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 Jan - März 2012
 




 






 
Mitten aus dem Leben...

Von analog zu digital: Was müssen Mieter bei der Umstellung beachten?

29. März 2012 - Die Zukunft des Fernsehens ist digital! Spätestens am 30. April diesen Jahres stellen die deutschen Medienanstalten ihre analoge Satellitenübertragung ein. Von der Umstellung betroffen sind alle Haushalte, die ihren Fernseh- und Radioempfang noch analog über Satellit erhalten – derzeit rund 1,8 Millionen Haushalte. Sie könnten daher bald vor schwarzen Bildschirmen sitzen. Damit es gar nicht so weit kommt, gibt die D.A.S. Rechtsschutzversicherung Tipps zur Umstellung und was Mieter und Vermieter hierbei beachten sollten.

Wer empfängt bereits digitales Fernsehen?
In vielen Teilen Deutschlands ist die Umstellung auf digitales Fernsehen längst erfolgt. „Wer wissen möchte, ob der eigene Haushalt schon umgestellt wurde, kann dies zum Beispiel auf der Videotextseite 198 der Fernsehsender ARD oder ZDF selbst überprüfen. Wer auf dem Bildschirm die Mitteilung ‚Sie empfangen bereits digital' sieht, muss sich als Verbraucher um nichts weiter mehr kümmern“, erklärt Anne Kronzucker, Juristin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung. „Analoge“ Zuschauer dagegen müssen umrüsten: Nötig ist die Anschaffung eines neuen digitalen Empfangsgeräts. Dieser digitale Receiver wird auch als Set-Top-Box oder Decoder bezeichnet. Erforderlich ist auch ein digital-tauglicher Empfangskopf, ein sogenannter Universal-LNB (Low Noise Block Converter). Dieser befindet sich mittig vor der Sat-Antenne und sollte digital-tauglich sein, wenn er ab 1997 hergestellt wurde. In einigen Fällen müssen auch veraltete Kabel, Verteiler oder Dosen erneuert werden. Unbehelligt von der Umstellung bleiben alle Haushalte, die ihre Empfangssignale über Kabel, durch terrestrische Antennen (DVB-T) oder Internetfernsehen erhalten.

Zuständigkeiten von Mietern und Vermietern
Die Umstellung auf das digitale Fernsehsignal betrifft natürlich auch viele Mieter. Und sie stellen sich die Frage: Wofür ist dabei der Vermieter zuständig? Dazu die D.A.S. Rechtsexpertin: „Vermieter von Mietshäusern, die bisher analogen Satellitenempfang beziehen, sind verpflichtet, sicherzustellen, dass nutzbare Signale bis zur Antennen-Anschlussdose in der Mietwohnung geliefert werden und ein störungsfreier Empfang möglich ist.“ In der Regel wird dafür nur die Gemeinschafts-Antennenanlage mit einem oder mehreren digitaltauglichen LNB nachgerüstet werden müssen. Aber der Vermieter ist nicht alleine für die Gewährleistung eines digitalen Empfangs verantwortlich, das heißt, den nötigen digitalen Decoder muss er nicht zur Verfügung stellen! Denn: „Einen rechtlichen Anspruch auf den Empfang von digitalem Fernsehen haben Mieter grundsätzlich nicht“, stellt die D.A.S. Juristin klar. Ebenso wenig sind Vermieter verpflichtet, für die Kosten der Anschaffung des Decoders bzw. Receivers aufzukommen (Landgericht Berlin, Az. 67 T 79/03). Denn der notwendige Decoder gehört zum Empfangsgerät, sprich dem Fernseher, und nicht zur Antennenanlage. Daher fällt er nicht in den Zuständigkeitsbereich des Vermieters. Übrigens: Neue Generationen von Fernsehgeräten haben einen digitalen Empfänger zum Teil bereits integriert!

Mieterhöhung wegen Digital-Umstellung zulässig?
Bisher galt eine Umstellung von Antenne auf Kabelanschluss als Modernisierungsmaßnahme, die den Wohnwert erhöht. Das bedeutet: Arbeiten in der Wohnung sind vom Mieter zu dulden, elf Prozent der für eine Wohnung angefallenen Kosten dürfen vom Vermieter auf die bestehende Jahresmiete aufgeschlagen werden. Bei mehreren Wohnungen müssen die Kosten aufgeteilt werden. Im Zuge der Umstellung auf das digitale Fernsehen ist dies allerdings nicht mehr so eindeutig: „Sobald die Umstellung eine Maßnahme zur Verbesserung des Wohnwertes und somit auch eine nachhaltige Gebrauchswerterhöhung der Mietwohnung darstellt, kann eine Mieterhöhung gerechtfertigt sein (§ 559 Abs. 1 BGB)“, weiß Anne Kronzucker. Dies kann der Fall sein, wenn eine größere Anzahl von Programmen geliefert wird als bisher – aber auch die höhere Empfangsqualität in Bild und Ton ist ein mögliches Argument. Oft wird auch vorgebracht, dass die Modernisierungskosten anteilig dem Mieter auferlegt werden dürfen, weil der Vermieter zu der Ausgabe gezwungen war, ohne etwas dafür zu können („Umstände, die er nicht zu vertreten hat“, § 559 Abs. 1 BGB). Die Gerichte können jedoch im Einzelfall unterschiedlich entscheiden.
 

 

Vorläufiges Ende des Streits um Urlaubsanspruch und Arbeitsunfähigkeit im EuGH-Fall

27. März 2012 - Der schwerbehinderte Kläger war in der Zeit vom 01.04.1964 bis zum 31.08.2008 im Dortmunder Betrieb der Beklagten als Schlosser beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Einheitliche Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18. 12. 2003 (im Folgenden: EMTV) Anwendung.
Der Kläger war zunächst seit dem 23.01.2002 arbeitsunfähig krank und bezog ab dem 01.10.2003 jeweils befristet eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.08.2008 durch Aufhebungsvereinbarung beendet. Am 18.03.2009 hat der Kläger beim Arbeitsgericht Dortmund Klage auf Abgeltung seines Urlaubs für die Jahre 2006, 2007 und 2008 in Höhe von jeweils 35 Arbeitstagen eingereicht.
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger mit Urteil vom 28.08.2009 die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs von 60 Arbeitstagen und des Schwerbehindertenurlaubs von 15 Arbeitstagen für die Jahre 2006, 2007 und 2008 zugesprochen. Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht Hamm mit Beschluss vom 15.04.2010 dem europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob Urlaubsansprüche für langjährig arbeitsunfähige Arbeitnehmer angesammelt werden können oder ob sie zeitlich befristet sind.

Die 16. Kammer hatte daran Zweifel, ob der Zweck des Urlaubsanspruchs die Ansammlung von Urlaubsansprüchen über viele Jahre erfordert. Mit Urteil vom 22.11.2011 hat der europäische Gerichtshof entschieden, dass Artikel 7 I. der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates dahingehend auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften wie Tarifverträgen, die das Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub aus vergangener Zeit auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten beschränken, nicht entgegensteht.

Mit Urteil vom 22.02.2012 hat das Landesarbeitsgericht der Entscheidung des EuGH folgend die Beklagte verurteilt, für 15 Monate den Urlaub abzugelten und im Übrigen die Klage gewiesen. Nach dem Urteil des EuGH ist der § 11 Abs. Unterabs. 3 des EMTV, der einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten bei Krankheit vorsieht, nicht zu beanstanden und verstößt nicht gegen Europarecht.
Entgegen der Ansicht der Beklagten war der Kläger auch berechtigt, die Ansprüche noch geltend zu machen, obwohl er die im EMTV geregelte 3-Monats-Frist nach Fälligkeit nicht eingehalten hat. Denn dieser Tarifvertrag hat die Besonderheit, dass diese Frist nicht gilt, wenn der Arbeitnehmer trotz Anwendung der nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt gehindert war, die Frist einzuhalten.

Dieser Fall war hier anzunehmen, weil zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Ansprüche des Klägers nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts solche Ausschlussfristen für Urlaubsansprüche noch keine Anwendung fanden und der Kläger zum damaligen Zeitpunkt die Frist gar nicht einhalten musste.
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 22.03.2012 – 16 Sa 1176/09,
Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufungskammer die 15-Monats-Frist im des Metallbereichs NRW für einschlägig hält, weil sie dort ausdrücklich geregelt ist. Für den Fall des MTV Einzelhandels in NRW hat die Berufungskammer am 12.01.2012 entschieden, dass in diesem Bereich Urlaubsansprüche langjährig arbeitsunfähiger Arbeitnehmer spätestens 18 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfallen, wenn sie bis dahin nicht genommen werden konnten.
Dies folgt daraus, dass der MTV-Einzelhandel keine eigenständigen Regelungen für den Verfall des übergesetzlichen Urlaubs hat und daher eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung des Bundesurlaubsgesetzes es gebietet, an die Stelle des dreimonatigen Übertragungszeitraums unter Berücksichtigung von Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 132 ILO einen 18-monatigen Übertragungszeitraum treten zu lassen
Landesarbeitsgericht Hamm Urteil vom 12.01.2012 – 16 Sa 1352/11, veröffentlicht in NRWE.
Das Landesarbeitsgericht hat in beiden Fällen die Revision zugelassen.
 

 

Sozialgericht: Sonnenbedingter Hautkrebs eines Dachdeckers ist Berufskrankheit

23. März 2012 - Die Vorstufe durch Sonneneinstrahlung verursachter bösartiger Veränderungen der Haut (sog. aktinische Keratosen) sind als Berufskrankheit anzuerkennen. Dies hat jetzt die 6. Kammer des Sozialgerichts Aachen unter Vorsitz von Richter am Sozialgericht Dr. Jan Oliver Merten entschieden.
Die Aachener Richter gaben damit einem Dachdecker Recht, der während seines Erwerbslebens rund vierzig Jahre lang auf Dächern zum Teil ungeschützt der Sonneneinstrahlung ausgesetzt war und bei dem sich bösartige Veränderungen der Kopfhaut gebildet hatten.
Die betroffene Berufsgenossenschaft hatte argumentiert, im Katalog der Berufskrankheiten-Verordnung fehle bislang eine entsprechende Berufskrankheit und eine Anerkennung abgelehnt. Dem folgten die Aachener Richter nicht. Im konkreten Fall seien die Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestands erfüllt, welcher die Anerkennung auch bislang nicht explizit in die Berufskrankheiten-Verordnung aufgenommener Erkrankungen als sog. „Wie-Berufskrankheiten“ ermögliche.
Angesichts der wissenschaftlich belegten erhöhten Gefährdung sog. Outdoor-Worker durch sonnenbedingte UV-Strahlung und der jahrelangen Exposition des Dachdeckers bestünden an einem Kausalzusammenhang zwischen der Sonneneinstrahlung und den bösartigen Hautveränderungen keine vernünftigen Zweifel, so das Gericht.
Gegen das Urteil die Berufung zum Landesozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Essen möglich (Urteil vom16.03.2012, S 6 U 63/10).

