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'Rheinorangen' im Binnenschifffahrtsmuseum
Rheinhauser Autor las im Rahmen der 'Akzente'

Stephan Sadowski

Duisburg, 23. März 2015 - Kielwasserrauschen, dazu ein Diesel der leise tuckert, und das Donnern der Wellen gegen den stählernen Schiffsrumpf im Unterdeck: die Klänge des Musikers Pavel Krtecèk, die er durch Loops und Eigensamples erzeugt, schaffen im Ruhrorter Binnenschifffahrtsmuseum genau die Atmosphäre, die der Rheinhauser Autor Cornelius Monte für seine Lesung aus seinem Buch „Rheinorangen“ benötigt.

Unter Flaggen sitzend und wie aus einem Rostrum, einem sogenannten Schiffsschnabel, liest er seine Geschichte dem Publikum vor, das sich auf dem Ober- und Steuerdeck des nachgebauten Motorschiffs sitzend verteilt hat: „Es ist wie eine Dejà-vu, als ich das Blatt entfalte...“.
Die 30 Zuhörer ahnen nun, dass sie sich auf eine spannende Reise von Ruhrort nach Rotterdam begeben werden.

Die Geschichte des Ich-Erzählers ist eine moderne Odyssee, im Ruhrorter Hafen heuert er als Schiffsjunge, sogenannter „Moses“, auf einem Schubschiff „Hercules“ an, das stromabwärts nach Rotterdam fährt. Sein Ziel ist es seine verflossene Liebe wiederzufinden, die dort in der niederländischen Metropole in einem Szeneclub als erfolgreiche DJane arbeitet.

Besonders sprachlich besticht Monte: viele Fachausdrücke aus der Binnenschifffahrt lassen die Zuhörer die spannungsgeladene Atmosphäre auf Deck nachempfinden. Detailliert beschreibt der  Erzähler seine Charaktere, die gesamte, zuerst missgünstige Boots-Crew. Den niederländischen Bootsmann van Haan lässt Cornelius Monte  in einem selbst geschaffenen Kauderwelsch aus Niederländisch und Deutsch durch das Buch sprechen, präzise berichtet  der Autor von historischen Ereignissen, die sich an den Orten entlang seiner Fahrt ereignet haben. Und emphatisch wird  Monte im Vortrag, wenn er  in surrealen Rückblenden an  das Glück mit seiner einstigen Liebe erinnert, in einer fantastischen Darstellung von „Rhein in Flammen“.

„Mit der Solidarität unter Vertriebenen“ erzählt Cornelius Monte eine Geschichte, die in den witzigen Dialogen der Crew untereinander moderne, lausbubenhafte Züge von „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ annimmt, genauso wie sie durch den abenteuerlichen Charme der „Odyssee“ besticht, als der Ich-Erzähler sein Schicksal in selbst geschriebenen Liedtexten wie ein Verirrter besingt. Denn im Rotterdamer Hafen geht die Crew, halbbetrunken, in der Nacht bei schwerstem Hochwasser von Bord, und muss um ihr Leben fürchten - somnambul und gespenstisch erscheint der „Fliegende Holländer“ ...

Ein Roman, bei dessen Lektüre Binnenschiffer zumindest kurzfristig den Anker werfen können, der ihnen eine geistige Heimat bietet, denn über all dem schwebt die „Rheinorange“ als Landmarke oder wirkliche Heimat? Und auch Museumsleiter Dr. Bernhard Weber konstatierte: „Ich habe selten ein Buch von solcher Sprachgewalt  gelesen.“ Die Gischt erlischt...