Am 11. Dezember 1946 in New York:
Kinderhilfswerk Unicef wird ins Leben gerufen!
Am 24. Juli 1957
wurde in Duisburg aus Dankbarkeit und der Einsicht, dass
auch in vielen anderen Teilen der Welt Kinder in großer Not
leben, die Arbeitsgruppe Duisburg ins Leben gerufen. Redaktion Harald Jeschke
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UNICEF: Investitionen für Kinder bringen
Milliarden-Überschuss für Deutschland
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Neues Gutachten des Instituts der
deutschen Wirtschaft zeigt, dass sich Programme wie
„Startchancen” auszahlen
© UNICEF/UNI604421/Etges
Berlin/ Köln, den 29. August 2024 UNICEF
Deutschland ruft Bund, Länder und Kommunen dazu auf, bei
ihren Investitionen die Unterstützung von Kindern und
Jugendlichen zu priorisieren. Ein heute in Berlin
vorgestelltes Gutachten des Instituts der deutschen
Wirtschaft (IW) im Auftrag von UNICEF Deutschland zeigt,
dass gezielte Investitionen insbesondere für benachteiligte
Kinder sowohl gesellschaftlich als auch ökonomisch sinnvoll
sind und positive Effekte in Milliardenhöhe für die
öffentlichen Haushalte bringen.
“Investitionen
für Kinder zahlen sich in jeder Hinsicht aus - für die
Kinder selbst, aber auch für die Zukunft unserer
Gesellschaft“, sagte Georg Graf Waldersee, Vorsitzender von
UNICEF Deutschland. “Den am meisten benachteiligten Kindern
und Jugendlichen kommt eine Schlüsselrolle zu: Bei ihnen
gibt es die größten Lücken, was die Verwirklichung ihres
Rechts auf gutes Aufwachsen angeht. In ihnen schlummert
außerdem das größte noch ungenutzte Potential.”
„Kinder werden in einigen Jahrzehnten als Erwachsene die
Wirtschaft tragen, die Gesellschaft prägen und den Wohlstand
sichern. Deutschland steht dabei vor großen demografischen
Herausforderungen. Allerdings wird dies im politischen
Diskurs häufig noch zu wenig gesehen und bei
Haushaltsentscheidungen berücksichtigt“, sagte Prof. Dr.
Axel Plünnecke, Studienleiter des IW-Gutachtens.
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Das Gutachten nennt die drei Wirkungsfelder Bildung,
Gesundheit und Sozialisation, in denen Deutschland jeweils
im Vergleich der OECD-Länder nur im Mittelfeld liegt. Schon
heute investiert Deutschland in diese Bereiche. Aber die
IW-Autoren kommen zu dem Schluss, dass andere Länder wie
Kanada und Dänemark deutlich erfolgreicher sind und bei
einer effizienteren Investitionspolitik für Kinder als
Vorbild dienen können. Der Förderung der besonders
benachteiligten Kinder kommt hierbei eine große Bedeutung
zu.
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Modellrechnung zum Startchancenprogramm Das IW-Gutachten
beleuchtet das Startchancen-Programm als ein Beispiel für
den bewussten strategischen Einsatz von Mitteln für
benachteiligte Kinder. Das Programm von Bund und Ländern
fördert in den kommenden zehn Jahren gezielt Schulen, die
aufgrund der Zusammensetzung der Schülerschaft einen
Mehreinsatz von Ressourcen benötigen, damit jedes Kind die
Chance auf einen erfolgreichen Bildungsweg erhält.
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Nach der Modellrechnung des IW stehen den vorgesehenen
staatlichen Ausgaben von 20 Milliarden Euro langfristig
positive Effekte zwischen 56 und 113 Milliarden für die
öffentlichen Haushalte gegenüber – zum Beispiel durch
zusätzliche Steuereinnahmen und niedrigere
Transferleistungen, wenn die Jugendlichen einen höheren
Schulabschluss erreichen.
Das Programm würde selbst
dann langfristig einen Nettoüberschuss von mehr als 36
Milliarden Euro einspielen, wenn es seine Ziele nur zur
Hälfte erreichen sollte. Würde man das Startchancenprogramm
ausbauen, wie es das Gutachten empfiehlt, und mit rund 80
Milliarden Euro rund 40 Prozent aller Kinder erreichen,
rechnet das IW mit einem Nutzen von 150 bis 365 Milliarden
Euro.
„Da ich auf eine Grundschule in einem
sozialen Brennpunkt gegangen bin, weiß ich, wie schwer es
manche Kinder haben und dass die Chancen für Kinder in
Deutschland alles andere als fair verteilt sind“, sagte die
17-jährige Karlina Li, die sich bei UNICEF engagiert. „Eine
Investition in ein Kind endet nicht mit dem Kind, sondern
ist eine Investition in die Zukunft.“
Mit der
UN-Kinderrechtskonvention ist Deutschland dazu verpflichtet,
allen Kindern die bestmöglichen Bedingungen für ihr
Aufwachsen zu bieten. Zahlen aus der
UNICEF-Datenbank „Kind sein in Deutschland“ und dem
UNICEF-Bericht “Zur
Lage der Kinder in Deutschland” belegen, dass es in
vielen Bereichen noch große Lücken gibt. So verlassen
beispielsweise jedes Jahr rund 47.000 junge Menschen die
Schule ohne einen Schulabschluss.
Empfehlungen von UNICEF Deutschland Vor dem
Hintergrund knapper Mittel muss die öffentliche Hand ihre
Investitionen gezielt zur Unterstützung und Förderung
benachteiligter Kinder einsetzen.
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Bund und Länder sollten dafür sorgen, dass ausreichend Daten
und Informationen erhoben werden, um das Gesamtportfolio der
wichtigsten Investitionen in Kinder ermitteln und auf ihre
Wirksamkeit hin überprüfen zu können.
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Bund, Länder und Kommunen müssen in zentralen Feldern der
Kinderpolitik besser zusammenarbeiten.
Der
Nationale Aktionsplan
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Neue Chancen für Kinder in Deutschland bietet beispielsweise
einen guten Rahmen zur Verbesserung der Teilhabe
marginalisierter Gruppen von Kindern. Weitere für Kinder
relevante Felder wie das Bildungswesen oder der Kinderschutz
könnten in ähnlicher Form gemeinsam und an den Kinderrechten
orientiert modernisiert werden.