 

Oberverwaltungsgericht NRW: Beamte haben in der Bundesrepublik Deutschland kein Streikrecht

7. März 2012 - Dies hat der Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts NRW in einem heute verkündeten Urteil entschieden. Anlass bot hierzu ein Disziplinarverfahren einer beamteten Lehrerin, die am 28. Januar 2009, 5. Februar 2009 und 10. Februar 2009 ohne Genehmigung des Dienstherrn an Warnstreiks der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) teilgenommen und deshalb an diesen Tagen keinen Unterricht erteilt hatte. Der Dienstherr, das Land NRW, hatte daraufhin der Klägerin durch eine Disziplinarverfügung eine Geldbuße von 1.500,00 Euro auferlegt.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat durch Urteil vom 15. Dezember 2010 (31 K 3904/10.O) die Disziplinarverfügung aufgehoben.
Die dagegen gerichtete Berufung des Dienstherrn hatte Erfolg. Der Disziplinarsenat hob das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage der Klägerin ab. Zur Begründung führte der Vorsitzende des Disziplinarsenats aus: Aus der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lasse sich ein Streikrecht für deutsche Beamte nicht ableiten. Darüber hinaus komme der EMRK im deutschen Recht keine über den Rang eines einfachen Bundesgesetzes hinausgehende Wirkung zu, so dass sich deren Regelungen an dem höherrangigen Grundgesetz messen lassen müssten. Die in Art. 11 EMRK und in Art. 9 Abs. 3 GG geregelte Koalitionsfreiheit werde durch die in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums eingeschränkt, so dass Beamten in der Bundesrepublik Deutschland mit Blick auf deren Treuepflicht gegenüber ihrem Dienstherrn und vor dem Hintergrund der Erhaltung der Funktionsfähigkeit staatlichen Handelns ein Streikrecht nicht zustehe. Dieses Streikverbot gelte unabhängig davon, welche konkrete Funktion der einzelne Beamte ausübe, denn allein der Status als Beamter sei entscheidend.
Der Disziplinarsenat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Aktenzeichen: 3d A 317/11.O
 

 

Sozialgericht: Neue Regelsätze verfassungskonform

1. März 2012 - Die zum 01.01.2011 durch eine Gesetzesänderung neu festgelegten Regelsätze für die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende) sowie nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe) sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies haben mittlerweile die 2. Kammer des Sozialgerichts Aachen (Vorsitz: Richterin Dr. Haupt), die 5. Kammer (Vorsitz: Richter Dr. Wille), die 19. Kammer (Vorsitz: Richter am Sozialgericht Dr. Merten) sowie die 20. Kammer (Vorsitz: Richter am Sozialgericht Irmen) in mehreren aktuellen Entscheidungen festgestellt.

Die Kläger hatten jeweils vorgetragen, die Neuregelungen genügten nicht den vom Bundesverfassungsgericht im Februar 2010 aufgestellten Vorgaben. Insbesondere seien die vom Gesetzgeber für Haushaltsangehörige Personen berücksichtigten Einsparungen nicht ausreichend belegt. Zudem fehle es an einer tragfähigen Begründung für die Bemessung der Regelsätze. Schließlich erhielten dauerhaft erwerbsgeminderte Leistungsbezieher, welche im Haushalt ihrer Eltern leben, lediglich die geringere Regelbedarfsstufe 3, während erwerbsfähigen Hilfebedürftigen unter bestimmten Voraussetzungen der volle Satz der Regelbedarfsstufe 1 zustehe.

Die Aachener Richter vermochten sich dem nicht anzuschließen. Die Neuregelungen beruhten auf einer vom Gesetzgeber in Auftrag gegebenen Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008, welche das Verbrauchsverhalten der Bevölkerung empirisch abbilde. Angesichts des Einschätzungsspielraums des Parlaments könne die Festlegung der Regelsätze nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einem sachgerechten und transparenten Verfahren beruhe. Dies aber sei für die zum 01.01.2011 in Kraft getretenen Neuregelungen der Fall.

Auch eine verfassungswidrige Benachteiligung dauerhaft erwerbsgeminderter Leistungsbezieher, welche im Haushalt ihrer Eltern leben, sei nicht gegeben. Denn von den erwerbsfähigen Empfängern der Grundsicherung für Arbeitsuchende würden permanente Bemühungen erwartet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Verletzungen dieser Pflichten zögen gravierende Sanktionen bis hin zu empfindlichen Leistungskürzungen nach sich. Dieser Umstand verlange von den erwerbsfähigen Leistungsempfängern ein erhöhtes Maß an Eigenverantwortung und wirtschaftlicher Beweglichkeit, weshalb die Anerkennung eines höheren Regelsatzes gerechtfertigt erscheine. Demgegenüber würden dauerhaft voll erwerbsgeminderte Leistungsbezieher nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gezwungen.
In allen genannten Entscheidungen haben die Richter die Berufung zum Landessozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (Sozialgericht Aachen, Urteile vom 20.07.2011, Az. S 5 AS 177/11 und S 5 AS 475/11 sowie vom 20.12.2011, Az. S 2 AS 277/11 und Urteile vom 13.12.2011, Az. S 20 SO 79/11 bzw. vom 20.01.2012, Az. S 19 SO 108/11).

 

 Mandatsverzicht einer sachkundigen Bürgerin kann nicht widerrufen werden

24. Februar 2012 - Verzichtet eine sachkundige Bürgerin durch Erklärung gegenüber der entsendenden Ratsfraktion auf ihren Sitz in einem Ratsausschuss, führt dies dazu, dass kein Anspruch darauf besteht, weiter als stimmberechtigtes Ausschussmitglied behandelt zu werden.
Dies hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen durch Beschluss vom 22. Februar 2012 festgestellt und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen abgelehnt.
Die Antragstellerin war nach der Kommunalwahl 2009 für die Fraktion „Die Linke“ als sachkundige Bürgerin in den Ratsausschuss für Sport und Gesundheit gewählt worden. Nach Auflösung dieser Fraktion nahm sie im Ausschuss die Interessen der neu gegründeten Fraktion „Bürger-Bündnis-Gelsenkirchen (BBG)“ wahr. Im Juli 2011 teilte sie der Fraktion schriftlich mit, sie „gebe ihren Posten im Ausschuss für Sport und Gesundheit [...] zurück.“

Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wollte sie nun erreichen, dass sie vom Antragsgegner weiterhin als sachkundige Bürgerin mit Stimmrecht in dem Ausschuss zu behandeln sei, da sie mit Ihrem Schreiben nicht ihr Mandat im Ausschuss habe niederlegen wollen, sondern lediglich ihren Austritt aus der Fraktion erklären wollte.
Dieser Argumentation folgte die Kammer aufgrund des eindeutigen Wortlauts ihres Schreibens nicht. Unschädlich sei, dass der jederzeit und formlos mögliche Mandatsverzicht an die Fraktion und nicht an den Antragsgegner adressiert wurde. Der kommunalrechtliche Grundsatz der „Organtreue“ verlange, dass die Fraktion das ihr Mögliche und Zumutbare unternehme, um ein an sie selbst adressiertes, aber inhaltlich zumindest auch an den Rat, bzw. den Oberbürgermeister als dessen Vertreter gerichtetes Schreiben, an diesen weiterzuleiten. Danach habe die Antragstellerin mit der Weiterleitung an das zuständige Organ nicht nur rechnen müssen, sondern sogar darauf vertrauen dürfen.
Aufgrund der im Juli 2011 wirksam erfolgten Mandatsniederlegung sei für die im November 2011 abgegebene Erklärung der Antragstellerin, nunmehr ihr Mandat im Ausschuss für die Fraktion „Pro NRW“ wahrnehmen zu wollen, kein Raum mehr.  Aktenzeichen: 15 L 163/12

 

Arbeitsgericht Düsseldorf: Anspruch auf Beschäftigung nur in den Nachmittagsstunden?

22. Februar 2012 - Vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf streiten eine Lehrerin des Weiterbildungskollegs Mönchengladbach und das Land Nordrhein-Westfalen darüber, ob die Lehrerin einen Anspruch darauf hat, nur noch nachmittags, ab 17.30 Uhr eingesetzt zu werden.

Sie beruft sich hierbei auf eine Empfehlung ihres behandelnden Arztes und ist der Auffassung, das Land sei verpflichtet sie „behindertengerecht“, also nur in den Abendstunden zu beschäftigen.
Das Land Nordrhein-Westfalen ist hingegen der Auffassung, eine bloße Empfehlung des Arztes sei nicht zwingend zu befolgen.
Der geforderte Nachweis der medizinischen Notwendigkeit eines ausschließlichen Einsatzes in den Abendstunden sei von der Klägerin nicht vorgelegt worden. Darüber hinaus fänden in den Abendstunden nicht so viele Kurse statt, dass man die Klägerin allein in diesem Zeitraum ausreichend beschäftigen könnte. Außerdem wäre dann ein Fachlehrerwechsel erforderlich, der den Teilnehmern der Kurse nicht zuzumuten sei.
Der Kammertermin findet am 12.03.2012, 12.00 Uhr in Saal 007 statt.
Altenzeichen: 12 Ca 6897/11

 

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen: Kein "Recht auf ein gesundes Kind"

17. Februar 2012 - Die 1981 geborene Antragstellerin ist schwanger. Sowohl ihr Vater als auch sie selber leiden unter einem Gendefekt, der eine Augenerkrankung verursachen und zur Erblindung führen kann. Zur Feststellung, ob eine Vererbung dieses Gendefekts auf das Kind der Antragstellerin droht, beantragte die Antragstellerin, ihre Krankenkasse zu verpflichten, eine molekularbiologische Sequenzierung der DNA-Struktur ihres Vaters zu gewähren. Sie machte geltend, diese Untersuchung diene letztlich dazu, die Voraussetzungen für die Vornahme einer Abtreibung zu klären.

