Urteile  Archiv April- Juni 2011


 

Abgabe von Krebsmedikamenten durch Krankenhausapotheke umsatzsteuerfrei!

9. Juni 2011, Finanzgericht Münster -  Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem heute veröffentlichten Urteil vom 12. Mai 2011 (5 K 435/09 U) klargestellt, dass die Lieferung von Medikamenten zur Behandlung von Krebserkrankungen (sog. Zytostatika) durch eine Krankenhausapotheke umsatzsteuerfrei ist – und zwar auch dann, wenn die Patienten ambulant therapiert werden.
Im Streitfall betrieb die Klägerin ein gemeinnütziges Krankenhaus. Aufgrund einer sog. Institutsermächtigung war es ihr gestattet, auch ambulante Behandlungen (z.B. Chemotherapien) durchzuführen. Die im Rahmen dieser Therapien an die Patienten verabreichten Zytostatika wurden in der von der Klägerin unterhaltenen Krankenhausapotheke nach ärztlicher Anordnung zeitnah und individuell für die Patienten hergestellt. Während die Klägerin die hieraus erzielten Umsätze als steuerfrei ansah, war das beklagte Finanzamt der Auffassung, die Umsatzerlöse seien steuerpflichtig.
Der 5. Senat gab der Klägerin Recht. Die Abgabe von Zytostatika an Patienten der Klägerin im Rahmen ambulanter Krebstherapien unterfalle der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 16 Buchst. b) UStG a.F., denn die Behandlung sei – wie vom Gesetz gefordert – mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung eng verbunden. Eng verbundene Umsätze lägen vor, wenn sie als Nebenleistung zu einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung anzusehen seien, d.h. sie ein Mittel darstellten, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können. Dies treffe auf die streitigen Medikamentenlieferungen zu, die als Nebenleistungen zur Krebstherapie erbracht würden. Unbeachtlich sei, ob die Heilbehandlung im Rahmen einer stationären Aufnahme der Patienten oder ambulant erfolge. Die Abgabe der Zytostatika durch die Klägerin sei für die Krankenhausbehandlung als unerlässlich anzusehen, denn sie fördere die ambulanten Krebstherapien erheblich. Sowohl die Klägerin als auch die Patienten könnten die Therapie so effektiv und mit möglichst geringem Aufwand gestalten. Zudem diene – hiervon war der Senat überzeugt – die Abgabe der Medikamente in erster Linie dem reibungslosen Ablauf der Chemotherapien und damit einer möglichst effektiven Heilbehandlung. Sie sei nicht vorrangig dazu bestimmt, der Klägerin zusätzliche Einnahmen zu verschaffen. Hierfür spreche auch die der Klägerin erteilte Institutsermächtigung, die nur bei einer ansonsten nicht ausreichenden ärztlichen Versorgung erteilt werde.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
 

Oberverwaltungsgericht NRW:
Rauchverbot im Eingangsraum einer Gaststätte

1. Juni 2011 - Ein Gastwirt darf den Eingangsraum einer Gaststätte nicht zum Raucherraum machen. Dies hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts im Fall einer Kölner Gaststätte per Eilbeschluss entschieden. Gastwirte dürften das Rauchen nur in Räumen erlauben, die funktional eigenständig und vom übrigen Gaststättenbetrieb so abtrennbar seien, dass sie von Nichtrauchern nicht genutzt werden müssten.
Das Nichtraucherschutzgesetz NRW bestimmt, dass in Gaststätten Rauchverbot gilt. Gastwirte dürfen allerdings abgeschlossene Räume einrichten, in denen das Rauchen gestattet ist. Im entschiedenen Fall hatte der Gastwirt einen zur Straße gelegenen Eingangsraum seiner Gaststätte zum Raucherraum erklärt und darauf verwiesen, dass nichtrauchende Gäste einen anderen Eingang benutzen könnten. Dieser zweite Eingang liegt an der Rheinuferseite und ist nur über einen längeren Fußweg sowie einen langen und steilen Treppenaufgang zu erreichen. Die Stadt Köln untersagte die Einrichtung dieses Raucherraums. Das Verwaltungsgericht Köln lehnte den dagegen gerichteten Eilantrag des Gastwirts ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht mit dem eingangs genannten Beschluss (vom 20. April 2011) zurück.
Zur Begründung führte der 4. Senat aus: Als Raucherraum eigneten sich nur Räume, die nach Bauart und Funktion die Beeinträchtigung nichtrauchender Gäste ausschlössen. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle der Einzelne vor den erheblichen Gesundheitsgefahren durch Rauchen in der Öffentlichkeit geschützt werden und frei entscheiden dürfen, ob er sich den Gefahren des Passivrauchens in Gaststätten aussetzen wolle. Damit sei es nicht zu vereinbaren, Raucherräume so einzurichten, dass Nichtraucher gezwungen seien, sich zumindest gelegentlich und gleichzeitig mit Rauchern in ihnen aufzuhalten. Nichtraucher würden den Gefahren des Passivrauchens auch dann ausgesetzt, wenn sie etwa beim Betreten der Gaststätte, bei Toilettengängen oder für Bestellungen sich vorübergehend in einem Raucherraum aufhalten oder ihn durchqueren müssten. Hier führe der zur Straße gelegene Eingang auch nichtrauchende Besucher unmittelbar in den als Raucherraum vorgesehen Gastraum. Dieser Eingang müsse von bestimmten Personengruppen, etwa Rollstuhlfahrern, gehbehinderten Personen und Eltern mit kleinen Kindern, zwangsläufig genutzt werden. Selbst bei zwei gleichwertigen Eingängen dürfe der Gastwirt den Eingangsraum aber nicht zum Raucherraum machen, weil er über weitere abtrennbare Räume verfüge. Das Nichtraucherschutzgesetz verlange in solchen Fällen, eine die Nichtraucher weniger belastende Möglichkeit zu wählen und einen der reinen Gasträume als Raucherraum einzurichten.
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.
Aktenzeichen: 4 B 1703/10