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Kinder ohne oder mit wenig Deutschkenntnissen benötigen frühe
Förderung und unmittelbaren Zugang zu Kitas und Schulen.
Dies gilt auch für geflüchtete Kinder.
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Die in der UN-Kinderrechtskonvention verankerten Rechte
sollten im Grundgesetz ausdrücklich erwähnt werden, um den
Schutz, die Förderung und die Beteiligung von Kindern und
Jugendlichen in Deutschland wirksam und dauerhaft
abzusichern.
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Immer heißer: Millionen Kinder
erleben jedes Jahr doppelt so viele Hitzetage wie noch ihre
Großeltern
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Laut UNICEF-Analyse nehmen Tage mit
extremer Hitze über 35 Grad in vielen Ländern schnell zu –
mit großen Gesundheitsgefahren für Kinder und Schwangere
Ein Mädchen im Südsudan kühlt ihren Kopf an einer
Wasserstelle. Im Südsudan und vielen anderen Ländern hat die
Zahl der extrem heißen Tage stark zugenommen.
©UNICEF/UN0836989/Naftalin
New York/ Köln/Duisburg,
15. August 2024 - Laut einer neuen UNICEF-Analyse lebt jedes
fünfte Kind – oder 466 Millionen – in Gegenden, in denen es
jedes Jahr mindestens doppelt so viele extrem heiße Tage
gibt wie noch vor sechs Jahrzehnten. UNICEF hat die 1960er
Jahre mit dem Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2024
verglichen und warnt eindringlich vor der Geschwindigkeit
und dem Ausmaß, mit dem extrem heiße Tage – definiert als
Tage mit Temperaturen über 35 Grad Celsius – zunehmen und
das Leben und die Gesundheit von Kindern weltweit
gefährden.
„Die heißesten Sommertage scheinen
jetzt normal zu sein“, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin
Catherine Russell. „Die extreme Hitze nimmt zu und
beeinträchtigt die Gesundheit, das Wohlbefinden und den
Alltag der Kinder.“
Weltweit sind Kinder in
afrikanischen Ländern den meisten extrem heißen Tagen
ausgesetzt, und dort hat die Zahl der heißen Tage auch am
stärksten zugenommen. 123 Millionen Kinder in West- und
Zentralafrika – oder 39 Prozent der Kinder in der Region –
erleben heute durchschnittlich mehr als ein Drittel des
Jahres (mindestens 95 Tage) Temperaturen über 35 Grad
Celsius.
In einigen Ländern verbringen Kinder
durchschnittlich sogar mehr als das halbe Jahr bei diesen
extrem heißen Temperaturen: In Mali sind es bis zu 212 Tage,
in Niger 202 Tage, in Senegal 198 Tage und im Sudan 195
Tage. In Lateinamerika und der Karibik leben fast 48
Millionen Kinder in Gebieten, in denen es doppelt so viele
extrem heiße Tage gibt wie zur Zeit ihrer Großeltern. In
Paraguay ist zum Beispiel die Zahl der extrem heißen Tage
verglichen mit den 1960er Jahren von 36 auf 71 Tage
gestiegen.
Hitzestress im Körper, der durch
extreme Hitze verursacht wird, stellt eine einzigartige
Bedrohung für die Gesundheit und das Wohlbefinden von
Kindern und schwangeren Frauen dar, insbesondere wenn
keine Möglichkeiten zur Abkühlung verfügbar sind. „Kinder
sind keine kleinen Erwachsenen. Ihre Körper sind extremer
Hitze gegenüber viel anfälliger. Junge Körper heizen sich
schneller auf und kühlen langsamer ab. Extreme Hitze ist für
Babys aufgrund ihrer schnelleren Herzfrequenz besonders
gefährlich, daher sind steigende Temperaturen für Kinder
noch besorgniserregender“, sagte Russell.
Hitzestress wird mit Schwangerschaftskomplikationen, Früh-
und Totgeburten in Verbindung gebracht. Kinder sind durch
Hitze unmittelbar gefährdet, weil sie zum Beispiel ein
höheres Risiko für Hitzschlag oder Sonnenstich haben.
Darüber hinaus trägt Hitze zu Mangelernährung bei und macht
Kinder anfälliger für Infektionskrankheiten, die sich bei
hohen Temperaturen verbreiten, darunter Malaria und
Dengue-Fieber.
Es gibt Belege dafür, dass sich
Hitze auch auf die neurologische Entwicklung, die psychische
Gesundheit und das Wohlbefinden auswirkt. Darüber hinaus
führt Hitze zu Schulschließungen, schlechter Schlafqualität
und Konzentrationsschwierigkeiten und hat damit auch
Auswirkungen auf die Bildung von Kindern und Jugendlichen.
UNICEF fordert ambitionierten Klimaschutz In den
kommenden Monaten müssen alle Mitgliedsstaaten des Pariser
Abkommens neue nationale Klimapläne vorlegen – die
Nationally Defined Contributions (NDC 3.0).
Diese Pläne werden den Kurs des Klimaschutzes für ein
Jahrzehnt festlegen. UNICEF ruft Staats- und
Regierungschefs, Regierungen und den privaten Sektor dazu
auf, diese Gelegenheit zu nutzen. Ambitionierte
Klimaschutzmaßnahmen sind dringend notwendig, um das Recht
jedes Kindes auf eine saubere, gesunde und nachhaltige
Umwelt zu wahren.
„Die Regierungen müssen
handeln, um die steigenden Temperaturen unter Kontrolle zu
bringen – und es gibt jetzt eine einzigartige Gelegenheit,
dies zu tun. Während die Regierungen derzeit ihre nationalen
Klimaaktionspläne entwerfen, können sie dies mit dem Ehrgeiz
und dem Wissen tun, dass die Kinder von heute und zukünftige
Generationen in der Welt leben müssen, die sie
hinterlassen“, sagte Russell.
Weitere Informationen
Der
aktuelle UNICEF-Report „A threat to progress:
Confronting the effects of climate change on child health
and wellbeing“ zeigt umfassend, welche Gesundheitsgefahren
für Kinder durch den Klimawandel verursacht beziehungsweise
verschärft werden.
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Eine Hungersnot – und keiner schaut hin?