Das Landessozialgericht hat einen entsprechenden Anspruch verneint. Die Krankenversicherung habe in erster Linie die Aufgabe, Krankenbehandlung zu gewähren, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Im Fall der Klägerin gehe es aber nicht darum, eine Krankheit zu behandeln.
Die Erkennung des bei dem ungeborenen Kind möglicherweise vorliegenden Gendefekts ziele allein darauf ab, ggfls. dessen Leben zu beenden. Es liege auf der Hand, dass dies nicht als Krankenbehandlung des ungeborenen Kindes oder der Antragstellerin qualifiziert werden könne. Die beanspruchte Untersuchung könne auch nicht als Leistung, die der Feststellung der Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch dient, finanziert werden.

Die Antragstellerin habe die Voraussetzungen eines nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs nicht glaubhaft gemacht. Allein das mögliche Vorliegen einer Behinderung bei dem ungeborenen Kind reiche nicht aus, die Fortsetzung der Schwangerschaft als unzumutbar erscheinen zu lassen. Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung garantiere kein „Recht auf ein gesundes Kind“.
Vielmehr stehe auch das Leben eines ungeborenen Kindes unter dem Schutz der Verfassung. Es sei nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, Leistungen zu gewähren, mit denen herausgefunden werden kann, ob bei dem Kind gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen, allein mit dem Ziel, dessen Leben zu beenden.  Az.: L 5 KR 720/11 ER

 

Wann sind Nebentätigkeiten erlaubt?

16. Februar 2012 - Für 8,5 Prozent der Arbeitnehmer endet der Arbeitstag nicht mit dem Büroschluss: Sie sind auf eine Nebentätigkeit angewiesen oder wollen sich den einen oder anderen Euro hinzuverdienen. Doch Vorsicht ist geboten, denn gesetzliche und betriebliche Vorgaben schränken die Möglichkeiten eines Zusatzerwerbs ein. Bei Missachtung drohen Abmahnung und sogar Kündigung.
Der Schreiner klappt die Werkbank ein, der Büroangestellte fährt seinen Computer herunter – endlich Feierabend! Wenn sich die meisten Deutschen in den schönsten Teil des Tages verabschieden, beginnt für immer mehr Arbeitnehmer die „zweite Schicht“. Ob als Kellner im Restaurant, Kassierer in der Tankstelle oder Fußballtrainer für die Kleinen: Längst sind es nicht mehr nur Schüler oder Studenten, die auf einen Zweitjob angewiesen sind, um den Lebensunterhalt zu bestreiten oder sich mehr leisten zu können, als das Erstgehalt hergibt. Doch welche und wie viel zusätzliche Arbeit ist überhaupt erlaubt?

Für Freizeit muss Zeit sein
Grundsätzlich erlaubt Artikel 12 des Grundgesetzes jedem, seinen Beruf und seinen Arbeitsplatz frei zu wählen. Darunter fällt auch das Recht, einem Nebenjob nachzugehen. Einige gesetzliche Bestimmungen gilt es jedoch zu beachten: So erlaubt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) Arbeitnehmern eine Tagesarbeitszeit von maximal acht Stunden. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung des Samstags eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden, vorübergehend gestattet der Gesetzgeber sogar einen Zehn-Stunden-Tag und damit eine 60-Stunden-Woche.
Unter dieses Gesetz fallen alle abhängigen Beschäftigungen, selbstständige Nebenerwerbstätigkeiten dagegen sind nicht betroffen. „Darüber hinaus gibt es noch weitere Ausnahmeregelungen, die im Einzelfall zur Geltung kommen können, etwa bei Notfällen (z. B. Überschwemmung) oder Bereitschaftsdienst“, weiß Anne Kronzucker, Rechtsexpertin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung.

Was außerdem oft vergessen wird: Arbeitnehmer müssen nach Beendigung des Arbeitstages eine gesetzliche Ruhezeit von elf Stunden einhalten, bevor sie wieder arbeiten dürfen. Dabei zählt nicht der Feierabend des Hauptarbeitsverhältnisses, sondern das Ende sämtlicher beruflicher Tätigkeiten des Tages. Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer arbeitet von Montag bis Freitag von 08.00 bis 16.30 Uhr mit 30-minütiger Pause in seinem Hauptjob, dienstags und mittwochs geht er noch von 18.00 bis 20.00 Uhr einem Nebenjob nach. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt somit 48 Stunden und eine Ruhezeit von 12 Stunden zwischen dem Ende des Nebenjobs um 20.00 Uhr und dem Beginn des Hauptjobs um 8:00 Uhr wird auch eingehalten. Somit ist der Arbeitnehmer auf der sicheren Seite. Muss er aber in seinem Hauptjob bereits um 6:00 Uhr beginnen, wird die gesetzliche Ruhezeit unterschritten.
Auch der Urlaub ist zur Erholung gedacht und nicht, um sich endlich intensiv dem Zweitjob zu widmen: Der Gesetzgeber hat im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) festgelegt, dass Urlaub dem Erholungszweck dienen muss. Arbeiten darf hier nur, wer Entspannung und Geldverdienen miteinander vereinbaren kann. Dies kann z. B. auf einen Bürokaufmann und Hobbytaucher zutreffen, der in seinem Spanienurlaub nebenberuflich als Tauchlehrer jobbt. Das Arbeiten auf der Baustelle hingegen erfüllt nicht den Zweck des Urlaubs. Richtig heikel kann es für denjenigen werden, der krankgeschrieben dem Hauptjob fernbleibt, aber gleichzeitig nebenberuflich tätig ist. Hier droht sogar die Kündigung!

Arbeitgeber über Zweitjob informieren?
Dem Hauptarbeitgeber müssen Nebentätigkeiten grundsätzlich nicht angezeigt werden, eine gesetzliche Genehmigungspflicht besteht nicht. Dennoch können Arbeitsverträge entsprechende Klauseln enthalten. Auf Grund der Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht sind diese auch zulässig. Ebenso kann in Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen eine Anzeige- oder Genehmigungspflicht für Nebentätigkeiten festgelegt sein. Unter bestimmten Bedingungen ist die Ausübung eines Nebenjobs jedoch unzulässig.
Dies ist der Fall, wenn berechtigte Interessen des Arbeitgebers bedroht sind. So darf die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers im Hauptberuf nicht durch die Nebenbeschäftigung beeinträchtigt werden. „Fallen Ihnen morgens im Büro die Augen zu, weil Sie die Nacht über gekellnert haben, hat Ihr Chef einen berechtigten Grund, Ihnen den Zweitjob zu untersagen“, warnt die D.A.S. Juristin. Außerdem verbietet es der Gesetzgeber, nebenberuflich in einem Konkurrenzunternehmen des Hauptarbeitgebers zu arbeiten. Verletzt der Arbeitnehmer dieses sogenannte Wettbewerbsverbot, drohen Abmahnung, Kündigung und womöglich Schadenersatzansprüche.
Um sicher zu gehen, dass der Zweitverdienst den eigentlichen Broterwerb nicht gefährdet, empfiehlt die D.A.S., den Hauptarbeitgeber über Nebenbeschäftigungen zu informieren.
Befolgt der Arbeitnehmer alle gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben und liegt keine Beeinträchtigung seiner Hauptbeschäftigung vor, steht einem Zweitjob eigentlich nichts entgegen. Anne Kronzucker rät: „Lassen Sie sich die Zustimmung Ihres Hauptarbeitgebers schon vor Beginn der Nebentätigkeit schriftlich zusichern. Denn die Regelungen sind oft Auslegungssache und von Fall zu Fall unterschiedlich zu bewerten.“

Sonderfall Staatsdienst
Angestellte im öffentlichen Dienst sind übrigens grundsätzlich dazu verpflichtet, ihrem Arbeitgeber Nebenbeschäftigungen anzuzeigen. Dies regelt § 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD). Einen Schritt weiter gehen die Bestimmungen für Staatsdiener wie Polizisten oder Richter: Für sie besteht nach der Bundesnebentätigkeitsverordnung (BNV) sogar eine Genehmigungspflicht.

 

Urteile von Sozialgerichten

Arbeitslosengeld II kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Bescheid nicht genau ausweist, welche Leistungen für welchen Zeitraum zu Unrecht bewilligt wurden

15. Februar 2012 - Der Kläger wandte sich gegen einen Bescheid, mit dem die Behörde SGB II-Leistungen in Höhe von 4.506,24 € für die Zeit von Februar bis Dezember 2006 pauschal zurückforderte. Der Kläger habe eigenes Einkommen sowie das seiner Lebensgefährtin nicht rechtzeitig angegeben. Dies bestritt der Kläger und argumentierte außerdem, dem Bescheid sei nicht zu entnehmen, welche Leistungen für welchen Monat zurückzuzahlen seien.
Das Gericht gab dem Kläger Recht. Der Rückforderungsbescheid genügt nicht den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen (§ 33 SGB X). Die Behörde konnte den Mangel der Bestimmtheit auch nicht heilen, in dem sie dem Widerspruchsbescheid Berechnungsprotokolle beifügte. Es handelt sich nämlich insoweit nicht nur um einen bloßen Verfahrens- oder Formfehler. Die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts ist Bestandteil der materiellen Prüfung, Fehler sind einer Heilung nicht zugänglich. Ob der Behörde vor diesem Hintergrund noch die Möglichkeit verbleibt, einen - nunmehr hinreichend bestimmten - neuen Bescheid zu erlassen, musste von der 10. Kammer nicht entschieden werden. Allerdings kann die Rückforderung nur innerhalb einer Frist von 12 Monaten gerechnet ab Kenntnis der die Aufhebung rechtfertigenden Umstände erfolgen.
S 10 (8) AS 301/08 - Urteil vom 10.10.2011 - rechtskräftig

 