Verwaltungsgericht Düsseldorf: Planfeststellungsbeschluss in Sachen CO-Pipeline rechtswidrig

25. Mai 2011 - Mit in öffentlicher Sitzung verkündetem Urteil hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf vom 14. Februar 2007 in der aktuellen Fassung rechtswidrig und damit nicht vollziehbar ist.
Nach Auffassung des Gerichts sind im Planfeststellungsverfahren Fragen der Erdbebensicherheit ungeklärt geblieben. So seien planfestgestellte oberirdische Bestandteile der Kohlenmonoxid-Pipeline nicht geprüft worden. Der Nachweis des Ausschlusses der Gefahr einer möglichen Bodenverflüssigung in Teilbereichen der Trasse sei nicht erbracht worden. Die Regelung über die Erkundung des Baugrunds auf Hohlräume in bestimmten Bereichen sei räumlich unvollständig. Demgegenüber hatte das Gericht keine Bedenken gegen die Erdbebensicherheit im Übrigen und hinsichtlich der verbleibenden Sicherheitsfragen. Auch die Trassenführung sei nicht zu beanstanden. Schließlich müssten die Kläger den Zugriff auf ihr Privateigentum grundsätzlich hinnehmen; u. a. sei nämlich das Rohrleitungsgesetz nach Ansicht des Gerichts verfassungsgemäß.
Eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses kam wegen der Behebbarkeit der aufgezeigten Mängel nicht in Betracht. Der Bezirksregierung Düsseldorf bleibt die Möglichkeit, die Fehler nachträglich in einem eigenen Verfahren zu beseitigen.
Gegen das Urteil können die Beteiligten Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster einlegen.  Aktenzeichen: 3 K 1599/07


Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen: Krankenkassen dürfen keine Risikokriterien und Warnhinweise für Pflegeheime ins Internet stellen
Essen. Die allgemeinen Ortskrankenkassen dürfen keine von ihnen selbst definierten Risikokriterien und erklärende Warnhinweise für Pflegeheime hinzufügen, wenn sie die gesetzlich vorgesehenen Transparenzberichte mit den Prüfergebnissen über die Heime ins Internet stellen. Das hat jetzt das Landessozialgericht Nordrhein - Westfalen (LSG NRW) als erstes Landessozialgericht in Deutschland in einem aktuellen Beschluss entschieden, den ein Altenpflegeheim aus Horn-Bad Meinberg erstritten hat. Damit hat das LSG NRW den allgemeinen Ortskrankenkassen vorläufig untersagt, auf ihrer Website www.aok-pflegeheim¬navigator.de von ihnen ausgewählte Risikokriterien und zur Erläuterung beigefügte Warnhinweise über das beschwerdeführende Pflegeheim zu veröffentlichen sowie eine entsprechende Sortierfunktion anzubieten (Beschluss vom 05.05.2011 – L 10 P 7/11 B ER). Nach Einschätzung der gesetzlichen Krankenkassen sind diese Risikokriterien von besonderer Bedeutung für die Gesundheit der Pflegeheimbewohner. Zu den Kriterien zählen etwa Vorkehrungen gegen Dekubitus (Wundliegen), optimale Nahrungsversorgung oder Sturzvorbeugung. Nach Ansicht der Essener Richter sieht aber die Pflege-Transparenzvereinbarung stationär (PTVS), die als rechtliche Grundlage für die Veröffentlichung von Prüfergebnissen über Pflegeheime in den Transparenzberichten dient, derzeit keinerlei Sortierung dieser Berichte nach Risikokriterien und auch keine entsprechenden Warnhinweise vor. Vielmehr sei nach dem Willen der Vertragsparteien der PTVS, zu denen u.A. die Dachverbände der Pflegeheimbetreiber und die gesetzlichen Krankenkassen gehören, eine Gewichtung der Transparenzkriterien nach deren Bedeutung für die pflegebedürftigen Menschen bisher gerade nicht möglich. Die zunächst geplante Anpassung der Vereinbarung an aktuelle pflegewissenschaftliche
Erkenntnisse habe bislang nicht stattgefunden. Die Vereinbarung konnte daher, so das LSG NRW, von den gesetzlichen Krankenkassen nicht einseitig geändert werden. Eine Veröffentlichung der Transparenzberichte in anderer Form als von der PTVS vorgegeben sei grundsätzlich geeignet, Wettbewerbs- und Grundrechte der Pflegeheime, insbesondere deren Berufsfreiheit aus Artikel 12 des Grundgesetzes, zu verletzen.
Der Beschluss ist rechtskräftig. Er kann unter www.sozialgerichtsbarkeit.de und Eingabe des Aktenzeichens im Volltext abgerufen werden.