UNICEF Deutschland ruft dringend zu Spenden für die
Kinder im Sudan auf.
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Statement
von Christian Schneider, Geschäftsführer UNICEF Deutschland,
zur Lage der Kinder im Sudan
Kinder und ihre Familien fiehen vor der Gewalt in Al-Fashir,
Nord-Darfur. © UNICEF/UNI602892/Jamal
Köln(Duisburg,
08. August 2024 -„Stellen Sie sich vor, es gibt eine
Hungersnot – und keiner schaut hin. Das ist leider kein
ausgedachtes Szenario. Es geschieht gerade jetzt, in diesen
Tagen.
Festgestellt wurde diese Hungersnot
in Nord-Darfur, Sudan, in einem
Flüchtlingslager nahe der Stadt Al-Fashir. Das Zamzam-Camp,
dessen Namen die meisten von uns nie zuvor gehört haben,
beherbergt inzwischen vermutlich mehr als 400.000
schutzsuchende Menschen, die der seit 15 Monaten andauernden
Gewalt im Sudan so gerade entkommen sind.
In
anderen Orten ist die Lage ähnlich dramatisch. Wir schätzen,
dass bis Ende des Jahres 730.000 Kinder an schwerer
Mangelernährung leiden werden. Sie sind damit in akuter
Lebensgefahr. Hier bei uns würde ein Kind in diesem Zustand
sofort intensive medizinische Betreuung erhalten. Kinder im
Sudan sterben heute und morgen an Hunger und Krankheiten.
Ihre Eltern können nur zusehen, viele Mütter und Schwangere
sind selbst sehr geschwächt.
Das Leid der
Kinder und ihrer Familien ist so groß, dass die Hungersnot
im Sudan auf jeder Nachrichtenseite und in jeder Sendung
einen prominenten Platz haben sollte. Zumal es eine seltene
und zugleich extrem harte Nachricht ist: Das Eintreten einer
Hungersnot wurde jetzt weltweit zum ersten Mal seit sieben
Jahren (nach 2017 im Südsudan) und insgesamt erst das dritte
Mal in zwei Jahrzehnten offiziell festgestellt. Doch leider
findet die Verzweiflung der Menschen im Schatten anderer
Krisen und Themen kaum Aufmerksamkeit.
Ganz
ehrlich: Auch wir haben gemeinsam mit weiteren
Hilfsorganisationen im Versuch, das Schlimmste zu
verhindern, über Monate vor einer drohenden Hungersnot
gewarnt. Vielleicht ist die Dringlichkeit, die sich aus der
nun tatsächlich herrschenden Hungersnot ergibt, nicht
deutlich geworden. Dabei ist es die höchste Stufe der
Eskalation.
Laut
Definition
sind die Kriterien einer Hungersnot erst dann erreicht, wenn
ein großer Teil der Menschen zu wenig zu essen hat,
mindestens 30 Prozent der Kinder unter fünf Jahren an akuter
Mangelernährung leiden und mindestens zwei von 10.000
Menschen aufgrund von Mangel an Nahrungsmitteln oder einer
Kombination von Hunger und Krankheiten sterben, und zwar
täglich.
Was ist jetzt besonders dringend? Zum
einen müssen die Konfliktparteien endlich überall bessere
und sichere Zugänge für uns Hilfsorganisationen
gewährleisten, damit wir die Menschen erreichen können. Und
zweitens braucht es: Geld. Nur wenn rasch und ausreichend
Beiträge von Regierungen und private Spenden mobilisiert
werden, können die Organisationen Lebensmittel,
Zusatznahrung für ausgezehrte Kinder, Medikamente und mehr
nach Darfur und in andere Regionen bringen. Wenn das nicht
geschieht, könnte sich die Hungersnot auf große Landesteile
ausweiten. Für viele Kinder im Camp Zamzam kann es schon
morgen zu spät sein. Hungersnöte können wir nur bekämpfen,
wenn wir hinschauen.“
UNICEF Deutschland ruft
dringend zu Spenden für die Kinder im Sudan auf. Weitere
Informationen und Spendenmöglichkeit
hier.
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Konflikte, wirtschaftliche Krisen und Klimaschocks:
Umfassende Investitionen aus Deutschland stärken Resilienz
in Sahelzone |
UNICEF, WFP und GIZ starten neue
Programmphase, um Perspektiven in Zeiten multipler Krisen zu
schaffen
Ein Junge lernt in einer Schule in Mauretanien.©
UNICEF/UNI545074/Kounta
Berlin, 15. Juli 2024 - Mit
dem heutigen Beginn der Generalversammlung der Sahel-Allianz
unter der Präsidentschaft von Entwicklungsministerin Svenja
Schulze tritt auch die Kooperation des
UN-Welternährungsprogramms (WFP), des Kinderhilfswerks der
Vereinten Nationen (UNICEF) und der Deutschen Gesellschaft
für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH in fünf Ländern
der Region in eine neue Phase.
Die Maßnahmen
der sogenannten Sahel Resilience Partnership (SRP) setzen
bei Dorfgemeinschaften in Burkina Faso, Tschad, Mali,
Mauretanien sowie Niger an. Sie tragen dazu bei, Menschen in
einer Region zu stärken, die von Klimaextremen, Konflikten
und Armut geprägt ist. In einem ersten Schritt will das
Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (BMZ) 130 Millionen Euro bereitstellen, damit
UNICEF, WFP und GIZ ihre gemeinsame Arbeit erweitern und
verstärken. So wappnen sich in der Sahelzone Millionen
Menschen besser gegen multiple Krisen.
Bis 2027
sollen unter anderem rund acht Millionen Menschen in 6.000
Dorfgemeinschaften erreicht und 450.000 Hektar Ödland wieder
urbar gemacht werden. Entwicklungsministerin Svenja Schulze:
„Diese Partnerschaft geht die tieferen Ursachen der Krise in
der Sahel-Region an: Indem Dörfer sich wieder selber mit
Lebensmitteln versorgen können, Kinder wieder in die Schule
gehen und dort Mahlzeiten bekommen und junge Menschen wieder
Aussicht auf Jobs und Einkommen haben. Die Erfahrung zeigt,
dass diese Unterstützung wirkt und viele Dörfer auch in
Krisenzeiten nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen sind.“
Die SRP leistet nicht nur einen Beitrag gegen
Hunger- und Klimakrise, sondern schafft Lebensgrundlagen und
Perspektiven für viele junge Menschen, stärkt sie als
Akteure des Wandels und trägt so zu Stabilität in
europäischer Nachbarschaft bei. Künftig investieren die drei
Partner mehr in lokale Ernährungssysteme. Zudem soll der
Zugang zu sozialen Diensten wie Gesundheitszentren und
Schulen verbessert werden. Die neuen Elemente zur Stärkung
von friedlichem und inklusivem Zusammenleben, die auch der
Konfliktprävention dienen, sind entscheidend in der fragilen
Region.
