Olympisches Eishockeyturnier Vancouver 2010  DEB-Kader
Nationalteam 2009/10   1001 bis 1250    Nationenvergleiche 
Alle Olympische Spiele Deutschlands chronologisch  -
nach Nation sortiert

Spieler-Interviews

Marcel Goc – unerkannt im Football-Land

Nashville, Februar 2010 - Es sind erst seine zweiten Olympischen Spiele, er zählt mit 26 Jahren noch zu den Jüngeren im Team, dennoch will Marcel Goc in Vancouver besondere Aufgaben übernehmen. „Wenn die Jungen all die Superstars sehen, müssen sie aufpassen, dass sie nicht mehr Zuschauer als Spieler sind“, sagt der NHL-Profi von den Nashville Predators: „Ich werde ihnen sagen, dass sie ganz frech aufspielen sollen. Die kochen auch nur mit Wasser.“

Goc spricht aus Erfahrung. Der Mittelstürmer trifft seit 2004 in der NHL auf die Besten der Besten, zunächst fünf Spielzeiten in San Jose, seit Saisonbeginn in Nashville. Bei den Predators hat er sich einen Stammplatz erkämpft. „Erst wusste ich nicht, was mich hier erwartet“, sagt der ehemalige Schwenninger und Mannheimer DEL-Profi: „Ich habe bei Null angefangen. Aber es war richtig, dass ich mich für Nashville entschieden habe. Ich habe mehr Eiszeit als in San Jose, mehr Selbstbewusstsein und dadurch auch mehr Punkte.“

„Seine bislang beste Saison“ attestiert Bundestrainer Uwe Krupp dem 57-maligen Nationalspieler: „Er hat eine wichtige Rolle in der Mannschaft übernommen und definiert sich jetzt als NHL-Spieler.“ Der Lohn: Seine beste Punktausbeute aus der Saison 2005/06 (22) hatte Goc schon vor der Olympiapause fast erreicht. Kein Wunder, dass er sich mit seinem neuen Klub schnell auf eine Vertragsverlängerung einigte.

Angesichts seiner sportlichen Weiterentwicklung kann Goc es auch verschmerzen, dass er nicht gerade in einer Eishockey-Hochburg gelandet ist. „Hier ist American Football die Nummer eins, die Tennessee Titans sind der Zuschauermagnet“, berichtet der Nationalspieler, der mit seiner Frau Susanne in Brentwood 15 Autominuten entfernt von Nashville wohnt. Den Stellenwert des schnellsten Mannschaftssports der Welt könne man in „Music City“ „noch verbessern“, sagt er, „aber dass die Halle nicht voll ist, hat auch mit der Wirtschaftskrise zu tun.“

Andererseits genießt es Goc, dass nicht alle Augen auf die Eishockey-Profis der Predators gerichtet sind. „Es ist ganz gut so, du kannst überall hingehen, ohne erkannt zu werden“, sagt er: „In San Jose war es ähnlich ruhig.“ Ganz anders wird es in Vancouver sein. „Da hat Eishockey einen ganz anderen Stellenwert“, sagt Goc, der bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City kurz vor Turnierbeginn vom damaligen Bundestrainer Hans Zach aussortiert und nach Hause geschickt worden war.

Vor vier Jahren in Turin gab er dann sein olympisches Debüt, im zweiten Anlauf erwartet er in jeder Hinsicht mehr als in Italien. „Alles wird hier eine Nummer größer sein, und wir wollen auch besser abschneiden“, sagt Goc. 2006 gab es keinen einzigen Sieg und am Ende nur Platz zehn. „Wir haben die beste Mannschaft seit Jahren, so viele NHL-Spieler wie noch nie, die Voraussetzungen sind sehr gut.“
 

Dennis Seidenberg  Strand und Everglades

Fort Lauderdale, 11. Februar 2010 - Dennis Seidenberg arbeitet, wo andere Urlaub machen. Fort Lauderdale ist nur wenige Auto-Minuten entfernt, doch die touristischen Vorzüge seiner Wahlheimat kann der Eishockey-Nationalspieler gar nicht genießen. „Ich war erst einmal am Strand“, sagt der Verteidiger der Florida Panthers, „wir spielen viel zu oft, ich habe dafür keine Zeit.“

Aber auch ohne Sonnenbad am Atlantik ist der 28-Jährige im US-Sonnenstaat rundum zufrieden. „Es läuft sehr, sehr gut für mich“, berichtet Seidenberg, „ich genieße es, dass ich viel spiele und eine wichtige Rolle habe.“ Fast 25 Minuten steht der gebürtige Schwenninger für die Panthers in jedem Spiel auf dem Eis - immer dann, wenn die Stars des Gegners im Einsatz sind.

„Er blockt Schüsse und checkt hart – er ist einfach ein harter Kerl, den man nicht gerne als Gegner hat“, lobt Trainer Peter DeBoer den Deutschen, den sich die Panthers immerhin 2,25 Millionen Dollar im Jahr kosten lassen. Die Verpflichtung Seidenbergs hat sich für Florida gelohnt. Nicht zuletzt dank der starken Defensivleistungen des ehemaligen Mannheimers ist ein Play-off-Platz in Reichweite, sein Ex-Klub Carolina Hurricanes steht ohne ihn ganz am Ende der Tabelle.

