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Sphärisches Schnarren der Saiten
Pulsar Trio mit Global-Pop-Musik

Stephan Sadowski

Duisburg, 12. Oktober 2015 - In den 1970ern war es en vogue nach Indien zu fahren, dort zu meditieren und Yogaübungen zur eigenen Erleuchtung zu trainieren. Eben, weil der Zeitgeist dieses Love-, Peace- and Happiness-Gefühl implizierte, suchte George Harrison von den Beatles dort nicht nur sein Heil in der Entspannung, er konvertierte zum Hinduismus und lernte das Sitar-Spiel beim Meister für dieses Instrument, Ravi Shankar, in Kaschmir höchstpersönlich. 
Der Inder Ravi Shankar beeinflusste maßgeblich auch andere westliche Musiker, wie den Jazz-Gitarristen John Mc Laughlin zum Fusion-Projekt „Shakti“.

In dieser Tradition steht Matyas Wolter, Sitar-Spieler vom Pulsar Trio aus Potsdam und Dresden. Der introvertierte Musiker fährt seit 2004 nach Kalkutta und lernt dort bei seinem Sitar-Lehrer Techniken auf dem Instrument. Und dieses Wir-Gefühl sei auch heute noch vorhanden in der Millionnen-Metropole: „Da kommen unwahrscheinlich viele verschiedene Musik-Strömungen zusammen und ein reger Austausch zwischen westlichen und indischen Ideen findet da heute noch statt“, sagt der Potsdamer Musiker. Einmal im Jahr fliege er dorthin, dann aber meist für drei Monate, insgesamt habe er in Kalkutta schon mehr als drei Jahre beim Lernen der Sitar und Meditation verbracht.

So beeinflusst er maßgeblich den Sound des Pulsar Trios, den man als Global-Pop-Musik bezeichnen könnte. Für die Strukturen sei aber mehr die Pianistin Beate Wein zuständig, die klassisch ausgebildete Musiklehrerin war, bevor sie mit dem Pulsar Trio jetzt profimäßig Musik macht: „Ich kümmere mich mehr um die Melodieparts, also Soli“, verrät Matyas Wolter.  Von diesen hat Wolter genug beim Auftritt im Keller des Jugendzentrums Tempel und streut sie immer halbimprovisiert in das Jazzakkord lastige Pianospiel von Beate Wein, während Aaron Christ am Schlagzeug Unglaubliches hämmert. Und das Pulsar Trio bringt den Keller zum Pulsieren. Da gleitet Matyas Wolter einmal wie bei einem Glisando über die 18 Saiten seines Spielgeräts oder sorgt für diesen psychedelischen Effekt über dieses sphärische Schnarren der Saiten, den sogenannten „Meend-Effekt“.

Ihre Instrumentalstücke benötigen eigentlich keinen Titel. „Haben wir aber trotzdem gemacht, dass wir sie irgendwie auseinander halten können“, schmunzelt Wolter. Und dann sind es eher abstrakte, bis lustige Namen, die die drei da entwickelt haben. Ein Stück „...but Pelzig“ takten die Drei auf 256tel-Noten und es entwickelt sich eine wilde indische Polka am Ende des Sets. Viele Stücke sind ihrem ersten Album „Erpelparka-Suite“ entlehnt, andere neue Titel aus der demnächst erscheinenden CD „Cäthes Traum“.

Ansonsten lassen traditionelle Schwingungen, die teilweise aus indischen Ragas verarbeitet wurden, die etwa  70 Zuschauer ihre Augen schließen und in eine kurze Trance versetzen. Besonderes Lob gebührte dem Tontechniker Tom Straub im Tempel-Keller. Er hat den Sound von Wolters Bass-Sitar, einer sogenannten Surbaha, so eingestellt, dass keine Rückkopplungen beim Spiel zu hören waren: „Tom, du hast unser Biest gebändigt!“, lobte Beate Wein am Ende ihres Sets. Und selbst die jungen Gäste, die in den vorderen Reihen im Schneidersitz mitmeditiert hatten, erhoben sich stehend und beklatschten den beeindruckenden Auftritt des Trios.

Pulsar Trio: besteht seit 2007 aus den Musikern Aaron Christ, Beate Wein und Matyas Wolter. 2012 erschien die erste CD „Erpelparka-Suite“, die neue „Cäthes Traum“ kommt im November. Das Trio spielte schon beim Glastonbury-Festival im Südwesten Englands, genau so  wie sie den „Creole“, den deutschen Weltmusik-Preis gewannen. Im November spielen die drei bei den Leverkusener Jazztagen mit nur noch fünf anderen Bands um den Nachwuchspreis des Festivals.