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'Falsche Schlange'
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 11. November 2019 - Zu allen Zeiten und bei allen Völkern haben die Eigenschaften der Schlange, sei es ihr listiges Verhalten oder ihr Gift, Anlass dazu gegeben, sie als dämonisches Wesen zu betrachten. In dem Psycho-Thriller „Falsche Schlange“ von Alan Ayckbourn aus dem Jahr 2001 sind es gleich drei Frauen, die ihren Dämonen auf der Bühne der Rheinhausen-Halle freien Lauf lassen – und diese „falsche Schlange“ mimen können. Dabei ist der Plot dieser mitreißenden Kriminalgeschichte auf mehreren Ebenen verwoben, und nichts ist für die etwa 650 Zuschauer so einfach zu durchschauen, wie es anfangs scheint.

Zu Beginn sieht es so aus, als habe Miriam Chester (Mackie Heilmann) ihren alten Vater wegen seiner jahrelangen Demütigungen, als sie ihn zuhause pflegte, umgebracht.

„Ja, ich habe zwei oder drei Glühbirnen im Treppenhaus herausgedreht, und die Dosis der Medikamente ums dreifache erhöht“, gesteht sie ihrer Schwester Annabel (Gerit Kling). Die Ältere ist extra aus Australien wegen des plötzlichen Todes des Vaters zum britischen Familiensitz angereist. „Als das noch nicht gereicht hat, hast du ihn von hinten die Treppe heruntergestoßen!“, sagt Annabel Chester darauf. Somit ist der Mordfall eigentlich klar – doch geht es um das Erbe des verstorbenen Patriarchen.

Immer wieder zischen unheimliche Geräusche durch die Gemächer des Landgutes, ein lautes Klirren hämmert durch das knorrige Haus und unheimliche Schatten huschen im Blitzlichtgewitter über die Mauern. Somit bekommt das Stück einen Touch von Geistergeschichte.

Denn von „Geistern“ werden sowohl Miriam als auch Annabel geplagt: Miriam, weil sie in der Kindheit oft von ihrem Vater geschlagen wurde, Annabel, weil sie von ihm beim Tennisspielen herabwürdigend mit den Bällen beworfen wurde. Beide sind also schwerst traumatisiert. Doch damit nicht genug, der „Geist“ der Krankenschwester Alice Moody (Astrid Rashed) lastet noch dazu auf Miriam. Grund: Die Pflegerin hat einen Brief, anscheinend in der Handschrift des Vaters verfasst, gefunden, indem er darstellt, dass Miriam ihn zu Tode pflegen wolle – und erpresst natürlich jetzt die jüngere Schwester.
100 000 britische Pfund ist ein für sie unerschwingliches Sümmchen, und so beschließen die Schwestern auch die ehemalige Pflegerin des Vaters verschwinden zu lassen. Ein fünf Meter tiefer Brunnen bietet beste Gelegenheit dafür – scheinbar jedenfalls. Auch hier verwandelt sich das Bühnenbild in eine unheimliche Gespensterszenerie, als die Krankenschwester in die Tiefe fällt mit einem kurz aufheulendem Schrei.

Genau hier dreht sich der Plot vollends. Denn entgegen der üblichen Krimitradition ist es nicht das Anliegen des renommierten Autors, die Mörderin zu überführen, sondern die „falsche Schlange“ zu entlarven. Und da legt der inzwischen 80-jährige Alan Ayckworn so viele Spuren, dass die 650 Zuschauer mit zunehmender Dramatik entsetzt aufatmen. Viel Beifall gab es für die drei Darstellerinnen, wobei Gerit Kling, die gleichzeitig Regie führte, den größten erntete.