Wiesbaden/Duisburg, 16. Juni 2025 - Vor seinem
Abflug zum G7-Gipfel bekräftigt Bundeskanzler Merz,
dass die Einigkeit und Handlungsfähigkeit der
größten Industrienationen der Welt das wichtigste
Ziel des bevorstehenden Gipfels ist.
Oben auf der Agenda stehe der Konflikt
zwischen Israel und Iran. Hier müsse
Einigkeit darüber herrschen, dass Iran keine
Nuklearwaffen entwickeln und besitzen dürfe.
Weitere Punkte seien unter anderem der Krieg in der
Ukraine, der bevorstehende NATO-Gipfel und die
Bewältigung der Migration.
Meine Damen und
Herren, wir werden uns in wenigen Minuten auf den
Weg zum G7-Gipfel in Kanada machen. Ich sehe diesen
Gipfel als eine Gelegenheit für wichtige Gespräche
in einer Zeit großer Herausforderungen. Das
wichtigste Ziel wird sein: Die sieben größten
Industrienationen der Welt sind sich einig, und sie
sind handlungsfähig.
Eines der Themen wird
natürlich das sehr aktuelle Thema des Konfliktes im
Mittleren Osten sein. Der Fortschritt des Irans auf
dem Weg zur Atomwaffe hat dazu geführt, dass Israel
am Freitag militärische Ziele im Iran angegriffen
hat. Dieses Thema wird sehr weit oben auf der Agenda
des G7-Gipfels stehen. Mein Ziel wird es sein, dass
wir uns im Wesentlichen im Hinblick auf vier Punkte
verständigen.
Erstens, und
dies ist zentral, darf Iran keine
Nuklearwaffen entwickeln und auch keine
besitzen. Das wäre eine Bedrohung für Israel, den
Nahen Osten und die internationale Gemeinschaft
insgesamt. Für viele Jahre hat sich Iran um eine
Verhandlungslösung herumgewunden. Alle
diplomatischen Bemühungen haben nicht dazu geführt,
dass der Iran von seinem militärischen
Nuklearprogramm Abstand genommen hat.
Zweitens. Israel hat das Recht,
seine Existenz und die Sicherheit seiner Bürger zu
verteidigen. Das iranische Atomwaffenprogramm ist
eine existenzielle Bedrohung für den Staat Israel.
Drittens. Es darf jetzt
keine Ausweitung des Konflikts geben. Teheran muss
die Bombardierung ziviler Ziele in Israel sofort
beenden. Weitere Staaten in der Region dürfen nicht
zum Kriegsschauplatz werden. Ich will
hinzufügen: Wir wappnen uns auch in Deutschland für
den Fall, dass Iran israelische oder jüdische Ziele
in Deutschland ins Visier nehmen sollte.
Viertens. Es muss auch wieder Raum
für Diplomatie eröffnet werden. Dazu steht
Bundesaußenminister Joe Wadephul, wie Sie alle
wissen, im engen Austausch mit seinen Amtskollegen
in der Region. Ich habe heute Vormittag letztmalig
mit ihm telefoniert und alle Gespräche auch mit ihm
koordiniert. Ich selbst habe heute unter anderem
auch mit dem Sultan von Oman gesprochen. Lassen
Sie mich hinzufügen: Israel hat uns gebeten,
Feuerlöschmittel zur Verfügung zu stellen. Das
werden wir auch umgehend in die Wege leiten.
Wir werden natürlich auch über den Krieg
Russlands gegen die Ukraine beraten.
Die Teilnahme des ukrainischen Staatspräsidenten
Wolodymyr Selenskyj und des NATO-Generalsekretärs
Mark Rutte sendet ein Signal der Unterstützung für
die Ukraine. Auch hier möchte ich ein Zeichen
größtmöglicher Geschlossenheit erreichen, und es
werden uns dabei aus meiner Sicht drei Fragen
besonders wichtig sein:
Erstens.
Wir sollten gemeinsam die von Präsident Trump
angestoßenen Verhandlungen über einen
Waffenstillstand voranbringen. Dazu hat die Ukraine
mit unserer Unterstützung Vorschläge entwickelt,
während Russland weiter auf Zeit spielt und brutal
Krieg führt.
Zweitens. Um
Moskau an den Verhandlungstisch zu bringen, braucht
es zusätzlichen Druck. Deshalb wollen wir beim
Europäischen Rat Ende des Monats neue Sanktionen
verhängen; Sie alle kennen die Vorschläge. Die
G7-Partner und insbesondere die USA wollen wir dafür
gewinnen, ihrerseits an neuen Maßnahmen zu arbeiten.
Schließlich wird der bevorstehende NATO-Gipfel in
Den Haag ebenfalls im Zeichen der Einigkeit und der
Stärke gegenüber Russland stehen müssen. Wir wollen
ja selbst massiv in unsere Fähigkeit investieren,
uns zu verteidigen. Nur das sichert den Frieden im
euroatlantischen Raum, und diese Bemühungen kommen
ja auch der Ukraine zugute.
Das Treffen der
G7 wollen wir dazu nutzen, um diesen Beschluss auch
in der NATO vorzubereiten. Neben den Themen
Nahost und Ukraine ist aus meiner Sicht weiterhin
besonders wichtig, dass wir beim G7-Gipfel auch über
die Wirtschaftsthemen miteinander sprechen. Dazu ist
dieses Format ja auch einmal gegründet worden.
Dieses Mal wird es um eine klare Perspektive für
eine Einigung im Zollstreit gehen. Auch über Fragen
der Wirtschaftssicherheit, der Versorgung mit
kritischen Rohstoffen und der Zusammenarbeit bei
neuen Technologien wollen wir sprechen.
Ich
wünsche mir klare Aussagen der G7 zum Thema
Migration. Sie alle kennen die Diskussion,
die wir im eigenen Lande führen. Es ist kein
Geheimnis, dass es in den letzten Monaten immer
wieder auch etwas schwierig war, international eine
gemeinsame Sichtweise auf diese Herausforderung zu
finden. Daher möchte ich keine abschließende
Prognose abgeben, zu welchen Themen wir dann
tatsächlich schriftliche Erklärungen in Kananaskis
verabschieden werden.
Aber klar ist
auch: Unter Freunden kann man und muss man offen
reden. Dieser Austausch ist der
zentrale Wert der G7, und das werden wir die
nächsten beiden Tage unseres Treffens auch wieder
zeigen.
Zum Schluss noch ein Punkt, der mir
wichtig ist: Wir brauchen starke Allianzen auch über
die G7 hinaus. Ich freue mich deshalb besonders
darauf, zentrale Partner aus Asien, Lateinamerika
und Afrika zu treffen, zum Teil auch zum ersten Mal.
Schließlich möchte ich schon jetzt dem Gastgeber
Mark Carney, dem kanadischen Premierminister,
herzlich danken, dass er dieses G7-Treffen
vorbereitet hat. Ich werde ihn aus der deutschen
Sicht und meiner persönlichen Sicht dabei
unterstützen, dass der anstehende Gipfel in Kanada
ein gemeinsamer Erfolg wird. Herzlichen Dank!
|