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Der optimale Rückerstattungsfahrplan - von Harald Jeschke

Duisburg, 28. April 2015 - „Es geht um Entscheidungen, die vor 15 Jahren getroffen wurden. Und diese wirken nach“, so Thomas Patermann, Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe Duisburg am Tag nach dem Oberverwaltungsgerichtsurteil. In einer rund einstündigen Ausführung versuchte Thomas Patermann, die weitreichenden Entscheidungen des Gerichts zur komplizierten Vertragslage aufzubröseln - auch ohne der noch nicht eingetroffenen schriftlichen Urteilsbegründung.

Worum geht es?

Es geht um Leistungsentgelte, was sich in wichtige Unterpunkte Energieerlöse der GMVA Niederrhein (2012 mit 28,7 Mio. Entgelterlöse bei 60 Mio. Gesamtvolumen der Energieerlöse), dem Gewinn- und Wagniszuschlag (laut Gericht zu hoch) und um Vorhaltekosten- und Vorhaltemengen, (also der Kapazitätsvorhaltung für die Städte Oberhausen, Duisburg und Kleve) und um Grund- und Leistungsgebühren.

Es geht aber auch darum, ob alle (GMVA, WB Duisburg und die Städte) vorgesorgt haben. Dabei geht es um Rückstellungen und auch darum, dass rund 200 Mitarbeiter der GMVA auch in Zukunft ihren Job behalten.

In der 2014er Bilanz der Wirtschaftsbetriebe Duisburg wurden 121 837 Tonnen Hausmüll und 11 321 Tonnen Sperrmüll (nicht Gesamtvolumen, nur das, was auch zur GMVA ging) aufgeführt. Konkret geht es  um die Klagefälle und wie diese nun nach dem Urteil behandelt werden.

Thomas Patermann machte deutlich: „Wenn niemand gegen dieses OVG-Urteil, das keine Revision zuließ, weiter klagt, geht es aus Sicht der Wirtschaftsbetriebe Duisburg zum Jahr 2012 um sieben Klagefälle. Sechs wurden davon bearbeitet, ein Fall muss noch behandelt werden. 477 sogenannte Anträge auf einen Zweitbescheid sind offen. Seit 2012 stehen 6460 Bescheide unter Vorbehalt, wobei die deutliche Mehrheit der 70 000 Bescheide Bestandskraft haben, sie sind formaljuristisch nicht mehr angreifbar. Wir wollen alle Bescheide aus 2012 aber gleich stellen, egal ob geklagt wurde oder nicht!“

Dafür wurden von den Wirtschaftsbetrieben Duisburg bis Ende 2014 7,2 Mio. Euro an Rückstellungen bereitgestellt. „Dieses Geld aber werden wir uns natürlich von der GMVA zurückholen, das ist doch klar.“
Thomas Patermann kommentierte aber nicht eine Rückerstattungssumme ,die Haus und Grund auf rund 30 Euro je Haushalt veröffentlicht hatte.

Den optimalen Fahrplan zur Rückerstattung zum Jahr 2012 sieht Thomas Patermann, wenn

-          die GMVA ihre Aufgabe ein Preisgeld zu definieren umgesetzt hat,

-           Wirtschaftsunternehmen beauftragt werden den Entgeltsatz für Duisburg und Oberhausen zu berechnen (geschätzte Dauer vier Wochen),

-          die Wirtschaftsbetriebe dies durch die Preisprüfungsstelle der Bezirksregierung  hat prüfen lassen,

-          die Wirtschaftsbetriebe aufgrund dieser Prüfung eine neu Gebührenbedarfsrechnung je Tonne vorlegt (Ziel August 2015),

-          der Rat der Stadt in seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause  am 21. September 2015 diese verabschiedet

-          der Verwaltungsrat zustimmt,

-          könnte im Oktober/November 2015 die Rückerstattung erfolgen.

Und: Alle Bescheide für das  Jahr 2013 stehen unter Vorbehalt, also alle 70000 bis 800000 Duisburger Bescheide ab dem ersten Urteil vom November 2012. In Kürze wird zum Jahr 2013 eine (gleiche) Entscheidung erwartet. Alles rechnet mit dem Ergebnis wie für 2012. Für die Jahre 2014 und 2015 beruht alles auf einer anderen Grundlage. Ab 2014 ist auch der Sachverhalt bei der GMVA durch eine neue Rechtsform anders.