Alter vor Kinderzahl?

24. Mai 2011 - Das Landesarbeitsgericht Köln hatte in einem jetzt veröffentlichten Urteil die Frage zu entscheiden, welchem von zwei vergleichbaren Arbeitnehmern bei Wegfall eines Arbeitsplatzes unter sozialen Gesichtspunkten gekündigt werden kann (sog. soziale Auswahl nach § 1 Absatz 3 Kündigungsschutzgesetz).
Dieser Paragraph besagt, dass der Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung die betroffenen Arbeitnehmer unter Berücksichtigung von Betriebszugehörigkeitszeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und einer eventuellen Schwerbehinderung auswählen muss. In der Rechtsprechung ist weitgehend ungeklärt, wie diese Kriterien untereinander zu gewichten sind.
Der Fall betraf zwei etwa gleich lang beschäftigte verheiratete Führungskräfte in der Metallverarbeitung, von denen der eine 35 Jahre alt war und zwei Kinder hatte, der andere 53 Jahre alt und kinderlos. Das Gericht entschied, dass die Kündigung des älteren Arbeitnehmers unwirksam war, weil der jüngere Arbeitnehmer im Gegensatz zum älteren viel bessere Chancen hatte, alsbald eine neue Arbeit zu finden, sodass mit hoher Wahrscheinlichkeit seine Unterhaltpflichten für die Kinder gar nicht beeinträchtigt gewesen wären.
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 18.02.2011 - 4 Sa 1122/10

- Nettolohnvereinbarung im bezahlten Fußball  ungeklärt
- Verwaltungsgebühren sind auch für "abgebrochene" Abschleppmaßnahmen zu entrichten
- Verwaltungsgericht: Raservideos kosten den Führerschein

Nettolohnvereinbarung im bezahlten Fußball ungeklärt
4. Mai 2011 - Die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm hat heute das Berufungsverfahren 3 Sa 660/10 entschieden und die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts im Ergebnis bestätigt.

Der Kläger war als Profifußballer beim VfL Bochum tätig. Im Zusammenhang mit dem Wechsel des Klägers zum VfL Bochum zahlte der Fußballclub insgesamt 880.000,00 € an einen Spielervermittler, der davon insgesamt 640.000,00 € an den Kläger weiterleitete sowie weitere 50.000 € an Kläger unmittelbar zahlte. Da diese Beträge unversteuert blieben, wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, da die gezahlten Gelder steuerpflichtiges Einkommen dargestellten. Dabei wurde eine Steuerpflicht in Höhe von 311.488,- € zugrundegelegt. Diese Steuer macht der Kläger im vorliegenden Verfahren gegen den VfL Bochum geltend, und trägt vor, es sei mit den Verantwortlichen des VfL Bochum vereinbart gewesen, dass ihm die Ablöse und ein Handgeld netto zufließen sollten. Der Verein bestreitet eine entsprechende Vereinbarung, auch sei ihm zu keinem Zeitpunkt bekannt gewesen, dass die geleisteten Zahlungen von dem Spielervermittler an den Kläger hätten weitergeleitet werden sollen. Sie seien auch nicht für ihn bestimmt gewesen.
Mit Urteil vom 24.11.2009 in dem Verfahren 2 Ca 512/09 hat das Arbeitsgericht Bochum die Klage abgewiesen.
Im durch den Kläger eingeleiteten Berufungsverfahren hatte sich in der mündlichen Verhandlung am 12.01.2011 - anders als noch vom Arbeitsgericht angenommen - herausgestellt, dass der Kläger die Steuern noch nicht an das Finanzamt abgeführt hat.
Das Berufungsgericht hat im heutigen Fortsetzungstermin die Berufung zurückgewiesen und darauf abgestellt, dass die Klage zur Zeit jedenfalls unbegründet ist, da der Kläger erst überhaupt dann einen Anspruch gegen den VfL Bochum haben kann, wenn er selbst die Steuern gezahlt hat. Ob der Kläger einen Anspruch auf Freistellung gegen den Zweitbundesligisten hat, konnte die Kammer ebenso offen lassen wie die Frage, ob die Parteien überhaupt eine Nettolohnvereinbarung getroffen haben und ob und in welcher Höhe Steuern anfallen, weil der Kläger nicht Freistellung, sondern Zahlung verlangt hat.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht hat das Landesarbeitsgericht nicht zugelassen.

