Duisburg, 6. August 2022 - Sandra
Gutzeit ist Pflegetrainerin am Helios Klinikum Duisburg und
begleitet Angehörige von Pflegebedürftigen in allen
Lebenslagen. Manchmal entstehen daraus auch Freundschaften,
so wie mit Herbert Müller* (78) der sich acht Jahre um seine
schwerkranke Frau kümmerte. Der enge Austausch mit dem
Pflegetrainerteam vom Helios Klinikum Duisburg hat ihm dabei
sehr geholfen. Deshalb will er gemeinsam mit Sandra Gutzeit
derzeitigen und auch künftigen pflegenden Angehörigen Mut
machen und sie wissen lassen, dass sie nicht alleine sind.
Nachdem Herbert Müller seine Partnerin bewusstlos am
Boden vorfand und sie reanimiert werden musste, war schnell
klar, dass sie nicht mehr aufwachen würde. Die Ursache
konnte nicht herausgefunden werden, für ihn kam das Ganze
plötzlich und unerwartet. Zunächst auf der Intensivstation,
später in einer Intensiv-Wohngemeinschaft, lag sie für
insgesamt 8 Jahre im Wachkoma. In dem Entschluss, seine
Partnerin nicht alleine lassen zu wollen und voller
Tatendrang, krempelte Herbert Müller die Ärmel hoch und
wollte sie selbst zu Hause versorgen. Doch was es wirklich
bedeutet, eine Wachkomapatientin rund um die Uhr alleine zu
versorgen, kann man sich als Außenstehender nicht
vorstellen. Und bis Herbert Müller realisiert, dass er dazu
nicht in der Lage ist, muss erst noch Zeit vergehen.
„Man macht schließlich alles zum ersten Mal, das sind Fragen
über Fragen, die man sich vorher noch nie gestellt hat.
Natürlich dauert dieser Prozess“, erklärt Sandra Gutzeit,
langjährige Pflegetrainerin am Helios Klinikum Duisburg.
„Auch muss zuerst der emotionale Schock überwunden werden,
einen geliebten Menschen so vorzufinden.“
Müller und
auch viele weitere Angehörige, die plötzlich vor dieser
neuen Situation stehen, werden oftmals zu früh mit zu vielen
vermeintlich unterschiedlichen Informationen überfordert.
„Da ist man noch gar nicht in der Lage, das alles
aufzunehmen“, so Gutzeit. Zum ersten Mal gesehen
haben die beiden sich in der Helios St. Johannes Klinik, als
seine Partnerin auf die Intensivstation kam. Gutzeit bot ihm
Hilfe in Form von kostenlosen Beratungen, Pflegekursen und
Gesprächskreisen an. Mit der Zeit wächst das Vertrauen
zwischen dem Angehörigen und der Pflegetrainerin, sodass die
gelernte Kinderkrankenschwester ihm aufzeigen konnte, dass
seine Partnerin nur in einer betreuten Wohngemeinschaft gut
aufgehoben sein würde. Dort wird sie von professionellen
Fachkräften 24 Stunden überwacht und gepflegt. Er besucht
seine Partnerin jeden zweiten Tag, um ihr Gesellschaft zu
leisten und sie zu versorgen. „Das wollte ich noch selbst
machen, auch wenn es manchmal wirklich sehr anstrengend
wurde “, so Herbert Müller.
