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'Aufguss' in der Rheinhausenhalle
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 14. Mai 2018 - Ganz schön heiß wurde es in der niederrheinischen Therme der Rheinhausenhalle, denn 800 Saunagäste hatten sich eingefunden, um einem „Aufguss“ beizuwohnen. Oder weil sie den Hauptdarsteller Hugo Egon Balder, der  in der RTL-Show „Tutti Frutti“ so manches Nummern-Girl zum Striptease in den 1990er-Jahren verleitete, selbst mal nackt auf der Bühne sehen wollten. Der 68-Jährige war in seinen Dialogen gewohnt anzüglich, blieb aber angezogen – zumindest mit einem Bademantel, durch den Frau vielleicht noch seine dichte Brustbehaarung erspähen konnte.

Dieser „Aufguss“ ist eine quirlig-spritzige Komödie von René Heinersdorff, die quasi nebenbei aktuelle Themen wie Vaterwerden im Alter oder Charity-Crowdfunding aufgreift. Dabei beruht der Kern des etwa zweistündigen Bühnenstücks einzig auf der Zweideutigkeit des Begriffs „Spende“: Einmal als Samenspende, oder als Spende für eine Krankenhausstation notleidender Kinder werden die Begrifflichkeiten wie vogelwild auf der Bühne verwechselt. Und dadurch entsteht auch so manch schlüpfriges Bild, jedoch immer bieder verbrämt, in den Köpfen der Zuschauer, die teilweise aus dem Lachen gar nicht mehr herauskommen.

Hugo Egon Balder spielt den tatterigen, nonchalanten Lebemann Dieter, der seine Geliebte Mary (Viola Wedekind), die unbedingt ein Kind von ihm will, in eine Sauna zum Wellnesswochende ausführt, um sie dann aber dem ominösem „Samenspender“, The Brain, (Max Claus), der ihr das Kind schenken soll, vorzustellen. Denn der steinreiche Geschäftsmann Dieter ist jenseits der Wechseljahre und kann keine Kinder mehr zeugen, so werden Äußerungen wie „Ich bin nicht mehr flüssig“ vom Publikum belacht. Zeitgleich befindet sich aber Lothar, Chef einer florierenden Kinderklinik, (René Heinersdorff) mit seiner Sekretärin Emilie (sehr schrill: Jeanette Biedermann) in dieser Sauna, und beide versuchen vom Waschmittelproduzenten Dieter eine große Spende für ihre Kinderstation zu ergattern. Sätze wie „Die Spende muss für 158 Kinder reichen!“ aus dem Mund von Facharzt Lothar gegenüber Mary sorgen für wildeste Fantasien in ihrem Kopf. Genauso, wie so mancher neue Aufguss mit einer anderen Vorsilbe ausgesprochen, das Kopfkino der Zuschauer beflügelt.

Bedenkt man, dass Hugo Egon Balder Gründungsmitglied der Band „Birth Control“ (Geburtenkontrolle) bis 1968 war, so ist es nicht von ungefähr, dass er als Dieter schlussendlich darüber entscheidet, inwiefern die Kinderstation finanziell unterstützt wird und dass Mary am Ende ihr ersehntes Kind vom Facharzt Lothar persönlich bekommt – nachdem Dieter ihr seine Zuneigung total verweigert und der potenzielle Samenspender The Brain sich als nicht potent genug erweist. Als Mathe-Dozent an der Fernuni Hagen denkt The Brain wohl zulange über die Wahrscheinlichkeit des Akts der Zeugung nach.

Den Lokalkolorit nehmen die Schauspieler über das Essen mit in den Schwank hinein und schwärmen von einer „dünnen delikaten Duisburger Dillsuppe“ und „köstlichem Köpi“ - und am Ende gibt es sogar die ersehnten nackten Tatsachen: Zwar nicht, wie gewünscht, von einem großartig aufspielendem Hugo Egon Balder, sondern vom Autor René Heinersdorff. Als er in der Rolle des Lothar nur mit einem riesigen Feigenblatt am Hintern zu der ebenfalls nackten Mary in die Duschkabine am Ende huscht und ...  800 Kehlen johlten dabei noch mal laut auf.