegründeten Kunstakademie Amsterdam (1822) („Er gehört damit zur Gründergeneration.“), 1826 Abschluß der Studien, danach Lehr- und Wanderjahre, 1833 Heirat mit Elise Therese, der Tochter seines Lehrers Jean Antonin Daiwaille. So nüchtern lassen sich seine ersten Jahre beschreiben. Das Jahr 1834 bringt einen tiefen Einschnitt in das Leben des jungen Ehepaares: Sie ziehen ins niederrheinische Kleve. „Koekkoek hatte den Niederrhein schon während seiner Wanderschaft  kennengelernt. Die Landschaft mit ihrem fast schon niederländischen Charme hinterließ einen bleibenden Eindruck auf Koekkoek. Daher fiel die Wahl auch leicht.“

Doch Koekkoek war nicht nur ein Künstler, der auf Bestellung malte, etwa 500 Bilder in 40 Berufsjahren; auch ein theoretisches Werk über Landschaftsmalerei und eine eigene Malschule gehören zu seinem Lebenswerk: „Das interessante daran ist, dass Koekkoek ein sehr eigensinniger Maler war. Seine Schüler sogen seinen Unterricht aber sehr begierig auf und gaben sich sehr große Mühe, seinen Stil nachzuahmen.“ 1862 starb Koekkoek in seiner Wahlheimat.

Koekkoek als Maler von Ideallandschaften, die zwar eng an der Natur orientiert, zugleich aber komponiert sind – so präsentiert das Museum den niederländischen Künstler und seine (malende) Familie. Sicher, im Vergleich zu so mancher moderner Kunst sind diese Bilder sicher eine Augenweide. Koekkoek aber als Kind des Niederrheins? Leise Zweifel sind hier angebracht. „Koekkoek steht ganz in der Tradition der niederländischen Landschaftsmalerei. Im Goldenen Zeitalter im 17. Jahrhundert war Landschaftsmalerei sehr populär, ab 1680 sind die französischen Einflüsse deutlich sichtbar. Im 19. Jahrhundert erlebt sie eine neue Blüte. Koekkoek erhielt diverse Preise, war Mitglied verschiedener Künstlergruppen, fest in die Klever Gesellschaft integriert. Die Klever Romantik, die ihm zugeschrieben wird, geht gerade einmal von seiner Schule aus.“ Seinen Einfluß auf den Niederrhein? Ein bißchen kommt die junge Frau ins Grübeln. „Auch wenn er von der deutschen Malerei Impulse erhielt, er orientierte sich doch an der niederländischen Malerei. Von daher kann man nicht sagen, daß er große Impulse gab, die über die lokale Bedeutung hinaus gingen. Außerdem geriet er in den 1850er in der Fachwelt doch in arge Kritik. Sie warf ihm vor, kaum noch etwas Neues zu produzieren. Viele Themen wiederholten sich. Die hellen Farben der Anfangstage waren dunklen Tönen zum Ende seines Lebens hin gewichen. Seine lokale Bedeutung ist auch heute noch gebrochen; hier in Kleve kommt man nicht um ihn herum.“

Prinzen sind Könige im Wartestand. So ansprechend die Gemälde auch aussehen und so herzerfrischend die Führerin sie auch präsentierte, ein leichter fader Beigeschmack bleibt hier doch. Ist B. C. Koekkoek vielleicht ein Henry Ford der Malerei, der auf Massenproduktion setzte? Stilisierte Landschaften zu malen, die nur der Phantasie entspringen – wo bleibt da der künstlerische Reiz? Und vor allem: Wird hier vielleicht ein Maler gefeiert, der zwar künstlerisch und kaufmännisch veranlagt, aber kaum im Herzen der Menschen verankert ist?