Duisburgs Abfallentsorgungsgebührensatzung für 2012 nichtig erklärt

Duisburg, 27. April 2015 - Der 9. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat durch Urteil vom 27. April 2015 die Auffassung des VG Düsseldorf bestätigt, dass die für das Jahr 2012 maßgebliche Abfallentsorgungsgebührensatzung für die Stadt Duisburg nichtig ist.
Auf die Klagen mehrerer Duisburger Grundstückseigentümer hatte das Verwaltungsgericht die Gebührenbescheide der Wirtschaftsbetriebe Duisburg für das betreffende Jahr deshalb aufgehoben (14. November 2012). Die Berufung der Wirtschaftsbetriebe Duisburg hatte vor dem OVG keinen Erfolg.
In der mündlichen Urteilsbegründung führte die Vorsitzende aus: Die Abfallgebührenbescheide seien rechtswidrig, weil die ihnen zugrunde liegende Gebührensatzung nichtig sei. Das gelte sowohl hinsichtlich der Gebührensätze zur abfallmengenabhängigen Leistungsgebühr als auch hinsichtlich der zu Beginn des Jahres 2012 eingeführten Grundgebühr.

Die Abfälle der Stadt Duisburg werden in der Gemeinschafts-Müll-Verbrenn ungsanlage Niederrhein GmbH (GMVA) in Oberhausen verbrannt. Gesellschafter der GMVA, die als Beigeladene an dem Berufungsverfahren beteiligt war, sind die beklagten Wirtschaftsbetriebe Duisburg zu 35,82 %, die Stadt Oberhausen zu 15,8 % und ein privates Unternehmen zu 49 %.

Nach Auffassung des Senats sei das hierfür in die Kalkulation des Gesamt-Gebührenbedarfs eingestellte Verbrennungsentgelt überhöht. Es werde den Anforderungen des Kommunalabgabenrechts aus mehreren Gründen nicht gerecht.

Das Verbrennungsentgelt sei hier aufgrund einer Kalkulation nach dem öffentlichen Preisrecht zu ermitteln. Da die Anlage, die über eine theoretische Höchstkapazität von derzeit über 840.960 Tonnen pro Jahr verfüge, mit Blick auf mehrere seit dem Jahr 2000 getroffene unternehmerische Entscheidungen nicht mehr allein dazu diene, die Entsorgungssicherheit in Duisburg, Oberhausen und dem Kreis Kleve zu gewährleisten, seien die mit dem Betrieb der Anlage verbundenen Vorhaltekosten entsprechend den verschiedenen Zweckbestimmungen bei der Kostenermittlung zu verteilen. Auch wenn dabei nicht von den in den genannten Kommunen tatsächlich anfallenden Abfallmengen, sondern von den abfallwirtschaftlich gebotenen Vorhaltekapazitäten (425.000 t/a) zuzüglich einer gewissen Kapazitätsreserve auszugehen sei, sei es fehlerhaft, allein den kommunalen Auftraggebern 72,2 % der Vorhaltekosten anzulasten.
Ferner hätten die Einnahmen aus dem Strom- und Fernwärmeverkauf kostenmindernd berücksichtigt werden müssen. Auch sei der Gewinnzuschlag für die GMVA zu hoch angesetzt worden.
Unabhängig davon sei auch die Grundgebühr fehlerhaft kalkuliert worden. Entgegen der bindenden Entscheidung des Rates der Stadt Duisburg hätte die beklagten Wirtschaftsbetriebe Duisburg nicht nur 25 % der bei ihr anfallenden Vorhaltekosten in die Berechnung einfließen lassen, sondern insbesondere auch einen Anteil des der GMVA mengenabhängig geschuldeten Verbrennungsentgelts und ihre gesamten Personalkosten, die teilweise nochmals durch die Leistungsgebühr abgedeckt würden.

Abfallgebührenbescheide der Stadt Oberhausen sind nicht Gegenstand der entschiedenen Verfahren. Auch die mit Wirkung zum 1. Januar 2014 erfolgte gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung der GMVA spielte hier noch keine Rolle.

Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Dagegen ist Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das BVerwG entscheidet.
Aktenzeichen: 9 A 2813/12 (I. Instanz: VG Düsseldorf - 16 K 2408/12)

Die offizielle Mitteilung der Wirtschaftsbetrieb Duisburg zum Urteil:
Am 27.04.2015 wurde am Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster das Verfahren zu den Abfallgebühren 2012 behandelt. „Wir haben das Urteil mit Spannung erwartet und können nun anhand der Aussage und des in Kürze zu erwartenden schriftlichen Urteils entsprechend das weitere Vorgehen festlegen“, so Thomas Patermann, Vorstand der Wirtschaftsbetriebe Duisburg.
„Es war von Anfang an unser Ziel, durch eine höchstrichterliche Entscheidung und dem daraus resultierenden rechtskräftigen Urteil, Klarheit im Interesse der Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler und der Gemeinschafts-Müll-Verbrennungsanlage Niederrhein GmbH (GMVA) zur erhalten. Ich freue mich daher, dass die Klarheit nun da ist.“
Das schriftliche Urteil des OVG steht allerdings noch aus. Erst danach können konkrete Aussagen zu den neuen Gebührensätzen getroffen werden.