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					   Gesetzentwurf von SPD, CDU und Bündnis 
					  90/DIE GRÜNEN 
					  Düsseldorf/Duisburg, 11. Januar 2016 - Die Einführung 
					  einer Sperrklausel in Höhe von 2,5 % bei Kommunalwahlen in 
					  Nordrhein-Westfalen wird nachdrücklich begrüßt und 
					  unterstützt. Seit dem Wegfall der Sperrklausel für 
					  Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen im Jahre 1999 ist 
					  eine zunehmende Zersplitterung des Rates der Stadt 
					  Duisburg zu beobachten. Während 1999 noch fünf Parteien in 
					  den Stadtrat eingezogen sind, waren es 2004 bereits neun 
					  Parteien. Bei der Kommunalwahl 2009 erhöhte sich die 
					  Anzahl der Parteien weiter auf 10 und bei der letzten Wahl 
					  2014 auf 13. Unter den 2014 in den Rat eingezogenen 
					  Parteien befinden sich fünf Einzelvertreter und zwei 
					  Gruppen, die zwischen 0,9 % und 2,4 % der Stimmen 
					  erhielten. Demzufolge besaß weniger als die Hälfte der 
					  Parteien von Beginn an einen Fraktionsstatus. Darüber 
					  hinaus benötigen Einzelvertreter im Vergleich zu großen 
					  Fraktionen zum Teil erheblich weniger Stimmen, um ein 
					  Mandat zu erzielen. So hat bei der Kommunalwahl 2014 zum 
					  Beispiel die Wählergemeinschaft 
					  „Sozial-Gerecht-Unabhängig“ mit 1.344 Stimmen ein 
					  Ratsmandat erworben, wohingegen für ein Mandat der SPD 
					  1.707 Stimmen erforderlich waren. Bei der Kommunalwahl 
					  2004 ist die Duisburger Alternative Liste sogar mit nur 
					  931 Stimmen (0,5 %) mit einem Mandat in den Rat 
					  eingezogen. Für die SPD sind 2.372 Stimmen für ein 
					  Ratsmandat notwendig gewesen. Dies ist aus 
					  demokratietheoretischer Warte hinsichtlich des Wertes 
					  einer Wählerstimme höchst kritisch zu beurteilen.
  Nach 
					  der Kommunalwahl 2014 haben sich einzelne Gruppen und 
					  Einzelvertreter zu Fraktionen zusammengeschlossen, die 
					  zuvor um Wähler konkurriert haben. Die drei 
					  Einzelvertreter von den Parteien „Bürgerlich-Liberale“, 
					  „Sozial-Gerecht-Unabhängig“ und den Piraten haben die 
					  Fraktion „Piraten-Soziale-Liberale“ gegründet. Die Gruppe 
					  von „Junges Duisburg“ bildete eine Fraktion mit dem 
					  Einzelvertreter von der „Duisburger Alternativen Liste“. 
					  Durch die Gründung einer Fraktion entsteht der Anspruch 
					  auf Zuwendungen zu den sächlichen und personellen 
					  Aufwendungen für die Geschäftsführung. Diese 
					  Entwicklung gibt Grund zu der Annahme, dass der Prozess 
					  der zunehmenden Zersplitterung nicht abgeschlossen ist und 
					  bei der nächsten Kommunalwahl noch weiter zunehmen wird. 
					  Demzufolge besteht dringender Handlungsbedarf seitens des 
					  Gesetzgebers, die weitere Zersplitterung der Stadträte 
					  durch die Einführung einer Sperrklausel zu stoppen. Sie 
					  hat erhebliche Auswirkungen auf die kommunalpolitische 
					  Arbeit. Dies trifft insbesondere für die Mehrheitsbildung 
					  im Rat sowie für den Aufwand und die Belastung des 
					  kommunalpolitischen Ehrenamtes zu.
  Bei 13 Parteien wird 
					  die Mehrheitsbildung im Rat erschwert. Neben einer „Großen 
					  Koalition“ aus SPD und CDU gibt es nur die Möglichkeit 
					  eines Bündnisses aus mindestens drei Parteien.    In der 
					  aktuellen Ratsperiode gibt es infolgedessen keine feste 
					  Koalition, sondern wechselnde Mehrheiten mit einer starken 
					  Tendenz zu Entscheidungen, die gemeinsam von SPD und CDU 
					  getragen werden. Dies gilt vor allem bei Entscheidungen 
					  zum Haushalt, zu Personal und zu großen 
					  planungspolitischen Themen. Hier bedarf es kohärenten 
					  Handelns und einer verlässlichen Zusammenarbeit mit dem 
					  Oberbürgermeister, aber auch mit Investoren und 
					  unterschiedlichen Akteuren in der Stadtgesellschaft. Bei 
					  diesen Problemstellungen können Einzelfallentscheidungen 
					  mit unterschiedlichen kleineren Fraktionen nicht getroffen 
					  werden, da entsprechende Gegenleistungen bei jeder 
					  einzelnen Entscheidung erwartet werden und sich die 
					  Verlässlichkeit von Absprachen als problematisch erweist. 
