BZ-Home Stephans Kult-pur Der Kult-Attaché



BZ-Sitemap

BZ-Kultur aktuell

 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 






 

Alles frisch
'Schiller ist tot, es lebe Bill Mockridge'
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 05. September 2016 - Nach seinem unfreiwilligen Tod in der „Lindenstraße“ als Herr Schiller lebt Bill Mockridge als Kabarettist sein Leben in Rheinhausen weiter – mit dem Programm „Alles frisch“ trumpfte er beim Friemersheimer Kultursommer  auf.

„Ich weiß gar nicht, warum und von wem ich ermordet worden sein soll“, wundert er sich auch heute noch über die WDR-Programmmacher, die ihn aus der Serie gestrichen haben. Als zweiter Ehemann von „Mutter Beimer“ und Betreiber eines Reisebüros, hatte er sonntäglich ein Millionenpublikum in der ARD-Vorabendserie, auf dem Platz neben der Dorfkirche wollten ihn immerhin 250 Zuschauer sehen.

Auch Pfarrer Thomas Gregorius hat einen persönlichen Bezug zu ihm.
„Ich hab ihn das erste Mal als Student 1983 im Springmaus-Kabarett in Bonn erlebt und war fasziniert von ihm“, so der Geistliche. „Umso mehr als ich ihn dann 1991 in der „Lindenstraße“ entdeckte.“ Der gebürtige Engländer,  der im Alten von 22 Jahren nach Deutschland kam, versprüht seinen Charme mehr als in der Fernsehserie, gerade im Kabarett. „Der sagt einfach, wie es im Leben wirklich ist und verschönt nichts“, meinte ein Zuschauer.  Zu verschönen , gibt es auch nichts beim 70-jährigen Schauspieler, zumal ihm schon eine Frau zur Goldenen Hochzeit gratulierte, als er bei Dreharbeiten an der Lindenstraße ein „Alles Gute zur 50“-T-Shirt trug.  „Das ist doch wirklich noch nicht so schlimm, oder?“, fragt er lachend ins Publikum. Schließlich sehe er jetzt aus, wie Sean Connery, was sein Jugendtraum  war – mit Glatze und randergrautem Haar.

Aber genau darin liegt die Stärke seines Programms, unglaublich sympathisch, karikiert  Bill Mockridge seine Malässen, ohne sie beschönigen. So wird er in Friemersheim zum Publikumsliebling, wenn er aus dem „von der Rentenversicherung gesponserten Comfort-Sessel“ aufsteht – immer unter größtmöglichem Stöhnen.
„Man muss, dann einfach einen Rock-Song daraus machen, dann merkt das keiner“, lacht er. Und mit „Errrrr can get no Satisfaction“ stemmt er sich nach oben, tanzt mal ein bisschen wackelig zu Klängen von Barry White und zeigt den Zuschauern, dass er – wenn schon nicht mehr am Körper- jung im Kopf geblieben ist. Da gibt es Geschichten vom Nacktyoga, bei dem die Vorturnerin allerdings angezogen bleibt. „Leider waren nur die anderen zehn Teilnehmer nackt und hatten dicke Bäuche.“ Und Figuren wie „Sonnenerwachen“ sähen dann eher einer „Mondfinsternis“ gleich. 

Dem Dickwerden beugt er vor mit Besuchen im Fitness-Studio.
„Dort haben mich auch mal zwei kräftige türkischstämmige junge Männer als „Herr Schiller“ erkannt, da war ich aber baff“, schmunzelt er. Über die Fitness-(Zwangs)ernährung-Produkte fürs Alter äußert sich Mockridge lakonisch: „Wissen Sie noch, wie es schmeckt, wenn Sie als Kind mit offenem Mund in den Sandkasten gefallen sind?“ Auch die Liebe im Alter sieht er locker und mit zwinkerndem Auge: „Meine Frau und ich schwingen uns immer gemütlich zum Takt der sonntäglichen Glocken ein dabei“, plaudert Mockridge. Nur – wenn dann auf einmal der Eismann mit seiner kleinen Glocke wie wild bimmelt, werde es schwierig.  So ist es ein heiterer Streifzug durch die (Kranken)geschichte des alternden Kabarettisten, in der „Dr. Peters aus Bonn-Enderich“,  an seinem Wohnort, einen hohen Stellenwert bekommt.  Bill Mockridge nachher: „Entgegen der landläufigen Meinung über Duisburg, gibt es richtig schöne Ecken hier, da bin ich richtig überrascht.“
Drei Bücher mit dem Titel „Je oller, je doller“ verschenkt der Kabarettist ins Publikum, bei dem er zuvor den Altersunterschied misst.

Ergebnis: In Friemersheim reichte es vom 9-jährigen Finn zur 91-jährigen Ingrid, die begeisstert waren...