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Duisburg, 12. November 2025 - Die Hochheider Kneipe „Zum
Laternchen“ hat ein besonderes Programm für seine Gäste
erstellt: Neben Tanznächten und Schlagerabenden gibt es
sogar Kneipentheater mit literarischen Meisterwerken.
„Man muss etwas wagen, wenn man seine Gäste zufrieden
stellen möchte“, meint die Wirtin Waltraud „Walli“ Luthardt.
„Wir haben hier ein breites Angebot an Aktionen inzwischen
für unsere Kundschaft zusammengestellt, es geht von
Tanzabenden bis hin zu Longdrink- und Reggae-Nächten“, sagt
die Frau, die die Hochheider Kneipe „Zum Laternchen“ vor
dreieinhalb Jahren übernommen hat. Mitten in Corona-Zeiten,
in einem Stadtteil, der durch die „Weißen Riesen“ als
Problemzone Duisburgs deutschlandweit bekannt wurde. „Ich
habe zum Glück eine Stammkundschaft, auf die ich mich
verlassen kann“, betont Wirtin „Walli“, wie sie von ihren
Gästen liebevoll gerufen wird.
Die
Kneipe „Zum Laternchen“ an der Rheinpreußenstraße 44
existiert seit Mitte der 1960er-Jahre, als
noch Kohle bei der Zeche Rheinpreußen abgebaut wurde. Erster
Wirt im „Zum Laternchen“ war Ed Wiegand, der die Kneipe etwa
20 Jahre leitete. Es gab keinen Leerstand der Räume, sondern
immer unterschiedliche Pächter. Vor dreieinhalb Jahren
übernahm Waltraud Luthardt die Wirtschaft mitten in der
Corona-Zeit von der vormaligen Pächterin Sabrina Möller. In
den 2000er-Jahren bis Mitte 2010er-Jahre war „Walli“
Luthardt schon einmal Betreiberin des Laternchens. Sie ist
quasi in der Kneipe groß geworden. Unterschiedliche
Veranstaltungen wie Live-Acts, Reggae-Nächte oder Tanz- und
Schlagerabende finden jetzt alle zwei Wochen statt, im
Sommer lädt ein Biergarten im Innenhof zum Verweilen ein.
Beim Abriss des letzten Weißen Riesen war es proppenvoll im
„Laternchen“. Tatsächlich, etwa 40 Gäste sitzen
an einem Montagabend an den Tischen oder tummeln sich an der
Theke, denn es ist immer etwas Besonderes, wenn die
Hobby-Theatertruppe „R drei & vierzig“ ein Theaterstück auf
den knapp 60 Quadratmetern Fläche der Hochheider Kneipe
aufführt. 2018 waren sie zuletzt zu Gast mit einer
Bearbeitung von Wolfgang Borcherts Kurzgeschichte „Nachts
schlafen die Ratten doch“. Jetzt kommen die drei
Schauspieler mit einer Adaption „Die Küchenuhr“, wieder
Borchert. Hier heißt es „Halb drei“. Und die Gäste finden es
richtig gut, dass Literatur in ihrer Lieblingskneipe zum
Leben erweckt wird. Yvonne Meyer-Raßbach und Petra
Schmidt spielen selbst beim Hochheider Kindertheater
„Konfetti 97“ mit. Sie finden: „Wir wollen die Menschen
unterstützen, die sich die Zeit genommen haben, uns zu
unterhalten oder zum Nachdenken anzuregen. Das Stück hat ja
unwahrscheinlich viele Facetten und Sichtweisen. Außerdem
ist es schön, Kneipe als Kulturfaktor zu erleben - und in
welcher Kneipe in Duisburg gibt es schon Theater.“ Dann,
der Last-Order-Call: Wirtin „Walli“ ruft die letzte
Bestellung aus vor dem Beginn des Theaterstücks und dimmt
das Licht herunter. Die Schauspieler Ulrich
Ehrentraut, Andrea Thurow und Norbert Gatz legen im
Halbdunkel los. Mucksmäuschenstill wird es im weiten Raum,
kein Knistern ist zu hören, nur das überlaute Ticken einer
Uhr - das Intro zu dem Lied „Time“ von Pink Floyd dröhnt aus
den Boxen. Musik aus einer Zeit, die 50 Jahre zurückliegt.
In einem Interieur mit einem eichernem, rustikalen
Thekenaufbau, das ebenso aus der Zeit gefallen scheint,
vielleicht noch nie seit Bestehen der Kneipe großartig
verändert wurde. Aber genau das gibt dem „Laternchen“ den
Charme eines Wohnzimmers. Geändert hat sich nur das
Publikum. Bedenkt man, dass es in den Anfängen die Arbeiter
der ehemaligen Rheinpreußenzeche waren, die den Inhalt ihrer
Lohntüte in der Wirtschaft ließen, so ist es jetzt ein
bürgerliches Publikum, dass das „Laternchen“ als sein
„Wohnzimmer“ übernommen hat. „Es hat etwas richtig
Heimeliges und Uriges hier“, befindet auch Gordon Ewert, der
lässig an einem Spielautomaten lehnt und aus seinem Pilsglas
nippt, während großer Applaus für die Akteure nach der
Aufführung durch den Raum schallt. „Und „Walli“ ist einfach
eine gute Wirtin, die ihre Gäste bestens versorgt,“ sagt der
54-Jährige. Der angehende Stammgast bevorzuge analoge
Treffen und reale Geselligkeit, anstatt digitale
Freundschaften zu pflegen. „Ich kann jetzt nicht
sagen, dass die digitale Welt mir mein Publikum wegnimmt.
Auch bei Corona haben sich die Gäste vorbildlich in
2022 verhalten, kamen immer nur geimpft und ohne
Krankheitssymptome zu mir“, so Wirtin „Walli, während sich
die Schauspieler in alle Richtungen des Raumes zum zweiten
Mal verbeugen. „Die Leute lieben hier die Zusammenkunft,
gerade bei unseren Live-Events, wie jetzt“, sagt sie.
Von 2004 bis 2014 war „Walli“ schon einmal die
Betreiberin vom „Laternchen“. Danach half sie bei den
folgenden Inhabern immer wieder als Kellnerin in der Schenke
aus, bis sie sich im März 2022 entschloss, erneut die
Leitung zu übernehmen. „Das ist ja auch für mich ein Projekt
in die Zukunft. Hier in dieser Kneipe lasse ich mein
Herzblut.“
Schließlich hat sie eine lange Beziehung,
nicht nur über das Kellnern, zu ihrem „Laternchen“: „Als
junges Mädchen bin ich schon hier mit meinen Eltern
eingekehrt – manche älteren Gäste kennen mich noch von
damals.“ Und wissen ihre fürsorgliche Art zu schätzen...
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