					  Eine in Nordrhein-Westfalen traditionelle Unterscheidung 
					  in Mehrheits- und Oppositionsfraktionen und folglich eine 
					  transparente Zuordnung von Entscheidungen und 
					  Verantwortlichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger kann 
					  bei wechselnden Ratsmehrheiten nur noch sehr schwer 
					  vorgenommen werden.
  Eine weitere Folge eines 
					  zersplitterten Stadtrates und unklarer 
					  Mehrheitsverhältnisse ist der enorm zunehmende Aufwand für 
					  die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker. Der Gesprächs- und 
					  Koordinationsaufwand zur Mehrheitsbildung für jede 
					  einzelne Entscheidung hat insbesondere für den 
					  Fraktionsvorsitzenden, die Fachsprecher und die 
					  Ausschussvorsitzenden deutlich zugenommen. Dies ist im 
					  Rahmen eines Ehrenamtes neben der Ausübung eines Berufes 
					  und der Vereinbarkeit mit der Familie kaum mehr möglich. 
					  Hinzu kommen eine Vielzahl an Anträgen, Anfragen und 
					  Stellungnahmen von Einzelvertretern und Kleinstfraktionen 
					  in den Sitzungen der Ausschüsse und des Rates. 
					  Infolgedessen steigt auch die zeitliche Belastung für die 
					  Ratsmitglieder weiter an. Dies gilt für den Beratungs- und 
					  Mehrheitsfindungsprozess im Vorfeld und für die Dauer von 
					  Sitzungen des Rates und der Ausschüsse. Die 
					  durchschnittliche Dauer von Sitzungen des Duisburger 
					  Stadtrates in der laufenden Ratsperiode beträgt 305 
					  Minuten, bei Haushaltsberatungen durchschnittlich 364 
					  Minuten. Auch der im Vorfeld von Gremiensitzungen 
					  erforderliche Koordinationsaufwand mit der eigenen 
					  Fraktion, mit anderen Ratsfraktionen, mit der 
					  Stadtverwaltung und dem Oberbürgermeister bedarf immer 
					  mehr Zeit. Die Attraktivität und die Bereitschaft, ein 
					  kommunalpolitisches Ehrenamt zu übernehmen, schwinden 
					  damit zunehmend. Dies trifft vornehmlich auf Berufstätige 
					  und Eltern sowie auf Kommunalpolitiker in Großstädten zu, 
					  in denen der Aufwand für das kommunalpolitische Ehrenamt 
					  besonders hoch ist. Durch die Einführung einer 
					  Sperrklausel von mindestens 2,5 % bei Kommunalwahlen würde 
					  die Entscheidungsfindung und Mehrheitsbildung im Stadtrat 
					  in einem für das Ehrenamt angemessenen Aufwand ermöglicht 
					  und auf diese Weise die Zukunftsfähigkeit des 
					  kommunalpolitischen Ehrenamtes neben Beruf und Familie 
					  gesichert werden. Der Rat würde in seiner 
					  Funktionsfähigkeit gestärkt, indem es eine klare und 
					  verlässliche Ratsmehrheit gibt und infolgedessen ein 
					  zielgerichtetes und einheitliches Handeln von Rat und 
					  Oberbürgermeister möglich wird. Alternativen zur 
					  Sperrklausel sind nicht erkennbar. Eine Verkleinerung des 
					  Stadtrates führt häufig zum gegenteiligen Effekt. So wurde 
					  der Duisburger Stadtrat bei der Kommunalwahl 2014 auf 72 
					  Mandate reduziert. Aufgrund von Überhang- und 
					  Ausgleichsmandaten erreichte der Rat schließlich eine 
					  Größe von 84 Sitzen. Die Beschneidung von Mandatsrechten 
					  wie dem Antrags-, Rede- oder Kontrollrecht würde das 
					  Problem der Mehrheitsfindung nicht lösen. Die 
					  Allzuständigkeit des Rates als direkt von den Bürgerinnen 
					  und Bürgern gewähltes Vertretungsorgan hat sich bewährt. 
					  Eine Beschneidung ist aus demokratietheoretischer Sicht 
					  nicht zu favorisieren und wird von unseren Ratsvertretern 
					  abgelehnt. Auch das Rückholrecht des Rates löst die sich 
					  aus der Zersplitterung der Räte ergebenen Probleme für das 
					  Ehrenamt und die Mehrheitsfindung nicht. Aus diesen 
					  Gründen wird die Einführung einer 2,5%igen Sperrklausel 
					  ausdrücklich unterstützt.
