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					 Duisburg, 05. 
					April 2016 - Die 5. Große Strafkammer des Landgerichts 
					Duisburg hat die Anklage im Loveparade-Strafverfahren nicht 
					zugelassen. Die Eröffnung des Hauptverfahrens wurde 
					abgelehnt. Der Beschluss wurde am 30.03.2016 gefasst und 
					heute den Verfahrensbeteiligten bekannt gegebenen. Danach 
					wird es keine Hauptverhandlung gegen die zehn 
					angeschuldigten Personen geben. 
					 
					Das Gericht hat die gesetzliche Aufgabe, die mit der Anklage 
					erhobenen Vorwürfe zunächst daraufhin zu prüfen, ob eine 
					Hauptverhandlung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu 
					einer Verurteilung der Angeschuldigten führt. Nur dann darf 
					eine solche Hauptverhandlung durchgeführt werden. Die 
					eingehende Prüfung der Anklagevorwürfe und der hierzu 
					vorgelegten Beweismittel durch die 5. Große Strafkammer des 
					Landgerichts Duisburg hat ergeben, dass kein hinreichender 
					Tatverdacht besteht.    
					Die Vorwürfe der Anklage können mit den vorgelegten 
					Beweismitteln nicht bewiesen werden. Eine Verurteilung der 
					Angeklagten ist deshalb nicht zu erwarten.  Das hat 
					die Kammer in ihrem 460 Seiten umfassenden Beschluss im 
					Einzelnen dargelegt.  
					Das wesentliche Beweismittel, auf dem die Anklage beruht, 
					ist das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Still. 
					Dieses Gutachten ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht 
					verwertbar. So leide es an gravierenden inhaltlichen und 
					methodischen Mängeln. 
					Aufgrund des Gutachtens lasse sich daher nicht beantworten, 
					aus welchen Gründen es zu den tragischen Ereignissen 
					anlässlich der Loveparade im Jahre 2010 kommen konnte. 
					Darüber hinaus bestehe gegen den Gutachter die Besorgnis der 
					Befangenheit. Zudem seien die Ausführungen der Anklage zur 
					Frage der Kausalität von Planungs- und Genehmigungsfehlern 
					für das Unglück nicht belegt. Andere tragfähige 
					Beweismittel, die den Anklagevorwurf stützen könnten, 
					stünden dem Gericht aber nicht zur Verfügung. Insbesondere 
					sei dem Gericht die Einholung eines neuen Gutachtens im 
					Zwischenverfahren von Gesetzes wegen untersagt. 
					 
					Zwar dürfe das Gericht einzelne Beweiserhebungen auch im 
					Zwischenverfahren anordnen, es könne aber nicht das zentrale 
					Beweismittel durch ein neues ersetzen. Dementsprechend habe 
					die Kammer 75 Fragen an den Gutachter gestellt, die aber 
					weder zu einer abschließenden Klärung der offenen Fragen 
					noch zu einer Behebung der grundlegenden Mängel führten.
					 
					Zu den tragenden Gründen ihrer Entscheidung führt die Kammer 
					im Einzelnen aus:  
					 
					1. Inhaltliche und methodische Mängel des Gutachtens
					 
					Das Gutachten von Prof. Dr. Still leidet an 
					schwerwiegenden methodischen und inhaltlichen Mängeln, die 
					dazu führen, dass die grundsätzlichen Fragen zu den Ursachen 
					des Loveparade-Unglücks nicht beantwortet werden. Der 
					Gutachter hat lediglich eine „erste grobe Risikoanalyse“ aus 
					Sicht eines Planers vor Beginn der Veranstaltung 
					vorgenommen. Damit kann der erforderliche Nachweis, dass 
					Fehler in der Planung oder Genehmigung die Todesfälle und 
					Verletzungen verursacht hätten (Kausalitätsbeweis), nicht 
					geführt werden.  
					- Prof. Dr. Still hat in unzulässiger Weise 
					die Auswahl der Tatsachen, auf denen sein Gutachten aufbaut, 
					auf örtliche Gegebenheiten beschränkt. Sämtliche andere 
					mögliche Unglücksursachen, insbesondere Handlungen der die 
					Veranstaltung vor Ort begleitenden Personen, hat er hingegen 
					nicht berücksichtigt. Prof. Dr. Still legt seinen 
					Berechnungen Planzahlen des Veranstalters zu den 
					Besucherströmen zugrunde. Von diesen Planzahlen behauptet er 
					zwar, sie seien manipuliert, verwendet sie aber gleichwohl 
					im Rahmen seines Gutachtens.  
					 