Tilgungsleistungen sind nur ausnahmsweise als Kosten der Unterkunft zu übernehmen
Tilgungsleistungen sind nur ausnahmsweise als Kosten der Unterkunft zu übernehmen
Mit diesem Urteil wies die 10. Kammer des SG Detmold die Klage einer SGB II-Leistungen beziehenden Hauseigentümerin ab. Sie begehrte die Übernahme von Tilgungsleistungen für eine offene Darlehnsverbindlichkeit. Das Darlehn hatte sie für das Hausgrundstück aufgenommen und sollte es nach dem Tilgungsplan bis zum Jahr 2025 zurückzahlen.
Ihr Hinweis, dass sie das Haus ansonsten nicht halten könne, überzeugte die Detmolder Sozialrichter nicht.
Nur ausnahmsweise können Tilgungsleistungen als Kosten der Unterkunft anerkannt werden, urteilten sie. Die Leistungen nach dem SGB II beschränken sich nämlich auf die aktuelle Existenzsicherung und dürfen nicht – wie im Fall der Tilgungsleistungen – der Vermögensbildung dienen.
Nur wenn zB das mit dem Darlehn finanzierte Haus weitgehend abgezahlt ist, kann der Aspekt des Vermögensaufbaus aus Mitteln der Existenzsicherung gegenüber dem mit dem SGB II verfolgten Ziel, die Beibehaltung der Wohnung zu ermöglichen, zurücktreten. Hier waren jedoch Tilgungsleistungen noch über viele Jahre bis 2025 zu zahlen, so dass ein Übernahmeanspruch schon daran scheiterte.
Geschützt ist zudem auch nur ein angemessenes Hausgrundstück. Das von der Klägerin mit zwei weiteren Personen bewohnte 130 qm große Haus entsprach diesen Kriterien nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG wird eine Größe von bis zu 110 qm bei drei Bewohnern für angemessen gehalten.
Schließlich hätte die Klägerin das Haus auch bei einem Klageerfolg nicht halten können. Nach eigenem Bekunden wäre ihr dieses nur bei Übernahme der vollen Tilgungsleistungen möglich gewesen. Da das Haus von drei Personen bewohnt wird, hätten ihr nach dem Kopfteilprinzip auch im Fall einer Bewilligung nur ein Drittel der Tilgungsleistungen zugestanden.
S 10 AS 220/11 - Urteil vom 02.12.2011 - rechtskräftig

Psychische Folgen einer ausgeheilten Hepatitis sind als mittelbare Folge einer Berufskrankheit anzuerkennen
Psychische Folgen einer ausgeheilten Hepatitis sind als mittelbare Folge einer Berufskrankheit anzuerkennen Dies entschied das Sozialgericht Detmold im Falle einer 1961 geborenen Laborassistentin, die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit bereits Anfang der 80er Jahre eine chronische Leber-entzündung (Hepatitis) zugezogen hatte.
Nachdem die Klägerin seit Dezember 1993 wegen der Folgen der Erkrankung eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. erhalten hatte, vertrat die beklagte Berufs-genossenschaft nach verschiedenen Untersuchungen die Auffassung, durch die medikamentöse Behandlung (mit Interferon und Ribavirin) sei es zu einer vollständigen Ausheilung gekommen. Die Rente wurde im Juni 2009 entzogen, obgleich die Klägerin darauf hingewiesen hatte, körperlich und seelisch wenig belastbar zu sein und weiterhin unter Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Interessenverlust und depressiver Verstimmung zu leiden.
Die 14. Kammer des Sozialgerichts Detmold hat auch diese Beeinträchtigungen als Folge der Berufskrankheit eingeordnet. Selbst wenn es mit Hilfe der Medikamente gelungen ist, den Zerstörungsprozess der Leberzellen zu stoppen, müssen die psychischen Folgen als mittelbare Schädigung der antiviralen Therapie oder der Hepatitis angesehen werden. Für das Vorliegen anderer die Symptome erklärender Erkrankungen bestanden keine Anhalts-punkte. Dies stand für das Gericht nach Einholung von Fachgutachten fest. Dabei kritisierte die Kammer insbesondere: Hätte die Beklagte nicht die rein somatische Betrachtung des Sachverhalts in den Vordergrund ihrer Beurteilung gestellt, wäre eine positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs durch frühzeitige psychotherapeutische Begleitung möglich gewesen.
S 14 U 161/09 - Urteil vom 08.09.2011 rechtskräftig

Finanzgericht: Gesetzgeber contra Bundesfinanzhof - Erneut strenge Regeln für den Nachweis von Krankheitskosten!
Der 11. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem heute veröffentlichten Urteil vom 18. Januar 2012 (11 K 317/09 E) entschieden, dass gemäß der durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 geschaffenen Neuregelungen der §§ 33 Abs. 4 EStG, 64 EStDV erneut erhöhte Anforderungen an den Nachweis von Krankheitskosten gelten. Im Streitfall ging es um Kosten für die Behandlung einer Lese- und Rechtschreibschwäche (Legasthenie).
Die Kläger profitierten daher nicht von der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 2010 (Urteil vom 11. November 2010 VI R 17/09). Damals hatte der Bundesfinanzhof seine langjährige Rechtsprechung zum Nachweis von Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation daher nur schwer zu beurteilen ist, aufgegeben. Er hatte klargestellt, dass ein formalisierter Nachweis der medizinischen Notwendigkeit durch ein vorheriges amtsärztliches Attest nicht erforderlich sei. Dieser Rechtsprechungsänderung ist der Gesetzgeber im Steuervereinfachungsgesetz 2011 entgegen getreten. Nunmehr verlangt der Gesetzgeber formalisierte Nachweise, und zwar in allen noch offenen Fällen.
Im Streitfall hatten die Kläger ihren Sohn in einem Internat unterbracht, das in besonderer Weise auf die Betreuung von an Legasthenie leidenden Kindern eingerichtet ist. Die Unterbringung war auf Empfehlung eines Facharztes sowie des Schulpsychologischen Dienstes erfolgt. Ein amtsärztliches Attest hatten die Kläger jedoch nicht eingeholt.
Die Stadt gewährte den Klägern eine finanzielle Unterstützung für die Unterbringung ihres Sohnes, die die Gesamtkosten allerdings nicht vollständig abdeckte. Die Kläger machten die von ihnen im Streitjahr 2007 zu tragenden Kosten für das Internat sowie für Heimfahrten des Sohnes in ihrer Steuererklärung als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung ab, da nicht durch ein vor der Unterbringung ausgestelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen sei, dass die Aufwendungen krankheitsbedingt angefallen seien. Hiergegen wandten sich die Kläger, die sich auch auf die während des laufenden finanzgerichtlichen Verfahrens geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes beriefen.
Der 11. Senat wies die Klage ab. Zwar habe der Bundesfinanzhof jüngst seine Rechtsprechung geändert und fordere nunmehr zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit der Unterbringung kein vor der Behandlung ausgestelltes amtsärztliches Attest mehr. Im Streitfall gelte allerdings der durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingefügte § 33 Abs. 4 EStG und die hierzu ergangene Verwaltungsregelung (§ 64 EStDV).
Darin sei nunmehr unter anderem ausdrücklich festgelegt, dass im Fall einer medizinisch angezeigten auswärtigen Unterbringung eines an Legasthenie leidenden Kindes der Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen durch ein amtsärztliches Attest oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu erfolgen habe. Derlei Nachweise lägen jedoch nicht vor, so dass die Klage keinen Erfolg haben könne.
Die gesetzliche Neuregelung sei auch im Streitfall zu beachten, denn sie gelte in allen Fällen, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt sei (Art. 2 Nr. 9 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011). Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip sei nicht zu erkennen. Ein solcher ergebe sich auch nicht aus der vorgesehenen Rückwirkung der gesetzlichen Neuregelung, denn diese sei ausnahmsweise zulässig.
Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung nämlich lediglich die Rechtslage rückwirkend festgeschrieben, die bis zur Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung der einhelligen Rechtsanwendungspraxis entsprochen habe. Dies sei zulässig und verletze auch kein schutzwürdiges Vertrauen der Kläger. Der Bundesfinanzhof habe erst Ende 2010 seine langjährige Rechtsprechung aufgegeben und auf den formalisierten Nachweis durch ein vorab erstelltes amtsärztliches Attest verzichtet. In Anbetracht dieser Situation hätten die Kläger im Streitjahr 2007 keinen Anlass gehabt anzunehmen, dass sie die streitigen Aufwendungen anders als durch Vorlage eines amtsärztlichen Attestes nachweisen könnten. Das Gericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen

 

 Vorsicht Schlaglöcher! Schadenersatz oder Pech gehabt?

Februar 2012 - Ein kalter Winter ist nicht nur für die menschliche Gesundheit eine Herausforderung – auch für die Straßen stellen Kälte und Eis eine Belastungsprobe dar. Risse und Schlaglöcher sind die Folge - ein Wagnis für Auto- und Motorradfahrer. Denn wer ein Schlagloch übersieht, riskiert neben ruinierten Reifen oder Felgen unter Umständen sogar einen Unfall. Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung erläutert, wer für die Instandhaltung der Straßen zuständig ist und in welchen Fällen die Verkehrsteilnehmer Schadenersatz verlangen können.

Träger der Straße
Abhängig von der Art einer Straße sind Bund, Länder, Kreise, Gemeinden oder Privatpersonen für den Zustand der Fahrbahn verantwortlich. Bei Landesstraßen ist es das jeweilige Land, bei Kreisstraßen sind es die Land- und Stadtkreise. Grundsätzlich haben diese Straßenbaulastträger eine Kontrollpflicht inne: „Stark befahrene Straßen sind mehrmals wöchentlich, unter Umständen sogar täglich zu kontrollieren. Bei wenig frequentierten Fahrwegen oder Nebenstraßen reicht eine Kontrollfahrt pro Woche oder alle paar Wochen“, erläutert Anne Kronzucker.
Rechtsschutzversicherung, aber: „Zum nötigen Zeitabstand der Kontrollen entscheiden die Gerichte jedoch nicht einheitlich.“
Sobald die zuständige Stelle diese Kontrollpflicht vernachlässigt, liegt eine sogenannte Verkehrssicherungspflichtverletzung vor. Allerdings hängt deren Umfang sowohl von der Verkehrsbedeutung der Straße ab als auch davon, welche Sicherheitserwartungen der Verkehrsteilnehmer im Einzelnen haben kann. Konkret: Ein Auto- oder Motorradfahrer muss beispielsweise bei einer Baustelle mit Straßenschäden rechnen und seine Geschwindigkeit entsprechend drosseln.

