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 April - Juni 2012
 




 






 
Mitten aus dem Leben...

Sozialgericht Düsseldorf: Kläger scheitert mit seiner Klage gegen die elektronische Gesundheitskarte

Duisburg, 28. Juni 2012 - Der 32-jährige, aus Wuppertal stammende Kläger hatte in dem Rechtstreit gegen die Bergische Krankenkasse Solingen datenschutzrechtliche Bedenken gegen die beabsichtigte Einführung der eGK erhoben. Die Datenspeicherung auf der eGK wird gegenüber der bisherigen Krankenversicherungskarte so erweitert, dass auf freiwilliger Basis neben den schon heute gespeicherten Daten (wie Name, Anschrift, Gültigkeitsdauer) nun auch vertrauliche personenbezogene, den Gesundheitszustand betreffende Angaben auf der Karte hinterlegt werden können. Zu diesen Daten gehören z.B. Angaben zur Versorgung im Notfall, ein elektronischer Arztbrief oder Angaben zur Medikamenteneinnahme. Derzeit verfügt der Kläger noch über eine bis zum Ende des Jahres gültige Krankenversicherungskarte.

Die Kammer hat die Klage abgewiesen. In der mündlichen Urteilsbegründung hat die Vorsitzende ausgeführt, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Befreiung von der eGK habe. Eine Befreiung von der Pflicht zur eGK sei gesetzlich nicht vorgesehen. Dies sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Versicherte bestimme selbst über die Informationen, die auf der eGK gespeichert würden. Allein im Hinblick auf Pflichtangaben sei der Kläger jedoch nicht beschwert, da diese identisch seien mit den Angaben auf der bisherigen Krankenversicherungskarte. Die eGK weise im Übrigen nur nach, dass der Kläger in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sei.
Der Sachleistungsanspruch des Klägers werde durch die eGK nicht berührt.
Im Hinblick auf den konkreten Streitgegenstand, so die Vorsitzende ausdrücklich abschießend in der Urteilsbegründung, gebe es daher keine Veranlassung, auf die (datenschutz-)rechtlichen Bedenken bezüglich der weiteren jedoch freiwilligen und erst zukünftigen Speichermöglichkeiten auf eGKn im Allgemeinen einzugehen. Aufgabe des Gerichts sei nicht die umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Einführung der eGK, sondern die konkrete Beschwer des Klägers.
Urteil vom 28.06.2012 - Az.: S 9 KR 111/09 - nicht rechtskräftig -

 

Tiere müssen auch in kleiner Wohnung artgerecht gehalten werden

Duisburg, 6. Juni 2012 - Tiere müssen auch dann artgerecht gehalten werden, wenn die Wohnung des Halters nur klein ist. Dies ist das Ergebnis eines Rechtsstreits, der kürzlich vor der 16. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen sein Ende fand.
Der Kläger ist Halter einer Florida-Schmuckschildkröte. Aufgrund der Beschwerde eines Bürgers, der den Kläger dabei beobachtete, wie er die Wasserschildkröte an einer selbstgebauten Boje befestigte und im Teich einer öffentlichen Parkanlage in Essen schwimmen ließ, erhielt der Kläger Besuch vom Amtsveterinär.
Hierbei wurde festgestellt, dass die Schildkröte in der Wohnung in einer Wolldecke gehalten wurde. Der Kläger gab an, die Schildkröte in einer 30x30x15 cm großen Plastikschüssel zu baden, was diese nicht sonderlich möge, weshalb er die Freischwimm-Möglichkeit erfunden habe. Im Verfahren erklärte er, das Tier erhalte auch in einer „Stapelbox“ die Möglichkeit zum Schwimmen.

Die Stadt Essen gab dem Kläger in der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung auf, das Tier in einem Terrarium unterzubringen, welches den - in der Verfügung näher dargestellten - Mindesterfordernissen einer artgerechten Unterbringung entspreche. Die Grundfläche müsse mindestens 5 x 2,5 Panzerlängen und der Wasserstand mindestens das zweifache der Panzerbreite betragen.
Dem Einwand des Klägers, ein Terrarium dieser Größe in seiner kleinen Wohnung nicht unterbringen zu können, vermochte die Kammer nicht zu folgen. Bereits im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes stellte sie durch Beschluss vom 9. Januar 2012 fest, dass die Ordnungsverfügung in diesem Punkt rechtmäßig sei. Dem Kläger sei es zuzumuten, auch in einer kleinen Wohnung ein Terrarium in den geforderten Maßen aufzustellen.
Wenn er sich dazu entschließe Tiere zu halten, müssten wenigstens die Mindestanforderungen der Haltung erfüllt sein. Persönliche Interessen des Halters - auch was die Beeinträchtigung seiner Wohnfläche anbetreffe - müssten demgegenüber zurückstehen.
Nachdem die Beschwerde gegen den Beschluss beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen keinen Erfolg hatte (Az.: 20 B 173/12), erklärte der Kläger das noch anhängige Klageverfahren für in der Hauptsache erledigt, so dass die Ordnungsverfügung nunmehr bestandskräftig ist.
Der Beschluss der 16. Kammer vom 12. Januar 2012 ist rechtskräftig und unter www.nrwe.de veröffentlicht. Aktenzeichen: 16 L 1319/11; 16 K 4995/11

