Düsseldorf/Duisburg, 17. Januar 2019 -
Die Unterzeichner sind Nebenklagevertreter im
Loveparade-Strafverfahren. Wir haben zum Teil bereits in
individuellen Stellungnahmen für unsere Mandanten der
geplanten Einstellung des Loveparade-Verfahrens
widersprochen. Mit diesem öffentlichen Appell wenden wir uns
noch einmal an die 6. große Strafkammer des Landgerichts
Duisburg:
Wir appellieren an das Gericht, das
Loveparade-Strafverfahren zum jetzigen Zeitpunkt nicht -
wie geplant - einzustellen. Im Frühjahr 2019 hatte
das Gericht den Nebenklägern erneut versprochen, die
Ursachen der Loveparade-Katastrophe 2010 umfassend
aufzuklären. Ein wesentlicher und unverzichtbarer Schritt
dazu ist die Einführung der Erkenntnisse des gerichtlich
bestellten Sachverständigen Professor Dr.-Ing. Jürgen
Gerlach in die Hauptverhandlung, dessen schriftliches
Gutachten allein 3.800 Seiten beträgt. Dazu hatte das
Gericht bereits vor der Corona- Krise Verhandlungstage
reserviert.
Es gibt keinen zwingenden Grund den
Loveparade-Prozess vor der Anhörung des Sachverständigen
einzustellen! Ein Gesetz, das wegen der Corona-Krise
am 27. März 2020 in Kraft getreten ist, ermöglicht es der
Strafkammer, „Corona bedingt“, das Strafverfahren insgesamt
für bis zu drei Monate zu unterbrechen. Bereits am 2. April
hat die Kammer die Verhandlung unter Verweis auf dieses neue
Gesetz unterbrochen: „Das Gericht hat die Dauer der
Unterbrechung zeitlich nicht eingegrenzt. (..)
Theoretisch wäre (…) eine Unterbrechung bis Anfang Juni
möglich. Das Gericht beobachtet die dynamische Entwicklung
der Corona Pandemie fortlaufend und überprüft, ab wann
eine geänderte Gefährdungslage eine veränderte
Risikobewertung zulässt“. (Presseerklärung des
Landgerichts Duisburg vom 02.04.2020, Hervorhebungen durch
die Unterzeichner)
Nur 5 Tage nach dieser
unbefristeten Unterbrechung der Hauptverhandlung wird am 7.
April klar, dass die Strafkammer das Strafverfahren nicht
etwa unterbrechen, sondern endgültig einstellen will. Dazu
gibt weder der dynamische Verlauf der Corona-Pandemie in
diesen Tagen Anlass, noch liegen dazu die gesetzlichen
Voraussetzungen vor.
In Nordrhein-Westfalen sind
fast alle Gerichtsverhandlungen im April unterbrochen
worden. Es gehe „nun darum, unter Beachtung aller
fortgeltenden Regeln der Gesundheitsfürsorge Schritt für
Schritt zum ursprünglichen Geschäftsbetrieb zurückzukehren.“
(Peter Biesenbach, Justizminister des Landes NRW
am 19.04.2020)
Der Loveparade-Prozess findet im
Kongresszentrum der Messe Düsseldorf statt. Dort bestehen
aufgrund der Größe des Saals bessere Bedingungen als in
jedem anderen Gerichtssaal im Land, um eine Hauptverhandlung
auch unter den verstärkten „Corona-Bedingungen“
durchzuführen. Unter diesen hervorragenden Voraussetzungen
gibt es keinen Grund, das Verfahren jetzt überstürzt
einzustellen.
Das Gericht sollte vielmehr sein
Versprechen vom Frühjahr 2019 jetzt einlösen. Das wichtigste
Mittel der Aufklärung ist das als nächstes in die
Hauptverhandlung einzuführende Gutachten des
Sachverständigen Prof. Dr. Gerlach.
Die Nebenkläger
und ihre Vertreter erhoffen sich von diesem Gutachten
Struktur und Durchblick im Dickicht des sich mehrfach
überlagernden, multikausalen Geschehens, welches
letztendlich zu der Katastrophe mit 21 Toten und mehr als
650 Verletzten geführt hat.
Die Nebenkläger haben
viele Fragen an den Gutachter und müssen die Möglichkeit
erhalten, diese Fragen direkt an ihn in einer öffentlichen
Verhandlung zu richten.
Erst nach der Einführung
des Gutachtens durch Professor Gerlach und der öffentlichen
Diskussion dazu kann in einemRechtsgespräch der Fortgang des
Loveparade-Verfahrens und ggf. dessen Einstellung erörtert
werden.
Rechtsanwalt Marcus Brink, Wuppertal Rechtsanwalt Rainer
Dietz, Aachen Rechtsanwalt Professor Dr. Thomas Feltes,
Dortmund Rechtsanwalt Erhard Heimsath, Bremen
Rechtsanwalt Dieter L. Hemmen, Münster Rechtsanwalt
Daniel Hennecke-Sellerio, Köln Rechtsanwältin Sarah
Kinzler, Düsseldorf Rechtsanwalt Winfried Kuhlmann,
Münster Rechtsanwalt Franz Paul, München
Rechtsanwalt Christoph Pipping LL.M., Heiligenhaus
Rechtsanwalt Professor Dr. Julius Reiter, Düsseldorf
Rechtsanwalt Christian Rosse, Bremen Rechtsanwältin
Martina Worms, Aachen Rechtsanwältin Elke Zipperer
LL.M., Neunkirchen
V.i.S.d.P.: Rechtsanwalt
Christoph Pipping LL.M., Hauptstr. 142, 42579 Heiligenhaus
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