  
					  BZ-auf ein Wort  
					  Nach wie vor gilt: Die Politik 
					  muss dem obersten Gericht in NRW nachweisen, dass es duch 
					  die "Zersplitterung des Stadt- oder Gemeinderates" die 
					  politische Arbeit enorm erschwert bzw. gar unmöglich 
					  macht. Die von der SPD und der CDU in Duisburg angewandte 
					  Politik der großen Koalition beweist, dass eine dem 
					  Allgemeinwohl verpflichtende Politik Realität bedeutet, 
					  also in der Praxis funktioniert.    Diese Beantragung 
					  beweist einmal mehr, dass die Politik die Bürger wieder 
					  entmündigen möchte. Eine weitere politische Verdrossenheit 
					  im Land würde gefördert und dem extrem politischen 
					  Spektrum weiteren Zulauf verschafft.
  Stellungnahme von 
					  Prof. Dr. Hinnerk Wißmann - Lehrstuhl für Öffentliches 
					  Recht, insb. Verwaltungswissenschaften, Kultur- und 
					  Religionsverfassungsrecht 
					  Zum Gesetzentwurf 
					  der Fraktionen von SPD, CDU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN zur 
					  Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen 
					  und wahlrechtlicher Vorschriften 
					  („Kommunalvertretungsstärkungsgesetz“) LT-Drs. 16/9795 
					  I. Übersicht und Gesamtwürdigung Der Gesetzentwurf zur 
					  Wiedereinführung der „kommunalen Sperrklausel“ betrifft 
					  eine zentrale Grundfrage der Staatsorganisation: Die 
					  Zusammensetzung von staatlichen Vertretungskörperschaften, 
					  die „das Volk“ repräsentieren, muss das Ergebnis fairer 
					  Wahlen zutreffend abbilden. Zugleich gilt es, Parlamente 
					  und Räte arbeits- und entscheidungsfähig zu halten, damit 
					  sie ihren Aufgaben nachkommen können. Soweit zwischen 
					  beiden Aspekten eine Spannungslage droht, gibt das 
					  Verfassungsrecht folgenden Orientierungsmaßstab vor: 
					    
					  Weil jede Einschränkung 
					  der durch Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG gewährleisteten 
					  Wahlrechtsgrundsätze geeignet ist, die demokratische 
					  Legitimität staatlicher Herrschaft in Frage zu stellen, 
					  ist sie nur unter engen Voraussetzungen („zwingender 
					  Grund“) möglich. Vor diesem Hintergrund ist 
					  festzustellen: Die Einführung einer Sperrklausel von 2,5% 
					  für kommunale Vertretungskörperschaften in 
					  Nordrhein-Westfalen erfüllt mit der vorliegenden 
					  Begründung nicht die Anforderungen, die in der 
					  verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung formuliert worden 
					  sind.  Insbesondere werden 
					  Anhaltspunkte für eine drohende Funktionsstörung der 
					  kommunalen Vertretungskörperschaften nicht hinreichend 
					  belegt. An der rechtlichen Beurteilung ändert sich nichts 
					  durch die vorgesehene Regelung in der Landesverfassung, da 
					  der einschlägige Maßstab des Bundesverfassungsrechts auch 
					  insoweit Vorrang genießt. Die Stellungnahme formuliert 
					  zunächst die einschlägigen Vorgaben des Grundgesetzes 
					  (II.); anschließend wird der Gesetzentwurf anhand dieses 
					  Maßstabs rechtlich gewürdigt (III.). Zu Fragen des 
					  Landesverfassungsrechts und prozessualen Konsequenzen wird 
					  hier nicht Stellung genommen.
  II. 
					  Bundesverfassungsrechtlicher Maßstab: Gleichheit der Wahl, 
					  Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG Zusammenfassung: Bei 
					  der in Aussicht genommenen Änderung der Landesverfassung 
					  ist als Rechtsmaßstab insbesondere das Grundgesetz als 
					  vorrangiges Bundesrecht zu würdigen.
					  Bei der Sperrklausel 
					  handelt es sich um eine Einschränkung der Gleichheit der 
					  Wahl, die durch das Grundgesetz auch für die kommunale 
					  Ebene als Wahlrechtsgrundsatz vorgegeben ist (Art. 28 Abs. 
					  1 S. 2 GG).  Eine solche Einschränkung 
					  ist nur zulässig, wenn für die jeweilige 
					  Vertretungskörperschaft in Hinblick auf ihre Aufgaben mit 
					  einiger Wahrscheinlichkeit eine Beeinträchtigung der 
					  Funktionsfähigkeit zu erwarten ist. Wegen der Bedeutung 
					  der Wahlrechtsgleichheit für demokratisch legimitierte 
					  Staatsorgane ist für die Prognoseentscheidung des 
					  Gesetzgebers ein strenger, dreifach gestufter Maßstab 
					  anzulegen. Dazu ist im Einzelnen auszuführen: a) Im 
					  Bundesstaat ist die Regelung ihrer Staatsorganisation 
					  grundsätzlich Sache der Bundesländer. Sie geben sich 
					  Verfassungen aus eigenem Recht und können insoweit auch 
					  durchaus unterschiedliche Modelle ausprägen 
					  („Verfassungsautonomie“ der Bundesländer, vgl. Art. 30 
					  GG). Von dieser Verfassungsautonomie gibt es allerdings 
					  bedeutsame Ausnahmen, die vor allem das Grundverhältnis 
					  der Bürger zum Staat und damit letztlich die Legitimation 
					  der öffentlichen Ordnung betreffen. Hier trifft das 
					  Bundesrecht regelmäßig Entscheidungen, die dann für das 
					  Landesrecht verbindlich sind, Art. 31 GG. So sind etwa die 
					  Geltung der (Bundes-)Grundrechte für sämtliche 
					  Landesbehörden, der Gesetzesvorbehalt für 
					  Grundrechtseingriffe und die Gewaltenteilung (mit der 
					  Gewährleistung einer unabhängigen Justiz zum Schutz der 
					  Bürgerrechte) bundesrechtlich vorgegeben.  Auch die 
					  Gewährleistung einer allgemeinen, unmittelbaren, freien, 
					  gleichen und geheimen Wahl gehört zu den Vorgaben, die das 
					  Grundgesetz für die Landesebene ausdrücklich verbindlich 
					  trifft, Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG. 
