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Klavierkabarettist William Wahl versucht es solo
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 07. Februar 2018 - Er ist wie Robbie Williams bei Take That derjenige, der aus dem A-cappella-Boygroup-Kollektiv „Basta“ nun mit einer Solokarriere durchstarten will. William Wahl weiß zwar noch nicht, wie man einen „roten Faden“ durch ein Soloprogramm spinnt. Aber: „Kollegen haben mir geraten mit dem besten Song anzufangen, das heißt jetzt nimmt die Qualität des Materials stetig ab“, sagt der Klavierkabarettist nach dem Einstiegssong seines nigel-nagelneuen Programms “Wahlgesänge“ im Rumelner Kulturspielhaus. Nur, wer jetzt gedacht hat, er nehme politisch Stellung zu den aktuellen Geschehnissen, der sieht sich getäuscht, denn es bleibt scheinbar planlos.

Dafür ist seine Bandbreite auf dem Klavier  groß: so kann William Wahl wahlweise von klassischen Stücken – manches klingt von Beethoven, Satie und Rachmaninov geklaut – in jazzige Rhythmusgefilde wechseln. Da streift er im Stück „In flagranti“ den Ragtimeblues, und endet, nachdem er erkannt hat, das „Flagranti“ wohl die Hauptstadt aller Ehebrecher ist, in der Pointe: „Da geh ich lieber mit den andern – wandern.“ Nachdenkliche, aber gezielt mit Sarkasmus pointierte Songs unterhalten die etwa 110 Zuschauer in der alten Rumelner Dorfschule. 

Irgendwo zwischen Songwritern („die sind so nachdenklich, versoffen“) und Liedermachern („die sind zu pädagogisch, verkniffen“) muss man den Kölner Klavierkabarettisten einordnen. Selbst bezeichnet er sich als „aus der Zeit gefallen“, vielleicht weil einige Songs noch aus der Zeit mit seiner Gruppe „Basta“ stammen. „Der Zirkus“ ist ein alter Song. Einer, nachdem eine Zuschauerin einmal über sein Programm urteilte, es sei ihr zu düster. Doch bei diesem Lied haut William Wahl  so richtig in die Tasten, als gebe er ein Klavierkonzert – und reißt die Zuschauer zu tosendem Beifall mit. Darunter sind auch Titel wie „Shitstorm für mich“ und „Pfad der Misere“, wie sie von der Hamburger Intellektuellen-Band Tocotronic stammen könnten, jedoch treiben sie oft in den Bereich des Chansons. Der schönste Song ist vielleicht William Wahls fast wortgetreue Übertragung des 90er-Jahre-Titels „Picture Postcard from L.A“ von Joshua Kadison, die er geschickt nach Brandenburg und Berlin verlegt. Am Ende schickt „Angie aus dem Bundestag, ne Ansichtskarte in die Uckermark“.

In dem Song „Glücklich“ wünscht er seiner verflossenen Liebe, dass sie glücklich mit ihrem Neuen werde, dabei singt William Wahl schlussendlich: „Auf dein neues Glück, nehm ich mir jetzt den Strick.“ Gerade mit seinen pointierten Wendungen seiner Lieder zum Ende hin, bringt er die Gäste  oft zum Lachen, besonders stark, als er den Abba-Hit „Chiquitita“ in „Schicke KITA“ umdichtet und das Publikum noch einen Song mitsingen ließ, in dem die Vornamen sinnvoll ergänzt werden mussten. William Wahl bot den Gästen spitzfindigen und feinfühligen Humor, der gänzlich ohne Politik, also ohne „Wahl“ in seinen „Gesängen“ auskam.