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'Mehr als Grabsteine'
Steinmetzarbeiten sind ein (Kunst)Handwerk
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 04. August 2017 - „Wir können mehr als nur Grabsteine“, sagt Nicola Bohnen. Die junge Steinmetzin und Bildhauerin muss es wissen, versteht sie ihren Beruf eher als Kunsthandwerk. „Mir kommt es darauf an, sehr individuelle Steine zu fertigen“, sagt die 31-Jährige. Und das kann auch einfach mal einer für den Garten sein. Die Haare hat sie sich modisch zu einem Zopf zusammengeflochten. „Das sieht nicht nur gut aus, sondern ist aus Gründen der Unfallverhütung relevant“, erklärt die Kunsthandwerkerin, denn meterhohe Sägen und Fräsen mit riesigen Sägeblättern werden in der Werkstatt an der Trompeter Straße betrieben.

Ihr Großvater Friedhelm Kerstan hat vor 61 Jahren den Bergheimer Steinmetzbetrieb gegründet und war auch Bildhauermeister. „Er hat viele Kirchen in Essen restauriert“, erinnert sich die junge Steinmetzin. Jetzt führt ihre Mutter Heidrun Kerstan-Bohnen die Geschäfte des Rheinhauser Betriebs.

2013 lieferte Nicola Bohnen ihr Meisterstück ab: eine runde aus Stein  gefertigte, individuelle Sitz-Klang-Schale mit an der Lehne befestigtem Audiosystem aus Holz, das sie selbst mit Hilfe eines Tontechnikers entworfen hat.
„Man kann dieses mit Mp3-Player oder Smartphone kabellos betreiben und sitzend den Klang im Garten genießen“, sagt die Konstrukteurin. Diese Klangschale wurde später auf der Internationalen Gartenschau (IGA) in Hamburg in 2013 noch ausgestellt – auf Anforderung des Bundesinnungverbandes (BIV) der Steinmetze. „So was ist natürlich immer gut für das Renomé eines Bildhauers und zeigt, was wir können“, weiß Nicola Bohnen.

Steckbrief:
Nicola Bohnen
Bildhauer und Steinmetz
2006-2009 Ausbildung in Duisburg, Düsseldorf und Königsluther
2009-2011 Meisterschule in Düsseldorf
Meisterstück „Sitz-Klang-Schale“ 2011

Preise: Bronzemedaille für gute Gestaltung bei der BUGA 2015 in der Havelregion, Silbermedaille bei der IGA in Berlin 2017 „Der Wanderer“ und Bronzemedaille „Origin“.


Kürzlich gewann sie mit zwei anderen Kunstobjekten sowohl Silber-,  als auch Bronzemedaille bei der diesjährigen Internationalen Gartenschau (IGA) in Berlin. „Der Wanderer“ ist eine Grabstele aus Carena mit Quarz, der aus Italien stammt, mit übergeworfenem Rucksack und angelehntem Wanderstab. Davor stehen zwei ausgetretene, speckig angeraute Wanderschuhe – allerdings aus Hessisch Oblivin Diabas.

„Es sieht so aus, als ob derjenige nun seine letzte Reise angetreten hat“, sagt Nicola Bohnen über ihr mit Silber bedachtes Projekt. Bronze erhielt sie für „Origin“ mit zwei verdrehten Schnecken am Kopf der Stele, die wie Fossilien aus ihr herausquellen. „Das könnte ein Grabstein für eine Biologin werden“, denkt sie. Oder für einen Geiger. Die Herkunft der Steine ist wichtig in ihrem Geschäft: „Das sind ja quasi Qualitätsmerkmale, wir fahren auch oft selbst zu den Steinbrüchen um unsere Rohblöcke auszusuchen“, sagt Nicola Bohnen.

Das Individuelle bei der Steingestaltung steht für die 31-Jährige im Vordergrund. Die Skizzen zu den Kunstobjekten fertigt sie selbst, von allen möglichen Perspektiven. „Ich war in Kunst in der Schule sehr gut.“ In Omas Fotoalbum hat sie noch ein Foto von ihrem ersten Grabstein, den sie fertigte – ein kleiner Hund. „Da war ich sechs Jahre und habe damals meinen kleinen Dackel beerdigen müssen“, erzählt Nicola Bohnen. Damals arbeitete sie noch mit Spreng-, und Spitzeisen, Fäustel und Knüpfel: übrigens hat sie diese Werkzeuge ihres Opas in einem Schrank sorgfältig aufbewahrt.

Heute nimmt sie mit der Flex erst mal „das Grobe“ weg. Dann setzt sie ein Punktiergerät an, um zu wissen, wie weit sie mit zuerst groben, dann feineren Presslufthämmern in den Steinklotz meißeln muss.
„Früher hat man die äußersten Punkte der Skulptur noch mit Zirkeln ausgemessen, immer von einem Fixpunkt am Stein aus“, zeigt sie an ihrem Selbstporträt aus Ton, das in der Werkstatt steht.

Hobbymäßig ist sie bei der Theatergruppe Bühne 47 engagiert: „Früher hab ich öfters mitgespielt oder bei den Kulissen mitgebaut“, sagt sie. Oder fährt mit befreundeten Berufskollegen auf Exkursionen zu Kirchen. „Da haben wir uns schon die Arbeiten unter dem Kirchendach auf einem Gerüst angeschaut“, erinnert sie sich. Wer weiß, vielleicht wandelt sie irgendwann auch als Restauratorin auf Opas Spuren...