					  
					  Die Regelungen des Landesrechts können sich 
					  insoweit nur in dem Korridor bewegen, den das 
					  Bundesverfassungsrecht eröffnet.
  
					  Genauer betrachtet sieht das Bundesverfassungsrecht zwei 
					  unterschiedliche Modelle für solche Vorgaben vor: Zum 
					  einen gibt es – eher allgemein gehaltene – 
					  Homogenitätsmaßstäbe, die unterschiedliche Ausgestaltungen 
					  und Ergebnisse zulassen. Ein Beispiel dafür ist die 
					  Bindung an die Grundsätze des „republikanischen, 
					  demokratischen und sozialen Rechtsstaats im Sinne dieses 
					  Grundgesetzes“, Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG. Zum anderen gibt 
					  das Grundgesetz für einige Entscheidungen, die das 
					  Landesrecht zu treffen hat, exakte Zielwerte vor, bei 
					  denen ein bestimmtes Ergebnis nicht verfehlt werden darf. 
					  Hierzu zählen die Wahlrechtsgrundsätze des Art. 28 Abs. 1 
					  S. 2 GG. 
  Das ergibt sich bereits aus der 
					  Systematik der Regelung: Während allgemeine Anforderungen 
					  an eine demokratische Wahl bereits aus der Vorgabe des 
					  „demokratischen Rechtsstaats“ nach S. 1 (in Verbindung mit 
					  Art. 38 Abs. 1 GG) abzuleiten wären, geht die 
					  Sonderregelung des S. 2 darüber hinaus, indem sie die 
					  Wahlrechtsgrundsätze, die für die Bundesebene nach Art. 38 
					  GG gelten, wortgleich wiederholt und für die Wahl der 
					  Vertretung des Volkes in „Ländern, Kreisen und Gemeinden“ 
					  vorgibt.  Aus dieser Regelung hat das 
					  Bundesverfassungsgericht den Schluss gezogen, dass für 
					  alle genannten Vertretungskörperschaften die 
					  Wahlrechtsgrundsätze inhaltsgleich gelten (BVerfGE 120, 82 
					  (102)). b)  Für die 
					  im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung ist der Grundsatz 
					  der gleichen Wahl der entscheidende Beurteilungsmaßstab. 
					  Dafür ist zu beachten: Der Gesetzgeber ist 
					  zunächst frei, ein wahlrechtliches Grundsystem zu wählen 
					  und auszugestalten. Wenn sich Bundes- oder Landesrecht für 
					  das System der (ggfs.: gemischten) Verhältniswahl 
					  entscheiden, sind sie in Bezug auf die Gleichheit der Wahl 
					  aber daran gebunden, konsistente Anschlussentscheidungen 
					  zu treffen. Das bedeutet, dass hier nicht nur die 
					  Zählgleichheit aller abgegebenen Stimmen, sondern auch die 
					  Erfolgswertgleichheit aller Stimmen gegeben sein muss 
					  (BVerfGE 120, 82 (103) 3 – stdg. Rspr.). Anders als 
					  im alternativen Modell der (echten) Mehrheitswahl müssen 
					  sich die abgegebenen Stimmen im Verhältnis zueinander auch 
					  in der Verteilung der Sitze in der jeweiligen Vertretung 
					  widerspiegeln. Eine natürliche Grenze bildet dafür 
					  zunächst nur die Größe der Vertretungskörperschaft, wonach 
					  für ein Mandat ein Mindestanteil an Gesamtstimmen gewonnen 
					  werden muss. Dies folgt zwanglos aus dem Wesen der 
					  Repräsentation. Alle anderen Einschränkungen widersprechen 
					  dem Grundansatz der Verhältniswahl und sind daher 
					  begründungspflichtig. Eine Besonderheit ist nun, dass 
					  für solche Einschränkungen besonders scharfe Vorgaben 
					  gelten. Abweichungen werden nur ausnahmsweise akzeptiert; 
					  es gilt nicht etwa nur der allgemeine Gleichheitssatz, 
					  sondern das strikte Prinzip der formalen Gleichheit 
					  (BVerfGE 120, 82 (102) – stdg. Rspr.). Der Grund hierfür 
					  liegt in der zentralen Stellung, die die gleiche Wahl für 
					  die Legitimation der staatlichen Ordnung überhaupt hat:
					  Wenn sich alle 
					  Staatsgewalt vom Volk ableitet, muss die Begründung 
					  staatlicher Kompetenzen an dieser Nahtstelle 
					  unbezweifelbar auf den möglichst unverfälschten 
					  Volkswillen zurückzuführen sein.  