					-  Die von Prof. Dr. Still zugrunde 
					gelegten Teilnehmerzahlen konnte er trotz mehrfacher 
					Nachfrage der Kammer nicht schlüssig begründen. Z. B. beruft 
					er sich zur Begründung der von ihm angenommenen 
					Teilnehmerzahlen auf Schätzungen allein der 
					Transportkapazitäten des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr. Damit 
					bleibt ungeklärt, wie viele Besucher tatsächlich auf das 
					Gelände gelangt sind. Daher steht auch nicht fest, dass sich 
					eine – unterstellt – fehlerhafte Berechnung der 
					Besucherströme durch die Angeschuldigten im konkreten 
					Unglück ausgewirkt hat. 
					 
					-  Darüber hinaus ist das Gutachten an 
					zentralen Punkten in sich widersprüchlich. Prof. Dr. Still 
					geht einerseits davon aus, dass wegen der dem Unglücksort 
					vorgelagerten Vereinzelungsanlagen maximal ca. 44.000 
					Personen pro Stunde von außen auf das Gelände gelangen 
					konnten. Andererseits leitet er seinen Rückschluss auf eine 
					fehlerhafte Planung unter anderem aus der Annahme her, dass 
					zwischen 55.000 und 90.000 Personen pro Stunde auf das 
					Gelände gelangen sollten.  
					-  Prof. Dr. Still hat seine Pflicht 
					zur persönlichen Erstattung des Gutachtens verletzt. Er hat 
					die verfügbaren Unterlagen nie selber vollständig gesichtet, 
					sondern die eigenständige Auswahl aller für das Gutachten 
					verwendeten Dokumente zwei Mitarbeiterinnen übertragen. 
					Diese Auswahl konnte er mangels Kenntnis der deutschen 
					Sprache nicht selbst prüfen. 
  - 
					Prof. Dr. Still hat zudem die Sorgfaltsmaßstäbe, die er den 
					Angeschuldigten auferlegt hat, nicht nachvollziehbar 
					begründet. Er hat sich mit den für Deutschland maßgeblichen 
					Normen und Regeln, die für die Veranstaltungsplanung 
					anzuwenden sind, nicht beschäftigt. Der vom Gutachter seiner 
					Engstellenberechnung zugrunde gelegte maximale 
					Personendurchfluss von 82 Personen pro Minute und Meter 
					findet sich nicht in den maßgeblichen Normen. 
					Er ist auch nicht allgemein als Stand der ordnungsgemäßen 
					Veranstaltungsplanung anerkannt. Dem Gutachten von Prof. Dr. 
					Still liegt ein falscher Ursächlichkeitsbegriff zugrunde. Er 
					vermengt die nach deutschem Recht zu unterscheidenden 
					Kategorien der Kausalität einerseits und der 
					Vorhersehbarkeit andererseits. Für eine Verurteilung ist 
					aber nach deutschem Recht erforderlich, dass sich ein 
					konkreter Planungs- oder Genehmigungsfehler eines 
					Angeschuldigten in einer konkreten Verletzung auswirkt.
					 
					 
					2. Besorgnis der Befangenheit des Gutachters Prof. 
					Dr. Still  
					Das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Still ist in 
					einer Hauptver- handlung nicht verwertbar, weil Prof. Dr. 
					Still als befangen abzulehnen wäre. Entsprechende 
					Ablehnungsanträge sind schon im Zwischenver- fahren 
					angekündigt worden. Ein Befangenheitsgesuch ist schon dann 
					erfolgreich, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, 
					Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Sachverständigen 
					zu rechtfertigen.  
					-  Es kommt dabei nicht darauf an, ob 
					tatsächlich eine Befangenheit des Sachver- ständigen 
					besteht. Derartige Gründe für eine im Rahmen einer etwaigen 
					Hauptverhandlung erfolgreiche Ablehnung des Sachverständigen 
					benennt die Kammer wie folgt: Nachdem er das Gutachten 
					vorgelegt hatte, hat sich Prof. Dr. Still in öffentlich 
					gehaltenen Vorträgen, die auch über das Internet zugänglich 
					waren, unsachlich zu dem Unglück geäußert.  
					-  So hat er behauptet, dass die Daten 
					für das Genehmigungsverfahren manipuliert gewesen seien, 
					ohne dass er dies begründet oder belegt. Weiter hat er 
					ausgeführt, dass von den Planern der Veranstaltung 
					einfachste Gesetze der Mathematik, die sein Sohn im Alter 
					von vier Jahren beherrscht hätte, nicht beachtet worden 
					seien.  
					-  Ferner hat er sich in Vorträgen und 
					einem Fachbuch nach Vorlage des Gutachtens auf bestimmte 
					Unglücksursachen und Ergebnisse festgelegt. Insbesondere hat 
					er Fehler in Planung, Genehmigung und Durchführung der 
					Veranstaltung als sicher unterstellt, ohne alternative 
					Unglücksursachen in Betracht zu ziehen. Ein Abrücken von 
					diesen öffentlich mehrfach verbreiteten Behauptungen in 
					einer Hauptverhandlung könnte für Prof. Dr. Still mit einem 
					erheblichen beruflichen Ansehensverlust verbunden sein.
					 
