Städtetour West - Heiligenhaus


Der Lebensraum der Heiligenhauser Bevölkerung wurde 875 unter dem Namen cis Hilinciweg diesseits des Hellweges (von Essen - Werden aus gesehen) in einer Urkunde über die zur Abtei Werden zählenden Gebiete erstmals erwähnt. Das Gebiet Heiligenhaus, das im 13. Jahrhundert in die Herrschaft der Grafen vom Berg gelangt war, wurde 1380 im Zuge der Einteilung des Landes in Ämter mit Velbert dem Amt Angermund zugeschlagen. Das ?Heiligenhäuschen, eine dem Heiligen Hubertus geweihte Kapelle am hilinciweg - einem Nebenzweig des Hellweges - 1390 erstmals urkundlich erwähnt. 1500 gab es erste Anfänge einer gewerblichen Tätigkeit: Spinnerei, Weberei und Schmiedehandwerk dienten manchem Bürger neben der Landwirtschaft als Lebensunterhalt. Die Textilindustrie erlangte keine weitreichende Bedeutung. Im Jahre 1700 begann die Entwicklung des Schlosser- und Gießereihandwerks zur Grundlage der heutigen Industrie.
Unter der Herrschaft Napolèons wurde 1808 das Kirchdorf Heiligenhaus mit Velbert zusammengeschlossen. Velbert erhielt gleichzeitig die Stadtobrigkeit. Mit der Einführung der Dampfmaschine vollzog sich ab 1870 die Wandlung der handwerksmäßig betriebenen Schloss-Schmieden zu Fabriken. Durch königlich-preußische Verordnung von 1897 wurde Heiligenhaus kommunalpolitisch von Velbert getrennt. Es bildete nun mit den Honschaften Hasselbeck, Hetterscheidt, Isenbügel, Leubeck, Oefte und Tüschen eine eigenständige Landgemeinde mit über 5.000 Einwohnern. Als Heiligenhaus 11.000 Einwohner hatte, bekam es 1947 die Stadtrechte verliehen.
Heute bietet Heiligenhaus knapp 17.000 versicherungspflichtig Beschäftigten Arbeitsplätze. Davon gibt es etwa 12.000 in der mittelständisch geprägten metallverarbeitenden Industrie. Bedeutung hat die Stadt nach eigenen Angaben als Standort der Zulieferindustrie für die gesamte deutsche Automobilproduktion (Schlösser, Beschläge, Verriegelungen usw.). Aber auch die Produkte der traditionell gewachsenen Schloss- und Baubeschlagindustrie nehmen nach eigenen Angaben einen Spitzenplatz auf dem europäischen Markt ein.
847 schenkte ein gewisser Wolf seinen Besitz in der Villa hestratescethe dem Kloster Werden, damit dort für sein Seelenheil gebetet wird. Die Schenkung machte die Abtei bis zur ihrer Aufhebung 1803 zum größten Grundbesitzer in der Honschaft. 11 Bauernhöfe gehörten zum Werdener Hofverband. 14 weitere lieferten Abgaben dort ab. Die Bauern waren zwar persönlich abhängig und mußten beispielsweise den Abt um eine Heiratserlaubnis bitten. Sie konnten andererseits ihre Höfe aber auch vererben. Die Belastungen waren erträglich.
Seit wann es in Hetterscheidt eine Burg gab ist nicht mehr festzustellen. 1364/65 läßt sich in den Werdener Rechnungsbüchern der Bau von Toren und Mauern nachweisen. Wie der Lehnsbrief für einen Adeligen von 1438 zeigt, umfasste die Anlage 2 Gebäude. Der Lehnsnehmer versprach nämlich, aus dem obersten Haus in das Bouhuys (=Landhaus / Wirtschaftsgebäude) zu ziehen, wenn der Abt in Hetterscheidt wohnen wollte. 1574 wird das Hauptgebäude die Prinzipalbehausung des Abtes genannt. In der Mitte des 15. Jahrhunderts erscheint es in den historischen Quellen sogar als Schloss.
