Gladbeck


Am 6. Dezember 1910 wurde das Gladbecker Amthaus, das heutige Rathaus, eingeweiht. Am 1. April 1885 war Gladbeck, das bis dahin vom Amt Buer mitverwaltet wurde, zu einem eigenen Amt erhoben worden. Gladbeck hatte damals 4.450 Einwohner. Der enorme Bevölkerungsanstieg durch die bergbauliche Industrialisierung brachte es mit sich, daß die Räume der Gladbecker Amtsverwaltung ständig zu klein wurden. So war das Amthaus, das 1910 eingeweiht wurde, bereits das dritte Domizil der Verwaltung.
Am 21. Juli 1919 erhielt Gladbeck schließlich die Stadtrechte. Damit und durch die mit der Novemberrevolution von 1918 eingeführte Demokratie lagen die wesentlichen Selbstbestimmungsrechte in kommunalen Angelegenheiten endlich bei den Gladbeckern. Aus dem Amthaus wurde das Rathaus. Schließlich tagte der demokratische gewählte Rat der Stadt hier. Seine Beschlüsse wurden von der Stadtverwaltung, die im Rathaus residierte, ausgeführt. Die Demokratie und die Rechte des Rates wurden 1933 von Hitlers NSDAP abgeschafft. Erste demokratische Wahlen fanden dann nach der NS � Zeit unter Aufsicht der britischen Militärregierung am 13. Oktober 1946 statt. Die Geschichte des Rathauses der Stadt Gladbeck wäre Mitte der 1970er Jahre fast beendet gewesen. Durch das Gesetz zur Kommunalen Neugliederung im Ruhrgebiet sollte Gladbeck mit Bottrop und Kirchhellen zur neuen Stadt Bottrop zusammengelegt werden. Dies geschah faktisch zum 1. Januar 1975. Am 6. Dezember 1975 jedoch entschied das Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein � Westfalen, das Gesetz sei in diesem Punkt verfassungswidrig. Damit konnte Gladbeck seine Eigenständigkeit bewahren. Gladbecks Rathaus blieb somit bestehen.
Die St. Lamberti- Kirche in ihrer jetzigen äußeren Form wurde 1899 eingeweiht. Die Ursprünge gehen auf die erste Kirchengründung im 9. Jahrhundert zurück. Vorgänger dieser ersten Kirche mit Pfarrechten war wahrscheinlich zunächst eine kleine Kapelle, die zu dem in Gladbeck gelegenen fränkischen Königshof, dem Allinghof gehörte. Kappelle und erste Kirchen lagen am sogenannten Vestischen Hellweg, der schon im Mittelalter ein wichtiger Verkehrsweg war. An der Kirche entlang schlängelte sich ein kleiner Bach, die Gladebecke oder Gladebeke. Beide Wörter bedeuten soviel wie ?klarer, glatter, heller Bach. Der Zusammenhang von Kirche als wichtigem Kult- und Herrschaftsort, Wegverbindung und markantem Naturmerkmal (Bach) führte zur sprachlichen Identifikation dieses Kirchsprengels als ?gladbeki, dem späteren Gladbeck.
Gladbeck gehörte zum Vest Recklinghausen, dessen Landesherr der Erzbischof von Köln bis 1802 war. Gladbeck und das Vest (mittelalterlicher Begriff für einen Gerichtsbezirk) waren bis dahin ausschließlich katholisch geprägt. Durch die Beschlüsse des Wiener Kongresses von 1815 gehörte Gladbeck zur Preußischen Provinz Westfalen. Erst mit der Industrialisierung begann die konfessionelle Auflockerung.
Das moderne Gladbeck ist ohne die Geschichte des Bergbaus undenkbar. Die ersten Probebohrungen in Gladbeck wurden Ende der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts durchgeführt. Die erste Schachtanlage wurde ab 1873 abgeteuft (=in die Tiefe gebracht). Von da an begann eine Zeit heute kaum noch vorstellbarer Wachtumsdynamik.

Die Zeche Graf Moltke mit den Schächten I und II war Gladbecks erstes Bergwerk. 1873 begannen die Abteufarbeiten. Kohle wurde erstmals 1878 gefördert. Die Geschichte des Gladbecks Bergbaus spiegelt sich in der Geschichte dieser Schachtanlage wider. Die Arbeitsbedingungen unter Tage waren ausgesprochen hart, der Lohn gering. Bereits 1884 kam es zu einem ersten Streik. Temperaturen von über 35 Grad Celsius vor Ort und knietiefes, solehaltiges Wasser hatten die etwa 500 Bergarbeiter starke Belegschaft zu heftigen Protesten gegen die Betriebsleitung veranlaßt. Beim ersten großen Generalstreik der Ruhrbergarbeiter im Jahre 1889 wurden hier am 7. Mai drei streikende Kumpel vom preußischen Militär erschossen. Mehrere andere Bergleute wurden schwer verletzt. Aber auch alle andere Erscheinungen des Bergarbeiteralltags können an der Geschichte dieser Zeche nachvollzogen werden. Grubenunglücke, technische Neuerungen, wirtschaftlicher Aufschwung ebenso wie Krisen und der Kampf um Arbeitsplätze bis hin zu den verbliebenen Altlasten waren hier vertreten. Geblieben sind von diesem für das moderne Gladbeck so wichtige Bergwerk lediglich zwei eiserne Schachtdeckel, ein Stück alte Zechenmauer, die alte ?Moltke- Halde und die schon erwähnten Altlasten.