					-  Auch habe Prof. Dr. Still sich 
					selbst nicht als unabhängigen, nicht weisungsgebundenen 
					Gutachter angesehen, sondern als von einem 
					Sicherheitsunternehmen und einer englischen Universität 
					beauftragt betrachtet. Diese haben die Vorgehensweise bei 
					der Gutachtenerstellung zumindest teilweise mitbestimmt. 
					Zudem hat er die Prüfung seines Gutachtens im Interesse der 
					Haftpflichtversicherung seiner Arbeitgeber für erforderlich 
					gehalten und eine entsprechende Überprüfung durchführen 
					lassen.  
					 
					3. Keine Unumkehrbarkeit des Geschehens 
					 
					Die Kammer bezweifelt die der Anklage zugrunde liegenden 
					Kausalitätserwägungen: Die Anklage geht davon aus, dass zu 
					einem bestimmten Zeitpunkt (15:30 Uhr bzw. 16:02 Uhr) die 
					tragischen Ereignisse unumkehrbar gewesen seien, also 
					unabhängig von weiteren Handlungen zum Unglück hätten führen 
					müssen. Dabei beruft sie sich auf Angaben des Prof. Dr. 
					Still.  
					Dieser allerdings nimmt eine Unumkehrbarkeit des 
					Geschehensverlaufs allenfalls zu deutlich späteren 
					Zeitpunkten an. Für die Frage der Ursächlichkeit etwaiger 
					Planungs- und Genehmigungsfehler für die Todesfälle und 
					Verletzungen kommen auch aus diesem Grund noch mögliche 
					andere Ursachen, insbesondere die später eingezogenen 
					Polizeiketten, die unterlassene Schließung der 
					Zugangssysteme und später entfernte Begrenzungszäune an den 
					Einlassanlagen, in Betracht.  
					 
					Gegen den Beschluss der Kammer können Staatsanwaltschaft und 
					Nebenkläger binnen einer Woche sofortige Beschwerde 
					einlegen. Über diese entscheidet das Oberlandesgericht 
					Düsseldorf.  
 
  
					
					- Sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft - 
					Die Entscheidung des 
					Landgerichts Duisburg, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen, 
					ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht nachvollziehbar 
					und rechtsfehlerhaft.
					Gegen den Beschluss der 
					Strafkammer hat die Staatsanwaltschaft daher umgehend 
					sofortige Beschwerde eingelegt.  
					 