Dreimal ist das adelige Haus Hetterscheidt auf alten Karten dargestellt worden. Die Ansichten stimmen aber nicht überein. Der sogenannten Dudenkarten von 1582 zufolge handelte es sich um eine Wasserburg � und zwar um ein Giebelhaus mit angebautem quadratischem Turm. Die sogenannte Lehngüterkarte aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zeigt einen Gebäudekomplex mit 2 unterschiedlich hohen Türmen, während 1783 ein zweistöckiges Haus mit Satteldach und an beiden Seiten angebauten runden Türmen abgebildet ist.
1587 wurde das Gebäude durch spanische Truppen abgebrannt, so daß Abt Hugo Preuteus (1614 - 1646) das Haus wieder herstellen lassen mußte. Er umgab die Anlage zusätzlich mit einer Mauer. Von den Innenräumen wird 1525 die Kapelle genannt. 1707 trafen sich die Bauern des Hofverbandes Hetterscheidt zu ihrem jährlichen Hofgericht auffm adlich Hauß oben auffm großen saall.  Die Äbte hatten im 18. Jahrhundert kaum noch Interesse an Hetterscheidt. 1767 galt das Hauptgebäude bereits als Ruine. Bis zum Verbot 1573 bestand in Hetterscheidt eine eigene Haushaltung mit einem Rentmeister.  Die Bezeichnung Abtsküche findet hier wahrscheinlich ihren Ursprung.
Der in der Nähe des alten Wachturms liegende, in Fachwerk ausgeführte Abtskücher Hof ist laut Inschrift 1744 von Lutgirus wieder errichtet worden. Sein Familienname lautete Barnscheid. Die Barnscheids saßen nur als Pächter auf dem Hof. Sie konnten ihn allerdings nach der Aufhebung der Abtei erwerben. In den Hof, der in der letzten Pachturkunde als ?Sattelhof Hetterscheidt bezeichnet wird, mussten die Zehntabgaben geliefert werden. Bis 1807 führte Hermann Jacob Barnscheid als Rentmeister in dem Hof in der Abtsküche ein Heft, in dem die Abgaben der Höfe verzeichnet sind.
Durch den Einfluss der Abtei war der Anteil der Katholiken in Hetterscheidt Ende des 18. Jahrhunderts auf 40 Prozent gestiegen. Ein vom Abt geschenktes Grundstück und Kollektengelder vor allem aus Düsseldorf machten 1783 den Bau einer Schule möglich. Das Fachwerkhaus, das 1827 größtenteils mit Bretten bekleidet war, umfaßte im Erdgeschoß den Schulraum für maximal 100 Kinder sowie die Stube und die Küche für den Lehrer. Im Obergeschoß standen ihm 5 weitere Zimmer zur Verfügung. Ansteigende Schülerzahlen bewogen die seit 1897 selbständige Gemeinde Heiligenhaus, in unmittelbarer Nähe der Alten Schule einen Neubau mit 2 Schulzimmern zu bauen, der  1908 bezogen werden konnte.
Das kleine als Dachreiter aufgesetzte Türmchen auf der Alten Schule weist darauf hin, dass das Gebäude nicht nur als Schule genutzt wurde. 1791 fügte man einen Anbau an die Schule hinzu, in dem der Altar untergebracht war. Durch das Verschieben der Wand konnte der Klassenraum nun als Kapelle genutzt werden. Die Messe las bis 1803 ein Priester aus dem Kloster Werden. Nach vielen Vakanzen kam 1820 ein Vikar, der auch die Kapelle in Velbert betreute. 1845 schloss sich Hetterscheidt der neuen Pfarrei in Velbert an. Erst 1909 kam die Kapellengemeinde nach Heiligenhaus. In diesem Jahr wurde die Kapelle St. Jacobus geweiht, die das Provisorium beendete. Die Wahl des Kirchenpatrons erinnert an die von 1774 - 1845 dauernde Zugehörigkeit zur Homberger Pfarrei St. Jakobus dem Älteren. Mit diesem Bau war das Ensemble Abtsküche komplett, zu dem allerdings damals noch die Hetterscheidter Mühle (1932 abgebrochen) und das 1826 errichtete Pastoratshaus (1972 abgerissen)  gehörte