Warnen oder ausbessern?
Dennoch ist die für die Straße verantwortliche Stelle grundsätzlich angehalten, potenzielle Gefahrenquellen zu beseitigen. Aber nicht jedes Schlagloch ist gleich gefährlich und die Ausbesserung ist aus Kostengründen oder aufgrund der Witterungsbedingungen nicht immer sofort möglich. Es gilt: „Die zuständige Stelle muss die ‚gebotene Sorgfalt' walten lassen“, so die D.A.S. Expertin. Deshalb ist das Aufstellen von Warnschildern oder das Erlassen von Tempolimits vor allem bei kleineren Schlaglöchern oft zunächst ausreichend. Bei Schlaglöchern mit einer Tiefe von 10 cm oder mehr dürfen Warnschilder aber keine Dauerlösung sein (so beispielsweise das OLG Celle, Az. 8 U 199/06). Und: Bei Straßen mit hoher Verkehrsbedeutung, wie Autobahnen oder stark befahrenen innerstädtischen Straßen, müssen Schlag-löcher umgehend zumindest provisorisch repariert werden! Dennoch beschäftigen durch Schlaglöcher verursachte Schäden oft die Gerichte - Schadenersatzforderungen wird jedoch nur in bestimmten Fällen nachgekommen.

Schadenersatz bei Schlaglochunfall?
Das Schlagloch einfach zu spät gesehen oder beim Ausweichen in einen Straßenriss gefahren? Gründe für das Missgeschick gibt es viele, die Folgen können für den Verkehrsteilnehmer aber unter Umständen teuer werden. Doch wer haftet für den Schaden? „Der Straßenbaulastträger haftet nur bei Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht“, klärt Anne Kronzucker auf und ergänzt: „Mit dem Aufstellen von Warnschildern befreit er sich in vielen Fällen von der Haftung.“ Wer aber in ein Schlagloch geraten ist, auf das noch kein Warnschild hinweist oder das so tief ist, dass auch bei einer, den Verhältnissen angepassten geringen Geschwindigkeit ein Schaden beim Durchfahren wahrscheinlich ist, sollte die Unfallstelle nach Möglichkeit fotografieren und den Unfallhergang dokumentieren. Denn: Um Schadenersatzforderungen stellen zu können, muss der Verkehrsteilnehmer beweisen, dass der Schaden aufgrund des Schlaglochs entstanden ist. Zudem ist der Nachweis erforderlich, dass die zuständige Stelle ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat – durch ein fehlendes Warnschild oder die fehlende Ausbesserung eines besonders gefährlichen Schlaglochs.
Grundsätzlich gilt aber: Unabhängig von der Verkehrsbedeutung der Straße, muss jeder Verkehrsteilnehmer mit Schlaglöchern von geringer Tiefe rechnen, laut dem Oberlandesgericht beispielsweise 2 cm (Az. 3 U 47/02). Er darf sich also nicht in Sicherheit wiegen, dass der Straßenbelag in Ordnung ist. Denn: Nach § 3 der Straßenverkehrsordnung müssen Fahrzeugführer ihr Fahrverhalten den Straßen-, Verkehrs-, Sicht-, und Wetterverhältnissen anpassen. Die Gerichte gehen davon aus, dass bei guter Sicht, angemessener Geschwindigkeit und einem vorausschauenden und aufmerksamen Fahrstil Schlaglochunfälle meist vermieden werden können.
Übrigens: Stolpert ein Fußgänger beim Überqueren der Straße in ein Schlagloch und verletzt sich dabei, so kann er von der zuständigen Stelle keinen Schadenersatz verlangen – sie muss gegenüber Fußgängern lediglich die gefahrenlose Benutzung der Bürgersteige gewährleisten. Kommt ein Radfahrer durch ein 8 cm tiefes und 30 cm breites Schlagloch auf einer vielbefahrenen Straße zu Fall, sieht die Sache jedoch anders aus (OLG München, Az. 1 U 1710/10).

 

 Kein vorläufiges Verkaufsverbot für optisch verändertes Samsung "Galaxy Tab 10.1 N"

9. Februar 2012 - Die 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hat heute den Eilantrag der Apple Inc. zurückgewiesen, auch für das im Design gegenüber seinem Vorgängermodell veränderte "Galaxy Tab 10.1 N" der Samsung Electronics GmbH ein europaweites Verkaufsverbot auszusprechen.

Die Kammer ist nach einer im Eilverfahren angezeigten, summarischen Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass sich das im Design geänderte "Galaxy Tab 10.1 N" nunmehr hinreichend deutlich von Apples eingetragenem europäischen Designrecht unterscheide, dass die Gestaltung eines Tablet-PCs zeigt. Mithin falle es nicht in dessen Schutzbereich und es liege keine Schutzrechtsverletzung vor. Aufgrund der vorgenommenen Designänderungen verstoße Samsung durch den Vertrieb des "Galaxy Tab 10.1 N" auch nicht gegen das Wettbewerbsrecht. Bei Apples iPad-Geräten und Samsungs "Galaxy Tab 10.1 N" handle es sich um gleichwertige Konkurrenzprodukte.

Nachdem die Kammer noch im November den Verkauf der ersten Version des Samsung "Galaxy Tab 10.1" aufgrund der Verletzung von Apples eingetragenem Geschmacksmuster vorläufig untersagt hatte (Az.: 14c O 194/11), nahm Samsung verschiedene Änderungen am Design des Gerätes vor. So wurde der Rahmen an den Querseiten des Samsung "Galaxy 10.1 N" verbreitert, die Lautsprecher nach vorne gezogen und der "Samsung" Schriftzug auf der Vorderseite deutlicher hervorgehoben.
Apple Inc. hat sich - wie auch in dem Verfahren um das Vorgängermodell "Galaxy Tab 10.1" - auf eine Verletzung ihres eingetragenen europäischen Designrechts (Nr. 000181607-0001), eines sog. Gemeinschaftsgeschmacksmusters, aus dem Jahre 2004 durch Samsung’s "Galaxy Tab 10.1 N" berufen.
Apple vertritt die Auffassung, dass Samsung auch durch die Gestaltung des "Galaxy Tab 10.1 N" gegen das Schutzrecht Apples aus diesem Geschmacksmuster verstoße. Ein Geschmacksmuster ist ein gewerbliches Schutzrecht, das seinem Inhaber die ausschließliche Befugnis zur Benutzung einer ästhetischen Gestaltungsform eines Erzeugnisses verleiht. Es kann z. B. in Form einer Zeichnung hinterlegt werden, anhand derer Ähnlichkeiten zwischen dem Geschmacksmuster und einem Produkt überprüft werden können. Apple hat bereits 2004 eine solche Zeichnung, die die Gestaltung eines Tablet-PCs zeigt, als Geschmacksmuster hinterlegt.

Hilfsweise hat Apple auch einen Verstoß Samsungs gegen das Wettbewerbsrecht geltend gemacht. Der Vertrieb eines Produkts kann u. a. dann einen Wettbewerbsverstoß darstellen, wenn ein Unternehmen ein Konkurrenzprodukt nachahmt und es dadurch zu einer Herkunftstäuschung oder einer Rufausbeutung kommt, durch die der Nachahmer das herausragende Ansehen und den Prestigewert dieses Produktes ausnutzt. Apple vertritt die Auffassung, dass Samsung durch den Vertrieb des "Galaxy Tab 10.1 N" Herkunftstäuschungen veranlasse und vor allem die herausragende Bekanntheit der iPad-Geräte in unlauterer Weise ausnutze.

Auch insoweit hat die Kammer den Antrag zurückgewiesen. Eine Herkunftstäuschung scheide schon deshalb aus, weil potentielle Käufer zwischen den bekannten Unternehmen, deren Marken auch deutlich auf den Produkten aufgebracht seien, ohne weiteres unterscheiden könnten. Außerdem könne von einer nahezu identischen Nachahmung bei dem abgeänderten "Galaxy Tab 10.1 N" nicht mehr die Rede sein. Es sei zwar in seiner Gestaltung an die iPad-Geräte angelehnt, weise zugleich aber deutliche Unterschiede aus. Man könne nicht davon ausgehen, dass es zu einer Prestigeübertragung von den iPad-Geräten auf das Samsung "Galaxy Tab 10.1 N" komme.

Ein gleichlautender, gegen die Samsung Inc., Südkorea, gerichteter Antrag muss zunächst in Südkorea zugestellt werden. Eine Entscheidung ist vorläufig nicht zu erwarten.
Dem Eilverfahren schließt sich ein Hauptsacheverfahren an. Insoweit hat Apple bereits Hauptsacheklage erhoben, mit der sie die Benutzung fünf verschiedener Galaxy Tabs aus vier Geschmacksmustern und Wettbewerbsrecht angreift.
Termin zur Verhandlung in der Hauptsache ist auf den 25. September 2012, 10.00 Uhr, Saal 2.129 bestimmt. (LG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2012, Az.: 14c O 292/11)


WDR muss einem Pressejournalisten Auskunft geben
Dies hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts NRW in einem heute verkündeten Grundsatzurteil über Auskunftspflichten des WDR entschieden. Anlass hierzu bot das an den WDR gerichtete Auskunftsersuchen eines Pressejournalisten über Aufträge, die der WDR vergeben hatte. Der WDR lehnte eine Auskunftspflicht gegenüber dem Kläger als einem Vertreter der konkurrierenden Presse aus Sorge vor Wettbewerbsnachteilen und zur Wahrung seiner Rundfunkfreiheit grundsätzlich ab.
Im Laufe des Gerichtsverfahrens stellte der Gesetzgeber klar, dass das Informationsfreiheitsgesetz NRW auf den WDR anwendbar ist, soweit keine journalistisch-redaktionellen Informationen betroffen sind.
Der 5. Senat verpflichtete den WDR, über das Auskunftsersuchen des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung führte Präsident Dr. Bertrams bei der mündlichen Urteilsverkündung aus:
Der WDR sei zwar nach dem nordrhein-westfälischen Pressegesetz gegenüber der Presse nicht auskunftspflichtig. Gleichwohl habe er nach dem Informationsfreiheitsgesetz NRW und dem WDR-Gesetz Zugang zu Informationen zu gewähren, die keine Rückschlüsse auf das Redaktionsgeheimnis und den Programmauftrag zuließen. Durch diese gesetzliche Vorgabe bleibe die Rundfunkfreiheit des WDR gewahrt, obwohl ihm im Vergleich zu privaten Anbietern eine größere Transparenz abverlangt werde.
Der durch das Informationsfreiheitsgesetz NRW und das WDR-Gesetz eröffnete Informationszugang tangiere nicht die grundrechtlich geschützte Freiheit der Berichterstattung. Er hindere den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht daran, seinen klassischen Funktionsauftrag zu erfüllen und im publizistischen Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern zu bestehen.
Da der genaue Umfang der dem Kläger zustehenden Informationen und etwa entgegen stehende Belange bisher nicht geprüft worden seien, müsse der WDR über das Auskunftsersuchen neu entscheiden. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.  Aktenzeichen: 5 A 166/10