					  Es 
					  handelt sich also gerade nicht um staatsinternes 
					  Organisationsrecht, das nach pragmatischen 
					  Zweckmäßigkeitserwägungen gestaltet werden kann (wie etwa 
					  Teile des Parlamentsrechts). Auch ist kein Raum für – 
					  sonst im Bundesstaat vielfach gut begründbare – 
					  „Experimente“ oder einen „Wettbewerb“ um neue und bessere 
					  Regelungsmodelle: Die 
					  scharfe Regulierung der Wahlrechtsgleichheit dient dazu, 
					  den politischen Prozess offenzuhalten und eine 
					  Selbstermächtigung parlamentarischer Gruppen durch 
					  Ausschluss oder auch nur unzulässige Erschwerung 
					  unliebsamer Konkurrenz zu verhindern.  In Vertretungen 
					  des Volkes soll sich das wählende Volk widerspiegeln, 
					  nicht die Versammlung derer, die meinen, den Staat zu 
					  repräsentieren. c) Vor diesem Hintergrund sind 
					  Sperrklauseln grundsätzlich unzulässig. Ihre Zulässigkeit 
					  kann sich nur bei Vorliegen eines „zwingenden Grundes“ 
					  ergeben (BVerfGE 120, 82 (107)).  
					  Als 
					  solcher stellt sich insbesondere die Gefährdung des 
					  verfassungsrechtlichen Auftrags des jeweiligen Organs dar. 
					  Diese Funktionsbeeinträchtigung muss in tatsächlicher 
					  Hinsicht mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein 
					  (BVerfGE 120, 82 (Leitsatz)). Das BVerfG hat in seiner 
					  neueren Rechtsprechung insoweit im Ergebnis zwischen 
					  Bundestag und Landtagen auf der einen Seite und kommunalen 
					  Vertretungen und dem Europaparlament auf der anderen Seite 
					  unterschieden: Während für die erstgenannten Parlamente 
					  Sperrklauseln zulässig sein sollen, wurden sie für die 
					  letztgenannten verworfen (BVerfGE 120, 82 bzw. BVerfGE 
					  129, 300; 135, 259). Die unterschiedliche Bewertung von 
					  Sperrklauseln setzt an der unterschiedlichen Funktion der 
					  Vertretungskörperschaften an: (Nur) Bundes- und 
					  Landesparlament haben echte Gesetzgebungskompetenzen und 
					  wählen bzw. kontrollieren eine Regierung mit 
					  weitreichenden eigenen Kompetenzen. Deswegen ist die 
					  stabile Bildung von Mehrheiten hier ein so wichtiger 
					  Belang, dass die Gewährleistung der vollständigen 
					  Wahlrechtsgleichheit zurückstehen kann, wenn der 
					  Gesetzgeber sich für die Einführung einer Sperrklausel 
					  entscheidet (BVerfGE 1, 208; 51, 222 (236) – stdg. Rspr.).
					   Da es an entsprechenden Aufgaben bei Europaparlament 
					  und kommunalen Vertretungskörperschaften mangelt, müsste 
					  sich eine Funktionsunfähigkeit aus anderen Gründen 
					  ergeben. Wenn sich der Gesetzgeber zur Einführung einer 
					  kommunalen Sperrklausel entschließt, hat er eine 
					  Prognoseentscheidung in Hinblick auf drei Aspekte zu 
					  treffen:  Die Wahrscheinlichkeit des Einzugs von 
					  Splitterparteien, durch sie künftig zu erwartende 
					  Funktionsstörungen und deren Gewicht für die 
					  Aufgabenerfüllung der kommunalen Vertretungsorgane 
					  (BVerfGE 120, 82 (113). Diese Prognoseentscheidung muss 
					  hinreichend begründet sein und darf sich nicht auf 
					  abstrakte Vermutungen stützen. Das BVerfG hat überdies 
					  eine Reihe möglicher Begründungen ausgeschlossen, so etwa 
					  die wünschenswerte Begrenzung extremistischer Parteien, 
					  den Ausschluss von Partikularinteressen sowie die bloße 
					  Erleichterung oder Vereinfachung der Beschlussfassung 
					  (BVerfGE 120, 82 (109 ff.)). d) Schließlich ist die 
					  Entwicklung der Rechtsprechung besonders zu beachten. 