Verwaltungsgericht Aachen: Verwaltungsgebühren sind auch für "abgebrochene" Abschleppmaßnahmen zu entrichten
Auch wenn ein Autofahrer vor dem Abschleppen seines verbotswidrig geparkten Fahrzeugs erscheint und den Wagen selbst wegfährt, hat er neben dem fälligen Verwarnungsgeld und den Kosten für den Abschleppunternehmer zudem Verwaltungsgebühren zu entrichten. Dies entschied die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen mit Urteil vom 15. April 2011.
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, hatte in der Nähe des Justizzentrums Aachen sein Fahrzeug auf einem Sonderfahrstreifen für Omnibusse und Taxen verbotswidrig abgestellt, um einen Gerichtstermin wahrzunehmen. Ein Mitarbeiter der Stadt Aachen, der als Beifahrer im Wagen eines Aachener Abschleppunternehmens mitfuhr, veranlasste das Abschleppen des Fahrzeugs. Der Kläger erschien während des Abschleppvorgangs und beglich angefallene Abschleppkosten sowie das Verwarnungsgeld. Mit seiner Klage wandte er sich gegen die zusätzliche Erhebung von Verwaltungsgebühren in Höhe von 50,- Euro. Ein besonderer Verwaltungsaufwand sei der Stadt Aachen nicht entstanden, denn diese lasse ja - eine Aachener Besonderheit - ihre Vollzugsbediensteten in den Fahrzeugen des Abschleppunternehmers mitfahren.
Das Gericht entschied, dass die Stadt für sogenannte Leerfahrten, bei denen der Abschleppvorgang abgebrochen wird, dieselbe Regelgebühr wie für "normale" Abschleppmaßnahmen erheben dürfe. Der entstehende durchschnittliche Verwaltungsaufwand unterscheide sich im Ergebnis bei beiden Maßnahmen nicht. Auch stehe die Praxis der Stadt, den Bediensteten vorsorglich im Abschleppwagen mitfahren zu lassen, nicht einer Gebührenerhebung entgegen, da der städtische Vollzugsbedienstete in jedem Einzelfall aussteigen und kontrolliere müsse, ob die Voraussetzungen für eine Abschleppmaßnahme vorlägen. Für den so entstehenden Aufwand dürfe eine Gebühr erhoben werden. Mit 50,- Euro liege die Höhe der Gebühr im unteren Bereich des gesetzlich vorgegebenen Rahmens von 25,- Euro bis 150,- Euro.
Gegen das Urteil kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden, über den das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zu entscheiden hätte.  Aktenzeichen 7 K 2213/09

Verwaltungsgericht: Raservideos kosten den Führerschein
Dies musste ein 25-jähriger Gelsenkirchener in einem Erörterungstermin der 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen feststellen. Er hatte sich regelmäßig Sportwagen eines schwäbischen Herstellers geliehen und rasante Spritztouren unternommen, die er in selbstgedrehten Videos festhielt. So filmte er unter anderem eine Fahrt mit 180 km/h durch die Innenstadt sowie rasante Wendemanöver und „Burnouts“ auf einer Einbahnstraße in der Nähe der Schalke-Arena. In weiteren Videos warfen die Fahrzeuginsassen Eier auf Passanten.
Rund 20 Videos stellte die Polizei im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen wegen anderer Tatvorwürfe auf dem PC des Klägers sicher und leitete sie an die Fahrerlaubnisbehörde weiter. Die entzog dem Kläger wegen der fehlenden charakterlichen Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr die Fahrerlaubnis.
Zu Recht, wie die Kammer dem Kläger in dem Erörterungstermin verdeutlichte.
Allein die gefilmten Fahrten entgegen der Fahrtrichtung nach den Wendemanövern in der Einbahnstraße hätten das Flensburger Punktekonto des Klägers um mindestens 40 Punkte bereichert. Die Kammer wies insbesondere darauf hin, dass auch Fahrten, die wegen inzwischen möglicherweise eingetretener Verfolgungsverjährung nicht mehr als Ordnungswidrigkeit geahndet werden könnten, bei der Entziehung der Fahrerlaubnis zu berücksichtigen seien.
In Verfahren dieser Art ist nämlich auf die - längeren - Tilgungsfristen für die Eintragung in das Verkehrszentralregister abzustellen.
Um seine Chancen auf die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach einer von der Kammer empfohlenen verkehrspsychologischen Therapie und der voraussichtlich notwendigen medizinisch - psychologischen Untersuchung, nicht auch noch durch die Feststellungen in einem rechtskräftigen Urteil zu verringern, hat der Kläger die Klage zurückgenommen. Der Bescheid der Behörde wurde damit bestandskräftig, so dass die Kammer keine schriftliche Entscheidung mehr zu treffen hat.

