Städtetour West     Hamminkeln

Er weiß nichts, kann aber alles erklären, das heißt, er weiß schon einiges, kann auch nicht alles erklären, aber er bleibt doch zeitlebens ein weltscheuer Mensch, obwohl er mit aller Welt ganz gut umgehen kann. So beschreibt der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch die Menschen am Niederrhein. Ob die Leute im Hamminkeln auch so sind? Keine Ahnung. Am Niederrhein liegt Hamminkeln jedenfalls. "Ich kann auch ein bisschen über Hamminkeln erzählen," ergänzt Martin Hapke, der die städtische Wirtschaftsförderung betreut.
Zunächst einmal die Fakten. "Im Zuge der kommunalen Gebietsreform entstand am 1. Februar 1975 die Großflächengemeinde Hamminkeln. Am 1. Januar 1995 erhielt die Gemeinde die Stadtrechte," erzählt Hapke. Hamminkeln ist damit die jüngste Stadt des Kreises Wesel. 27.183 Einwohner wies das Einwohnermeldeamt für 1999 aus. Sie leben auf einer Fläche von 164,44 Quadratkilometern. "Wie sind damit 4 Quadratkilometer größer als Liechtenstein," erzählt Hapke mit einem gewissen Schalk in den Augen. "Unsere Lage ist unter logistischen Gesichtspunkten sehr interessant. Der Güterbahnhof in Wesel, der Containerbahnhof in Duisburg, die Höfen Wesel, Duisburg und Emmerich sowie der internationale Flughafen Düsseldorf liegen in einem Umkreis von weniger als einer Stunde Fahrtzeit, ebenso die Städte des Ruhrgebiets als auch die niederländischen Großstädte Arnheim und Nijmegen," so Hapke.
Der gewerbliche Sektor ist geprägt durch Klein- und Mittelbetriebe. Landwirtschaft, Türen- und Fensterbau, Maschinen- und Anlagenbau, Textilindustrie, Hoch- und Tiefbau sowie das Transportgewerbe charakterisieren dabei die örtliche Industrie. "Kultur und Tourismus gibt es bei uns natürlich auch. Das ist aber in allen Städten am Niederrhein so. Wir achteten aber auch auf eine gewisse Diversifikation, Durch einen krisenresistenten Branchenmix möchte wir aber sicherstellen, daß wir auch wirtschaftlich schwierige Zeiten gut überstehen," so Hapke.
Bonita und Nicolas Scholz sind zwei Firmen aus der Textilbranche, die in Deutschland einen hervorragenden Ruf besitzen. Hamminkeln ist der Hauptsitz der Unternehmensgruppe, die etwa 2.000 Mitarbeiter beschäftigt. Über 300 Bonita - Filialen und 30 Nicolas - Scholz-Filialen gibt es bisher, Wachstum ist aber trotzdem angesagt. Gegründet wurde Bonita vor über 30 Jahren, zunächst noch in Bocholt unter dem Namen "Moha". 1986 kam dann der große Umschwung: Der Name änderte sich genauso wie die Zielsetzung. Aktuelle Damenmode für die anspruchsvolle Frau, die täglich gut gekleidet sein möchte, sollte nun fortan verkauft werden. Der Umsatz im Geschäftsjahr 1999 / 2000: stattliche 436 Milliarden Mark. Die Erschließung des europäischen Marktes beginnt im August 2000: Die erste Filiale in Österreich wird eröffnet. Nicolas Scholz ist das Gegenstück zu Bonita: Hier wird Herrenbekleidung verkauft. Anzüge, Outdoor, Hemden, T-Shirts, Strick, Krawatten, Hosen, Wäsche, Socken, Schuhe und Parfüm sind die Warengruppen, die das Unternehmen vertreibt. "Als Standorte wählt Nicolas Scholz 1a-Lagen in Fußgängerzonen und Centern in Städten mit mindestens 50.000 Einwohnern. Für Nicolas Scholz wird ein Potential von mindestens 150 Niederlassungen in Deutschland angestrebt," ist aus dem Unternehmen zu hören.
"Bergleute haben einen der anstrengendsten Berufe, die es gibt. Unter Tage herrschen teilweise hohe Temperaturen. Umso tiefer man kommt, desto heißer wird es. Die WAT aus Hamminkeln-Brünen - Firma für Wärme-Austausch-Technik - hilft. Sie produziert Wetterkühlmaschinen und verschiedene Streckenwetterkühler," wirbt das Unternehmen für sich. Konstrukteur der Kühlanlagen für die Kumpel in den Bergwerken ist ein Mann, der sich 1951 selbständig machte, neue Ideen entwickelte und dafür achtzehn Patente erhielt und heute als Geschäftsführer der WAT arbeitet: Hans Henting. Das Angebot der WAT umfasst Kaltwasseranlagen, Eismaschinen für Wetterkühlanlagen, Luft-Wasser-Wärmeaustauscher, wasser- und luftgekühlte Kondensatoren, Verdunstungs-Rückkühlanlagen, Hochdruch-Niederdruck-Wärmeaustauscher, automatische Rückspülfilter, komplette Montagen und Verrohrungen sowie Druckluftkältetrocknungsanlagen. "Kaltwasser war bis heute die beste Art der Kühlung unter Tage. Seit einiger Tage geht man bei WAT ganz neue Wege. Hit ist ein Frigur-Wasser-Gemisch. Einfach ausgedrückt: Es ist die Kühlung mit einer Art Matscheis, das transportfähig ist und durch Schläuche in den Streb gepumpt wird," beschreibt das exportorientierte Unternehmen seine neueste Entwicklung.
