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Kommunen werden mit Rekord-Defizit allein gelassen
Stadt Duisburg

Duisburg, 8. Oktober 2025 - Das Statistische Bundesamt hat unter Öffentliches Finanzierungsdefizit im 1. Halbjahr 2025 bei 58,5 Milliarden Euro erschreckende Zahlen veröffentlicht: Das Minus in den Etats der Städte und Gemeinden ist höher denn je.
Die ihnen von Bund und Ländern übertragenen Aufgaben können ohne neue Schulden nicht mehr finanziert werden, und für bürgerschaftliche Aufgaben bleibt nichts mehr übrig. Kommunale Lösungsvorschläge werden bisher nicht gehört.

Die finanzielle Lage der Kommunen verschlechtert sich weiter dramatisch. Laut Statistischem Bundesamt beträgt das Defizit in den Kern- und Extrahaushalten im ersten Halbjahr 19,7 Milliarden Euro. Das ist bereits jetzt mehr als 80 Prozent des Negativ-Rekords von 2024. Die Städte und Gemeinden drohen damit düstere Prognosen der kommunalen Spitzenverbände (minus 30,9 Milliarden Euro für das gesamte Jahr) zu bestätigen oder sogar zu übertreffen.

Dagegen konnten der Bund und die Länder ihre Defizite reduzieren. Vor allem die Länder bewegen sich Mitte 2025 mit einem Fehlbetrag von nur noch 2,1 Milliarden Euro (Vorjahr 7,1 Mrd. Euro) wieder auf den Haushaltsausgleich zu.

Die Konsequenzen des kommunalen Defizits sind vor Ort spürbar. Die Kommunen können nicht in im erforderlichen Maße in Straßen, Kitas oder Schulen investieren, sie werden bei der Digitalisierung und im Klimaschutz weiter abgehängt und müssen ihren Bürgerinnen und Bürgern weitere Kürzungen zumuten. Das hat auch politische Folgen: Die Neigung zur extremistischen Stimmabgabe ist in benachteiligten Kommunen nachweislich stärker ausgeprägt.

„Wir steuern ungebremst auf eine Situation zu, in der die Kommunen handlungsunfähig werden“, sagt Martin Murrack, Sprecher des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“.

„So kann es nicht weitergehen. Wir hatten bereits im vergangenen Jahr ein Rekorddefizit. Die jetzigen Statistiken zeigen, dass Bund und Länder die Kommunen deutlich mehr unterstützen müssen, damit diese ihren Aufgaben gerecht werden können“, erklärt Silke Ehrbar-Wulfen, Sprecherin von „Für die Würde unserer Städte“.

Im Aktionsbündnis haben sich finanzschwache Kommunen aus acht Bundesländern zusammengeschlossen, in denen mehr als zehn Millionen Menschen leben. Dort kennt man die Ursachen für das neue Defizit genau:
- Die Sozialausgaben der Kommunen steigen weiter massiv an.
- Die Altschulden-Frage ist noch nicht gelöst und nun kommen auch noch neue Schulden hinzu, so dass wachsende Zinsen die Städte und Gemeinden immer stärker belasten und Finanzmittel für wichtige Aufgaben aufzehren.
- Die Förderpolitik ist in Deutschland so gestaltet, dass das Geld eher in wohlhabenden Kommunen ankommt als dort, wo es am dringendsten gebraucht wird.

Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ schlägt daher vier Schritte vor, um den bitteren Trend endlich umzukehren und die Kommunen wieder handlungsfähig zu machen:

1. Bund und Länder müssen sich stärker an den Soziallasten beteiligen. So wäre zum Beispiel eine Drittelung der Kosten für die „Hilfen zur Erziehung“ und die „Eingliederungshilfe“ zwischen den drei staatlichen Ebenen eine wichtige Entlastung für die Kommunen. Zudem ist grundsätzlich die Reform der Sozialhilfe in Angriff zu nehmen, um Fehlanreize zu beseitigen, Zuständigkeiten besser zu klären und das überkomplexe Hilfesystem effizienter zu machen – und das nicht nur beim Bürgergeld.

2. Die Länder haben Altschulden-Regelungen auf den Weg gebracht, der Bund möchte sich daran mit 250 Millionen Euro pro Jahr beteiligen. Das ist angesichts der Gesamtlast von rund 35 Milliarden Euro zu wenig. Erforderlich wären mindestens 500 Millionen Euro jährlich.

3. Die Förderpolitik muss reformiert werden. Die Mittel müssen verstärkt pauschal an die Kommunen gehen und in Ernstfällen auch frei von Eigenmittel-Pflichten sein. Zudem müssen die Antrags-, Bewilligungs- und Prüfverfahren verschlankt werden.

4. Bei der Verteilung des Sondervermögens Infrastruktur müssen die Länder ihren Kommunen einen Anteil in Höhe der tatsächlichen Investitionen geben. Das sind je nach Bundesland 75 und mehr Prozent. Höhere Investitionen müssen aber auf Dauer möglich sein, um die Infrastruktur in Deutschland für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft zu ertüchtigen.  

Im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ haben sich 74 Kommunen aus acht Bundesländern zusammengeschlossen. In den Städten und Kreisen leben rund zehn Millionen Menschen. Die Kommunen sind besonders vom Strukturwandel betroffen, deshalb haben sie geringe Einnahmen aus Steuern und hohe Ausgaben, insbesondere im Sozialbereich.

Die Mitglieder sind: Bacharach, Bad Schmiedeberg, Bergkamen, Bischofsheim, Bochum, Bottrop, Castrop-Rauxel, Cottbus, Landkreis Cuxhaven, Cuxhaven, Dietzenbach, Dinslaken, Dorsten, Dortmund, Duisburg, Ennepetal, Ennepe-Ruhr-Kreis, Essen, Frankenthal, Frankfurt am Main, Geestland, Gelsenkirchen, Ginsheim- Gustavsburg, Gladbeck, Kreis Groß-Gerau, Hagen, Hamm, Hamminkeln, Hattingen, Herne, Herten, Kaiserslautern, Koblenz, Krefeld, Lahnstein, Leverkusen, Löhne, Ludwigshafen, Lünen, Mainz, Mayen, Mettmann, Moers, Mönchengladbach, Mörfelden- Walldorf, Mülheim an der Ruhr, Neustadt an der Weinstraße, Neuwied, Oberhausen, Obertshausen, Oer-Erkenschwick, Offenbach, Pirmasens, Recklinghausen, Kreis Recklinghausen, Remscheid, Saarbrücken, Salzgitter, Schwerin, Schwerte, Solingen, Trier, Kreis Unna, Unna, Voerde, Völklingen, Waltrop, Werne, Wesel, Witten, Worms, Wülfrath, Wuppertal und Zweibrücken. www.fuerdiewuerde.de