Kündigung und Religionsfreiheit - "Jesus hat Sie lieb"

19. April 2011 - Das Landesarbeitsgericht (4 Sa 2230/10) hat heute die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 08.07.2010 (4 Ca 734/10, siehe Pressemitteilung Nr. 13-2011) verhandelt.
Anders als das Arbeitsgericht war das Berufungsgericht der Auffassung, die außerordentliche Kündigung der Beklagten sei gerechtfertigt. Der mit 6 Stunden im Call-Center der Beklagten teilzeitbeschäftigte Kläger habe sich arbeitsvertragswidrig verhalten, indem er trotz einer ausdrücklich erteilten Anweisung der Beklagten nicht habe darauf verzichten wollen, sich am Ende eines jeden Verkaufsvorgangs von den Gesprächspartnern mit den Worten „Jesus hat Sie lieb, vielen Dank für Ihren Einkauf bei QVC und einen schönen Tag“ zu verabschieden. Das Berufungsgericht hat auf das Spannungsfeld zwischen Glaubensfreiheit und unternehmerischer Betätigungsfreiheit hingewiesen und die Grundsätze aufgezählt, die im Rahmen dieses Abwägungsprozesses anzustellen seien.
In tatsächlicher Hinsicht hat es sodann festgestellt, dass der tiefgläubige Kläger in nicht ausreichendem Maße hat darlegen können, warum er in innere Nöte gekommen wäre, hätte er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit bei der Beklagten darauf verzichtet, die ansonsten bei der Beklagten übliche Grußformel um die Worte „Jesus hat Sie lieb“ zu ergänzen.
Nach Auffassung der Berufungskammer muss ein Arbeitnehmer, der sich darauf beruft, dass die Befolgung einer Arbeitsanweisung ihn in seiner Glaubensfreiheit beeinträchtigt, nachvollziehbar darlegen, dass er ohne innere Not nicht von einer aus seiner Sicht zwingenden Verhaltensregel absehen könne. Für das Berufungsgericht war in diesem Zusammenhang von Bedeutung, dass der Kläger der Beklagten anlässlich eines nachfolgenden Streitverfahrens angeboten hatte, im Rahmen einer sogenannten Prozessbeschäftigung für die Beklagten tätig zu werden – und sich zugleich für diese Beschäftigung verpflichtet hatte, auf die Ergänzung der Grußformel zu verzichten.
Die Revision hat das Landesarbeitsgericht nicht zugelassen.
 

Arbeitsgericht Duisburg:
Außerordentliche Kündigungen beim KKD unwirksam

18. April 2011 - Das Arbeitsgericht Duisburg hat heute den Kündigungsschutzklagen von drei Arbeitnehmern des Katholischen Klinikums Duisburg stattgegeben.
Im Januar 2011 hat die Beklagte, die in Duisburg u. a. das St. Johannes-Hospital, das St. Barbara-Hospital, das St. Vincenz-Hospital und das Marien-Hospital betreibt, 121 Arbeitnehmer außerordentlich gekündigt, obwohl aufgrund einer Dienstvereinbarung als Gegenleistung für einen Verzicht auf Weihnachtsgeld ordentliche betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31.12.2011 ausgeschlossen sind.

Die Beklagte hat sich zur Begründung der außerordentlichen Kündigung nicht auf ihre bisherigen Sanierungsbemühungen berufen können. Das Gericht ist auch nicht der Argumentation gefolgt, die Kündigungen seien erforderlich gewesen, um nach einer unerwartet hohen Entgelterhöhung eine drohende Insolvenz abzuwenden. Da der Ausschluss der ordentlichen betriebsbedingten Kündigungen nur noch bis zum Jahresende gilt, ist es zumutbar, diesen Zeitraum abzuwarten.
Die Beklagte muss sich an dem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen, den sie bereits in Kenntnis ihrer schwierigen finanziellen Situation vereinbart hat, festhalten lassen. Es genügt auch nicht, dass die Bank des Bistums nur bei Ausspruch der Kündigungen bereit gewesen ist, die Kreditlinie zu erhöhen.
Die Frage, ob das Arbeitsverhältnis außerordentlich beendet werden darf, darf nicht maßgeblich von der Entscheidung der Bank abhängen, welche Sanierungsbemühungen sie für erforderlich hält. Dies gilt umso mehr, da auch nach dem bisherigen, von der Bank mitgetragenen Sanierungskonzept bis zum Jahr 2018 negative Betriebsergebnisse eingeplant sind.
Insgesamt haben sich ca. 20 Beschäftigte gerichtlich gegen die Kündigungen gewendet. Von diesen Verfahren sind heute die ersten drei entschieden worden. Die Entscheidungen können demnächst unter www.nrwe.de abgerufen werden. Weitere Verhandlungen folgen Anfang Mai, u. a. am 5.5.2011.
Az.: 3 Ca 436/11, 3 Ca 396/11 und 3 Ca 376/11
 

Verwaltungsgericht: Berufskrankheit "Sehnenscheidenentzündung" durch Computerarbeit

14. April 2011 - Einer Finanzbeamtin, die durchweg am Computer arbeitet, steht die Anerkennung ihrer Sehnenscheidenentzündung als Berufskrankheit zu.
Dies entschied die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen mit Urteil vom 14. April 2011.
Die Beamtin berief sich vor Gericht darauf, dass die intensive Arbeit am Computer mit Maus und Tastatur Ursache ihrer mittlerweile chronischen Sehnenscheidenentzündung sei. Für das beklagte Land ließ sich dagegen nicht feststellen, dass Bedienstete, die im Wesentlichen am Computer arbeiten, dem besonderen Risiko einer Sehnenscheidenentzündung unterliegen.
Das Gericht hatte zur Klärung des Verfahrens ein arbeitsmedizinisches Gutachten eines Universitätsprofessors eingeholt. Der Gutachter erkannte auf eine Verbindung zwischen der Tätigkeit der Beamtin am Computer und ihrer Erkrankung. Die Klägerin hat aufgrund der Anerkennung ihrer Krankheit als Berufskrankheit Anspruch auf sogenannte Unfallfürsorgeleistungen. Diese können im Einzelfall ein höheres Ruhegehalt, besondere Kosten der Heilbehandlung oder die Erstattung von Sachschäden umfassen.
Gegen das Urteil kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden, über den das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zu entscheiden hätte. Aktenzeichen 1 K 1203/09