„Um die Krisenfestigkeit der Menschen
zu stärken, brauchen wir übergreifende Lösungen, die
Ökosysteme wiederherstellen, Lebensgrundlagen aufbauen und
ein soziales Sicherheitsnetz knüpfen“, sagte Margot van der
Velden, geschäftsführende WFP-Regionaldirektorin für
Westafrika. „Dank der Zuwendungen und der politischen
Führungsrolle Deutschlands können wir unsere erfolgreichen
Programme jetzt ausweiten. Wir sind entschlossen, die
Zusammenarbeit mit Regierungen und Partnern zu verstärken,
um nachhaltige Lösungen zur Bekämpfung des Hungers zu
schaffen, die regionale Stabilität zu unterstützen und
schließlich die Spirale der Krisen zu durchbrechen.“
In der Region verschärfen die drastischen Folgen des
Klimawandels bestehende Konflikte um Ressourcen wie Wasser,
Nahrung und Land. In den vergangenen fünf Jahren hat sich
die Zahl der Hungernden in der Sahelzone auf 11,6 Millionen
Menschen fast verdreifacht. Besonders Kinder sind davon
betroffen. Aktuelle Zahlen sprechen von 17 Millionen Fällen
von Mangelernährung bei Kindern unter fünf Jahren.
Die gemeinsamen, großangelegten Programme leisten hier
einen wichtigen Beitrag gegen Hunger und für den
Klimaschutz, indem durch einfache und lokale
landwirtschaftliche Methoden unfruchtbare Böden großflächig
wieder nutzbar gemacht werden – seit 2018 insgesamt eine
Fläche von über 400.000 Fußballfeldern. Und sie tragen dazu
bei, dass drei Millionen junge Menschen und Frauen Zugang zu
Bildung haben, einen Arzt aufsuchen und sich besser ernähren
können. Auch dies wappnet sie für zukünftige Krisen. „Dank
der langjährigen Unterstützung schaffen wir
Zukunftsperspektiven für junge Menschen in ihren Gemeinden”,
sagte Gilles Fagninou, UNICEF-Regionaldirektor für West- und
Zentralafrika.
„Unser gemeinsames Ziel ist es,
Menschen und soziale Strukturen so zu fördern, dass sie
unweigerlich auftretende Schocks und Krisen aus eigener
Kraft bewältigen können. Unsere Arbeit verbessert
insbesondere die für Kinder so wichtigen Grundleistungen wie
gesunde Ernährung, Bildung, sauberes Wasser, soziale
Sicherung und Gesundheit.“
Seit 2018 haben WFP
und UNICEF, ab 2020 gemeinsam mit der GIZ, und gefördert
durch das BMZ, mehr als vier Millionen Menschen in über
3.000 Dörfern in der Region erreicht. Diese Bemühungen haben
dazu beigetragen, den Bedarf an teurer humanitärer Hilfe im
Laufe der Zeit erheblich zu verringern. Studien und
Evaluierungen haben auch gezeigt, dass die
Resilienzmaßnahmen den sozialen Zusammenhalt gestärkt haben
und Spannungen um knappe natürliche Ressourcen verringert
wurden – eine der Hauptursachen für Konflikte in der
Sahelzone.
„Wir legen den Fokus auf Entwicklung,
sozialen Zusammenhalt und friedliche Konfliktlösung“, sagt
Petra Warnecke, Bereichsleiterin Afrika der GIZ. „Die GIZ
stärkt Gemeinden darin, mögliche Konflikte frühzeitig zu
erkennen und im Dialog beizulegen, bevor sie sich zu
gewaltsamen Krisen auswachsen. Zudem lernen Bäuerinnen und
Bauern in unseren Schulungen, wie sie ihre Landwirtschaft an
die veränderten Klimabedingungen anpassen. Gemeinsam wollen
wir die Bevölkerung besser gegen multiple Krisen wappnen.“
Weitere Kennzahlen und bisherige Erfolge der
gemeinsamen Programme:
• 1
Million Menschen aus den lokalen Dorfgemeinschaften haben an
Maßnahmen in den Bereichen Bodenschutz, Wassergewinnung,
Gartenbau, Kompostierung und Infrastruktur, wie z.B.
Straßenbau, mitgewirkt.
• Im
Niger benötigten 80% der an den Maßnahmen teilnehmenden
Dorfgemeinschaften während der mageren Zeit zwischen den
Ernten keine humanitäre Hilfe mehr.
•
290.000 Hektar Land wurden wiederhergestellt, 2.230
Hektar Garten angelegt, 560 Brunnen und 1.740 Teiche
geschaffen oder saniert, um die Nahrungsmittelproduktion
anzukurbeln und das Einkommen zu verbessern.
• Mehr
als 32.500 junge Menschen engagierten sich in von
Jugendlichen geleiteten Initiativen für sozialen
Zusammenhalt und Frieden. Mehr als 2 Millionen Kinder und
Frauen wurden durch Maßnahmen zur Vorbeugung von
Mangelernährung erreicht; mehr als 1,2 Millionen Kinder
unter fünf Jahren wurden gegen Mangelernährung behandelt.
• 900.000
Schulkinder erhielten nahrhafte Mahlzeiten in mehr als 2.900
Schulen; Schulbesuche von Mädchen im Teenageralter wurden
durch Lebensmittelrationen zum Mitnehmen, Stipendien oder
Schulpakete gefördert.
• 210.000
Jungen und Mädchen besuchen sichere Schulen und über 193.000
Jungen und Mädchen wurden beim Fernunterricht unterstützt,
wenn Schulen geschlossen waren oder sie vertrieben wurden.
•
386.000 Mitglieder der Gemeinschaften erhielten
nachhaltigen Zugang zu sauberem Wasser und engagierten sich
in gemeinschaftlichen Hygienemaßnahmen.