Glasverbot im Kölner Straßenkarneval rechtmäßig
Durch Urteil vom heutigen Tage hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts NRW entschieden, dass das Glasverbot im Kölner Straßenkarneval 2010 rechtmäßig war. Vergleichbare Glasverbote soll es auch künftig, also auch beim diesjährigen Straßenkarneval geben.
Seinerzeit hatte die Stadt Köln erstmals durch Allgemeinverfügung verboten, an einzelnen Karnevalstagen in bestimmten Bereichen der Innenstadt (Altstadt, Zülpicher Viertel, Teile der Ringe) Glasbehältnisse außerhalb von geschlossenen Räumen mitzuführen und zu benutzen. Dort ansässigen Einzelhandelsbetrieben war zugleich die Abgabe von Glasgetränkebehältnissen verboten worden.
Das Verwaltungsgericht Köln hatte den gegen diese Verbote gerichteten Klagen eines Bürgers und eines Kioskbetreibers mit der Begründung stattgegeben, die Gefahrenschwelle werde durch das bloße Mitführen und Benutzen sowie das Verkaufen von Glasgetränkebehältnissen noch nicht überschritten. Dieser Auffassung ist der 5. Senat nicht gefolgt.
Zur Begründung führte Präsident Dr. Bertrams bei der mündlichen Urteilsverkündung u.a. aus:
Im Kölner Straßenkarneval gelangten nach den gesicherten Erkenntnissen der Stadt unübersehbare Mengen an Glas und Scherben zwischen Zehntausende dicht gedrängt feiernde Menschen. Dabei handele es sich um die von den Karnevalisten mitgeführten Glasflaschen und Gläser, die – häufig auch alkoholbedingt – massenhaft ordnungswidrig entsorgt würden. Die dadurch drohenden Schäden (Schnittwunden, Reifenpannen, Behinderung von Rettungsfahrzeugen u.ä.) rechtfertigten ein ordnungsbehördliches Einschreiten bereits gegen das Mitführen, Benutzen und Verkaufen von Glas.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.
Aktenzeichen: 5 A 2375/10 und 5 A 2382/10

 

 Verkaufsverbot in Deutschland für zwei Samsung-Tablet-Modelle

31. Januar 2012 - In dem Geschmacksmuster-Rechtsstreit der Firma Apple Inc., USA, gegen die Samsung Electronics GmbH, Schwalbach, und die Samsung Electronics Co. Ltd., Südkorea, hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts heute entschieden, dass Samsung weder den Tablet-PC „Galaxy Tab 10.1“ noch den Tablet-PC „Galaxy Tab 8.9“ in Deutschland vertreiben darf.

Die Firma Apple Inc. wehrt sich gegen die Einführung des Samsung-Tablet-PCs auf dem deutschen und europäischen Markt. Mit Urteil vom 09.09.2011 hat das Landgericht Düsseldorf der deutschen Tochter der südkoreanischen Samsung-Muttergesellschaft untersagt, das „Galaxy Tab 10.1“ in der Europäischen Union herzustellen, einzuführen oder in Verkehr zu bringen.
 Der Muttergesellschaft wurde dies für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verboten. Hinsichtlich der südkoreanischen Mutter scheide ein europaweites Verbot aus, weil insoweit keine internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf gegeben sei. Apple Inc. habe – was insoweit für eine Zuständigkeit des Landgerichts erforderlich gewesen wäre - nicht glaubhaft machen können, dass die deutsche Tochter im Namen der Muttergesellschaft handele.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Samsung erstrebt eine Aufhebung des Verbots und Apple Inc. eine europaweite Geltung des Verbots auch gegenüber der südkoreanischen Muttergesellschaft.
Mit Beschluss vom 15.09.2011 hat das Landgericht Düsseldorf ferner einen Antrag der Apple Inc. zurückgewiesen, den Vertrieb des „Galaxy Tab 8.9“ in der Europäischen Union zu verbieten. Das Landgericht war davon ausgegangen, dass eine erneute Unterlassungsanordnung nicht erforderlich sei, weil die Anordnung aus dem Urteil vom 09.09.2011 auch den kleineren Tablet-PC erfasse. Gegen diese Entscheidung hat die Firma Apple Inc. sofortige Beschwerde eingelegt.

Nachdem der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts in beiden Verfahren am 20.12.2011 mündlich verhandelt hatte, hat der Senat heute entschieden, dass der Vertrieb der beiden angegriffenen Tablet-Modelle in Deutschland unzulässig ist.
Der Vertrieb des „Galaxy Tab 10.1“ verstoße gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, weil das Samsung-Modell das Apple-Tablet „iPad“ in unlauterer Weise nachahme (§ 4 Nr. 9 b) Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb). Samsung nutze das herausragende Ansehen und den Prestigewert des „iPads“ unlauter aus.
Hingegen habe Samsung nicht das von Apple eingetragene Geschmacksmuster verletzt. Hinsichtlich des Geschmacksmusterbegehrens hat der Senat - anders als das Landgericht - auch bezüglich der Samsung-Mutter in Südkorea eine gemeinschaftsweite gerichtliche Zuständigkeit angenommen. Die deutsche Samsung-Tochter sei als „Niederlassung“ der Samsung-Mutter anzusehen.
An der Bezeichnung der deutschen Tochter als „Vertriebsniederlassung“ im Internet müsse sich Samsung Südkorea festhalten lassen. Jedoch sei der Schutzbereich des Apple-Geschmacksmusters eingeschränkt. So weise eine ältere US-Patentanmeldung, das sogenannte „Ozolins-Design“, das von einem anderen Unternehmen für einen Flachbildschirm beantragt worden sei, bereits einen rahmenlosen Flachbildschirm auf.
Im Übrigen unterscheide sich das „Galaxy Tab 10.1“ ausreichend deutlich von dem von Apple angemeldeten Geschmacksmuster. So bestehe das angemeldete Geschmacksmuster ästhetisch wahrnehmbar aus zwei Bauteilen, einer Schale und einer sie abdeckenden Frontseite. Das „Galaxy Tab 10.1“ sei hingegen dreiteilig aufgebaut, es bestehe aus einer Vorderseite, einer Rückseite und aus einem verklammernden Rahmen.
Da der Anwendungsbereich des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb anders als der Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutz auf Deutschland beschränkt ist, gilt das Verbot lediglich für das Bundesgebiet.
Hinsichtlich des „Galaxy Tab 8.9“ hat das Oberlandesgericht sich der Auffassung des Landgerichts angeschlossen, wonach die im Hinblick auf das „Galaxy Tab 10.1“ ergangene Anordnung auch das „Galaxy Tab. 8.9“ erfasse.
Die heutige Entscheidung betrifft nicht das Nachfolgemodell „Galaxy Tab 10.1 N“. Hinsichtlich des Tablets „Galaxy Tab 10.1 N“ hat das Landgericht Düsseldorf am 22.12.2011 mündlich verhandelt und wird am 09.02.2012 eine Entscheidung treffen (Aktenzeichen: 14c O 292/11).
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
„Galaxy Tab 10.1“: Landgericht Düsseldorf, Aktenzeichen 14c O 194/11, Oberlandesgericht Düsseldorf, Aktenzeichen I 20 U 175/11
„Galaxy Tab 8.9“: Landgericht Düsseldorf, Aktenzeichen: 14c O 219/11, Oberlandesgericht Düsseldorf, Aktenzeichen I 20 U 126/11

 

Das Bankgeheimnis – 100%ige Sicherheit?
Was Banken über ihre Kunden preisgeben dürfen

26. Januar 2012 - Für die meisten Bankkunden entspricht das Bankgeheimnis einer Wand des Schweigens: Keine auch noch so kleine Information über die finanziellen Angelegenheiten der Kunden dringt nach draußen. Doch ist dem wirklich so? Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung erklärt, wem eine Bank Auskunft geben darf und was man tun kann, wenn eine unberechtigte Datenweitergabe stattgefunden hat.

Eine Bank ist verpflichtet, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beeinträchtigen. Dazu gehört auch das Bankgeheimnis. „Im Gegensatz zu anderen Staaten ist das deutsche Bankgeheimnis jedoch nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Es wird allerdings sowohl vom Gesetzgeber als auch von der Rechtsprechung als bestehend vorausgesetzt und wegen der langen Übung – seit Gründung der „Hamburger Bank“ im Jahr 1619 – als Gewohnheitsrecht anerkannt“, so Anne Kronzucker, Juristin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung.
Meist wird das Bankgeheimnis über vertragliche Regelungen garantiert. So sichern beispielsweise die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Kreditinstitute in Ziff. 2 zu, dass diese das Bankgeheimnis wahren: „Die Bank ist zur Verschwiegenheit über alle kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet, von denen sie Kenntnis erlangt (Bankgeheimnis).“ Mit der Unterschrift bei der Kontoeröffnung willigt der Kunde in diese AGB ein. Das Bankgeheimnis ist also das oberste Gebot einer jeden Bank und bildet die Basis des gesamten Vertrauensverhältnisses zwischen Kunden und Finanzinstitut.

„Was dreie wissen, wissen hundert“?
Ganz geheim bleiben die Kundendaten bei der Bank allerdings nicht. Denn die Bank darf trotz Bankgeheimnis in bestimmten Fällen Daten über den Kunden weitergeben: Zum einen, wenn der Kunde ausdrücklich mit der Weitergabe der Daten einverstanden ist. Und dieses Einverständnis erteilt er bei der Eröffnung eines Kontos. Hier stimmt er neben dem Bankgeheimnis oftmals auch einer sogenannten Schufa-Klausel zu, die zur Datenweitergabe an die Schufa berechtigt. Zum anderen müssen Bankmitarbeiter im Rahmen von Vernehmungen Auskunft geben, wenn Behörden im Hinblick auf eine Strafverfolgung Daten benötigen. Also wenn ein Strafverfahren oder auch ein Steuerstrafverfahren gegen den Kunden eröffnet wurde. Im Rahmen des Berufsgeheimnisses besteht im Strafverfahren zwar generell ein Zeugnisverweigerungsrecht (§§ 53 bis 55 StPO), für Bankangestellte und Kreditinstitute gilt dies allerdings nicht. Die Mitarbeiter sind deshalb verpflichtet, gezielte Fragen der Staatsanwaltschaft wahrheitsgemäß zu beantworten. Auch im regulären Besteuerungsverfahren haben die Finanzämter die Möglichkeit, die Bank zur Auskunft über Kontostand und Zahlungsvorgänge zu ersuchen – aber nur, wenn sie keine andere Möglichkeit haben, die zur Berechnung der Steuern erforderlichen Informationen zu bekommen.

