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Mitten aus dem Leben  -  Urteile und Tipps zu §§
D.A.S. Rechtsschutzexperten erläutern Rechte der Verbraucher

 

Schimmel in der Wohnung
Tipps zu gesundheitlichen und rechtlichen Fragen

Düsseldorf/Duisburg, 30. Oktober 2017 - Wenn es kälter wird, nimmt die Gefahr der Schimmelbildung in Wohnungen zu. Wie es dazu kommt und welche gesundheitlichen Auswirkungen Schimmel haben kann, weiß Dr. Wolfgang Reuter, Gesundheitsexperte der DKV Deutsche Krankenversicherung. Welche Rechte und Pflichten Mieter bei Schimmelbefall haben, fasst Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice), zusammen.

Wie kommt es zu Schimmel in Wohnräumen?
Damit Schimmelpilze im Wohnbereich wachsen, benötigen sie Feuchtigkeit und Nährstoffe. „Als Nährstoff reicht oft schon der normale Hausstaub“, sagt Dr. Wolfgang Reuter, Gesundheitsexperte der DKV Deutsche Krankenversicherung. Die Ursachen für Feuchtigkeit können vielfältig sein: Sie kann von außen etwa durch Risse im Mauerwerk eindringen oder durch zu wenig Lüften entstehen. Auch unsachgemäßes Heizen, Möbel, die zu eng an den Wänden stehen, oder eine schlechte Wärmedämmung sind mögliche Auslöser. In Neubauten hat häufig ungenügendes Austrocknen Schimmel zur Folge.

Gesundheitliche Auswirkungen
Generell kommen Menschen immer wieder mit Schimmelsporen in Kontakt, beispielsweise bei einem Waldspaziergang. Denn die Sporen befinden sich auch im feuchten Laub. Sie verbreiten sich durch die Luft, die Menschen atmen sie ein. Aber erst eine dauerhafte Belastung, etwa durch Schimmelbefall in den Wohnräumen, kann gesundheitliche Auswirkungen haben, vor allem für Babys, Kleinkinder, ältere und kranke Menschen. Möglich sind allergische Reaktionen, die mit denen bei Heuschnupfen vergleichbar sind: Niesen, gereizte Augen und eine laufende Nase. „Auch Erkrankungen der Atemwege wie eine Bronchitis können die Folge sein“, ergänzt der DKV Experte. Bei Asthmakranken kann sich die Krankheit verschlimmern. Das Fraunhofer Institut für Baumaßnahmen (IBP) wies zudem in einer Studie nach, dass die Wahrscheinlichkeit, an Asthma zu erkranken, bei Schimmelbefall in der Wohnung um 40 Prozent steigt.

Schimmel vorbeugen
Um sich den gesundheitlichen Risiken gar nicht erst auszusetzen, sollten Bewohner ihre Räume regelmäßig auf einen möglichen Schimmelbefall überprüfen. Und vorbeugen: „Richtiges Heizen und Lüften helfen, Schimmel gar nicht erst entstehen zu lassen“, empfiehlt Dr. Wolfgang Reuter. Bei sehr dicht schließenden Fenstern ist besonders häufiges Lüften angesagt. Dabei ist Stoßlüften sinnvoller als ein dauerhaft gekipptes Fenster. In der Heizperiode sollten Bewohner darauf achten, alle Räume gleichmäßig zu beheizen und keinen Raum auskühlen zu lassen.

Rechte und Pflichten von Mietern bei Schimmelbefall
„Generell ist jeder Mieter verpflichtet, die angemieteten Räume sorgsam zu behandeln“, informiert Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice). Dazu gehört auch das regelmäßige Lüften und ausreichendes Heizen. Über die Häufigkeit des Lüftens kommt es immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. So verlangte etwa ein Vermieter, dass sein Mieter die Wohnung mehr als sechsmal täglich lüftet. Das Landgericht Berlin (Az. 65 S 400/15) sah dies jedoch als einen unzumutbaren Aufwand an. Kommt es zu einem Schimmelbefall, rät das Fraunhofer IBP, bereits ab einer sichtbaren schimmeligen Fläche von 20 Quadratzentimetern, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Der Mieter sollte dann umgehend eine schriftliche Mängelanzeige an seinen Vermieter schicken. „Dies ist auch deshalb notwendig, da sich der Mieter unter Umständen schadenersatzpflichtig macht, sollte er trotz des erkennbaren Schimmels den Mangel nicht melden“, ergänzt die Rechtsexpertin. Allerdings betrifft die Meldepflicht nur Mängel, die für den Mieter erkennbar sind. Versteckt sich der Fleck beispielsweise hinter einer Einbauküche, kann der Vermieter keine Forderungen stellen, wenn der Mieter dies nicht gemeldet hat. Zusätzlich zur Mängelanzeige sollte der Mieter seinem Vermieter auch noch eine angemessene Frist zur Beseitigung des Schimmels setzen. Die Mängelanzeige alleine verpflichtet den Vermieter nicht zum umgehenden Handeln.