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Geschäftsbericht UNICEF Deutschland 2023 |
Hohe Spendenbereitschaft in einem besonders düsteren
Jahr für Kinder
© UNICEF/UN0779513/Suleiman
Köln/Berlin, 14. Juni 2024 - Nach
enormer Solidarität für die vom Ukraine-Krieg betroffenen
Kinder im Vorjahr war das Spendenergebnis 2023 das
zweithöchste seit der Gründung des Deutschen Komitees für
UNICEF im Jahr 1953. „2023 war für viele Kinder ein
besonders düsteres Jahr. Allein 460 Millionen Mädchen und
Jungen wachsen derzeit in Konfliktgebieten auf oder mussten
aus diesen fliehen”, sagte Georg Graf Waldersee,
Vorsitzender von UNICEF Deutschland.
„Es ist in
diesen Zeiten zahlreicher, sich überlagernder Krisen und
extremer Kinderrechtsverletzungen eine gute Nachricht, dass
UNICEF Deutschland erneut auf die Unterstützung so vieler
Bundesbürgerinnen und Bundesbürger zählen konnte. So konnten
UNICEF-Teams Millionen Kindern in großer Not, wie in der
Ukraine, im Sudan und im Gazastreifen, mit konkreter Hilfe
beistehen.“
Mit Gesamteinnahmen von 186,4
Millionen Euro bleibt UNICEF Deutschland eines der drei
stärksten Nationalen Komitees für UNICEF, die die weltweite
Arbeit des UN-Kinderhilfswerks unterstützen. Der
Geschäftsbericht 2023 wurde heute anlässlich der
Mitgliederversammlung in Berlin veröffentlicht. Rund 563.000
Spenderinnen und Spender in Deutschland entschieden sich
2023 dafür, sich für das Wohl und den Schutz von Kindern zu
engagieren.
Mittlerweile mehr als 310.000
Patenschaften von Privatpersonen und Unternehmen bedeuten
eine verlässliche finanzielle Förderung. Im vergangenen Jahr
stellte UNICEF Deutschland rund 143,6 Millionen Euro für die
weltweite Arbeit der Organisation bereit.
Die
Spenden ermöglichten es dem UN-Kinderhilfswerk, in mehr als
400 Einsätzen weltweit umfassende Nothilfe zu leisten sowie
nachhaltige Programme in vielen Ländern zu initiieren oder
fortzusetzen – zum Beispiel in den Bereichen Ernährung und
Gesundheit, Bildung und Kinderschutz.
Darüber hinaus
setzte sich UNICEF Deutschland auch im eigenen Land für die
Kinderrechte ein, im Dialog mit Bundesregierung und
Parlament, mit Initiativen wie dem Programm
Kinderrechteschulen, das die Kinderrechte in die
Grundschulen trägt, sowie Forschung zur Situation der
Kinder.
Große Nothilfe-Einsätze und
nachhaltige Entwicklungsarbeit Fast 30 Millionen
Euro kamen im vergangenen Jahr für die von den schweren
Erdbeben betroffenen Kinder und Familien in Syrien und der
Türkei zusammen. In den beiden Ländern unterstützte UNICEF
insgesamt 5,6 Millionen Kinder mit Hilfsgütern und
-angeboten wie sauberem Trinkwasser, sanitären Einrichtungen
und medizinischen Leistungen wie Untersuchungen auf
Mangelernährung und Impfungen gegen Cholera und Polio.
Beschädigte Schulen wurden instandgesetzt und mit
Lernmaterialien ausgestattet.
Mehr als zwölf
Millionen Euro erhielt UNICEF Deutschland für die inmitten
des Krieges aufwachsenden Kinder und Jugendlichen in der
Ukraine. Im Vorjahr hatte die überwältigende
Spendenbereitschaft nach dem Kriegsausbruch zu Einnahmen von
mehr als 103 Millionen Euro für den Hilfseinsatz in der
Ukraine und den Nachbarländern geführt.
Die
Situation der Kinder und Familien bleibt insbesondere in den
Frontgebieten lebensbedrohlich. UNICEF leistet dort weiter
intensiv humanitäre Hilfe, versorgt Kinder und Familien mit
sauberem Trinkwasser, Winterkleidung, Medikamenten und
Hygieneartikeln. UNICEF liefert auch Stromgeneratoren an
Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten und unterstützt bei
der Fortbildung von Lehr- und psychosozialen Fachkräften.
Der Klimawandel und mit ihm einhergehende
Wetterextreme und Naturkatastrophen verschärfen die Lage der
Kinder inzwischen spürbar in vielen Ländern. „Schon heute
lebt jedes zweite Kind weltweit in einer Region, die durch
die Folgen der Klimakrise extrem gefährdet ist. Die
Veränderungen prägen den Alltag der Kinder und bedrohen ihre
Lebenschancen”, sagt Christian Schneider, Geschäftsführer
UNICEF Deutschland. „Mit Unterstützung aus Deutschland kann
UNICEF die Widerstandsfähigkeit der Familien nachhaltig
stärken und im Katastrophenfall schnelle Nothilfe leisten.
Das ist für viele Kinder überlebenswichtig.“
Engagement für Kinder und ihre Rechte
Die großen Aufgaben, die es für Kinder weltweit zu
bewältigen gilt, geht UNICEF nicht allein an, sondern setzt
auf die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft, mit
Forschungs-einrichtungen und vielen Partnern und jungen
Menschen in den jeweiligen Ländern. In Deutschland setzen
sich rund 7.000 ehrenamtlich Engagierte persönlich für
UNICEF ein – in einem flächendeckenden Netzwerk mit fast 90
Arbeitsgruppen, mehr als 35 JuniorTeams sowie über 60
Hochschulgruppen. Sie setzen sich mit Informationen und
intensiver Schularbeit für Kinderrechte ein, organisieren
Spendenaktionen und verkaufen die beliebten
UNICEF-Grußkarten.
Transparente
Mittelverwendung UNICEF Deutschland trägt das
Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale
Fragen (DZI) und wurde mehrfach für vorbildliche
Unternehmensführung und Transparenz ausgezeichnet. Die
Kosten für Verwaltung sowie Öffentlichkeitsarbeit und
Werbung in Deutschland betrugen 2023 gemäß den Kriterien des
DZI 17,6 Prozent. Ein detaillierter Finanzbericht ergänzt
den Geschäftsbericht 2023. Der UNICEF-Geschäftsbericht 2023
und der ausführliche Finanzbericht stehen zur Verfügung
unter www.unicef.de/gb2023.
