Städtetour West  


Kevelaer

Sie liegt an den alten Handelsstraßen zwischen Amsterdam - Köln und Münster - Brüssel: die Stadt Kevelaer. Es war der 1. Juni 1642, als der damalige katholische Pfarrer von Kevelaer einen Bildstock weihte und darin einen Kupferstich der Gnadenmutter von Luxemburg einsetze. Beides war ein Geschenk des Handelsmannes Hendrich Busmann. Gleich darauf, über den Bilderstock, wurde dann die Kerzenkapelle hinzugefügt. Diese Bildstockweihe sollte sich als historische bedeutsam für Kevelaer erweisen. Sie war nämlich der Startschuß für die Kevelaerer Wallfahrt. "Erst für wenige, dann für viele Menschen wurde das Marienbild Kevelaers ein Ort, an dem sie im Gebet Hilfe und Trost suchten," berichtet Ruth Keuken, Leiterin der Kevelaerer Wirtschaftsförderungsgesellschaft.
Ziel der Wallfahrt ist die Gnadenkapelle mit dem Marienbild "Consolarix Afflictorium", der "Trägerin der Betrübten". In der Kerzenkapelle, der ältesten Kevelaerer Wallfahrtskirche, in der großen Marienbasilika, deren 90 m hoher Turm das Stadtbild überragt, sowie in der erst unlängst erbauten Pax-Christie-Kapelle finden die großen Pilgergottesdienste statt. An die Zeit der Oratorianer erinnert das ehemalige Oratorium aus dem Jahre 1647, das heutige Priesterhaus. Auf der gegenüberliegenden Seite wurde vor einigen Jahren die Pax-Christie-Kapelle und das Petrus-Canisius-Haus erbaut.
Eine Reihe weiterer Bauwerke sind sichtbarer Ausdruck der Konzentration kirchlichen Lebens: Klarissenkloster, Provinzialmutterhaus der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung, Provinzialat der Clemensschwestern, die Häuser der Franziskusschwestern, der Dominikanerinnen und der Brüdergemeinschaft der Canisianer.
Jeder siebte Besucher Kevelaers kommt aus dem Ausland. Traditionsreiche Wallfahrtsgruppen reisen in der Wallfahrtszeit vom 1. Mai bis zum 1. November aus dem ganzen Bundesgebiet sowie aus den Niederlanden, aus Belgien und Luxemburg an den Niederrhein. Insbesondere in den Monaten August und September melden die Kevelaerer Hotels und Pensionen mit ihren etwa 800 Betten häufig "ausgebucht".
Bedingt durch die Wallfahrt wurde in Kevelaer stets sakrale Kunst gefertigt und ein reger Devotionalienhandel betrieben. Mittlerweile fand das profane Kunsthandwerk neben sakraler Kunst seinen festen Platz und prägt den Ausdruck "Kevelaer - Stadt des Kunsthandwerks".
Ob Bronzegießer oder Fahnensticker, Gold- und Silberschmiede, Seiden- und Glasmaler, Galeristen, Orgel- und Krippenbauer, sie allen prägen die Eindrücke der Stadt.
So präsentiert die Wirtschaftsförderung ihre Stadt. Doch Zahlen? Statistiken? "Wallfahrt und Kunsthandwerk lassen sich hier nur schwer in Zahlen fassen. Das Priesterhaus nennt 1.500 angemeldete Wallfahrtsgruppen. Doch die Besucher, die spontan kommen und nirgends in Erscheinung treten, werden auch nirgends statistisch erfasst. Oder nehmen Sie die Übernachtungen. Das Statistische Landesamt erfasst nur die Betriebe ab 9 Betten. In Kevelaer gibt es aber viele Betriebe mit 2 oder 3 Betten, die in der Statistik nicht auftauchen," erläutert Keuken den Grund, warum die Wirtschaftsförderung keine genauen Zahlen herausgibt. "Es ist daher unredlich, mit Zahlen zu arbeiten."
Sicher ist jedoch: Kunsthandwerk und Wallfahrten sind die beiden gleichberechtigten wirtschaftlichen Standbeine, auf die die Stadt in den kommenden Jahren setzen wird. "Vor über 10 Jahren machte sich die Stadt schon Gedanken, wie es weitergehen soll. Es gab die Sorge, dass fehlendes Interesse an kirchlichen Themen und eine steigende Zahl an Kirchenaustritten die Zahl der Wallfahrten sinken lassen wird. Hinzu kommt die Beobachtung: Früher kamen die Pilger mit Bus und Bahn, vielleicht noch zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Morgens gingen sie zur Messe, aßen dann zu Mittag, um hinterher vielleicht noch einmal zur Messe zu gehen." Heute ist das Programm erweitert. Jugendwallfahrten gab es inzwischen genauso wie Motorradfahrerwallfahrten oder Inlineskaterwallfahrten. Hinzu kommt, dass sich weltliche und religiöse Elemente vermischen. "Die Pilger besuchen nicht nur die Kirche, sondern auch ein Museum oder nehmen an einer Stadtrundfahrt teil," so Keuken. Ihre Wünsche und Ansprüche sind der Maßstab, an dem sich die Wirtschaftsförderung orientieren möchte.

Beim Kunsthandwerk gebe es eindeutig einen Bedeutungsüberhang, erzählt Keuken. "Das heißt, dass es mehr Betriebe gibt als der Stadt, bezogen auf ihre Größe, zustehen würde. Es gibt durchaus einen Betrieb mit 35 Mitarbeitern, aber auch Nebenerwerbshandwerker, die noch irgendwo anders beschäftigt sind."
In den kommenden Jahren wird auch der Bereich Wellness hinzukommen. Bei Bohrungen wurde am Stadtrand solehaltiges Thermalwasser entdeckt. Nun soll mittelfristig ein Investor gefunden werden, der ein sinniges Vermarktungskonzept bietet. "Die Pilger können bei uns Körper und Geist gleichermaßen erholen. Normalerweise bleibt der Pilger 2 Tage. Warum sollen sie nicht eine weitere Nacht bleiben?