Verwaltungsgericht: Neues Schornsteinfegerrecht kommt bereits in der Übergangszeit zur Anwendung

13. April 2011 - Feuerstättenbescheide nach dem ab dem 1. Januar 2013 geltenden neuen Schornsteinfegerrecht können bereits in der derzeitigen Übergangszeit erlassen werden. Dies entschied die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen mit Urteil vom 15. März 2011.
Die endgültige Aufhebung des Schornsteinfegermonopols zum 1. Januar 2013 hat zur Folge, dass Haus- und Wohnungseigentümer selbst für die Reinigung ihrer Kamine verantwortlich sind. Dem Bezirksschornsteinfeger fällt zukünftig die Aufgabe zu, für jeden Haushalt einen sogenannten "Feuerstättenbescheid" zu erlassen. In diesem Bescheid wird verbindlich geregelt, welche Schornsteinfegerarbeiten notwendig sind. Mit der Durchführung der Arbeiten kann der Eigentümer dann jeden deutschen Schornsteinfeger oder auch einen Handwerker aus anderen EU-Staaten beauftragen.
Die Richter des Verwaltungsgerichts entschieden nunmehr, dass bereits vor dem 1. Januar 2013 - in der derzeit geltenden Übergangsphase - ein Feuerstättenbescheid erlassen werden kann. Erst dieser Bescheid versetze den Haus- oder Wohnungseigentümer in die Lage, einen Schornsteinfeger (aus Deutschland oder anderen EU-Staaten) frei zu wählen. Der Erlass des Feuerstättenbescheid diene damit der effektiven Verwirklichung der europäischen Dienstleistungsfreiheit. Dieses Ziel liege der Neuregelung des Schornsteinfegerrechts zugrunde.
Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Berufung zugelassen. Falls Berufung eingelegt wird, muss das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster in der Sache entscheiden.
Aktenzeichen 3 K 761/10
 

Verwaltungsgericht: Errichtung der Gemeinschaftsschule Finnentrop vorläufig gestoppt

12. April 2011 - Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat die Errichtung einer so genannten Gemeinschaftsschule in Finnentrop vorläufig gestoppt. Mit Beschlüssen vom 8. April 2011 hat das Gericht den Eilanträgen der benachbarten Städte Attendorn und Lennestadt stattgegeben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen gegen die Genehmigung der Gemeinschaftsschule („Perspektivschule Finnentrop, Gemeinschaftsschule der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II“) durch das Schulministerium des Landes wiederhergestellt.
Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt:
Benachbarte kommunale Schulträger seien grundsätzlich berechtigt, eine Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts auch gegenüber der Genehmigung von Schulversuchen bzw. Versuchsschulen gemäß § 25 des nordrhein-westfälischen Schulgesetzes geltend zu machen. Bei vorläufiger Bewertung erweise sich die der Gemeinde Finnentrop erteilte Genehmigung als rechtswidrig. Sie lasse sich nicht auf die vom Schulministerium herangezogene Regelung über Schulversuche in § 25 Abs. 1 SchulG und auch nicht auf die zusätzlich zu beachtende Vorschrift über Versuchsschulen in § 25 Abs. 2 SchulG stützen. Diese Bestimmungen ermöglichten lediglich ergebnisoffene Schulversuche als atypische Ausnahmen. Das fragliche Vorhaben sei jedoch – unabhängig davon, wie viele entsprechende „Schulversuche“ gegenwärtig verwirklicht würden - Teil einer systematischen, über punktuelle Projekte hinausgehenden Einführung einer neuen Schulform, wie sich aus der Koalitionsvereinbarung und dem Runderlass des Ministeriums vom 21. September 2010 ergebe. Ein derartiges Vorhaben unterliege dem Vorbehalt des Gesetzes; es erfordere ein entsprechendes verfassungskonformes formelles Gesetz, das in diesem Fall nicht vorhanden sei. Aber auch gemessen an den vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen sei die Genehmigung rechtswidrig, weil das Ministerium das ihm zustehende planerische Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe.
Die Beschlüsse sind nicht rechtskräftig. Über eine Beschwerde hätte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zu entscheiden.
Aktenzeichen: 10 L 141/11, 10 L 155/11

