BZ-Home Stephans Kult-pur Der Kult-Attaché



BZ-Sitemap

BZ-Kultur aktuell

 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 






 

Meister der nachgeschobenen 'bissigen Pointe'
ZZ Top als Wecker für Torsten Sträter
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 02. Februar 2018 - Es donnert aus den Boxen der Rockklassiker „La grange“ von ZZ Top. Laut und ohren-betäubend, sodass der Kabarettist Torsten Sträter seinen Auftritt nicht verpassen kann.
„In Paderborn ist mir das mal passiert, die Leute saßen dann 40 Minuten mucksmäuschenstill im Saal und einige wollten schon gehen“,  freundet er sich mit dem Publikum in der mit 880 Zuschauern ausverkauften Rheinhausenhalle an. 

Er wird schnell warm mit seinen Fans. Der  präsentiert sich in guter Form, absolut schlagfertig. Als einige Zuschauer in den linken Reihen monieren, dass der Bass der linken Box zu dumpf herüberschalle: „Ja, entschuldigen Sie, ich habe die Box nicht mitgebracht!“ Im folgenden piepst er mit verstellter Micky-Maus-Stimme, so als ob er einen Zug aus einem mit Helium gefüllten Ballon gezogen hätte, extra für die Leute auf der linken Seite: „Ist die Soundqualität für sie jetzt angenehm, nicht mehr so dumpf? Gut so?“, fiepst Sträter. Dagegen hat er für die  Leute der rechten Seite den Bass seiner Stimme weiterhin auf maximale „Dumpfheit“ austariert: „Welchen Themenbereich sollen wir jetzt besprechen – Gesundheit, Technik...?“ Als der Fotograf dieser Zeitung vor ihm an der Bühne steht, post er gezielt für die Aufnahme. „Ist es so besser oder so?“ fragt Sträter und schüttelt sein unter der ständigen Mütze verbliebenes Rest-Haupthaar dabei.

Die Palette des in Waltrop wohnenden Kabarettisten ist breit gefächert. Sein Motto allerdings: Nichts genaues, weiß man nicht. Und so schafft es Torsten Sträter Themen mit gesundem Halbwissen geschickt anzureißen, ohne Aspekte konkret auszuführen – stattdessen hinterlässt er wieselflinke Assoziationsketten seiner Gedanken im Publikum, die irgendwann ad absurdum führen. Meist von selbst, ohne dass er extra nachhelfen muss. Beispiel: „So ein Elektoauto hat eine Reichweite von 180 Kilometern, bei normaler Fahrt. Jetzt stellen Sie sich mal vor, Sie haben Scheibenwischer, Zigarettenanzünder, Klimaanlage, Heckscheibe und Radio gleichzeitig an, dann schulden Sie dem Auto am Ende der Fahrt noch minus zehn. Kilometer.!“ Klingt logisch, ist aber physikalisch unmöglich – und so lässt er in Rheinhausen so manche Pointe in einem schwarzen Loch aus Antimaterie verschwinden.

Antiquierte Redewendungen, die von seiner Mutter oder Oma stammen, haben es ihm neuerdings angetan. Und auch manche im Publikum lachen laut auf – verbündet im Geiste - bei der Floskel: „Das sieht hier aus, wie bei den Hottentotten!“ Aber sobald sich Sträter auf die gedankliche Herkunft dieser Wendung macht, landet er „irgendwo in Afrika“, auch beim eigenen nachdenklich geschriebenen Reisetagebuch seines Besuchs in Namibia. „Das ist wohl so ein Sammelbegriff für schwarzafrikanische Völker, der noch von der Burenherrschaft dort stammen könnte“, kommt er nach fast einstündiger Assoziationskette durch alle Fachbereiche des Lebens zur Lösung der Frage. In einem Nebensatz erwähnt er es, nachdem er mit vielen anderem, was ihn stört, nicht nur mit Sanifär abgerechnet hat –  und den Zuschauern die Banalitäten des Alltags auf einer philosophischen Metaebene vorgeführt hat. Die von ihm viel verulkte Schweiz kam in Rheinhausen gar nicht vor. Trotzdem - langer Applaus am Ende.