					Mit Akribie und großem Fleiß hat sich die Kammer nach mehr 
					als zweijähriger Prüfung erkennbar bemüht, im 
					Zwischenverfahren die von der Staatsanwaltschaft 
					zusammengetragenen Beweismittel um fassend abschließend zu 
					würdigen und auf dieser Grundlage einen 
					Nichteröffnungsbeschluss gefasst, ohne dass sich die 
					Öffentlichkeit einen Eindruck sowohl von der Validität der 
					Beweismittel als auch dem Willensbildungsprozess der Kammer 
					verschaffen konnte.  
					Nach der Auffassung der Staatsanwaltschaft hat die Kammer 
					die Funktion des Zwischenverfahrens überdehnt und den 
					Amtsermittlungsgrundsatz, der für sie gleichermaßen wie für 
					die Staatsanwaltschaft gilt, nicht in genügender Weise 
					beachtet. Der Beschluss der Strafkammer ist – jedenfalls 
					überwiegend – mit Bedenken gegen den Sachverständigen Prof. 
					Dr. Still und sein Gutachten begründet.  
					Die Zurückweisung des Gutachters und seiner Ergebnisse ist 
					indes nicht gerechtfertigt. Gerade auch angesichts der 
					Vielzahl an Beweismitteln, die die Staatsanwaltschaft für 
					die von ihr erhobenen Tatvorwürfe – neben dem Gutachten des 
					Sachverständigen – benannt hat, hätte sich die Strafkammer 
					aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes zudem veranlasst 
					sehen müssen, einen 
					zweiten Gutachter zu beauftragen.    
					Die Beauftragung von Gutachtern durch das Gericht im Stadium 
					des Zwischenverfahrens ist gängige Praxis. Es entspricht 
					zudem der üblichen Verfahrensweise, die Staatsanwaltschaft 
					und die übrigen Verfahrensbeteiligten (frühzeitig) auf 
					etwaige Bedenken hinzuweisen und der Staatsanwaltschaft 
					Gelegenheit zu geben, die für erforderlich erachteten 
					ergänzenden Ermittlungen nachzuholen.  
					Prof. Dr. Still ist ein international anerkannter 
					renommierter Experte, an dessen Sachkunde und Unabhängigkeit 
					keine Zweifel bestehen. Er hat nachvollziehbar und im Kern 
					unverändert dargelegt, dass bei der Planung und Genehmigung 
					der maximal möglichen Durchflusskapazität des zum 
					Veranstaltungsgeländes führenden Tunnels – 82 Personen pro 
					Meter pro Minute – keinerlei Beachtung geschenkt und dadurch 
					das tragische Geschehen herbeigeführt worden ist.  
					Die gegen diese Bewertung seitens der Strafkammer erhobenen 
					Bedenken teilt die Staatsanwaltschaft nicht, auch weil es 
					sich bei der maximalen Durchflusskapazität um einen 
					wissenschaftlich anerkannten Erfahrungswert handelt. Dieser 
					muss als allgemeingültiger Wert angesehen werden, für den es 
					einer sachverständigen Feststellung im Einzelfall nicht 
					bedarf.  
					Die Ablehnung des Sachverständigen als befangen entbehrt aus 
					Sicht der Staatsanwaltschaft der Grundlage; sie wäre nur 
					möglich, wenn der Sachverständige durch mündliche oder 
					schriftliche Äußerungen den Eindruck einer 
					Voreingenommenheit hervorgerufen hätte. Dies ist auch unter 
					Berücksichtigung der von der Strafkammer aufgeführten 
					Umstände nicht der Fall.  
					Den von der Staatsanwaltschaft festgestellten Zeitpunkt der 
					„Unumkehrbarkeit des Geschehens“, den die Strafkammer als 
					nicht belegt ansieht, hat die Staatsanwaltschaft in ihrer 
					Anklage, gestützt auf zahlreiche Beweismittel, wie etwa 
					Videoaufnahmen, Zeugenaussagen, aber auch Feststellungen des 
					Sachverständigen Prof. Dr. Still, sehr sorgfältig begründet.
					 
					 
					Die Zweifel des Landgerichts sind – auch unter 
					Berücksichtigung der insoweit von der Strafkammer 
					angeführten Gründe – nicht nachvollziehbar. Die in diesem 
					Zusammenhang von der Strafkammer angesprochen 
					Alternativursachen sind – weder für sich genommen noch 
					insgesamt – ursächlich für das tragische Geschehen geworden.
					 
					Die Staatsanwaltschaft 
					geht davon aus, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf als 
					zuständiges Beschwerdegericht den Beschluss des Landgerichts 
					aufheben und die Durchführung des Hauptverfahrens anordnen 
					wird. Nur dadurch wird – auch im Interesse 
					der zahlreichen Opfer und ihrer Angehörigen – die gebotene 
					weitere Aufklärung der Ereignisse in öffentlicher 
					Hauptverhandlung sichergestellt.  
  
					 - Stellungnahme von 
					Oberbürgermeister Sören Link - "Fünf Staatsanwälte und fast Hundert Polizisten haben in den 
					letzten Jahren zur Loveparade-Katastrophe ermittelt. Die 
					Hauptakte umfasste mehr als 44000 Seiten, über 3400 Zeugen 
					wurden vernommen. Trotz dieser kaum vorstellbaren Datenflut 
					konnte im strafrechtlichen Sinne kein Schuldiger gefunden 
					werden.      
					Das Gericht führte heute aus, dass vor allem das Gutachten 
					des Panikforschers Keith Still nicht verwertbar sei, da es, 
					ich zitiere, „an gravierenden methodischen und inhaltlichen 
					Mängeln“ leide. Die Vorwürfe der Anklage können mit den 
					vorgelegten Beweismitteln nicht bewiesen werden, weswegen 
					eine Verurteilung nicht zu erwarten sei.      
					Ich bin kein Jurist und kann deswegen keine fachliche 
					Einschätzung abgeben. Ich bin sicher, es wird in den 
					nächsten Tagen viele geben, die die Begründung des Gerichts 
					fundiert bewerten können. Aber ich bin ein Mensch. Ein 
					Mensch, der Familie hat, eine Frau, Freunde, Menschen die 
					ich liebe, die mein Leben bereichern – ja ausmachen.   
					   