Auf der Transparenz-Seite
finden Unterstützer*innen weitere umfassende Informationen –
zum Beispiel darüber, wie UNICEF arbeitet und die Spenden
einsetzt.
Ergebnisse der
UNICEF-Mitgliederversammlung Der UNICEF-Geschäftsbericht
2023 wurde heute in Berlin von der Mitgliederversammlung des
Deutschen Komitee für UNICEF e.V. entgegengenommen. Britta
Haßelmann (MdB), Bettina Würth und der Vorstandsvorsitzende
Georg Graf Waldersee wurden erneut in den Vorstand von
UNICEF Deutschland gewählt.
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1.000 Tage verlorene Bildung für afghanische
Mädchen |
Statement
von UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell ©
UNICEF/UNI592297/Meerzad New
© UNICEF/UNI592297/Meerzad
York/Köln, 13. Juni 2024
- „Der heutige Tag markiert einen traurigen und
ernüchternden Meilenstein: 1.000 Tage sind vergangen,
seitdem angekündigt wurde, dass Mädchen in Afghanistan keine
weiterführenden Schulen besuchen dürfen. 1.000 Tage ohne
Lernen entsprechen drei Milliarden verlorenen
Unterrichtsstunden. Für 1,5 Millionen Mädchen bedeutet
dieser systematische Ausschluss vom Lernen nicht nur eine
eklatante Verletzung ihres Rechts auf Bildung, sondern auch
schwindende Zukunftschancen und eine Verschlechterung ihrer
psychischen Gesundheit.
Die Rechte von Kindern,
insbesondere von Mädchen, dürfen nicht zum Spielball der
Politik werden. Ihr Leben, ihre Zukunft, ihre Hoffnungen und
ihre Träume stehen auf dem Spiel. Das Verbot hat
Auswirkungen über das Wohlergehen der Mädchen hinaus. Es
verschärft die anhaltende humanitäre Krise und hat
schwerwiegende Auswirkungen auf die Wirtschaft und die
zukünftige Entwicklung Afghanistans. Denn Bildung eröffnet
nicht nur Zukunftschancen. Sie schützt Mädchen vor
Kinderehen, Mangelernährung und anderen Gesundheitsproblemen
und stärkt ihre Widerstandskraft gegenüber Katastrophen wie
Überschwemmungen, Dürren und Erdbeben, die Afghanistan immer
wieder heimsuchen.[1]
Die UNICEF-Teams sind unermüdlich im Einsatz, um
alle Kinder in Afghanistan zu unterstützen. Gemeinsam mit
Partnern sorgen sie dafür, dass 2,7 Millionen Kinder eine
Grundschulausbildung erhalten und dass 600.000 Kinder in
gemeindebasierten Schulen lernen können – zwei Drittel von
ihnen sind Mädchen. Und sie helfen Lehrkräfte auszubilden
und tun alles, um die Bildungsinfrastruktur aufrecht zu
halten.
Anlässlich dieses düsteren Meilensteins
fordere ich die De-facto-Behörden auf, allen Kindern
unverzüglich die Wiederaufnahme des Unterrichts zu
ermöglichen. Und ich fordere die internationale Gemeinschaft
auf, sich weiterhin zu engagieren und die Mädchen in
Afghanistan zu unterstützen – sie brauchen uns mehr denn je.
Kein Land wird vorankommen, wenn die Hälfte seiner
Bevölkerung zurückgelassen wird."
Im vergangenen Jahr
hat UNICEF: - Mehr als 20 Millionen Menschen über
mobile Teams mit grundlegenden Gesundheitsdiensten erreicht,
eine Million davon in schwer zugänglichen Gebieten; -
2,1 Millionen Menschen mit sauberem Wasser und 1,1 Millionen
mit Sanitärversorgung erreicht; - 1,4 Millionen Kinder
mit Masernimpfungen erreicht; - 715.000 schwer
mangelernährten Kindern eine stationäre Behandlung
ermöglicht; - 686.000 Kinder (sechs von zehn von ihnen
Mädchen) mit Bildungsangeboten in 21.335 gemeindebasierten
Schulen erreicht; - 170.000 besonders schutzbedürftige
Familien mit Programmen zur sozialen Sicherung und 86.000
mit Bargeldhilfen während der Wintermonate erreicht: 70.000
Kinder, darunter unbegleitete und von ihren Familien
getrennte Kinder, mit gezielten Programmen für ihren Schutz
erreicht.
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Der Wiederaufbau der Ukraine hängt davon ab, ob
Kinder lernen können |
Statement von Regina De Dominicis,
UNICEF-Regionaldirektorin für Europa und Zentralasien
© UNICEF/UN0778560/Filippov
Genf/Köln, 12. Juni
2024 - „Der Krieg in der Ukraine zerstört die wichtigste
Ressource seines Landes – seine Menschen. Ohne weitere
Investitionen und eine nachhaltige Finanzierung werden
Kinder und Jugendliche keinen ausreichenden Zugang zu Schul-
und Ausbildungsmöglichkeiten haben – dabei sind diese
entscheidend für die Zukunft der Kinder und Familien.
Aufgrund der Covid-19-Pandemie und des Krieges ist
die Bildung der ukrainischen Kinder seit mehr als vier
Jahren unterbrochen – so lange wie eine gesamte
Grundschulausbildung in der Ukraine. Rund vier Millionen
Kinder im ganzen Land können nur eingeschränkt lernen. Die
jüngsten verfügbaren Daten aus dem Jahr 2022 zeigen, dass
Kinder in der Ukraine im Lesen etwa zwei Jahre, in
Mathematik ein Jahr und in den Naturwissenschaften ein
halbes Jahr im Rückstand sind. Dieser Rückstand hat sich
seit Februar 2022 weiter vergrößert.