Die Schächte III und IV der Schachtanlage Graf Moltke wurden zwischen 1902 und 1904 abgeteuft. Seit 1931 wurde dieser Standort zur Großförderanlage ausgebaut. Im Gegenzug wurde die Kohlenförderung auf Moltke I / II eingestellt. Am 12. November 1971 wurde auf der Schachtanlage Graf Moltke der letzte Kohlewagen in Gladbeck zu Tage geholt. Die Zeit des Bergbaus war damit für Gladbeck beendet.
Seit 1994 ist das Gelände der ehemaligen Zeche Graf Moltke III und IV mit Teilen des Geländes der Zeche Matthias Stinnes II/IV zu einem modernen ?Gewerbepark Brauck saniert und entwickelt worden. Einige Reste der ehemaligen Schachtanlage sind heute noch in diesem modernen Industriegebiet zu sehen. Ein Beispiel ist der kleine Malakoff-Turm mit der ehemaligen Zechenuhr.
Gladbecks südlichste Zeche wurde ab 1902 abgeteuft. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Essen � Karnaper Zeche Mathias Stinnes I / II entstand ein die Gemeindegrenzen überschreitender ?Stinnes- Claim. Gegen die im Jahre 1910 errichtete Kokerei und das dabei entstehende und weiterverwertete Abfallprodukt Ammoniak bildete sich eine erste Gladbecker ?Bürgerinitiative gegen Umweltschäden. Doch die Bemühungen der Gladbecker, sich gegen die schon damals überaus gravierenden Umweltschäden zu Wehr zu setzen, scheiterten. Die Industrie setzte sich letztendlich durch.
Die Schachtanlage Mathias Stinnes II / IV wurde für den südlichsten Gladbecker Ortsteil Brauck prägend. Im Frühjahr 1967 wurde sie stillgelegt.
Die Schultenkolonie wurde auf dem Gelände des Bauern Schulte � Rebbelmund zwischen 1903 und 1905 errichtet. Insgesamt 150 � 170 Wohnhäuser für zwei bzw. vier Familien entstanden in dieser Zeit. Es gab also Wohnraum für etwa 3.500 bis 5.000 Bewohner. Die Kolonie wurde vom Preußischen Bergfiskus gebaut. Sie lehnte sich in ihrer Konzeption an Gartenstadtmodelle an. Im Vergleich zur fast 20 Jahre früher gebauten Siedlung an der Uhlandstraße sieht man deutliche Unterschiede hin zu einem gesamtgestalterischen Konzept. Die ?Schulten � Kolonie� besaß damals Vorbildcharakter für die ganze Gemeinde. Ein Bebauungsplan von 1911 sah vor, ganz Gladbeck in ähnlicher Art und Weise zu bebauen und auch die verbindenden Verkehrswege als grüne Bänder alleeartig zu gestalten. Die Vision? Als Gartenstadt wäre Gladbeck die ?grüne Stadt im Ruhrgebiet� gewesen.
Der Plan ließ sich nicht vollständig verwirklichen. Einzelne städtebauliche Bestandteile ließen sich aber zwischen 1922 und 1935 verwirklichen. Sie weisen darauf hin, was darunter verstanden worden war: der Wittringer Wald, der Jovy � Platz, der Nordpark, Postallee und Konrad-Adenauer-Allee. Aus der Kohle- und Bergbaustadt sollte also die grüne Gartenstadt werden.
Gladbeck ist eine junge Stadt. Erst am 21. Juli 1919 erhielt die damalige preußische Landsgemeinde Gladbeck das Stadtrecht verliehen. Tatsächlich kann Gladbeck auf eine viel längere Geschichte zurückblicken. Am 31.12.2002 hatte Gladbeck 78.170 Einwohner in etwa 36.000 Haushalten. Das sind 2.177 Menschen pro Quadratkilometer. 9.245 Gladbecker - das sind 12% der Gesamtbevölkerung besitzen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. 15.081 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren leben in der Stadt. 19.853 Bürger sind 60 Jahre und älter. 32.019 Einwohner sind katholisch, 23.427 evangelisch, 22.724 gehören sonstigen Religionsgemeinschaften an oder sind ohne Bekenntnis.