Oberverwaltungsgericht NRW: Gaststätten als Raucherclubs unzulässig

6. April 2011 - Der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit Eilbeschluss vom 4. April 2011 ein Rauchverbot für eine Gaststätte bestätigt, die nach Angaben der Inhaberin nur den Mitgliedern eines sogenannten Raucherclubs offen steht. Zuvor hatte bereits das Verwaltungsgericht Köln den Eilantrag der Gastwirtin gegen das von der Stadt Köln verhängte Rauchverbot abgelehnt.
Das Nichtraucherschutzgesetz NRW bestimmt, dass in Gaststätten grundsätzlich nicht geraucht werden darf. Ausnahmen macht das Gesetz u.a. für Räume von Vereinen und Gesellschaften, deren ausschließlicher Zweck der gemeinsame Konsum von Tabakwaren ist. Diese Voraussetzungen sah der Senat im Rahmen einer vorläufigen Prüfung hier nicht als erfüllt an. Der Zweck des Gesetzes, die Bürger wirksam vor den erheblichen Gesundheitsgefahren durch Rauchen in der Öffentlichkeit zu schützen, gebiete eine enge Auslegung der Ausnahmevorschrift. Nach der dem Gericht vorliegenden Vereinssatzung bezwecke der Verein die „Förderung“ des gemeinsamen Tabakkonsums. Dies gehe über den gesetzlich zulässigen Zweck - den tatsächlichen gemeinsamen Konsum von Tabakwaren – hinaus und ermögliche auch Nichtrauchern die Vereinsmitgliedschaft. Diese könnten am einzig zulässigen Vereinszweck aber nicht Teil haben. Zudem sei die Inhaberin der Gaststätte auf einen Gewinn durch den Verkauf von Speisen und Getränken angewiesen. Auch dieses gewerbliche Interesse werde vom Verein gefördert. Insgesamt sei es erkennbarer Zweck des Vereins, die Nutzung der Gaststätte in der vor Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes bestehenden Form zu sichern, und nicht nur, gemeinsam zu rauchen. Auf die Regelungen in der Vereinssatzung komme es insoweit nicht allein an. Maßgeblich seien auch die tatsächlichen Umstände. Deshalb sei es regelmäßig als unzulässige Umgehung des gesetzlichen Rauchverbots zu werten, wenn eine Gaststätte im Wesentlichen oder sogar ausschließlich den Mitgliedern eines Rauchervereins zur Verfügung gestellt werde. 

Der Beschluss des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.


Verwaltungsgericht: Ex-Bandido darf wieder als Gerichtsvollzieher arbeiten
Ein heute vor der 12. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Gelsenkirchen verhandeltes Verfahren, in dem sich ein Gerichtsvollzieher gegen die wegen seiner langjährigen Mitgliedschaft in dem Motorradclub „Bandidos“ vom Oberlandesgericht (OLG) Hamm „bis auf Weiteres“ verfügte Entbindung von den Aufgaben eines Gerichtsvollziehers und Übertragung von Aufgaben im gerichtlichen Innendienst gewehrt hat, ist durch den Abschluss eines vom Gericht vorgeschlagenen Vergleichs gütlich beigelegt worden.

Vorausgegangen war dem Rechtsstreit ein vom Kläger beantragtes vorläufiges Rechtsschutzverfahren um die sofortige Vollziehbarkeit der streitigen Abordnung. Während das VG Gelsenkirchen zugunsten des Klägers die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt und damit ein Vollzugsverbot ausgesprochen hatte (24.6.2010), bestätigte das OVG Münster im Rechtsmittelverfahren die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Abordnung (Beschluss vom 28. 10.2010 (Az.: - 1 B 887/10 -, veröffentlicht unter www.nrwe.de).
Nach dem geschlossenen Vergleich, in dem die Beteiligten ihre unterschiedlichen Rechtsauffassungen beibehalten haben, wird der Kläger wieder als Gerichtsvollzieher im Bezirk des Amtsgerichts Essen eingesetzt. Im Gegenzug dazu ist er u.a. aus dem Motorradclub „Bandidos“ ausgetreten. Er wird nicht mehr an den Gemeinschaftsaktivitäten des Motorradclubs teilnehmen und alles unterlassen, was den äußeren Anschein seiner Zugehörigkeit zu den „Bandidos“ erweckt. Das Eigentum an dem Haus in Duisburg, in dem der Motorradclub eine Geschäftsstelle unterhält, hat der Kläger aufgegeben. Aktenzeichen: 12 K 1883/10

Arbeitsgericht: Kündigung wegen dauerhafter Arbeitsunfähigkeit nach Teilnahme an der Love Parade 2010

Arbeitsgericht Krefeld: Kündigung wegen dauerhafter Arbeitsunfähigkeit nach Teilnahme an der Love Parade 2010 - Terminsergebnis
5. April 2011 - In dem Verfahren 1 Ca 560/11 (siehe Pressemitteilung vom 04.04.2011) hat am 05.04.2011 ein Gütetermin stattgefunden, in dem die Parteien sich zunächst auf einen Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung geeinigt haben. Beide Parteien haben allerdings die Möglichkeit, den Vergleich bis zum 19.04.2011 zu widerrufen. In diesem Falle würde das Verfahren fortgesetzt werden. Arbeitsgericht Krefeld - 1 Ca 560/11