Mehr als
jede zehnte Bildungseinrichtung wurde durch den Krieg
beschädigt, und mehr als jede fünfte musste geschlossen
werden, weil Schutzräume fehlen. Für den Wiederaufbau des
Bildungsbereichs werden erhebliche Mittel benötigt, die die
verfügbaren Ressourcen weit übertreffen. Die
Bildungssituation ist für Kinder, die in die Nachbarländer
geflüchtet sind, ebenfalls katastrophal. Etwa die Hälfte der
geflüchteten Kinder aus der Ukraine – rund eine Million –
sind derzeit nicht in den Schulen ihrer Zufluchtsländer
eingeschrieben.
Viele von ihnen haben zwar
digitalen Zugang zum ukrainischen Unterricht, aber ihnen
fehlt die soziale Interaktion mit Gleichaltrigen. Dieser
immense Verlust kann aufgeholt werden. Wir erinnern die
Staats- und Regierungschefs, die diese Woche in Berlin zur
Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine zusammengekommen
sind, daran, dass der Wiederaufbau von Schulen nur der erste
Schritt ist. Kinder, ihre Bildung und ihre Sicherheit müssen
im Zentrum des Wiederaufbaus der Ukraine stehen.
Das bedeutet, dass wir von den ersten Jahren bis zur
Sekundarstufe in den Bildungssektor investieren und die
Wiederaufnahme des Unterrichts unterstützen müssen –
insbesondere in grundlegenden Fächern wie Mathematik, Lesen
und Naturwissenschaften. Zudem müssen wir die Fähigkeiten
fördern, die für ihre berufliche Zukunft unerlässlich sind.
Wenn wir jetzt in Bildung und berufliche Fähigkeiten
investieren, können wir die negativen Langzeitfolgen von
Krieg und Vertreibung für die Kinder und Jugendlichen in der
Ukraine reduzieren.
Sie werden dazu beitragen,
das Humankapital der Ukraine aufzubauen, indem sie darauf
vorbereitet werden, Teil der zukünftigen
Wiederaufbaubemühungen ihres Landes zu werden. Vor allem
aber müssen die Kinder der Ukraine vor weiterem Schaden
bewahrt werden – vor Schaden für ihre Zukunftsaussichten,
ihre Bildung, ihre Sicherheit und ihre psychische
Gesundheit. Dafür braucht es ein sofortiges Ende des
Krieges.“
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UNICEF: Jedes vierte Kind weltweit von schwerer
Ernährungsarmut betroffen |
Kinder, die von schwerer Ernährungsarmut*
betroffen sind, haben ein doppelt so hohes Risiko, an
schwerer Mangelernährung zu leiden / Ungleichheit, Konflikte
und die Klimakrise befeuern Ernährungsarmut
© UNICEF/UNI461464/Pouget
New York/Köln(Duisburg, 6.
Juni 2024 Laut UNICEF sind 181 Millionen Kinder unter
fünf Jahren weltweit – jedes vierte Kind der Altersgruppe –
von schwerer Ernährungsarmut betroffen. Dadurch steigt das
Risiko, dass die betroffenen Kinder an schwerer,
lebensbedrohlicher Mangelernährung leiden, um bis zu 50
Prozent.
Laut dem heute veröffentlichten Bericht
„Child Food Poverty: Nutrition Deprivation in Early
Childhood“ („Ernährungsarmut in der frühen Kindheit“) haben
Millionen von Kindern unter fünf Jahren keinen Zugang zu der
nahrhaften und abwechslungsreichen Ernährung, die sie für
ihr gesundes Wachstum und ihre Entwicklung benötigen.
Zum ersten Mal analysiert UNICEF die Auswirkungen
und Ursachen von Ernährungsarmut bei Kindern in fast 100
Ländern weltweit und über alle Einkommensgruppen hinweg.
Als von schwerer Ernährungsarmut betroffen gelten Kinder,
die Nahrungsmittel aus nicht mehr als zwei von acht
definierten Lebensmittelgruppen zu sich nehmen. Vier von
fünf davon betroffene Kinder erhalten lediglich
Muttermilch/Milch und/oder ein stärkehaltiges
Grundnahrungsmittel wie Reis, Mais oder Weizen.
Weniger als zehn Prozent der betroffenen Kinder haben Zugang
zu Obst und Gemüse. Und weniger als fünf Prozent erhalten
nährstoffreiche Lebensmittel wie Eier, Fisch, Geflügel oder
Fleisch. „Kinder, die von schwerer Ernährungsarmut
betroffen sind, leben am Rande des Existenzminimums. Für
Millionen Kleinkinder ist dies Realität und kann
irreversible negative Auswirkungen auf ihr Überleben, ihr
Wachstum und ihre Gehirnentwicklung haben“, sagte
UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell.
„Für Kinder, die nur zwei Nahrungsmittelgruppen pro Tag zu
sich nehmen, zum Beispiel Reis und etwas Milch, ist das
Risiko doppelt so hoch, an schweren Formen der
Mangelernährung zu leiden.“ Der Bericht weist auf die
weiterhin relevanten sozioökonomischen Auswirkungen der
COVID-19-Pandemie hin, während gleichzeitig die
Lebensmittelpreise und die Lebenshaltungskosten infolge von
wachsenden Ungleichheiten, Konflikten und der Klimakrise auf
ein Rekordniveau gestiegen sind. Von den 181 Millionen
Kindern, die in schwerer Ernährungsarmut leben, leben rund
zwei Drittel (65 Prozent) in nur 20 Ländern.
Etwa 64 Millionen betroffene Kinder leben
in Südasien und 59 Millionen in Afrika südlich der Sahara.
In Somalia, das von Konflikten, Dürre und Überschwemmungen
heimgesucht wird, leben 63 Prozent der Kinder in schwerer
Ernährungsarmut. In den am meisten betroffenen Gemeinden
berichteten mehr als 80 Prozent der Betreuungspersonen, dass
ihr Kind einen ganzen Tag nichts zu essen habe. Im
Gazastreifen haben die monatelangen Feindseligkeiten und die
Einschränkungen der humanitären Hilfe zu einem Zusammenbruch
des Ernährungs- und Gesundheitssystems geführt – mit
katastrophalen Folgen für Kinder und ihre Familien.