Mietminderung wegen Schimmel?
Gesetzlich geregelt ist, dass ein Mieter die Miete mindern kann, wenn der „vertragsgemäße Gebrauch“ einer Mietsache erheblich eingeschränkt ist (§ 536 Bürgerliches Gesetzbuch). „Wenn es in einer Wohnung Schimmel gibt, dann kann das ein Mangel der Mietwohnung sein“, so Michaela Rassat. Inwieweit der Mieter dann allerdings die Miete mindern darf, hängt vom Umfang des Schimmelbefalls ab und davon, wer dafür verantwortlich ist. Hat ein Baumangel, etwa ein nicht fertig getrockneter Neubau oder eine Wärmebrücke in der Wand, den Schimmel verursacht und der Vermieter schafft keine Abhilfe, darf der Mieter die Miete mindern. Ist allerdings zu wenig oder falsches Lüften der Grund für die Schäden, darf er die Miete nicht mindern und kann unter Umständen sogar schadenersatzpflichtig sein. Oft entsteht Schimmel nicht durch eine einzige Ursache, sondern durch das Zusammenwirken mehrerer Faktoren. Bei einem Rechtsstreit haben daher oft Sachverständige das letzte Wort.


Der D.A.S. Leistungsservice informiert: Urteile in Kürze
München/Duisburg, 30. Oktober 2017 - Schimmel in einer Mietwohnung stellt immer einen Mangel dar. Allerdings berechtigt er den Mieter nicht ohne Weiteres zur sofortigen fristlosen Kündigung. Ist die Nutzung der Räume zum Wohnen baurechtlich unzulässig, ist dies ebenfalls kein Kündigungsgrund – solange das Bauamt nicht die Nutzung verbietet. Dies entschied laut D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice) das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek.
AG Hamburg-Wandsbek, Az. 715 C 109/16

Hintergrundinformation:
Schimmel in Mietwohnungen sorgt regelmäßig für Rechtsstreitigkeiten. Zunächst einmal ist er immer ein Sachmangel. Der Mieter kann die Beseitigung verlangen, natürlich mit einer angemessenen Fristsetzung. Oft muss ein Sachverständiger entscheiden, ob der Schimmel überwiegend durch falsches Lüften und Heizen und damit durch den Mieter oder doch eher durch Baumängel entstanden und damit vom Vermieter zu verantworten ist. Der Fall: Mieter waren in eine Wohnung im Souterrain eingezogen. Im Mietvertrag hatten sie und ihre Vermieterin die reguläre Kündigung mit Dreimonatsfrist für ein Jahr ausgeschlossen. Zwei Wochen nach dem Einzug entdeckten die Mieter dunkle Flecken an einer Wand. Sofort informierten sie die Vermieterin, die noch am selben Tag die Flecken besichtigte und am nächsten Tag einen Handwerkertermin ankündigte. Dabei musste sie dann auch gleich die fristlose Kündigung der Mieter mit Wirkung zur Monatsmitte entgegennehmen. Die Mieter ließen keine Handwerker in die Wohnung und zogen aus. Vorher beauftragten sie einen Immobilienberater mit der Inspektion der Wohnung. Dieser fand heraus, dass es sich um Kellerräume handelte. Eine Nutzung zum Wohnen war baurechtlich nicht zulässig. Die Mieter verlangten nun die Miete für die zweite Monatshälfte, die bereits gezahlte Miete für den nächsten Monat und ihre Kaution zurück. Nach Ansicht der Vermieterin war die Kündigung nicht wirksam. Sie verrechnete die Kaution mit der offenen Miete bis zum Ablauf des Kündigungsausschlusses. Das Urteil: Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek wies nach Informationen des D.A.S. Leistungsservice die Klage der Mieter auf Rückzahlung von Miete und Mietkaution ab. Eine fristlose Kündigung komme erst in Frage, wenn die Mieter dem Vermieter erfolglos eine angemessene Frist gesetzt hätten, um den Schimmel zu beseitigen, oder wenn die Fristsetzung von vornherein aussichtslos erscheine. Hier hätten die Mieter jedoch gleich gekündigt, ohne der Vermieterin Gelegenheit zur Abhilfe zu geben. Die Vermieterin habe auf die Mitteilung über den Schimmel sofort reagiert und gezeigt, dass sie das Problem angehen wollte. Dass die Räume baurechtlich nicht als Wohnräume zugelassen seien, berechtige die Mieter ebenfalls nicht zur Kündigung – zumindest, solange nicht die Baubehörde die weitere Nutzung verbiete. Da die fristlose Kündigung unwirksam und die ordentliche Kündigung vertraglich ausgeschlossen sei, seien die Mieter verpflichtet, für ein Jahr Miete zu zahlen.
Amtsgericht Hamburg-Wandsbek, Urteil vom 26. Juli 2016, Az. 715 C 109/16