Nicht nur aus sportlichen Gründen sieht Seidenberg den Umzug aus Raleigh, North Carolina nach Florida positiv. „Es ist wunderschön hier, du kommst aus dem Stadion in kurzer Hose, die Sonne scheint, es sind 25 Grad.“ Mit seiner amerikanischen Ehefrau Rebecca und dem zweijährigen Töchterchen Story wohnt er in Plantation, günstig gelegen zwischen Fort Lauderdale, der Trainingshalle in Coral Springs und dem Stadion in Sunrise, „dort fangen schon die Everglades an, einen Alligator habe ich aber noch nicht gesehen.“

Für Seidenberg, der seit 2002 über 350 NHL-Spiele bestritten hat, ist Amerika längst zur Heimat geworden. „Ich bin schon seit drei Jahren nicht mehr in Deutschland gewesen“, sagt er. Den Sommer verbringt er nicht wie seine deutschen Kollegen in der alten Heimat, sondern bei den Schwiegereltern in New Jersey.

Obwohl er erst in seiner siebten NHL-Saison ist, hat er schon mehr gesehen als andere. Florida ist bereits seine vierte Station in der stärksten Eishockey-Liga der Welt. In Philadelphia erlebte er „eine absolute Eishockey-Stadt“, in Phoenix die Eishockey-Legende Wayne Gretzky als Trainer („Als Spieler war er der Beste, als Coach konnte er es nicht umsetzen, ohne ihn ist Phoenix wesentlich erfolgreicher“) und in Carolina das Stanley-Cup-Halbfinale.

„Er war überall Stammspieler, das zeigt, aus welchem Holz er geschnitzt ist“, sagt Bundestrainer Uwe Krupp, der Seidenberg bei den Olympischen Spiele in Vancouver in einer Führungsrolle erwartet. Bei seiner dritten Olympia-Teilnahme ist er längst „ein gestandener NHL-Spieler“.

Jochen Hecht: zurück zu alter Stärke

Buffalo, 12.Februar 2010 - Jochen Hecht kann die Aufregung gar nicht verstehen. „Ich bin immer davon ausgegangen, dass ich dabei bin“, sagt der Eishockey-Nationalspieler, der von Bundestrainer Uwe Krupp erst im zweiten Anlauf für die Olympischen Spiele in Vancouver nominiert wurde. Als der erste 23-köpfige Kader kurz nach Weihnachten bekannt gegeben wurde, hatte der 32-Jährige noch gefehlt.

„Uwe hat mir damals schon gesagt, dass ich alle Chancen habe“, berichtet Hecht, „deshalb habe ich mir keine großen Gedanken gemacht.“ Krupp registrierte mit Freude, dass der Stürmer der Buffalo Sabres in den folgenden Wochen ganz starke Leistungen zeigte. „Er hat sich die Nominierung verdient“, sagt der Bundestrainer: “In der Form der letzten anderthalb Monate brauchen wir ihn.“

Vier Tore in den ersten fünf Spielen im neuen Jahr unterstrichen eindrucksvoll Hechts Leistungssteigerung. „Ich spiele wieder in der ersten Reihe, dadurch klappt offensiv viel mehr, und ich werde mit Punkten belohnt“, sagt der Ex-Mannheimer, der seine elfte Saison in der NHL bestreitet.

Nach einer schwachen Spielzeit mit nur 27 Punkten in 70 Spielen und der verkorksten WM in der Schweiz als Tiefpunkt ist Hecht wieder auf dem Weg nach oben, wie auch Krupp registriert hat: „Jochen hat nach einer für ihn enttäuschenden Saison wieder an seine alte Leistungsstärke angeknüpft.“

Dass die eigene Leistungskurve wieder nach oben zeigt, macht Hecht auch für Olympia optimistisch. „Wir haben einen kompletten Block aus der NHL. Natürlich wird der Druck groß sein, und alle werden auf uns schauen, aber das sind wir gewohnt“, sagt der Sabres-Stürmer, der nach 1998 und 2002 seine dritten Olympischen Spiele bestreitet.

Die WM in Bern mit Platz 15 hat Hecht abgehakt. „Man muss seine Fehler sehen und daraus lernen“, sagt er: “Wir haben einfach zu wenig Tore gemacht.“ Durchaus selbstkritisch fügt er an: „Auch ich habe nicht das gebracht, was ich von mir selbst erwartet habe.“

Der WM-Frust ist längst der Vorfreude auf Olympia im Eishockey-Mutterland gewichen. „Das wird verrückt. Das ganze Land redet von nichts anderem, fast alles ist ausverkauft, die Leute verlangen für die Eishockey-Tickets horrende Preise“, sagt Hecht, der mit Buffalo erst am 25. Januar in Vancouver zu Gast war: „Spiele in Kanada sind etwas ganz Besonderes. Die Leute sind völlig eishockeyverrückt. Du kannst nicht auf die Straße, ohne erkannt zu werden.“ :