					Und als solcher leide ich heute mit den Angehörigen, mit den 
					Eltern, Partnern, mit den Freundinnen und Freunden, mit den 
					vielen Verletzten und Traumatisierten, mit den Menschen, für 
					die die Loveparade eine Zäsur in ihrem Leben darstellt, von 
					der sich viele bis heute nicht erholt haben.      
					Sie alle werden heute schwer tragen an der Entscheidung des 
					Gerichts. Sie werden schwer daran tragen, dass es auf die 
					Frage, wer die Schuld an dieser Katastrophe trägt, auch nach 
					über fünf Jahren keine eindeutige Antwort gibt.      
					Wer seinen Sohn, seine Tochter, sein Liebstes verloren hat, 
					der fragt nicht nach Verfahrensfehlern oder danach, warum 
					ein Gutachten verwertbar ist oder nicht. Der darf 
					Unverständnis äußern, dass es mehr als ein halbes Jahrzehnt 
					brauchte, um diese Katastrophe aufzuarbeiten, ohne dass am 
					Ende jemand strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden 
					konnte. Ich weiß allerdings auch, dass viele Betroffene 
					schon lange davon ausgingen, dass die juristische 
					Aufarbeitung ihnen keinen Frieden bringen wird. Für viele 
					war es ein Schlag ins Gesicht, dass die damalige Stadtspitze 
					und der Geschäftsführer des Veranstalters nicht auf der 
					Liste der Beschuldigten standen. 
  So ist der heutige Tag für 
					viele eine weitere Enttäuschung. 
 
  
					- Sofortige Beschwerde im Falle 
					der Nichteröffnung eines Strafverfahrens -  
					Die Entscheidung der Kammer eines Landgerichts, ein 
					Strafverfahren nicht zu eröffnen und die Anklage nicht zur 
					Hauptverhandlung zuzulassen, kann mit dem Rechtsmittel der 
					„sofortigen Beschwerde“ angefochten werden. Die Entscheidung 
					über diese sofortige Beschwerde trifft das 
					Oberlandesgericht. 
  Eine solche „sofortige 
					Beschwerde“ können sowohl die Staatsanwaltschaft als auch 
					Nebenkläger einlegen. Sie muss innerhalb einer Woche nach 
					Zustellung der Nichteröffnungsentscheidung an die 
					Verfahrensbeteiligten bei dem Landgericht eingelegt werden, 
					das die Nichteröffnung des Verfahrens beschlossen hat. Der 
					Senat beim Oberlandesgericht kann die Entscheidung der 
					Kammer des Landgerichts über die Nichteröffnung entweder 
					bestätigen oder dahingehend abändern, dass er die Eröffnung 
					des Hauptverfahrens und damit die Durchführung der 
					Hauptverhandlung gegen einzelne oder alle Angeschuldigte vor 
					einer Strafkammer des Landgerichts anordnet. 
  Dann 
					muss das Strafverfahren im angeordneten Umfang vor dem 
					Landgericht durchgeführt werden. Die Entscheidung des Senats 
					des Oberlandesgerichts ist abschließend. Es steht kein 
					weiteres Rechtsmittel zur Verfügung. Dem Senat bei dem 
					Oberlandesgericht werden für seine Entscheidung im 
					Beschwerdeverfahren alle Akten zur Verfügung gestellt, auf 
					die das Landgericht seine Entscheidung gestützt hat. Der 
					Senat überprüft die Entscheidung des Landgerichts dann unter 
					allen rechtlichen Gesichtspunkten. 
  Im Falle der 
					Nichteröffnung eines Strafverfahrens wird der Senat eine 
					eigene Prüfung und Bewertung der Anklage vornehmen. Kommt 
					auch der Senat zu dem Ergebnis, dass im Falle der 
					Durchführung eines Hauptverfahrens nicht mit einer 
					Verurteilung der Angeschuldigten zu rechnen ist, weist er 
					die Beschwerde zurück. Sofern aus Sicht des Senats jedoch 
					eine Verurteilung aller oder einzelner Angeklagter zu 
					erwarten ist, lässt er die Anklage insoweit zu und 
					beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens.  
					