 

Welche Rechte haben Gäste im Restaurant?
Damit das Candle-Light-Dinner ein Erfolg wird…

Ein Essen im Restaurant ist für die meisten eine erfreuliche Angelegenheit. Weniger erfreulich ist es dagegen, wenn es Ärger gibt, weil die Tischreservierung nicht geklappt hat oder das Essen nicht schmeckt. Ist beispielsweise der reservierte Tisch noch belegt und kein anderer frei, so muss der Gast eine Wartezeit von ca. 15-30 Minuten akzeptieren. „Erst dann steht ihm ein Schadenersatzanspruch z. B. in Höhe der Anfahrtskosten zu“, erklärt die D.A.S. Rechtsschutzversicherung.
Umgekehrt hat auch der Gastwirt einen Anspruch auf Schadenersatz, wenn der Gast trotz Reservierung nicht erscheint – allerdings mit dem Nachweis, dass ihm durch das Nichterscheinen ein Schaden entstanden ist, weil beispielsweise der Tisch nicht mehr besetzt werden konnte. Der rechtliche Hintergrund für diese Ansprüche ist eine Verletzung des sogenannten Bewirtungsvertrages, basierend auf dem Kaufrecht. Die Reservierung stellt eine Anbahnung eines solchen Bewirtungsvertrages zwischen Gast und Wirt dar.
Schmeckt das Essen nicht, ist eine sofortige Reklamation angebracht. Zwar ist Geschmack eine subjektive Sache, dennoch muss der Gast nicht alles akzeptieren. Auf Basis des Bewirtungsvertrages gilt dann wie beim Kaufrecht ein Recht auf Nachbesserung, also Mängelbeseitigung seitens des Wirtes.
Kommt die Rechnung nicht gleich, können die Gäste dennoch nicht so einfach das Lokal verlassen: Eine Wartezeit von 30 Minuten ist zumutbar.
Innerhalb dieser Zeitspanne sollte dreimal laut und deutlich nach der Rechnung verlangt werden. Bevor der Gast dann aber ohne Bezahlung das Lokal verlässt, muss er dem Wirt seine Adresse hinterlassen, damit dieser ihm die Rechnung nachschicken kann. Ansonsten riskiert er eine Strafanzeige wegen Betruges.
Weitere Informationen zu rechtlichen Fragen unter www.das-rechtsportal.de/

 

Oberlandesgericht Köln: Keine generelle Haftung des Internetanschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen durch den Ehepartner

Köln/Duisburg, 21. Mai 2012 - Mit einem am Mittwoch, den 16. Mai 2012 verkündeten Urteil hat der u.a. für Urheberrechtsfragen zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln über die Frage entschieden, wann ein Internetanschlussinhaber für Urheberrechtsverletzungen haftet, die von seinem den Anschluss mitbenutzenden Ehegatten begangen wurden (Az: 6 U 239/11).

In dem zur Entscheidung stehenden Fall wurde über den Internetanschluss der beklagten Ehefrau an zwei Tagen jeweils ein Computerspiel zum Download angeboten. Die Inhaberin des Urheberrechts an diesem Spiel mahnte die Beklagte ab. Die Beklagte nahm die Abmahnung nicht hin, sondern widersprach. Im anschließenden Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln verteidigte sich die Beklagte damit, das Spiel sei nicht von ihr selbst angeboten worden. Der Anschluss sei auch und sogar hauptsächlich von ihrem - zwischenzeitlich verstorbenen - Ehemann genutzt worden. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben und die Ehefrau zu Unterlassung und Schadensersatz einschließlich Erstattung der Abmahnkosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Im Prozess war zum einen die Frage streitig, wer darzulegen und ggf. zu beweisen hat, ob eine Urheberrechtsverletzung vom Anschlussinhaber selbst oder einem Dritten begangen worden ist. Hier hat der Senat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes fortgeführt, dass zwar eine Vermutung dafür spreche, dass der Anschlussinhaber selbst der Täter gewesen sei. Lege der Inhaber jedoch - wie hier - die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes dar, müsse der Inhaber des Urheberrechts den Beweis für die Täterschaft führen. Da die Klägerin im vorliegenden Fall keinen Beweis für die Urheberrechtsverletzung durch die beklagte Ehefrau angeboten hatte, war davon auszugehen, dass das Computerspiel von dem Ehemann zum Download angeboten worden war.

Somit kam es auf die zweite Frage an, nämlich ob der Anschlussinhaber auch für Urheberrechtsverletzungen haftet, die nicht von ihm selbst, sondern von einem Dritten begangen werden. Hierzu vertrat das Gericht die Auffassung, dass die bloße Überlassung der Mitnutzungsmöglichkeit an den Ehegatten noch keine Haftung auslöst. Eine solche könne allenfalls dann in Betracht kommen, wenn entweder der Anschlussinhaber Kenntnis davon hat, dass der Ehepartner den Anschluss für illegale Aktivitäten nutzt (was hier nicht der Fall war), oder wenn eine Aufsichtspflicht bestünde. Eine Prüf- und Kontrollpflicht wird angenommen, wenn Eltern ihren Anschluss durch ihre (minderjährigen) Kinder mitnutzen lassen und diese im Internet Urheberrechtsverletzungen begehen. Eine solche Überwachungspflicht bestehe aber nicht im Verhältnis zwischen Ehepartnern.

Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, da die Frage der Verantwortlichkeit von Internetanschlussinhabern für eine Verletzung von Urheberrechten durch ihre Ehepartner bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist.

 

Landessozialgericht: Zeitarbeitsfirmen müssen Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen

14. Mai 2012 - Gleicher Lohn für gleiche Arbeit auch für Leiharbeitnehmer: Wegen der Tarifunfähigkeit der „Christlichen Gewerkschaft für Zeitarbeit und Personalservice-Agenturen“ (CGZP) ist eine Vereinbarung von geringerem Lohn für Leiharbeitnehmer unwirksam. Die Arbeitgeber müssen deshalb Sozialversicherungsbeiträge in erheblichem Umfang nachzahlen.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat in einem Eilverfahren (L 8 R 164/12 B ER) eine für die Zeitarbeitsbranche bedeutsame Entscheidung gefällt: Die Deutsche Rentenversicherung ist berechtigt, Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern, weil Leiharbeitnehmern über Jahre hinweg zu wenig Lohn gezahlt wurde. Der Grundsatz des „equal pay“ (gleicher Lohn für gleiche Arbeit) hätte nur durch einen wirksamen Tarifvertrag außer Kraft gesetzt werden können.
Ein solcher lag aber nicht vor. Zwar hatte der „Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister“ (AMP) mit der „Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen“ (CGZP) einen Tarifvertrag geschlossen, aufgrund dessen Leiharbeitnehmer eine geringere Vergütung erhalten haben, als die Stammbelegschaften der Entleiher. Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist die CGZP jedoch nicht in der Lage gewesen, wirksame Tarifverträge abzuschließen („Tarifunfähigkeit“ der CGZP). Daher wurde jahrelang nicht nur zu geringer Lohn gezahlt, sondern auch die Sozialversicherungsträger haben zu niedrige Beiträge erhalten. Diese können nun – bis zur Grenze der Verjährung – nachgefordert werden.

Nach dem rechtskräftigen Beschluss des Landessozialgerichts kann sich der Arbeitgeber nicht darauf berufen, dass die Rentenversicherung in der Vergangenheit bereits Betriebsprüfungen durchgeführt hat und keine Beiträge aufgrund der Tarifunfähigkeit der CGZP nachgefordert hat. Denn Betriebsprüfungen haben nur Stichprobencharakter, sollen Beitragsausfälle verhindern und dienen nicht dazu, den Arbeitgeber als Beitrags-schuldner zu schützen oder ihm Entlastung zu erteilen. Der Arbeitgeber kann sich auch nicht darauf berufen, dass er auf die Rechtmäßigkeit des Tarifvertrages mit der CGZP vertraut habe. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, wonach der gute Glaube an die Wirksamkeit eines Tarifvertrages oder die Tariffähigkeit einer Vereinigung geschützt ist.

 

Oberverwaltungsgericht NRW gibt grünes Licht für die Besetzung der Präsidentenstelle am Sozialgericht Duisburg

9. Mai 2012 - Das Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom heutigen Tag die vom Justizministerium des Landes beabsichtigte Ernennung eines Richters am Landessozialgericht zum neuen Präsidenten des Sozialgerichts Duisburg bestätigt.
Gegen die vom Justizministerium getroffene Auswahlentscheidung hatte ein konkurrierender Bewerber, welcher zur Zeit Vorsitzender Richter am Landessozialgericht ist, um Eilrechtsschutz nachgesucht und in erster Instanz gewonnen. Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr auf die Beschwerde des Landes Nordrhein-Westfalen v. a. die Auswahlentscheidung des Justizministeriums für vertretbar erklärt, der besonderen Verwaltungserfahrung des ausgewählten Bewerbers das entscheidende Gewicht beizumessen. Diese Entscheidung war zwischen den streitenden Parteien auch deswegen umstritten, weil der unterlegene Bewerber sich aus einer höheren amtlichen Stellung heraus beworben hatte.
Gemäß Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes werden öffentliche Ämter allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vergeben. Bei der Bewertung dieser Kriterien komme dem Dienstherrn allerdings ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, der vorliegend nicht überschritten worden sei.
Nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts kann der unterlegene Bewerber noch das Bundesverfassungsgericht anrufen, um die Verletzung seiner grundgesetzlichen Rechte geltend zu machen.
Aktenzeichen: 1 B 214/12

 

Oberverwaltungsgericht NRW untersagt Gesundheitsministerin Warnungen vor E-Zigaretten

