Städtetour West


Besuch in Wuppertal
Es ist ein Samstagmittag Mitte Oktober 2007, so gegen 13 Uhr, sonnig und angenehm warm, als ich in Wuppertal ankomme; der Oktober zeigt sich wirklich von seiner goldenen Seite. Von Gleisbauarbeiten und Busersatzverkehr an der Stadtgrenze Duisburg / Düsseldorf abgesehen verlauft die Reise eigentlich ganz problemlos.
Der Wuppertaler Hauptbahnhof steht schon seit geraumer Zeit in dem Ruf, renovierungsbedürftig zu sein. Glaubt man der örtlichen Tagespresse, streiten sich wohl aber Bund, Land und Bahn über die Verteilung der Kosten, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Den baulichen Zustand des Bahnhofsgebäude kann ich nicht beurteilen; mir persönlich gefällt der schlauchförmige Fußgängertunnel, der sich unter den Gleisen hinzieht, nicht sonderlich.
Meine erste Station in der Stadt im Bergischen Land: die City - Arkaden. Sie sind ein riesiger Einkaufstempel in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hauptbahnhof. Fressalien gibt es hier genauso wie Drogerieartikel, Bekleidung, Bücher, Unterhaltungselektronik und ein angeschlossenes Rathaus. Hinsichtlich seiner Architektur ist das Gebäude Standardware; überraschend ist nur seine Größe. Will hier Wuppertal Käufer in die Stadt locken?
Meine nächste Station: die CityKirche Elberfeld. Zu meiner großen Überraschung ist die Kirche schon seit 13 Uhr geschlossen. Für mich ist dies insofern überraschend, weil  sich auf dem Kirchplatz der CVJM mit seinen Angeboten für  Kinder und Jugendliche präsentiert. Wäre es wirklich eine Zumutung für die evangelische Kirchengemeinde gewesen, ihre Türen ein wenig länger geöffnet zu halten?
Das von der Heydt - Museum lasse ich erst einmal links liegen; ich hebe es mir für später auf. Das Rathaus ist meine nächste Station. Da es  aber teilweise mit Gerüsten und Schutzplanen umhüllt ist und um das Rathaus sehr viel gebaut wird (ohne daß es für mich erkennbar wäre, was hier entsteht), gehe ich schnell weiter. Ob Rathaus, Gastronomie und Einzelhandel in ein und demselben  Gebäude untergebracht werden müssen, sei einmal dahingestellt. War die  gegenüberliegende Rathaus - Galerie Vorbild und Vorläufer der City - Arkaden. Hinsichtlich Größe und Architektur könnte dies gut sein. Hier gibt es  Lebensmittel genauso wie Geschenkartikel, ein Nagelstudio, ein Reisebüro und eine Galerie. Wie besteht eigentlich der eingesessene Handel gegen diese  Konkurrenz?
Szenewechsel. Es ist jetzt Viertel vor drei. Ein kurzer Blick hat mich davon überzeugt, daß Vohwinkel einer jener Stadtteile ist, wie er hier zuhauf vorkommt. Wohnbebauung wechselt hier mit Einzelhandel und gelegentlichem Handwerk. Touristisch ist dieser Stadtteil uninteressant; bemerkenswert sind lediglich die vielen stuckverschönerten Hausfassaden.
Also setze ich mich in die Schwebebahn und fahre in Richtung Oberbarmen. Oder sollte ich besser "schwebe", "hängefahre" oder "genieße die Fahrt" sagen? Passen würde alles.
Zoo und Fußballstadion passiert die Schwebebahn, Bayer - Werk, Hauptbahnhof, schwebt durch Vohwinkels Straßen und über die Wuppertal, um in Richtung ein ganz alltägliches Verkehrsmittel zu werden.

1929 wurde Wuppertal per Dekret der preußischen Regierung aus sechs Wupperstädten (Elberfeld, Barmen, Vohwinkel, Ronsdorf, Cronenberg und Beyenburg) zur Großstadt Wuppertal zusammengelegt. Heute leben dort rund 375.000 Menschen. Gleichzeitig liegt die Stadt aber auch auf altem Siedlungsgebiet. Im nahegelegenen Düsseltal wurde der berühmte Neanderthaler gefunden. 1161 wird Elberfeld als Kölner Tafelhof urkundlich erwähnt, Barmen als ?Barman im Jahre 1070. Wuppertal ist eine Industriestadt. Das Tal der Wupper war der erste industriell geprägte Ballungsraum des Kontinents. Schon um 1400 herum etablierten sich die ersten Bleicher- Betriebe. 1806 gab es in der Stadt erste Textilmanufakturen. Während der Blütezeit der Textilindustrie zwischen 1850 und 1860 machten sie Wuppertal berühmt. Heute charakterisieren  Chemie, Maschinenbau, Elektroindustrie und Dienstleistungen die Wirtschaft der Stadt.
Das Briller Viertel ist eines der größten zusammenhängenden Villenviertel Deutschlands. Wuppertaler Fabrikanten waren in der Textilindustrie zu Ansehen und Vermögen gekommen. Sie bauten hier ab der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts ihre luxuriösen Häuser. Heute säumen alte Bäume die ruhigen Straßen des Viertels. Sie beschatten die großzügigen Parks mit den vornehmen Gründerzeit- und Jugendstilvillen.
Ein typisches Arbeiterviertel war dagegen die Nordstadt. Von 1870 bis 1914 wurde hier Wohnraum geschaffen für die Familien der Arbeiter, die in der damals boomenden Textilindustrie beschäftigt wurden. Investoren bauten schnell und platzsparend vierstöckige Fachwerkbauten um enge Hinterhöfe. Komfort war Fehlanzeige.
Ganz unterschiedliche Baudenkmäler sind es, die beim Gang durch Wuppertals Innenstädte Elberfeld und Barmen ins Auge fallen: die klassizistischen Bürgerhäuser und die Laurentius � Kirche in Elberfeld oder das monumentale Rathaus, die bergischen barocken Schieferhäuser und die Oper mit der Jugendstilfassade in Barmen.
Eine Fundgrube für Kunstgenießer ist das Von der Heydt-Museum mit Meisterwerken des 19. und 20. Jahrhunderts. Hier hing der erste Picasso, der je in einer öffentlichen Einrichtung gezeigt wurde. Heute beherbergt das Museum eine der größten Gemälde- und Kunstsammlungen Deutschlands.
Naturwissenschaftlich Interessierte können das Fuhlrott-Museum besuchen, das nach J. C. Fuhlrott, dem Entdecker des Neandertalers, benannt ist. Im Wuppertaler Uhrenmuseum soll die Zeit wie im Fluge vergehen. Hier wird optisch und akustisch demonstriert, wie die Menschheit seit 5.000 Jahren die Zeit in den Griff zu bekommen versucht. Zum Historischen Zentrum gehören das altbergische Engelshaus mit  einer ständigen Ausstellung über Friedrich Engels und andere berühmte Wuppertaler und das Museum für Frühindustrialisierung, das Einblicke in die Entwicklung der Industrie im Wupper-Tal bietet.
Stichwort Industrie: Qualitätsprodukte aus Wuppertal sind beispielsweise Werkzeuge, Kugellager, Textilfasern, Autozubehör, Kabel und chemische Produkte.