Josef Hitpaß heißt der Geschäftsführer von "System Print", einer Firma für Auszeichnungstechnik und optische Datenerfassung, bei der die Umsätze in den vergangenen Jahren steil nach oben gegangen sind. Etikettenspender-Anlagen, Etiketten, Typenschilder, Therma-Transfer-Farbbänder, stationäre und mobile Barcode-Leser und Funkscanner sind einige der Produkte, die das Unternehmen herstellt und vertreibt. "Spezialisiert ist das Unternehmen vor allem auf Etiketten-Spenderanlagen sowie auf kundenspezifische Software-Lösungen für den Barcode-Einsatz in der Materialverfolgung und Lagerverwaltung," ist aus dem Unternehmen zu erfahren. 1991 macht sich Hilpaß selbständig, heute beschäftigt er 11 Mitarbeiter. Große und bekannte Unternehmen wie Mannesmann, AEG, Bosch, Grillo, Katjes, Mitsubishi, Philipps, Siemens, STEAG, VEW und Volkswagen zählen inzwischen zu seinen Kunden. "Etiketten, in welcher Form auch immer, sind weiter auf dem Vormarsch. Als Hilfsmittel in der Lager- und Transportlogistik, aber auch zur Kennzeichnung von Lebensmitteln und technischen Geräten."
Die Multicon Schwingungsdämpfer und Planung GmbH bieten neben nazu wartungsfreien Flüssigkeits-Schwingungsdämpfern für turmartige Bauwerke und Brücken auch Service-Leistungen rund um den Stahlschornstein. Die Firma "Maaß Anlagen-, Mobilfunk- und Schornsteintechnologie GmbH" plant, konstruiert, fertigt und montiert für alle Mobilfunk-Betreiber komplette Antennen-Standorte. Die "GMS Elementschornsteine aus Edelstahl" erstellt und montiert alles aus der Edelstahl-Elementrohrtechnik. "Die Firma ist Spezialist für Querschnittsanpassungen mit zugelassenen einwandfreien Schornstein-Elementen und Abgasleitungen für Brennwert-Technik," ist aus der Firma zu erfahrne.
Die Aufwärtsentwicklung der Maaß-Gruppe wurde nicht zuletzt deshalb möglich, weil es vor einigen Jahren eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Aachen gab. Dort wurde auf Initiative von Maaß die Entwicklung von Schwingungsdämpfern an freistehenden hohen Bauwerken wie Schornsteinen und Brücken erfolgreich abgeschlossen. "Mit diesem Arrangement begann die eigentliche Erfolgsgeschichte von Klaus - Dieter Maaß," so das Unternehmen. Das Prinzip beschreibt das Unternehmen folgendermaßen: "Die Schwingungsdämpfer arbeiten nach dem `Schwapp-Effekt'. Verursacher von Schwingungen an hohen Bauten wie Schornsteinen, Hochhäusern oder Brücken sind vor allem Regen und Wind. Die Firma trotzt diesen Naturgewalten mit einem ganz neuen, patentierten System. Es basiert auf dem Prinzip der Schwapp-Technik. Das Multicon-System mit in Kammern gefüllter Flüssigkeit erzeugt diese Wirkung. Durch das Hin-und-Her-Schwappen dieser Flüssigkeit in den Kammern, die direkt am Baukörper befestigt sind, werden die Schwingungen stark gedämpft."
Größter und wichtigster Arbeitgeber am Ort ist jedoch die Akademie Klausendorf. EDV- und Sprachkurse, Persönlichkeitsbildung, Qualifizierungen für Arbeitslose, berufliche Rehabilitation, Förderlehrgänge für Jugendliche sowie Schulabschlusskurse für Migranten sind die Schwerpunkte. "Bildung - das ist das Gebot der Stunde. In vielen Bereichen sind nur noch gut ausgebildete Mitarbeiter gefragt. Eine immer größere Rolle spielen die `Schlüsselqualifikationen': Formale Abschlüsse - so eine Delphi-Studie des Fraunhofer-Instituts für Innovationsforschung - werde in Zukunft an Bedeutung verlieren, dafür die Notwendigkeit immer mehr wachsen, sich ständig weiterzubilden. Junge Leute, die Probleme mit diesem Schlüsselqualifikationen haben, sind jetzt schon quasi vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Die Akademie Klausenhof, eine große Weiterbildungseinrichtung in katholischer Trägerschaft mit rund 270 Mitarbeitern, setzt genau hier in ihrer Bildungsarbeit an. Fit machen für die Arbeitswelt, fit machen für die sich ständig wechselnden Herausforderungen am Arbeitsplatz, das sind die zentralen Ideen ihres Engagements. Als Partner der Wirtschaft beitet die Akademie ein ganzes Bündel von Serviceleistungen und von Bildungsgängen an. Bildung ist wichtig für die, die schon Arbeit haben. Entscheidend wird sie für diejenigen, die arbeitslos sind oder ihren alten Beruf nicht mehr ausüben können. So bietet der Klausenhof eine Füller unterschiedlichster Qualifizierungs- und Umschulungsangebote an," wirbt die Akademie für sich.
"Wir können froh sein, solche Unternehmen bei uns zu haben," betont Hapke. "Sie sind der Garant dafür, daß wir uns wirtschaftlich auf dem richtigen Weg befinden und daß wir den richtigen Schritt in die Zukunft machten!"