					  Sperrklauseln wurden durch das BVerfG zunächst in der 
					  frühen Bundesrepublik für die kommunale Ebene bzw.  4 das Europaparlament akzeptiert (BVerfGE 6, 104 für 
					  kommunale Vertretungen; BVerfGE 51, 222 für das 
					  Europaparlament). Landesverfassungsgerichte haben dann die
					  Sperrklauseln nach dem 
					  Maßstab des Landesverfassungsrechts verworfen, so in 
					  Nordrhein-Westfalen 1999 (Urteil des VerfGH vom 6.7.1999, 
					  OVGE 47, 304).  Daraufhin hat auch das 
					  Bundesverfassungsgericht – unter deutlicher Bezugnahme auf 
					  die Argumentation des 
					  VerfGH in Münster – im Jahr 2008 seine 
					  Rechtsprechung verschärft, konkret in der Funktion als 
					  Landesverfassungsgericht für das Land-Schleswig-Holstein. 
					  Gleiches erfolgte dann auch für die europäische Ebene, 
					  woran auch der Aufgabenzuwachs für das Europäische 
					  Parlament nichts änderte. Die neuere Entwicklung der 
					  Rechtsprechung geht mit anderen Worten dahin, dem 
					  Grundsatz der Gleichheit der Wahl im Verhältnis zu seiner 
					  möglichen Einschränkbarkeit größeres Gewicht zugemessen. 
					  Die Rechtsprechung zur 
					  Verwerfung von Sperrklauseln hat dabei im Vergleich zu 
					  anderen Vorgehensweisen des Gerichts herausgehobenen 
					  Charakter: Für das Europarecht hat das 
					  BVerfG eine Verwerfung trotz Absenkung der Sperrklausel 
					  zweimal ausgesprochen (BVerfGE 129, 300; 135, 259), für 
					  den kommunalen Bereich wurde eine (ganz ungewöhnliche) 
					  Klage gegen die Ablehnung eines Gesetzentwurfs auf 
					  Abschaffung der Sperrklausel akzeptiert, um die 
					  entsprechenden Maßstäbe durchzusetzen (BVerfGE 120, 82). 
					  III. Verfassungsrechtliche Würdigung des Gesetzentwurfs 
					  Zusammenfassung:  
					  Der Gesetzentwurf zur Änderung des Art. 78 Abs. 1 der 
					  Landesverfassung und des nachfolgenden Kommunalwahlrechts 
					  genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die 
					  an die Einschränkung der Wahlrechtsgleichheit in Bezug auf 
					  Kommunalvertretungen gestellt werden.  
					  Die Begründung ist von einer Grundhaltung getragen, nach 
					  der die Abbildung von Wahlerfolgen unterhalb der 
					  Fraktionsgröße letztlich irregulär erscheint. Neben den 
					  normativen Vorgaben verfehlt das Vorhaben damit auch den 
					  inneren Kern demokratischer Repräsentation im Kontext der 
					  bürgerschaftlichen Selbstverwaltung, die keinesfalls 
					  ausschließlich auf „Regierungsbildung“ und arrivierte 
					  Parteien ausgerichtet ist. Dazu ist im Einzelnen 
					  auszuführen: a) Die Einführung einer „kommunalen 
					  Sperrklausel“ kann nicht als bloße Ausgestaltung eines 
					  Wahlrechtssystems verstanden werden. Denn sie zielt 
					  ausschließlich darauf, bei grundsätzlicher Geltung des 
					  Verhältniswahlsystems bestimmte Stimmanteile von der 
					  Mandatsverteilung auszuschließen; daher handelt es sich um 
					  eine Einschränkung der Wahlrechtsgleichheit. An dieser 
					  Einordnung ändert insbesondere die Regelung in der 
					  Landesverfassung nichts. Vor dem skizzierten 
					  verfassungsrechtlichen Hintergrund ist für die 
					  Rechtfertigung der Regelung die entscheidende Frage, ob 
					  eine hinreichende Begründung der drohenden 
					  Funktionsstörung der Vertretungskörperschaften bei 
					  Abwesenheit einer Sperrklausel vorliegt.  Wie bereits ausgeführt, hat die 
					  Begründung auf drei Ebenen anzusetzen: Eine hinreichende 
					  Wahrscheinlichkeit muss in Bezug auf den Einzug von 
					  Splitterparteien in die Räte (1) dargelegt werden, für 
					  dadurch künftig zu erwartende Funktionsstörungen (2) und 
					  für deren Gewicht für die Aufgabenerfüllung der kommunalen 
					  Vertretungsorgane (3). - Zunächst legt der 
					  Gesetzentwurf für die Frage des Einzugs von 
					  Spitterparteien (1) die tatsächliche Entwicklung der 