23. April 2012 - Mit Beschluss vom 23. April 2012 hat der 13. Senat des Oberverwaltungsgerichts dem Land Nordrhein-Westfalen (Antragsgegner) durch einstweilige Anordnung die in einer „Pressemeldung“ vom 16. Dezember 2011 enthaltenen Warnungen vor E-Zigaretten untersagt.
In dieser „Pressemeldung“ hatte das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium vor nikotinhaltigen E-Zigaretten gewarnt, da diese als Arzneimittel anzusehen, aber nicht zugelassen seien und der Handel mit nicht als Arzneimittel zugelassenen E-Zigaretten strafbar sei.
Am selben Tag informierte das Ministerium die Bezirksregierungen über die nach seiner Meinung bestehende Rechtslage. Nikotin sei eine pharmakologisch wirkende Substanz und nikotinhaltige Liquids unterlägen als Funktionsarzneimittel dem Arzneimittelrecht. Die E-Zigarette als Applikator unterliege dem Medizinproduktegesetz. Der Erlass wurde auch allen Apotheken im Bereich der Apothekerkammer Nordrhein zur Kenntnis gegeben und zwar mit dem Zusatz „Bitte informieren Sie auch Ihre Mitarbeiter/innen“.
Die Antragstellerin, die E Zigaretten produziert und vertreibt, beantragte beim Verwaltungsgericht Düsseldorf, dem Ministerium diese Äußerungen im Wege einer einstweiliger Anordnung zu untersagen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht ab.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht mit dem eingangs erwähnten Beschluss die Entscheidung des Verwaltungsgerichts geändert und dem Antragsbegehren im Wesentlichen stattgegeben.
Zur Begründung hat es ausgeführt: Mit Rücksicht auf die Berichterstattung in den Medien zur Verkehrsfähigkeit der E-Zigarette spreche Überwiegendes dafür, dass die streitigen Äußerungen des Ministeriums wie ein Verbot wirkten. Deshalb sei die rechtliche Einschätzung des Ministeriums nicht nur auf seine Vertretbarkeit zu überprüfen, vielmehr habe das Gericht eine eigene rechtliche Wertung am Maßstab des Arzneimittelgesetzes und des Medizinproduktegesetzes vorzunehmen. Danach seien die in der „Pressemeldung“ und in dem Erlass enthaltenen Äußerungen rechtswidrig. Die E-Zigarette und ein nikotinhaltiges Liquid fallen weder unter das Arzneimittelgesetz noch unter das Medizinproduktegesetz.

Das Liquid erfülle nicht die gesetzlich normierten Voraussetzungen eines Arzneimittels. Es stehe nicht die Entwöhnung vom Nikotinkonsum oder die Linderung einer Nikotinabhängigkeit im Vordergrund. Die E-Zigarette nebst Zubehör habe auch keine für ein Arzneimittel erforderliche therapeutische oder prophylaktische Zweckbestimmung.
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.

Sozialgericht: Begrenztes Persönliches Budget für Schwerstpflegebedürftige
Behinderte Menschen haben im Rahmen des trägerübergreifenden Persönlichen Budgets gemäß § 17 SGB IX keinen Anspruch darauf, dass von ihnen nach dem sog. Arbeitgebermodell beschäftigte Assistenz – und Pflegekräfte in Anwendung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TöVD) mit allen Nebenleistungen vergütet werden.
Dies hat das Sozialgericht Dortmund im Falle eines schwerstbehinderten Mannes aus Meschede entschieden, der den Hochsauerlandkreis auf Erhöhung seines monatlichen Persönlichen Budgets von 9500,- Euro auf 13900,- Euro verklagt hatte. Der Kläger hatte sein Begehren u.a. damit begründet, dass die von ihm beschäftigten Pflegekräfte Lohnkosten nach Entgeltgruppe 4 des TöVD zuzüglich Nebenleistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit verursachten.
Das Sozialgericht Dortmund hat die Klage des behinderten Mannes abgewiesen. Das monatliche Budget des Klägers von 9500,- Euro sei bislang bedarfsdeckend. Unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes sei der Beklagte nicht verpflichtet, professionelle Pflege- und Assistenzkräfte im Rahmen des Arbeitgebermodells auf der Grundlage des TöVD zu finanzieren. Der Kläger sei als Privatmann nicht tarifgebunden und eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des TöVD liege nicht vor. Eine bloße freiwillige Verpflichtung des Klägers zur Anwendung des TöVD mit Abschluss entsprechender Arbeitsverträge vermöge die entsprechende Kostenübernahmepflicht nicht zu begründen. Es handele sich auch nicht um die übliche Vergütung i.S.d. § 612 Abs. 2 BGB, weil die Anwendung des TöVD einschließlich aller Zulagen und Sonderzahlungen im Bereich privater ambulanter Pflegedienste gerade nicht üblich sei.
Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 26.03.2012, Az.: S 62 SO 5/10

 

 

Oberverwaltungsgericht: Klagen auf besseren Schutz vor Nachtfluglärm am Flughafen Köln/Bonn abgewiesen

19. April 2012 - Mit Urteilen vom heutigen Tag hat der 20. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen die Klagen zweier Nachbargemeinden und eines Anwohners, die im Ergebnis auf eine Verschärfung der Nachtflugbeschränkungen am Verkehrsflughafen Köln/Bonn gerichtet waren, abgewiesen.