Wer hat noch Konteneinsicht?
Seit 1999 gilt mit dem Steuerentlastungsgesetz für Banken eine Anzeigepflicht gegenüber dem Finanzamt: Neben der Angabe, ob Freistellungsaufträge für Kapitalerträge erteilt wurden, informieren die Kreditinstitute das Bundeszentralamt für Steuern auch über die konkrete Höhe des tatsächlich in Anspruch genommenen Freistellungsbetrages. So können nicht nur Rückschlüsse auf die Kontostände gezogen werden - die BAföG-Ämter haben ebenfalls die Möglichkeit zu überprüfen, ob Antragsteller falsche Angaben gemacht haben (§ 41 Abs. 4 BAföG). Stirbt ein Bankkunde, wird das Bankgeheimnis gelockert: „Eine Bank ist bei Kenntnis vom Tode eines ihrer Kunden verpflichtet, der Erbschaftssteuerstelle des Finanzamtes die Höhe des Vermögens mitzuteilen, das sie für den Erblasser verwaltet hat (§ 33 ErbStG). Diese Meldepflicht gilt für alle Konten und Depots, inklusive Schließfächer und Treuhandkonten“, so die D.A.S. Rechtsexpertin.
Auch die Arbeitsagenturen haben seit 1. April 2005 durch das "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit" Zugriff auf die Bankdaten. Fällt den Ämtern auf, dass ein Hartz-IV-Empfänger beispielsweise ein Konto nicht angegeben hat, ist ihr Misstrauen geweckt. Der Sachbearbeiter kann nun von der Bank auch Informationen zu Kontostand und Kontobewegungen verlangen.

Was können Kunden tun?
„Sollten Sie feststellen, dass die Bank Daten zu Ihrer Person, zur Kontoführung, zu Kontodaten oder zu Ihrer Bonität weitergegeben hat, müssen Sie in Erfahrung bringen, wer diese Daten erhalten hat und zu welchem Zweck sie verwendet wurden“, erklärt die D.A.S. Expertin. „Meist erfolgt ein solcher Vorgang allerdings stillschweigend und heimlich, ohne dass der Kunde etwas davon erfährt“, so die Juristin weiter. Gibt ein Banksachbearbeiter beispielsweise auf eine Nachfrage von besorgten Eltern bereitwillig Auskünfte über den Kontostand ihres 18-jährigen Sohnes, ohne dessen Zustimmung, verstößt der Angestellte gegen die Sorgfaltspflichten aus den Geschäftsbeziehungen. Dabei haftet die Bank auch für das Verhalten ihrer Mitarbeiter (§§ 278, 831 BGB). „Ist Ihnen infolge des Verstoßes gegen das Bankgeheimnis sogar ein Schaden entstanden, können Sie die Bank auf Schadensersatz verklagen“, so Anne Kronzucker und ergänzt: „Allerdings müssen Sie davon ausgehen, dass die Durchsetzung solcher Ansprüche ein schwieriges Unterfangen darstellen dürfte, denn die Beweislast liegt bei Ihnen.“

 

Keine Amtshaftung bei Glätteunfall

20. Januar 2012 - Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat entschieden, dass eine Gemeinde bei einem Glätteunfall nicht wegen der Verletzung der Streupflicht haftet, wenn sie ihren Verpflichtungen aus dem Streuplan nachkommt und dieser Streuplan eine sichere Erfüllung des Winterdienstes gewährleistet.
Der Kläger war Ende Dezember 2005 gegen 11.30 Uhr auf einem zu diesem Zeitpunkt noch nicht gestreutem Fußgängerüberweg einer Straße mit erheblicher Verkehrsbedeutung im Westen der Stadt Essen ausgerutscht, hatte sich hierbei nach seiner Darstellung schwere Schulter- und Armverletzungen zugezogen und verklagte die Stadt Essen auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von etwa 240.000 Euro.
Die Klage blieb vor dem Landgericht Essen ohne Erfolg, diese Entscheidung hat der 9. Zivilsenat mit Urteil vom 7. Dezember 2010 bestätigt.
Nach dem Auftreten der konkreten Glättegefahr müsse den Gemeinden – nach den Umständen des Einzelfalls – ein gewisser Zeitraum für organisatorische Maßnahmen zugebilligt werden, um ihren Streupflichten nachzukommen. Diesen Zeitrahmen habe die beklagte Stadt nicht überschritten. Es sei sichergestellt gewesen, dass die allgemeine Glättegefahr rechtzeitig erkannt und rechtzeitig Streualarm für den Unfallbereich ausgelöst wurde.
Der Winterdienst sei so organisiert gewesen, dass das weiträumige Stadtgebiet in rund fünf Stunden vollständig geräumt und gestreut war. Dass abweichend vom Streuplan zunächst der Süden der Stadt vollständig geräumt worden sei, sei ebenfalls nicht zu beanstanden, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Schneefall dort bereits früher als im Essener Westen eingesetzt hätte.
(Urteil des 9. Zivilsenats vom 7. Dezember 2010 I-9 U 113/10)


Kündigung: vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit bei Segeltour trotz Burnout?
Verhandlung am 26.01.2012 um 13.15 Uhr im Saal 103 des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf
Die Klägerin ist bei der Beklagten, einem Einkaufsverbund mehrerer Einzelhändler, seit dem 01.06.2000 als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Sie ist seit August 2008 freigestellte Betriebsratsvorsitzende. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 02.11.2010 und am 12.11.2010 fristlos. Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe ihre Arbeitsunfähigkeit vom 04.08.2009 bis zum 16.10.2009 vorgetäuscht. Dies folgert sie u.a. daraus, dass die Klägerin in dieser Zeit an einer Segeltour nach Kroatien und an einer Kinderfreizeit an den Tegernsee teilnahm. Veranstalter dieser Reisen war ein Verein, dessen Vorstandsvorsitz die Klägerin innehatte. Die Klägerin hat dem Vorwurf der Beklagten widersprochen. Sie habe an einem Burnout gelitten. Mit dieser Erkrankung seien die Reisen, zu denen ihre Ärztin sie sogar ermuntert habe, vereinbar gewesen. Die zweite Kündigung stützt die Beklagte darauf, dass die Klägerin, nachdem der Betriebsrat der ersten Kündigung zugestimmt hatte, Mitglieder des Betriebsrats beleidigt und bedroht habe. Zudem bewahre sie im Betriebsratsbüro Verteidigungshandwaffen auf.
Das Arbeitsgericht Wuppertal hat mit Urteil vom 17.05.2011 die ausgesprochenen Kündigungen für rechtsunwirksam erachtet. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Reisetätigkeiten der Klägerin im Widerspruch zu der Arbeitsunfähigkeit standen bzw. einer Genesung abträglich waren. Im Hinblick auf die Beleidigungen hat das Gericht die emotionale Ausnahmesituation der Klägerin berücksichtigt. Nach Befragung mehrerer Zeugen ist das Gericht außerdem zu dem Ergebnis gekommen, dass die
behaupteten Bedrohungen nicht vollumfänglich bewiesen seien bzw. objektive Anhaltspunkte für deren Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit fehlten. Das Lagern von Pfefferspray im Betriebsratsbüro rechtfertige keine fristlose Kündigung.
Mit ihrer Berufung begehrt die Beklagte die Abweisung der Kündigungsschutzklage. Zur Vorbereitung des Termins hat das Gericht schriftliche Aussagen der die Klägerin behandelnden Ärztin eingeholt.
ArbG Wuppertal, 3 Ca 3284/10, Urteil vom 17.05.2011


Bürgerbegehren gegen die Schließung der Städtischen Hauptschule an der Bruchstraße in Mülheim-Eppinghofen ist zulässig
Mit dem den Beteiligten soeben bekanntgegebenen Beschluss vom heutigen Tage hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf die Stadt Mülheim an der Ruhr im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, unverzüglich die Zulässigkeit des gegen die Schließung der Städtischen Hauptschule an der Bruchstraße in Mülheim-Eppinghofen gerichteten Bürgerbegehrens „Bündnis für Bildung“ festzustellen. Diese Initiative erfülle die rechtlichen Anforderungen eines zulässigen Bürgerbegehrens. Entgegen der Auffassung der Stadt begegne auch der Kostendeckungsvorschlag des Bürgerbegehrens keinen rechtlichen Bedenken. Der Argumentation der Stadt, der Kostendeckungsvorschlag sei irreführend, weil er nicht darauf hinweise, dass bei Aufrechterhaltung der Hauptschule Sanierungsmaßnahmen an anderen Schulen nicht durchgeführt werden könnten, ist die Kammer nicht gefolgt. Da bis zur Einreichung des Bürgerbegehrens die zur Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen der Bildungsentwicklungsplanung vorgesehenen Mittel anderen Schulen noch nicht zugewiesen gewesen seien, seien die Initiatoren des Bürgerbegehrens nicht zu einem entsprechenden Hinweis verpflichtet gewesen, dass der Betrag nicht mehr für andere Investitionen zur Verfügung stehe. Schließlich sei ein für den Erlass der einstweiligen Anordnung erforderlicher Eilgrund gegeben, damit im Hinblick auf die bevorstehenden Anmeldeverfahren für die Städtischen Hauptschulen auch eine Anmeldung an der Städtischen Hauptschule an der Bruchstraße möglich werde.
Gegen diesen Beschluss kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. Aktenzeichen: 1 L 2/12

 

Mehrwertsteuerrabatt für Hotels - Urteil der 8. Zivilkammer vom 11.01.2012

12. Januar 2012 - Es war den beiden kleinen Regierungsparteien nach der Bundestagswahl 2009 ein besonderes Anliegen, das rasant Gesetz wurde: die Umsatzsteuerreduzierung für Beherbergungsleistungen von 19 auf 7 % mit Wirkung zum 01.01.2010 durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009. Von der Opposition kam harsche Kritik an dieser Steuerentlastung für das Hotelgewerbe. Insbesondere die FDP sah sich mit dem Vorwurf der Klientelpolitik konfrontiert. Die Hoteliers gaben die Umsatzsteuersenkung nach Presseberichten nur selten an ihre Gäste weiter. Dies war - so das Urteil der 8. Zivilkammer vom 11.01.2012 - in einem zu entscheidenden Fall nicht rechtens (Az.: 8 S 54/11).