					  Mandatsverteilung seit Abschaffung der Sperrklausel dar 
					  und verbindet dies mit der Prognose einer weiter 
					  zunehmenden Aufgliederung der Mandate auf unterschiedliche 
					  Parteien und Gruppierungen (S. 12 ff.). Tatsächlich ist 
					  die lineare Zunahme von fraktionsunfähigen Einzel- oder 
					  Gruppenmandaten über mehrere Wahlen hinweg eine deutliche 
					  Auffälligkeit. Auch ist richtig, dass angesichts der 
					  Durchschnittsgröße der Städte in NRW und der großzügigen 
					  Bemessung von Ratssitzen vergleichsweise mehr Räte vom 
					  Auftreten von 5 Einzelmandaten betroffen sind als in 
					  anderen Bundesländern. Es bleibt allerdings letztlich 
					  ungeklärt, ob insoweit von einer „Zersplitterung“ 
					  gesprochen werden kann, weil dafür keine Referenzgröße 
					  entwickelt wird. Der Gesetzentwurf nimmt vielmehr das 
					  vermehrte Auftreten von Einzelmandaten als solches bereits 
					  als „Zersplitterung“ der Räte. Demgegenüber ist darauf 
					  hinzuweisen, dass auch in den betroffenen Räten weiterhin 
					  deutlich mehr als 90% aller Mandate in der Hand von 
					  größeren Parteien liegen.  Daher erscheinen die 
					  Kommunalvertretungen kaum als zersplittert (wenn nicht 
					  auch mittelgroße Parteien als Element der Zersplitterung 
					  angesehen werden sollen). Auch ist eine größere Schwächung 
					  bisher erfolgreicher Parteien durch die Zunahme von 
					  Kleingruppen oder Einzelbewerbern hier nicht belegt 
					  worden; zu einem guten Teil werden lediglich die dort 
					  erzielten Stimmen nunmehr auch in den Vertretungen 
					  abgebildet.  Zu beachten ist, dass durch die 
					  begrenzte Anzahl von Mandaten in kommunalen 
					  Vertretungskörperschaften das Erringen eines Einzelmandats 
					  – anders als bei den ungleich größeren Landesparlamenten 
					  oder dem Bundestag – bereits eine durchaus erhebliche 
					  Menge politischer Gefolgschaft abbildet. Schließlich fehlt 
					  es an einer begründeten Prognose, ob und wieweit die 
					  Zunahme von fraktionsunfähigen Mandatsträgern zukünftig 
					  weiter zunehmen und in der Gesamtschau aller Mandate eine 
					  erheblichere Größe einnehmen wird. Insgesamt erscheint 
					  schon der Tatbestand der Zersplitterung mangels 
					  qualitativem Maßstab nicht hinreichend nachgewiesen. - 
					  Hinsichtlich der Prognose zu erwartender 
					  Funktionsstörungen (2) stellt der Gesetzentwurf vor allem 
					  darauf ab, dass durch die Aufgliederung der Mandate 
					  angesichts der komplexer gewordenen Aufgaben die 
					  Arbeitsabläufe und die gemeinwohlverträgliche Ausrichtung 
					  der Kommunalvertretungen gefährdet seien (S. 17 f.). Dabei 
					  wird fraktionsfreien Mandatsträgern eine „Tendenz zur 
					  Überforderung“ unterstellt; sie seien „schlechter 
					  informiert, weniger kompromissfähig und mehrheitsfähig als 
					  Fraktionen“, und so kennzeichneten „nahezu vollständige 
					  Chancenlosigkeit, Benachteiligung und ggfs. Ausschluss von 
					  Mehrheitsbildungen“ ihre Position (S. 14).  Diese nur mühsam als Fürsorge 
					  bemäntelte Geringschätzung macht sich dann folgerichtig 
					  auch nicht mehr die Mühe, spürbare konkrete 
					  Mehrbelastungen der Räte gerade durch Einzelmandatsträger 
					  – etwa verlängerte Sitzungen oder ein überladenes 
					  Antragswesen – nachzuweisen. Der Einwand gegen den 
					  überlasteten ehrenamtlichen Kommunalpolitiker trifft im 
					  Übrigen natürlich mindestens auch kleinere Fraktionen, 
					  nein: dem Grunde nach das Ehrenamt als solches. Das 
					  Idealbild des Gesetzentwurfs ist scheinbar die große 
					  kommunalvertretungsrechtliche Fraktion, die durch 
					  parteipolitische Gesamtentwürfe gesteuert wird. Die 
					  Verfassung vertraut demgegenüber mit dem Topos der 
					  Selbstverwaltung darauf, dass die Bürgerschaft die 
					  Belastung des Ehrenamtes aus eigenem Antrieb begrenzt. 