Der Betrieb des Verkehrsflughafens Köln/Bonn geht zurück auf zwei in den Jahren 1959 und 1961 erteilte Genehmigungen, die keinerlei Betriebsbeschränkungen hinsichtlich nächtlicher Flugbewegungen vorsehen. In der Folgezeit erließ das beklagte Land zur Verminderung der Lärmbelastung der Umgebung des Flughafens mehrfach jeweils zeitlich befristete Beschränkungen für den Nachtflugverkehr.
So wurden mit Bescheid vom 26. August 1997 für bestimmte Flugzeugtypen detaillierte, im Wesentlichen die Nachtzeit von 22.00 bis 6.00 Uhr betreffende Flugbeschränkungen verfügt und Regelungen zur Überprüfung der Wirksamkeit der angeordneten Lärmschutzmaßnahmen festgelegt. Die Wirksamkeit dieses Bescheides wurde auf die Zeit bis zum 31. Oktober 2015 befristet. Auf Antrag des Flughafens verlängerte das Land diese Nachtflugregelungen mit Bescheid vom 7. Februar 2008 bis zum 31. Oktober 2030.
Die auf die Aufhebung dieser Verlängerung der Nachtflugregelungen gerichteten (Anfechtungs-)Klagen einer Nachbargemeinde und eines Anwohners blieben ohne Erfolg.

Zur Begründung hat der 20. Senat ausgeführt: Die Klagen seien unzulässig, weil die Rechtsstellung der Kläger bei einem Erfolg der Klagen verschlechtert werde. Denn eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides habe zur Folge, dass am Flughafen ab dem 1. November 2015 auf der Grundlage der dann wieder unbeschränkt geltenden Genehmigungen aus den Jahren 1959 und 1961 ein Nachtflugbetrieb ohne jede Einschränkungen genehmigt wäre. Zudem fehle es den Klägern auch an der erforderlichen Klagebefugnis. Ihre Rechte seien offensichtlich nicht durch den angefochtenen Bescheid verletzt.
Die vom Nachtflugverkehr ausgehende Lärmbelastung beruhe weder auf dem angefochtenen Bescheid noch auf dem diesen vorausgegangenen Bescheid vom 26. August 1997, sondern ausschließlich auf der ursprünglichen Genehmigungslage.
Die auf eine weitergehende Einschränkung des Nachtflugbetriebs gerichteten (Verpflichtungs-)Klagen zweier Nachbargemeinden blieben ebenfalls ohne Erfolg.
Zur Begründung hat der 20. Senat ausgeführt: Ansprüchen Drittbetroffener auf eine Einschränkung der flugbetrieblichen Benutzung des Flughafens stehe eine gesetzliche Duldungspflicht entgegen. Der Flughafen Köln/Bonn sei wegen einer seit 1999 bestehenden gesetzlichen Fiktion so zu behandeln, als wäre für ihn ein Planfeststellungsbeschluss ergangen.
Daher seien Ansprüche auf Unterlassung oder Einschränkung der Benutzung grundsätzlich ausgeschlossen. Etwaige Lärmschutzansprüche seien auf passive Schallschutzmaßnahmen wie etwa bauliche Schalldämmung begrenzt. Ein Anspruch auf Betriebsbeschränkungen komme erst und nur dann in Betracht, wenn passive Schallschutzmaßnahmen nicht ausreichten, um Gefahren für grundrechtlich geschützte Rechtsgüter zu begegnen. Vom Vorliegen dieser engen Voraussetzungen könne aber nicht ausgegangen werden.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen die Urteile nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Aktenzeichen: 20 D 7/08.AK, 20 D 117/08.AK, 20 D 121/08.AK und 20 D 19/09.AK

 


Landesarbeitsgericht Köln:
Kann eine Gewerkschaft auf Abschluss eines Tarifvertrages klagen?

Kann eine Gewerkschaft auf Abschluss eines Tarifvertrages klagen? Über diese Frage hatte das Landesarbeitsgericht Köln in einem jetzt veröffentlichten Urteil zu entscheiden.

Parteien des Rechtsstreits sind eine Gewerkschaft professioneller Orchestermusiker und ein Arbeitgeberverband, der u.a. Theater und Orchester in Trägerschaft von kommunalen Arbeitgebern und Bundesländern vertritt. Diese sind Tarifvertragsparteien des TVK (Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern). § 19 TVK enthält – auszugsweise – folgende Regelung:
Werden die Arbeitsentgelte der unter den TVöD/VKA fallenden Beschäftigten rechtsverbindlich allgemein geändert, sind die Vergütungen der Musiker, deren Arbeitgeber den TVöD/VKA anwendet oder anzuwenden hat, diesen Veränderungen durch Tarifvertrag sinngemäß anzupassen.

Der TVöD/VKA ist der bundesweit geltende Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in den Städten und Gemeinden. Eine entsprechende Regelung enthält der TVK für die Anpassung der Vergütung der Musiker in Staatsorchestern der Bundesländer (Tarifbereich des TV-L).
Als sich die Parteien im Jahr 2010 nicht auf einen entsprechenden Tarifvertrag zur Anpassung der Vergütungen der Musiker einigen konnten, klagte die Gewerkschaft auf Abschluss eines solchen Tarifvertrages.
Das Landesarbeitsgericht Köln hat die Klage abgewiesen, weil es § 19 TVK als zu unbestimmt angesehen hat, um den Arbeitgeberverband zum Abschluss eines Tarifvertrages mit einem konkreten Inhalt verurteilen zu können. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 06.01.2012 - 4 Sa 776/11 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE (www.nrwe.de, dort aufrufbar mit dem Aktenzeichen)

 

Sittenwidrige Lohnvereinbarung im Einzelhandel
Ambulante Chemotherapien im Krankenhaus sind nicht steuerpflichtig!

