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Ruhrpottdiva
Stephan 'Der Kult-Attaché' Sadowski

Duisburg, 3. September 2022 - Wie wird man zu einer Diva in Friemersheim? Gewiss eine schwierige Sache, denn der südwestlichste Duisburger Ortsteil hat nun mal selbst keine Ambitionen für eine übermäßige Selbstdarstellung. Dieser Frage geht aber die Musikkabarettistin Melanie Zink in ihrem Programm „Geschichten einer Ruhrpottdiva“ nach, das sie vor knapp 50 Zuschauern in der Friemersheimer Dorfkirche abspulte.

Unterstützt von dem Pianisten und Organisten Stefan Büscherfeld aus Voerde am Klavier versuchte sie, anhand von eigenen Erfahrungen zu klären, wie man in Rheinhausen überhaupt zu einer selbstbestimmten Dame werden kann – und natürlich welche Widrigkeiten frau auf diesem Wege ausräumen muss: „Ich erinnere mich an die hautfarbenen BH's aus der Damenunterwäscheabteilung des Zentral-Kaufhaus in Hochemmerich in meiner Kindheit“, lästert Melanie Zink, die selbst zwölf Jahre in Friemersheim wohnte, und weiter: „Die waren ja sowat von uncool!“ Und richtig: Schön waren diese nicht, und so gelangt die Mittvierzigerin schnell zu Push-Ups, Silikon und anderen Hilfsmitteln, um das frauliche Dekolleté besser zu straffen. „Ich kann sie nicht entlüften, die Beulen in meinen Hüften“, singt sie später in einem Song mit dem Titel „Wunderwaffe Hyaluron“ zur Freude der Gäste, um dann den Gang zum Schönheitschirurgen so zussammenfassen: „Als ich dann vor dem Spiegel stand, war alles außer Rand und Band.“

Als richtige „Ruhrpott-Diva“ präsentiert sich die klassisch ausgebildete Sängerin, während sie in einem ausladendem, weißen Plüschmantel mit einem Fächer aus gleichem Material auf hohen Absätzen durch den Kirchenraum stakst und die Arie „Habanera“ aus der Oper „Carmen“ von Georges Bizet selbstironisch interpretiert. Dabei zieht sie die Gäste mit ihrem Mezzosopran in ihren Bann, der auch die schwierigen Höhen in der Endpassage des beliebten Opernstückes meistert. Allerdings gefällt die Sängerin besser, wenn sie das tiefe Timbre ihrer Stimme ausbreitet. Den Jazz-Standard „Bésame mucho“ aus der Feder der mexikanischen Komponistin Consuelo Velázquez interpretiert sie erotisch hauchend zu den sanften Klängen des Klaviers und kokettiert dabei offenherzig mit den männlichen Zuhörern in den Bankreihen. Die Friemersheimer Diva erzählt von Engagements als Sängerin auf Kreuzfahrtschiffen – und von einem Date mit einem Passagier auf einem Ocean-Liner.

„Eigentlich wollte ich ja nie wat mit Gästen da anfangen“, wundert sie sich. Schließlich wird sie dabei versetzt und „nach einer Flasche Asbach und drei Toilettengängen später“ schmettert sie den Gassenhauer „Ach Egon“ aus dem gleichnamigen Heinz Erhardt-Film ins Publikum und schmeißt sich den Männern an den Hals zur Freude der Zuschauer. Eine Reminiszenz an Amy Winehouse mit wedelndem Kochgemüse in den Händen und umgebundener Küchenschürze unterstreicht ihre kabarettistischen Fähigkeiten, genauso wie eine Parodie der ständig aus dem Fenster lästernden TV-Figur „Else Stratmann“, die sie mit aufgesetzter Atze Schröder-Gedächtnisperücke, allerdings in der ruhrpotttypischen Vokuhila-Version, den belustigten Gästen bietet. Ganz Diva - und vielleicht bei sich - ist sie wieder bei der Zugabe „Non, je ne regrette rien“ der großen Édith Piaf.