Er ist sehr dankbar für
die Tricks und Kniffe, die er während der Pflegekurse
gelernt hat. Neben pflegefachlichem Wissen, wie Handgriffe
bei der Mobilisierung und Positionierung, Handgriffe beim
Anreichen von Essen, Trinken und Medikamenten oder auch
Handgriffe bei der Körperpflege und dem An- und Auskleiden,
werden einem auch Grundlagen der Pflegeversicherung
vermittelt. Dazu gehört unter anderem die Frage, mit welchem
Pflegegrad man welche Pflegeleistungen aus der
Pflegeversicherung erhält. Auch die Gespräche und der
gegenseitige Austausch helfen ihm in dieser Zeit. „Das
sind alles Dinge, auf die kommt man nicht einfach so. Bei
den Handgriffen musste ich richtig üben. Immer und immer
wieder“, sagt der Rentner. Zum Glück weiß Sandra Gutzeit die
Stimmung in solchen Übungen zu lockern und vermittelt ihr
Wissen mit viel Freude. Aber natürlich gibt es auch ernste,
emotional aufgeladene Gespräche. „Die kostenlosen
Beratungen, Trainings, Schulungen und Gesprächskreise helfen
den Menschen, die gerade ihren Halt verloren haben und die
eine Stütze brauchen – emotional oder mithilfe von
praktischen Übungen zur Pflege.“ Dazu gehören ebenfalls
Schritt-für-Schritt-Anleitungen und Hilfestellungen beim
Ausfüllen von Anträgen. Durch den Gesprächskreis wusste
die Pflegetrainerin, dass Herbert Müller ganz alleine ist.
Der enge Kontakt entwickelte sich schnell zu einer noch
engeren Freundschaft, die die beiden nun seit über neun
Jahren verbindet. „Unser Arbeitsauftrag als
Pflegetrainer ist ganz klar: Wir sehen dich und bedanken uns
bei dir. Die Bürde, die man als pflegender Angehöriger hat,
ist immens groß. Das sieht kaum jemand. Wir lassen keinen
damit alleine. Das Schönste ist für mich, wenn sich die
Angehörigen gegenseitig stützen und in Kontakt bleiben“,
sagt Sandra Gutzeit. Dem stimmt Herbert Müller nur zu: „Man
bekommt die Hilfe, die man sucht“.
Einen ganz
praktischen Tipp möchte der Angehörige am Ende des Gesprächs
noch jedem mit auf den Weg geben: „Man sollte am besten eine
Tabelle vorbereiten mit allen Infos, die man benötigt. Alle
wichtigen Telefonnummern, die Namen der Ärzte, den Namen der
Krankenkasse, Medikamente, die eingenommen werden und ob
Allergien vorhanden sind. Denn mir wurden all diese Fragen
auf einmal zu meiner Frau gestellt und ich wusste nicht
alles sofort. Man sollte vorbereitet sein.“ Genau aus diesem
Grund hat er nun auch eine Notfalldose in seinem Kühlschrank
zu Hause. Darin befinden sich alle wichtigen Medikamente,
die er einnehmen muss und Informationen über Allergien.
Sollte es zu einem Notfalleinsatz kommen, wissen die
Rettungssanitäter:innen sofort Bescheid, wo sie
nachzuschauen haben. Im besten Fall markiert man den
Kühlschrank noch mit einem grünen Aufkleber (ein Kreuz), der
in der Dose enthalten ist, sodass dieser auch schon auf
größere Distanz für die Einsatzkräfte erkennbar ist.
Info: Jedem pflegenden Angehörigen und ehrenamtlich
Pflegetätigen stehen kostenlose Pflegekurse zu: „Die
Pflegekassen haben für Angehörige und sonstige an einer
ehrenamtlichen Pflegetätigkeit interessierte Personen
unentgeltlich Schulungskurse durchzuführen, um soziales
Engagement im Bereich der Pflege zu fördern und zu stärken,
Pflege und Betreuung zu erleichtern und zu verbessern sowie
pflegebedingte körperliche und seelische Belastungen zu
mindern und ihrer Entstehung vorzubeugen.“ ( § 45 des Elften
Buchs Sozialgesetzbuch
SGB XI) Das Helios Klinikum Duisburg
bietet regelmäßig kostenlose Pflegekurse an. Angeboten
werden Pflegegrundkurse, spezielle Demenzkurse und
verschiedene Gesprächskreise, z.B. „Kraft tanken“ und „Mach
mal Pause“. Anmeldungen unter (0203) 546 41722.
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