Sittenwidrige Lohnvereinbarung im Einzelhandel

18. April 2012 - Das Verfahren endete durch einen Vergleich. Die Parteien folgten einem gerichtlichen Vergleichsvorschlag, den das Gericht in Anlehnung an ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 18.03.2009, Aktenzeichen 6 Sa 1284/08 unterbreitete.
Die Klägerin wird nun zu einem Stundenlohn von 9,00 Euro brutto weiterbeschäftigt. Ferner zahlt der Einzelhändler an die Klägerin für die Vergangenheit Lohn in Höhe von rund 2/3 der Differenz zwischen dem gezahlten Lohn und dem Tariflohn nach. Arbeitsgericht Oberhausen, 3 Ca 140/12
 

Ambulante Chemotherapien im Krankenhaus sind nicht steuerpflichtig!

17. April 2012 -Der 9. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem heute veröffentlichten Urteil vom 23. Februar 2012 (9 K 4639/10 K, G) entschieden, dass in einem Krankenhaus durchgeführte ambulante Chemotherapien auch insoweit nicht steuerpflichtig sind, als die zur Behandlung eingesetzten Zytostatika durch die Krankenhausapotheke zur Verfügung gestellt werden.
Im Streitfall betrieb die Klägerin verschiedene gemeinnützige Kliniken. Aufgrund einer sog. Institutsermächtigung war es ihr gestattet, ambulante Chemotherapien durchzuführen.
Die notwendigen Zytostatika stellte die Krankenhausapotheke her. Ambulant therapiert wurden regelmäßig Krebspatienten, die zuvor stationär behandelt worden waren.

Das Finanzamt war der Meinung, dass zwar die Versorgung stationär aufgenommener Patienten mit Zytostatika als allgemeine Krankenhausleistung anzusehen und daher dem steuerfreien Zweckbetrieb zuzuordnen sei. Die Abgabe von Zytostatika im ambulanten Bereich erfolge hingegen im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Daher sei das zu versteuernde Einkommen der Klägerin und der Gewerbeertrag um die aus dieser Tätigkeit resultierenden Gewinne zu erhöhen. Die Klägerin sah dies anders – und bekam jetzt Recht. Die ambulante Versorgung von Patienten mit Zytostatika sei – so der 9. Senat – dem Zweckbetrieb der Klägerin zuzuordnen. Der hieraus erzielte Gewinn unterliege weder der Körperschaft- noch der Gewerbesteuer.

Zwar unterhalte die Klägerin insoweit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO. Dieser unterliege jedoch nicht der Steuerpflicht, da die Abgabe der Zytostatika an ambulant behandelte Patienten dem Zweckbetrieb Krankenhaus (§ 67 Abs. 1 AO) zuzuordnen sei. Die von der Klägerin im Bereich der ambulanten onkologischen Therapien erbrachte Krankenhausbehandlung umfasse auch die Abgabe von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke, die eng in das Behandlungskonzept eingebunden sei.
Die Krankenhausbehandlung beschränke sich nicht nur auf ärztliche und pflegerische Leistungen, sondern erstrecke sich auf die Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln. Dementsprechend sei auch die Abgabe von Zytostatika an stationär behandelte Patienten unstreitig dem Zweckbetrieb zuzuordnen. Nicht nachvollziehbar sei, warum – wie das Finanzamt meine – die Abgabe der Zytostatika im Rahmen ambulanter Therapien eine von der ärztlichen und pflegerischen Leistung zu trennende selbständige Leistung sein solle.
Dies gelte umso mehr, als die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer bzw. teilstationärer Behandlung fließend bzw. die Behandlungsformen eng miteinander verzahnt seien. Ohne Belang sei es auch, ob die Klägerin bei der Verabreichung der Zytostatika im Rahmen ambulanter Behandlungen im Wettbewerb zu anderen Anbietern von Zytostatika stehe.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

 

 Wenn die Miete ausbleibt… Schutz für Vermieter vor Mietbetrügern

12. April 2012 - Bei Vermietern geht die Furcht vor Mietnomaden um: Denn der typische Mietbetrüger zieht ein, mietet, zahlt aber nicht, geht auch nicht – und bis der Gerichtsvollzieher kommt, wird es für den Eigentümer sehr teuer. Daher stellen Mietbetrüger gerade für private Vermieter ein gravierendes Problem dar. Welche rechtlichen Möglichkeiten Eigentümer haben, erläutert die D.A.S. Rechtsschutzversicherung.

