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"Offen Reden unter Freuden"
Bundeskanzler Friedrich Merz zu den Erwartungen des G7-Gipfel in Kanada

Wiesbaden/Duisburg, 16. Juni 2025 - Vor seinem Abflug zum G7-Gipfel bekräftigt Bundeskanzler Merz, dass die Einigkeit und Handlungsfähigkeit der größten Industrienationen der Welt das wichtigste Ziel des bevorstehenden Gipfels ist.

Oben auf der Agenda stehe der Konflikt zwischen Israel und Iran.
Hier müsse Einigkeit darüber herrschen, dass Iran keine Nuklearwaffen entwickeln und besitzen dürfe.
Weitere Punkte seien unter anderem der Krieg in der Ukraine, der bevorstehende NATO-Gipfel und die Bewältigung der Migration.

Meine Damen und Herren, wir werden uns in wenigen Minuten auf den Weg zum G7-Gipfel in Kanada machen. Ich sehe diesen Gipfel als eine Gelegenheit für wichtige Gespräche in einer Zeit großer Herausforderungen.
Das wichtigste Ziel wird sein: Die sieben größten Industrienationen der Welt sind sich einig, und sie sind handlungsfähig.

Eines der Themen wird natürlich das sehr aktuelle Thema des Konfliktes im Mittleren Osten sein. Der Fortschritt des Irans auf dem Weg zur Atomwaffe hat dazu geführt, dass Israel am Freitag militärische Ziele im Iran angegriffen hat. Dieses Thema wird sehr weit oben auf der Agenda des G7-Gipfels stehen. Mein Ziel wird es sein, dass wir uns im Wesentlichen im Hinblick auf vier Punkte verständigen.

Erstens, und dies ist zentral, darf Iran keine Nuklearwaffen entwickeln und auch keine besitzen. Das wäre eine Bedrohung für Israel, den Nahen Osten und die internationale Gemeinschaft insgesamt. Für viele Jahre hat sich Iran um eine Verhandlungslösung herumgewunden. Alle diplomatischen Bemühungen haben nicht dazu geführt, dass der Iran von seinem militärischen Nuklearprogramm Abstand genommen hat.

Zweitens. Israel hat das Recht, seine Existenz und die Sicherheit seiner Bürger zu verteidigen. Das iranische Atomwaffenprogramm ist eine existenzielle Bedrohung für den Staat Israel.

Drittens. Es darf jetzt keine Ausweitung des Konflikts geben. Teheran muss die Bombardierung ziviler Ziele in Israel sofort beenden. Weitere Staaten in der Region dürfen nicht zum Kriegsschauplatz werden.
Ich will hinzufügen: Wir wappnen uns auch in Deutschland für den Fall, dass Iran israelische oder jüdische Ziele in Deutschland ins Visier nehmen sollte.

Viertens. Es muss auch wieder Raum für Diplomatie eröffnet werden. Dazu steht Bundesaußenminister Joe Wadephul, wie Sie alle wissen, im engen Austausch mit seinen Amtskollegen in der Region. Ich habe heute Vormittag letztmalig mit ihm telefoniert und alle Gespräche auch mit ihm koordiniert. Ich selbst habe heute unter anderem auch mit dem Sultan von Oman gesprochen.
Lassen Sie mich hinzufügen: Israel hat uns gebeten, Feuerlöschmittel zur Verfügung zu stellen. Das werden wir auch umgehend in die Wege leiten.

Wir werden natürlich auch über den Krieg Russlands gegen die Ukraine beraten.
Die Teilnahme des ukrainischen Staatspräsidenten Wolodymyr Selenskyj und des NATO-Generalsekretärs Mark Rutte sendet ein Signal der Unterstützung für die Ukraine.
Auch hier möchte ich ein Zeichen größtmöglicher Geschlossenheit erreichen, und es werden uns dabei aus meiner Sicht drei Fragen besonders wichtig sein:

Erstens. Wir sollten gemeinsam die von Präsident Trump angestoßenen Verhandlungen über einen Waffenstillstand voranbringen. Dazu hat die Ukraine mit unserer Unterstützung Vorschläge entwickelt, während Russland weiter auf Zeit spielt und brutal Krieg führt.

Zweitens. Um Moskau an den Verhandlungstisch zu bringen, braucht es zusätzlichen Druck. Deshalb wollen wir beim Europäischen Rat Ende des Monats neue Sanktionen verhängen; Sie alle kennen die Vorschläge. Die G7-Partner und insbesondere die USA wollen wir dafür gewinnen, ihrerseits an neuen Maßnahmen zu arbeiten. Schließlich wird der bevorstehende NATO-Gipfel in Den Haag ebenfalls im Zeichen der Einigkeit und der Stärke gegenüber Russland stehen müssen. Wir wollen ja selbst massiv in unsere Fähigkeit investieren, uns zu verteidigen. Nur das sichert den Frieden im euroatlantischen Raum, und diese Bemühungen kommen ja auch der Ukraine zugute.

Das Treffen der G7 wollen wir dazu nutzen, um diesen Beschluss auch in der NATO vorzubereiten.
Neben den Themen Nahost und Ukraine ist aus meiner Sicht weiterhin besonders wichtig, dass wir beim G7-Gipfel auch über die Wirtschaftsthemen miteinander sprechen. Dazu ist dieses Format ja auch einmal gegründet worden. Dieses Mal wird es um eine klare Perspektive für eine Einigung im Zollstreit gehen. Auch über Fragen der Wirtschaftssicherheit, der Versorgung mit kritischen Rohstoffen und der Zusammenarbeit bei neuen Technologien wollen wir sprechen.

Ich wünsche mir klare Aussagen der G7 zum Thema Migration. Sie alle kennen die Diskussion, die wir im eigenen Lande führen. Es ist kein Geheimnis, dass es in den letzten Monaten immer wieder auch etwas schwierig war, international eine gemeinsame Sichtweise auf diese Herausforderung zu finden. Daher möchte ich keine abschließende Prognose abgeben, zu welchen Themen wir dann tatsächlich schriftliche Erklärungen in Kananaskis verabschieden werden.

Aber klar ist auch: Unter Freunden kann man und muss man offen reden.
Dieser Austausch ist der zentrale Wert der G7, und das werden wir die nächsten beiden Tage unseres Treffens auch wieder zeigen.

Zum Schluss noch ein Punkt, der mir wichtig ist: Wir brauchen starke Allianzen auch über die G7 hinaus.
Ich freue mich deshalb besonders darauf, zentrale Partner aus Asien, Lateinamerika und Afrika zu treffen, zum Teil auch zum ersten Mal. Schließlich möchte ich schon jetzt dem Gastgeber Mark Carney, dem kanadischen Premierminister, herzlich danken, dass er dieses G7-Treffen vorbereitet hat. Ich werde ihn aus der deutschen Sicht und meiner persönlichen Sicht dabei unterstützen, dass der anstehende Gipfel in Kanada ein gemeinsamer Erfolg wird.
Herzlichen Dank!