Arbeitsgericht Krefeld: Kündigung wegen dauerhafter Arbeitsunfähigkeit nach Teilnahme an der Love Parade 2010
4. April 2011 - Bei dem Arbeitsgericht Krefeld, Preußenring 49, findet am Dienstag, 05.04.2011, um 09:40 Uhr in Saal 352 (3. Etage) ein Gütetermin statt, in dem über die ordentliche krankheitsbedingte Kündigung einer Arbeitnehmerin gestritten wird, die seit ihrer Teilnahme an der letztjährigen Love Parade arbeitsunfähig erkrankt ist. Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin ist seit 3 ½ Jahren bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt. Sie nahm am 24.07.2010 an der Love Parade in Duisburg teil und ist seitdem arbeitsunfähig erkrankt. Sie trägt vor, sie habe sich seinerzeit unmittelbar an der Treppe neben der Rampe befunden, wo mehrere Menschen zu Tode gekommen seien. Mit Glück sei sie entkommen. Danach sei sie allerdings durch die unmittelbar erlebten Geschehnisse schwer traumatisiert gewesen und habe unter Panikanfällen sowie Konzentrationsstörungen gelitten. Nach einem von ihr abgebrochenen Arbeitsversuch am 02.08.2010 habe sie sich in ärztliche Behandlung begeben, die zunächst mit einem stationären Krankenhausaufenthalt und zuletzt noch ambulant durchgeführt worden sei.
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15.02.2011 zum 31.03.2011 gekündigt, weil sie von einer lang dauernden Erkrankung mit ungünstiger Zukunftsprognose ausgeht. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei ihr unzumutbar. Sie müsse den Arbeitsplatz der Klägerin anderweitig wieder besetzen.
Die Klägerin bestreitet die negative Prognose und behauptet, ab 01.04.2011 werde eine von der Rentenversicherung bewilligte Wiedereingliederungsmaßnahme durchgeführt, um sie wieder an eine Vollzeittätigkeit heranzuführen. Damit sei eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit absehbar und die Kündigung unverhältnismäßig.
Arbeitsgericht Krefeld - 1 Ca 560/11

Finanzgericht: Kosten des Erststudiums sind keine Werbungskosten!
Aufwendungen für ein nach dem Abitur aufgenommenes Erststudium oder eine erstmalige Ausbildung können grundsätzlich nicht als Werbungskosten, sondern nur als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Etwas anderes gilt nur, wenn die Ausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Dies hat der 11. Senat des Finanzgerichts Münster in einem heute veröffentlichten Urteil vom 24. Februar 2011 (11 K 4489/09 F) entschieden. Damit ist der Abzug von Studienkosten nicht nur der Höhe nach auf jährlich 4.000 EUR beschränkt. Da es im Bereich der Sonderausgaben keinen sog. Verlustvortrag gibt, können Studenten, die während der Ausbildung nur wenig Geld verdienen, Studienkosten auch nicht später, d.h. nach Abschluss der Ausbildung, wenn sie höhere Einkünfte erzielen, steuerlich nutzen.
Im Streitfall studierte die Klägerin an einer Fachhochschule Betriebswirtschaft. Hierfür fielen im Streitjahr 2007 Studien- und Prüfungsgebühren von ca. 10.500 EUR an. Während des Studiums absolvierte die Klägerin Pflichtpraktika, für die sie eine geringe Vergütung erhielt. Bei der Steuerfestsetzung berücksichtigte das Finanzamt die Studienkosten lediglich als Sonderausgaben in Höhe von 4.000 EUR. Den Antrag, einen verbleibenden Verlustvortrag in Höhe der weiteren Aufwendungen festzustellen, lehnte das Finanzamt ab. Zu Recht, wie der 11. Senat meint.
Zwar könnten beruflich veranlasste Aufwendungen für eine Bildungsmaßnahme Werbungskosten darstellen. Einem entsprechenden Abzug stehe im Streitfall jedoch die Regelung des § 12 Nr. 5 EStG entgegen, da die Ausbildung der Klägerin nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden habe. Die Klägerin habe zwar mit der Hochschule einen Studienvertrag abgeschlossen. Ein Dienstverhältnis habe aber weder mit der Hochschule, noch mit dem Praktikumsbetrieb bestanden. Daher seien die Ausbildungskosten der Klägerin gem. § 12 Nr. 5 EStG nicht als Werbungskosten anzusehen. Das Gesetz bestimme insoweit typisierend, dass Kosten des Erststudiums noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen in Zusammenhang stünden. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, nach der die Regelung verfassungskonform dahin auszulegen sei, dass sie einen Abzug von Ausbildungskosten im Zusammenhang mit einem Studium nach abgeschlossener Berufsausbildung nicht verbiete, sei auf das nach dem Abitur aufgenommene Erststudium nicht übertragbar. Für eine solche Auslegung lasse weder die Gesetzesbegründung noch der Wortlaut der Norm Raum.
Einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG sah der 11. Senat nicht. Der Gesetzgeber habe sich innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums bewegt. Außerdem sprächen sachlich einleuchtende Gründe für die Regelung. Normalerweise stünden Kosten eines Erststudiums noch nicht in direktem Zusammenhang mit einer konkreten, auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit. Zudem würden die Kosten häufig von den Eltern getragen, die hierfür steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nähmen.  Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.