Die Räumungsklage
„Wer den Eindruck hat, einen Mietnomaden in seiner Wohnung zu haben – rechtlich auch als „Einmietbetrüger“ bezeichnet –, sollte keine Zeit verlieren“, so Anne Kronzucker, Juristin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung, und erläutert die ersten Schritte: Ist der Mieter im Zahlungsverzug, sollte der Vermieter zunächst abmahnen. Bleiben zwei Monatsmieten aus, kann er eine fristlose Kündigung aussprechen.
Zur Sicherheit empfiehlt es sich, gleichzeitig hilfsweise auch eine ordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist vorzunehmen. Eine Kündigung muss immer schriftlich erfolgen und mit dem Zahlungsverzug begründet werden – am besten per Einschreiben. Denn der Immobilieneigentümer muss sicherstellen, dass das Schreiben seinen Adressaten auch wirklich erreicht. Das Schreiben muss sich dabei an alle Personen richten, die im Mietvertrag als Mieter aufgeführt sind. Dem Mieter sollte eine Frist von mindestens 14 Tagen gesetzt werden, um die Wohnung zu räumen.
Ist die Frist ergebnislos verstrichen, besteht die Möglichkeit zu einer Räumungsklage seitens des Vermieters. Das Gericht kann dem Mieter jedoch eine Räumungsfrist von maximal einem Jahr gewähren. Die Gewährung der Frist kann davon abhängig gemacht werden, dass der Mieter sich verpflichtet, die bisherige Miete als Nutzungsentschädigung weiter zu bezahlen. Ist auch diese Frist abgelaufen und der Mieter weiterhin in der Wohnung oder dem Haus, bleibt nur noch die Zwangsräumung durch den Gerichtsvollzieher.
Auch wenn eine Räumungsklage den Eigentümer Geld und Zeit kostet, wird sie häufig eingesetzt, um einen zahlungsunwilligen oder -unfähigen Mieter aus der Wohnung zu bekommen. Wichtig: Vermieter dürfen keinesfalls eigenmächtig handeln und selbst die Wohnung ausräumen oder einfach das Türschloss austauschen. Das wäre Hausfriedensbruch!

Schnelle Wege zum Zahlungstitel: Urkundenprozess und Mahnverfahren
Der Rechtsweg über die Räumungsklage dauert zwischen sechs bis zwölf Monate – und damit für viele Vermieter zu lange. Dazu gibt es jedoch keine Alternative. Um eine reine Geldforderung auf ausstehende Miete durchzusetzen, existiert jedoch eine bislang weniger bekannte juristische Variante: „Der Urkundenprozess ist ein beschleunigtes gesondertes zivilprozessuales Verfahren“, so die D.A.S. Expertin und ergänzt: „Denn hier sind gemäß § 595 ZPO die Beweismittel für beide Parteien auf Urkunden und die Parteivernehmung beschränkt.“ Konkret: Der betroffene Eigentümer klagt gegen den Mieter.
Dazu legt er dem Gericht den Mietvertrag vor und bestätigt mündlich das Ausbleiben der Miete. Es muss genau aufgeschlüsselt werden, welche Beträge der Mieter zu welchem Zeitpunkt schuldig geblieben ist. Der Mieter kann demgegenüber Mängel der Wohnung geltend machen, die er jedoch mit den im Urkundenprozess eingeschränkten zulässigen Beweismitteln (Urkundenbeweis und Parteivernehmung) belegen muss.
Schriftliche Zeugenaussagen oder Sachverständigengutachten gelten beispielsweise nicht als Urkunden. Ebenso wenig Fotos. „Gelingt ihm dies nicht, ist der Klage des Vermieters durch Vorbehaltsurteil zunächst stattzugeben. Der Mieter kann dann seine Einwände wie Wohnungsmängel im Nachverfahren geltend machen, bei dem wieder alle Beweismittel zulässig sind. Der Vermieter hat jedoch schon durch das Vorbehaltsurteil einen vollstreckbaren Zahlungstitel in der Hand“, erklärt die D.A.S. Juristin.
So sichert er seine Ansprüche zeitig ab. Durch einen Urkundenprozess kann die lange Verfahrensdauer bei Mietstreitigkeiten deutlich abgekürzt werden. Dass die schnelle und damit relativ kostengünstige Klage gegen den Mieter im Urkundenprozess zulässig ist, hat der Bundesgerichtshof klargestellt (Az. VIII ZR 216/04): Der Mieter habe die Möglichkeit, seine Rechte in einem Nachverfahren geltend zu machen, selbst wenn er bis dahin vielleicht schon die Wohnungsschlüssel abgegeben hat. Parallel zum Urkundenprozess kann der Mietvertrag bei entsprechendem Zahlungsrückstand bereits gekündigt werden.
Ein schneller Weg, ohne mündliches Verfahren und Beweiserhebung einen vollstreckbaren Zahlungstitel zu erhalten, ist das gerichtliche Mahnverfahren. Dieses wird beim Amtsgericht beantragt und führt zum Erlass eines Mahnbescheids. Widerspricht der Mieter, endet das Mahnverfahren. Auf Antrag des Gläubigers kann dann ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden. Reagiert der Mieter innerhalb von zwei Wochen ab Zugang des Mahnbescheids nicht, kann der Vermieter beim Gericht einen Vollstreckungsbescheid beantragen, aus dem die Zwangsvollstreckung möglich ist.