  - Die Kanzlei baum reiter & collegen: 
					Bankrotterklärung der Justiz - Die Kanzlei 
					baum reiter & collegen, die zahlreiche Loveparade-Opfer 
					vertritt, wägt weitere Schritte ab. Die Sozietätspartner 
					Gerhart Baum und Prof. Dr. Julius Reiter sehen nun die 
					Staatsanwaltschaft sowie die Landesregierung in der 
					Verantwortung. 
  Erneute Schlappe für die 
					Loveparade-Opfer: Das Landgericht Duisburg stellt das 
					Hauptverfahren gegen die Verantwortlichen der 
					Loveparade-Katastrophe ein, bei der 21 Menschen ums Leben 
					kamen sowie Hunderte verletzt und traumatisiert wurden. Die 
					Richter begründen ihren Beschluss mit dem fehlenden 
					Tatverdacht aus tatsächlichen Gründen. Es lägen nicht genug 
					Beweise gegen die Angeschuldigten vor. Die Kanzlei baum 
					reiter & collegen, die eine Vielzahl an Nebenklägern 
					vertritt, zweifelt die Gründlichkeit des Beschlusses an und 
					wägt weitere juristische Schritte ab.   
  
					„Die Nichtzulassung der Anklage nach rund sechs Jahren 
					Ermittlungen ist eine Bankrotterklärung der Justiz. Die 
					Beweislage hätte eine strafrechtliche Klärung dringend 
					erfordert“, erklärt Gerhart Baum, Bundesinnenminister a. D. 
					und Partner der Kanzlei baum reiter & collegen. Es handelt 
					sich um einen Sachverhalt, bei dem man nach den äußeren 
					Umständen von Anfang an diese Katastrophe befürchten musste.
					
  Den Betroffenen fehlt jegliches Verständnis dafür, 
					dass eine strafrechtliche Klärung nun nicht erfolgen soll. 
					Sie haben einen Anspruch darauf auch im Andenken an ihre 
					Toten, dass die Sache jetzt nicht zu den Akten gelegt wird.
					
  „Wir sehen uns außerstande, den Opfern zu erklären, 
					dass das Fehlverhalten einiger nun weder aufgeklärt noch 
					gesühnt wird.“, erklärt Prof. Dr. Julius Reiter, Partner der 
					Kanzlei baum reiter & collegen. „Durch die Entscheidung des 
					Landgerichts ist auch die Abwicklung der Entschädigungen 
					erheblich erschwert worden. Die Betroffenen sind jetzt auf 
					langwierige Verfahren vor den Zivilgerichten angewiesen. Es 
					ist zu befürchten, dass dadurch auch die Behandlung 
					langdauernder seelischer Schädigungen gefährdet ist“.  
					
  Die Nebenklägervertreter prüfen nun sämtliche 
					Rechtsmittel. „Wir erwarten, dass die Staatsanwaltschaft 
					sofortige Beschwerde einlegt“, so Reiter. Abzuwägen gilt, 
					inwieweit eine Beschwerde als Nebenkläger erfolgversprechend 
					ist. Baum appelliert an das Land NRW: „Es ist jetzt auch 
					Sache der Landesregierung, die durch sofortige Hilfe nach 
					der Katastrophe ihre Verantwortung unter Beweis gestellt 
					hat, zu erklären, wie sie sich eine Aufklärung vorstellt. 
					Wir wiederholen unsere Forderung für die Einrichtung einer 
					Opferstiftung. Der Landtag sollte erwägen, zumindest das 
					Organisationsverschulden unabhängig von der strafrechtlichen 
					Aufarbeitung in einem Untersuchungsausschuss zu klären.“  
					
  -
					
					Erklärung des Landgerichtspräsidenten Ulf-Thomas Bender 
					(Auszug) -  
  
					-
					Auszug 
					aus dem Nichteröffnungsbeschluss der 5. Großen Strafkammer 
					-
 
  
					 
					  
					
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  
					
 
 
  
					
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  
					 
					
 
 
 
  
					
 
 
 
  
					
 
 
 
 
 
 
 
 
  
					
 
 
 
 
  
					
 
 
  
					
 
 
 
  
					  
					
					 
					 
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