					  Die vorgelegte Begründung weist nicht nach, dass das 
					  geltende Recht, insbesondere die Handhabung der 
					  Ausschussarbeit und der Geschäftsordnung, einem Unwesen 
					  des Einzelmandats hilflos ausgeliefert wäre. Daher sind zu 
					  erwartende Funktionsstörungen nicht mit der hinreichenden 
					  Deutlichkeit dargelegt. - Das Gewicht der erwarteten 
					  Funktionsstörungen (3) wird vorrangig mit dem 
					  politikwissenschaftlichen Deutungsmodell der 
					  Konkurrenzdemokratie begründet, die im Kommunalrecht 
					  Nordrhein-Westfalens (im Gegensatz zu der andernorts 
					  herrschenden Konkordanzdemokratie) anzutreffen sein soll 
					  (S. 14 ff.).  Die aus den 1970er Jahren 
					  stammende Formel einer durch Parteipolitik dominierten 
					  Konkurrenzdemokratie auf lokaler Ebene übergeht die 
					  Einführung partizipativer Elemente (Bürgerbegehren, 
					  Informationsansprüche); sie will sich auch nicht dadurch 
					  irritieren lassen, dass die eigenständige Direktwahl von 
					  Bürgermeistern und Landräten die Ausgangsparameter ihrer 
					  Annahmen verändert hat. Gerade auf diese Veränderung hat 
					  aber das Bundesverfassungsgericht in seiner einschlägigen 
					  Entscheidung zum Verbot der kommunalen Sperrklausel im 
					  Jahr 2008 abgehoben, weil insbesondere die Wahl und 
					  kontinuierliche Unterstützung einer Verwaltungsspitze die 
					  Ratsparteien dazu zwingen kann, in Blöcken zu agieren. 
					  Zutreffend ist, dass die vergleichsweise schwache Stellung 
					  der direkt gewählten Verwaltungsspitze („Allzuständigkeit 
					  des Rates“) die Notwendigkeit von 6 Entscheidungen 
					  des Rates erhöht; freilich ist darauf hinzuweisen, dass 
					  diese durch das einfache Kommunalrecht hervorgerufene 
					  Asymmetrie (Direktwahl der Verwaltungsspitze ohne 
					  entsprechende Organkompetenzen) auch dort zu beheben wäre 
					  – dies würde im Übrigen auch die Arbeitsbelastung der Räte 
					  senken. Auch eine angemessene Verkleinerung der Räte 
					  entsprechend dem Vorbild anderer Länder würde eine 
					  legitime „natürliche“ Sperrklausel setzen, dabei aber den 
					  fragwürdigen Effekt vermeiden, dass im Ländervergleich 
					  ohnehin schon mitgliederstarke Fraktionen durch den 
					  Ausschluss von Mitbewerbern nochmals vergrößert werden. 
					  Insgesamt sollte die auf überkommene Idealtypen ausgehende 
					  Modellbildung („NRW = kommunale Konkurrenzdemokratie“) 
					  schon wegen der Veränderungen der rechtlichen 
					  Rahmenbedingungen nicht zu einer quasi-normativen Größe 
					  erhoben werden. Die in der Gesetzesbegründung in den 
					  Mittelpunkt gestellte Schwierigkeit bei der Bildung von 
					  Mehrheiten entsteht im Übrigen faktisch vor allem durch 
					  die zwischenzeitlich größere Zahl von fraktionsfähigen 
					  Parteien, nicht durch Einzelmandate.  So ist die hier als 
					  Schreckgespenst gezeichnete Große Koalition als 
					  Dauerzustand auf der Bundesebene trotz 5%-Sperrklausel in 
					  zwei der drei letzten Legislaturperioden eingerichtet 
					  worden. Auch für die behauptete Belastung der 
					  Gremienarbeit im tatsächlichen Geschäftsgang wäre zu 
					  hinterfragen, ob diese tatsächlich von 
					  Einzelmandatsträgern ausgeht oder nicht gerade von der 
					  Konfrontation der arrivierten großen und mittelgroßen 
					  Parteien. b) Bei einer Gesamtschau muss nicht 
					  bestritten werden, dass Einzelmandate und Kleingruppen die 
					  Arbeit der ehrenamtlichen Räte mit neuen Lästigkeiten 
					  versehen. Auch kann man kritisieren, dass für die 
					  Parlamente die Hürde zur Einführung von Sperrklauseln 
					  niedriger liegt als für die kommunale Ebene.  Gleichwohl: Die vorliegende 
					  Gesetzesbegründung erfüllt nicht die Anforderungen, die 
					  das Verfassungsrecht in der Auslegung des 
					  Bundesverfassungsgerichts an eine Einführung 
					  kommunalrechtlicher Sperrklauseln stellt. Angesichts 
					  dessen wären unterschiedliche Strategien denkbar. Entweder 
					  wird eine Begründung nachgeliefert, die den Anforderungen 
					  entspricht – dies setzte aber einen entsprechenden 
					  Realbefund voraus. Möglich ist auch, auf eine Änderung der 
					  verfassungsgerichtlichen Vorgaben zu setzen und diese 
					  offensiv einzufordern – damit ist freilich verbunden, sich 
					  des entsprechenden rechtlichen und politischen Risikos 
					  bewusst zu sein. Naheliegender wäre es, dass die 
					  antragstellenden Fraktionen überprüfen, ob sie mit der 
					  hier betriebenen Verfassungsänderung nicht an der falschen 
					  Stelle ansetzen – und damit der demokratischen Sache 
					  schaden. Münster, 10.1.2016 gez. Prof. Dr. Hinnerk 
					  Wißmann
   
 
  
					    
					  
 
  
					    
					    
					  
					  
  
					  
 
  
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