In dem von der Kammer zu beurteilenden Fall hatte sich der Inhaber eines Fünf-Sterne-Hotels in Timmendorfer Strand im Dezember 2009 mit einer Wuppertaler Event-Agentur, die eine Veranstaltung für eine Unternehmensberatung plante, über im Mai 2010 zu erbringende Beherbergungsleistungen im Umfang von über 50.000 Euro geeinigt.

Die Buchung dieses größeren Zimmerkontingents erfolgte noch vor Inkrafttreten des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes. Von der geplanten Umsatzsteuerreduzierung wussten die Parteien damals nichts. Bei der Abrechnung der Leistungen im Jahr 2010 wollte der Hotelier den inzwischen eingetretenen Steuervorteil für Beherbergungsleistungen nicht an seine Vertragspartnerin weitergeben. Er berief sich darauf, die Parteien hätten einen zu zahlenden Gesamtbetrag vereinbart, an dem sich für die Event-Agentur durch die Reduzierung des von ihm für die Beherbergungsleistungen abzuführenden Umsatzsteueranteils nichts geändert habe.

Als die Agentur den sich aus der Differenz der beiden Mehrwertsteuersätze ergebenden Betrag von 2.473,30 Euro nicht zahlte, erhob der Hotelier zunächst Klage vor dem Amtsgericht Wuppertal. Während ihm dieses immerhin noch die Hälfte des Differenzbetrages, also 1.236,65 Euro, zusprach, scheiterte der Kläger vor dem Landgericht Wuppertal auf die Berufung der Beklagten, die Erfolg hatte, hinsichtlich des Differenzbetrages jetzt vollständig. Eine ergänzende Vertragsauslegung des im Dezember 2009 geschlossenen Vertrages ergebe - so die Kammer -, dass der Hotelier den Umsatzsteuervorteil vollständig an seine Kundin weitergeben müsse.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat die Kammer die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.


Klage der Deutschen Telekom AG gegen Sperrungsanordnung erfolgreich
Die Anordnung der Bezirksregierung Düsseldorf gegen die Deutsche Telekom AG, den Zugang zum Internetangebot zweier großer Sportwettenanbieter mit Sitz im Ausland zu sperren, ist rechtswidrig. Das entschied das Verwaltungsgericht Köln mit einem heute verkündeten Urteil.
Im Jahr 2010 gab die Bezirksregierung Düsseldorf, die für derartige Anordnungen in Nordrhein-Westfalen zuständig ist, der Klägerin auf, die über sie zugänglichen Websites von zwei großen Online-Sportwettenanbietern zu sperren, die vom Ausland über das Internet in Deutschland unerlaubte Sportwetten anbieten.
Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt und stellte fest, dass die Klägerin als bloßer „Access-Provider“ nach dem gestuften Haftungs- und Verantwortungssystem des Telemediengesetzes nicht für die Inhalte der Domains der beiden Sportwettenanbieter verantwortlich sei, auch wenn sie um deren Rechtswidrigkeit wisse. Die Klägerin könne auch nicht nach allgemeinem Ordnungsrecht in Anspruch genommen werden. Denn die Bezirksregierung Düsseldorf habe die Klägerin gezielt als einen der beiden großen Anbieter in Nordrhein-Westfalen in Anspruch genommen, ohne ein schlüssiges Gesamtkonzept zum gleichzeitigen Vorgehen gegen alle „Access-Provider“ in Nordrhein-Westfalen zu haben. Dadurch werde in wettbewerbsverzerrender Weise in das Marktgeschehen und die Grundrechte der Klägerin eingegriffen. Diese müsse zu recht besorgen, durch die angefochtene Anordnung als "zensierte" Anbieterin stigmatisiert zu werden.
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach dessen Zustellung Berufung beim Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt werden.  Az.: 6 K 5404/10

 

Sind Tiere in der Mietwohnung erlaubt?
Für den einen ist der treue Hund, für den anderen der gesellige Wellensittich das geeignete Haustier. Doch unabhängig davon, für welches Tier sich ein Mieter entscheidet: Vorab sollte der Mietvertrag geprüft und am besten auch der Vermieter kontaktiert werden. In der Regel hängt die Erlaubnis für einen tierischen Mitbewohner in einer Mietwohnung von dessen Art und Größe ab.


Eine gesetzliche Antwort auf die Frage, ob Mieter sich ein Haustier mit oder ohne Erlaubnis des Vermieters anschaffen dürfen, gibt es nicht. Und auch die Gerichte urteilen dazu nicht immer einheitlich - besonders, wenn der neue Mitbewohner ein Hund oder eine Katze ist. Am unproblematischsten sind sogenannte Kleintiere wie beispielsweise Goldhamster, Kanarienvögel, Zierfische oder Zwergkaninchen. „Ihre Haltung gehört zum ‚vertragsgemäßen Gebrauch' einer Mietwohnung“, erklärt Anne Kronzucker, Rechtsexpertin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung und ergänzt: „Hier muss der Mieter keine Erlaubnis des Vermieters einfordern.“ Allerdings darf von diesen Tieren keine nennenswerte Lärm- oder Geruchsbelästigung, keine Gefahr für andere Mieter und auch keine erhebliche Beschädigung der Mietsache ausgehen (AG Hanau, Az. 90 C 1294/99-90). Problematisch sind zum Beispiel laute Papageien, Frettchen – wegen der möglichen Geruchsbelästigung – oder auch Giftschlangen und Vogelspinnen.

Was steht im Mietvertrag?
„Generell sollte zunächst der Mietvertrag auf Klauseln über Haustiere geprüft werden“, fährt die D.A.S. Expertin fort. Ein pauschales Verbot aller Tierarten ist laut Bundesgerichtshof unwirksam (Az. VIII ZR 340/06), da Kleintiere immer erlaubt sind. Wird jedoch – wie häufig der Fall – ausschließlich die Haltung von Hunden oder Katzen untersagt, dann muss sich der Mieter an dieses Verbot halten! Nur in besonderen Fällen, beispielsweise bei einem Blindenhund, kann es Ausnahmen geben.
Häufig verlangt der Mietvertrag die Zustimmung des Vermieters für Hunde oder Katzen. Wer diese Klausel missachtet, verstößt gegen den Mietvertrag und kann gerichtlich zur Abschaffung des Tieres verurteilt werden. Bei hartnäckiger Missachtung des Mietvertrages besteht sogar die Gefahr der Kündigung. Dabei ist es nach Ansicht einiger Gerichte auch unerheblich, ob andere Bewohner des Mietshauses schon Hunde oder Katzen halten. So entschied das Landgericht Köln (Az. 6 S 269/09): Der Vermieter habe hier das Recht, individuell zu entscheiden. Wohnen etwa bereits mehrere Hunde in einem Mietshaus, könne das Hinzukommen eines weiteren Tieres zu Problemen führen.

Ohne Regelung im Mietvertrag
Enthält der Mietvertrag keine oder eine ungültige Regelung für Haustiere, empfiehlt es sich trotzdem, mit dem Vermieter vorab über den neuen tierischen Mitbewohner zu sprechen. Denn die Gerichte urteilen bei einer fehlenden Regelung im Mietvertrag über die Haltung von Hunden und Katzen sowie anderen größeren Tieren sehr unterschiedlich, da in jedem einzelnen Fall eine Vielzahl von Faktoren beachtet werden müssen. Dazu gehören Art, Größe und Verhalten des Tieres, der Zustand und die Lage der Wohnung sowie die persönlichen Verhältnisse des Mieters. Ein Beispiel: Das Amtsgericht München entschied, dass Mini-Schweine generell in einer Wohnung gehalten werden dürfen – außer, sie stellen eine Gefahr für andere Bewohner dar (Az. 413 C 12648/04). In diesem Fall hatte ein solches Tier zwei Personen durch Bisse verletzt und musste abgeschafft werden. Auch die Interessen der Nachbarn, die Anzahl und Art anderer Haustiere und die besonderen Bedürfnisse des Mieters müssen mit in Betracht gezogen werden.


Was bei Haustieren in einer Mietwohnung zu beachten ist

Wer überlegt, sich einen Hamster oder Kanarienvogel als neuen Mitbewohner seiner Mietwohnung zuzulegen, der kann dies unbedenklich tun. „Sogenannte Kleintiere gehören zum ‚vertragsgemäßen Gebrauch' einer Mietwohnung.“ Hier muss der Mieter keine Erlaubnis des Vermieters einfordern und die Haltung solcher Haustiere darf auch nicht verboten werden.“ Allerdings sollte von diesen Tieren keine nennenswerte Lärm- oder Geruchsbelästigung, keine erhebliche Beschädigung der Mietsache und keine Gefahr für andere Hausbewohner ausgehen (AG Hanau, Az. 90 C 1294/99-90). Trotzdem ist es für Mieter zunächst ratsam, den Mietvertrag auf Klauseln über Haustiere zu überprüfen.

Ein pauschales Verbot aller Tierarten ist laut Bundesgerichtshof unwirksam (Az. VIII ZR 340/06). Wird jedoch – wie häufig der Fall - speziell die Haltung von Hunden oder Katzen untersagt, dann muss sich der Mieter daran halten! Das gilt auch für einen Vertragspassus, der die Zustimmung des Vermieters für die Haltung von Hunden oder Katzen verlangt. Ansonsten verstößt der Mieter gegen den Mietvertrag – und riskiert, dass er sein Haustier wieder abschaffen oder ausziehen muss. Dabei ist es nach Ansicht einiger Gerichte unerheblich, ob andere Bewohner des Mietshauses schon Hunde oder Katzen halten, so das Landgericht Köln (Az. 6 S 269/09): Der Vermieter habe das Recht, individuell zu entscheiden. Wohnen etwa bereits mehrere Hunde in einem Mietshaus, könne das Hinzukommen eines weiteren Tieres zu Problemen führen.