Ein Einspruch gegen diesen führt wieder zum normalen Gerichtsverfahren, muss allerdings ebenfalls innerhalb von 14 Tagen eingereicht werden. In diesem Fall wird wieder ein normales Gerichtsverfahren eingeleitet. Der Weg über das Mahnverfahren eignet sich in der Regel gegen lediglich zahlungsfaule Schuldner und bei kleineren Beträgen, wenn also kein entschiedener Widerstand gegen die Forderung zu erwarten ist. Es ist der günstigste und schnellste Weg zu einem vollstreckbaren Titel.

Wie sich Vermieter vor Mietbetrügern schützen können
Am allerbesten ist es natürlich, potentielle Mietsünder bereits vor Abschluss des Mietvertrages auszusieben. Daher empfiehlt es sich, von jedem Mietinteressenten eine schriftliche Selbstauskunft zu verlangen. Dabei füllt der Mieter einen Fragebogen aus, in dem es in erster Linie um seine Einkommensverhältnisse und um die Identität des Mieters geht. Nicht gefragt werden darf z. B. nach Krankheiten, politischer Überzeugung oder Mitgliedschaft im Mieterverein. Wenn ein angehender Mieter schon vor Abschluss des Vertrages keine Informationen zu seinen Einkommensverhältnissen geben möchte, sollte das stutzig machen!
Zu den wissenswerten Informationen für den Vermieter zählen neben dem verfügbaren Nettoeinkommen und Mietschulden aus vergangenen Mietverhältnissen auch bereits abgegebene eidesstattliche Versicherungen. Auch die Auskunft über die letzten beiden Wohnorte und bisherige Vermieter ist sinnvoll.
Ein oft benutztes Mittel ist ferner die Schufa-Auskunft – diese wird vom Mietinteressenten selbst bei der Schufa beantragt und bezahlt und dem Vermieter vorgelegt. Sie gibt Hinweise auf sein Zahlungsverhalten und bestehende Schulden. Aber: Niemand ist zu diesen Auskünften verpflichtet! Umgekehrt muss der Vermieter jedoch auch nicht an denjenigen vermieten, der sich dieser Auskunft verweigert.
Ein Tipp der D.A.S.: Spätestens bei der Unterschrift unter den Mietvertrag sollte sich der Eigentümer den Ausweis zeigen lassen und die Daten mit der Selbstauskunft vergleichen, um Sicherheit über die Identität seines Mietinteressenten zu haben.
Diese umfangreichen Informationsabfragen treffen natürlich auch ehrliche Mieter – und viele empfinden sie als Eingriff in die Privatsphäre. Die D.A.S. Juristin rät daher Vermietern, die Problematik der Mietnomaden mit Mietinteressenten offen anzusprechen. Dies kann zu einem besseren Verständnis beitragen. Für den richtigen Umgang mit Mietprellern bietet www.das-rechtsportal.de/recht/mietrecht/wohnungssuche/mietbetrueger weitere Ratschläge.


Verwaltungsgericht: Uhu-Fall: Geschwindigkeitsreduzierung auf 50 km/h war rechtswidrig; erneute Entscheidung über Höchstgeschwindigkeit ist erforderlich
Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen hat mit heute (10. April 2012) verkündetem Urteil festgestellt, dass die Entscheidung des Kreises Düren, auf der Landstraße 249 bei Heimbach eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h vorzunehmen, gegen die Straßenverkehrsordnung verstößt (2 K 1352/11).
Der Kreis Düren hatte als Straßenverkehrsbehörde auf einer Teilstrecke der L 249 zwischen Heimbach-Blens und Heimbach-Hausen eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h (vorher 70 km/h) zum Schutz dort lebender Uhus angeordnet und eine Geschwindigkeitsmessanlage installiert, die bereits zahlreichen Autofahrern zum Verhängnis geworden ist. Grundlage der Anordnung war u.a. eine im Jahr 2005 getroffene Vereinbarung, nach der Naturschutzverbände auf Rechtsmittel gegen den Neuausbau der Strecke verzichten, wenn zu Gunsten der Uhus die oben genannten Maßnahmen ergriffen werden.
Die Klägerin, gegen die ein Bußgeld wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verhängt worden war, hielt die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h für rechtswidrig.
Das Gericht hat festgestellt, dass sich der Kreis nicht einfach auf die Vereinbarung berufen durfte. Die Straßenverkehrsordnung räume einen Entscheidungsspielraum bei der Festsetzung von Höchstgeschwindigkeiten ein. Dieses sog. Ermessen hätte der Kreis Düren eigenständig ausüben und eine eigene freie Entscheidung über die Höchstgeschwindigkeit auf der Landstraße treffen müssen.

Ob in Zukunft die Höchstgeschwindigkeit auf der besagten Teilstrecke 30 km/h, 50 km/h oder 70 km/h betragen wird, bleibt demnach der noch zu treffenden Ermessensentscheidung des Kreises Düren überlassen. Dabei hält es das Gericht durchaus für vertretbar, zum Schutz der Uhus die Höchstgeschwindigkeit an dieser Stelle für den ganzen Tag oder auch, wie vom Sachverständigen aufgeworfen, auf die Nachtzeit begrenzt zu reduzieren. Welche Auswirkungen das Urteil auf die zahlreichen Bußgeldverfahren gegen die "geblitzten" Autofahrer haben wird, wird das zuständige Amtsgericht Düren zu entscheiden haben.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.