Laut fünf Datenerhebungen zwischen
Dezember 2023 und April 2024 sind neun von zehn Kindern in
Gaza von schwerer Ernährungsarmut betroffen. Sie müssen mit
zwei oder weniger Nahrungsmitteln pro Tag auskommen. Die
Zahlen veranschaulichen die grausamen Auswirkungen, die der
Konflikt und humanitäre Einschränkungen auf die
Nahrungsmittelversorgung der Kinder haben. Und sie zeigen,
wie schnell Kinder dem Risiko lebensbedrohlicher
Mangelernährung ausgesetzt sind.
Der
UNICEF-Bericht zeigt, dass fast die Hälfte der von schwerer
Ernährungsarmut betroffenen Kinder – 46 Prozent – in
Haushalten lebt, die sich eine gesunde Ernährung nicht
leisten können. Die andere Hälfte – 54 Prozent bzw. 97
Millionen Kinder – lebt in relativ wohlhabenden Haushalten,
in denen ein unzureichendes Ernährungsumfeld und schlechte
Ernährungspraktiken die Hauptursachen für Ernährungsarmut in
der frühen Kindheit sind. Mehrere Faktoren tragen zur
Ernährungsarmut bei. Dazu gehören Lebensmittelsysteme, die
den Kindern keine verlässlichen Optionen für eine gesunde
Ernährung bieten; die Tatsache, dass sich viele Familien
nahrhafte Lebensmittel nicht leisten können sowie fehlende
positive Ernährungspraktiken.
In vielen
Kontexten werden billige, nährstoffarme und ungesunde sowie
stark verarbeitete Lebensmittel und zuckerhaltige Getränke
aggressiv an Familien vermarktet. Der Anteil der von
Ernährungsarmut betroffenen Kinder, die diese ungesunden
Lebensmittel und Getränke zu sich nehmen, ist alarmierend
hoch. Nährstoffreichere und gesündere Lebensmittel werden
dadurch von ihrem täglichen Speiseplan verdrängt.
Gleichzeitig gibt es aber auch bemerkenswerte Erfolge.
So hat Burkina Faso beispielsweise die Rate der
schweren Ernährungsarmut bei Kindern halbiert – von 67
Prozent (2010) auf 32 Prozent (2021). Nepal hat den Anteil
der schweren Ernährungsarmut bei Kindern von 20 Prozent
(2011) auf acht Prozent (2022) gesenkt. Peru hat den Anteil
seit 2014 trotz wirtschaftlicher Herausforderungen unter
fünf Prozent gehalten. Und auch Ruanda hat den Anteil von 20
Prozent (2010) auf zwölf Prozent (2020) gesenkt.
Um
der Ernährungsarmut von Kindern ein Ende zu setzen, ruft
UNICEF dazu auf: - Versorgungssysteme für Lebensmittel
so umzugestalten, dass nahrhafte, vielfältige und gesunde
Lebensmittel die zugänglichste, erschwinglichste und
bevorzugte Option für die Ernährung von Kleinkindern
darstellen;
- Gesundheitssysteme so aufzustellen,
dass sie grundlegende Dienste zur Vorbeugung und Behandlung
von Mangelernährung von Kindern anbieten können,
einschließlich der Unterstützung von Gesundheits- und
Ernährungsfachkräften in den Gemeinden;
- Soziale
Sicherungssysteme zur Bekämpfung von Einkommensarmut
auszuweiten, beispielsweise durch Transferleistungen
(Bargeld, Nahrungsmittel und Gutscheine) und dies in einer
Weise, die den Nahrungsmittel- und Ernährungsbedürfnissen
besonders schutzbedürftiger Kinder und ihrer Familien
gerecht wird.
Im vergangenen Jahr hat UNICEF mit
Unterstützung des britischen Foreign Commonwealth and
Development Office (FCDO), der Bill und Melinda Gates
Stiftung und der Children's Investment Fund Foundation
(CIFF) den sogenannten Child Nutrition Fund ins Leben
gerufen. Dabei handelt es sich um einen von UNICEF gemeinsam
mit Partnern etablierten Finanzierungsmechanismus, der
Anreize für inländische Investitionen schafft, um
Mangelernährung von Kindern zu beenden.
UNICEF
fordert Regierungen, Geber und Partner dazu auf, den Fond zu
unterstützen und nachhaltigen Strategien und Praktiken
Vorrang einzuräumen, um schwerer Ernährungsarmut und
Mangelernährung bei Kindern ein Ende zu setzen.
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EU-Lieferkettengesetz: Trotz Lücken Meilenstein für
besseren Schutz von Kinderrechten |
UNICEF Deutschland: Ambitionierte
Umsetzung in deutscher Gesetzgebung wichtig
Das neue EU-Lieferkettengesetz soll zum Schutz vor
Kinderarbeit und anderen Kinderrechtsverletzungen beitragen.
Im Bild: Ein 13-jähriger Junge in einer Werkstatt in Dhaka/
Bangladesch. © UNICEF/UNI487754/Himu
Köln/Duisburg, 24. Mai 2024 - Heute wurde in Brüssel
der Weg für das neue EU-Lieferkettengesetz freigemacht und
damit aus Sicht von UNICEF Deutschland ein wichtiger
Meilenstein für den Schutz der Kinderrechte durch die
Einhaltung unternehmerischer Sorgfaltspflichten erreicht.
Durch die Zustimmung im EU-Rat hat das Lieferkettengesetz
(European Corporate Sustainability Due Diligence Directive,
EUCSDDD) nach langem politischen Ringen die letzte Hürde
genommen. Nach Inkrafttreten haben die EU-Mitgliedstaaten
zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht
umzusetzen.
„Aus Sicht von UNICEF Deutschland
ist das EU- Lieferkettengesetz ein wichtiger Wegweiser –
aber leider für Kinderrechte nicht der erhoffte Durchbruch.
Daher kommt es jetzt ganz entscheidend auf die nächsten
Schritte an“, sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von
UNICEF Deutschland. „Die deutsche Gesetzgebung zur Umsetzung
des EU-Lieferkettengesetzes muss Kinder wirksam vor
Verletzungen ihrer Rechte durch unternehmerisches Handeln
schützen. Außerdem darf es an den Stellen, in denen das
deutsche Lieferkettengesetz mit Blick auf den Schutz der
Kinderrechte bereits stärker ist als das EU-Gesetz nicht zu
einer Abschwächung kommen.“
Im
EU-Lieferkettengesetz ist aus Sicht von UNICEF insbesondere
die Aufnahme einzelner Artikel der Kinderrechtskonvention
der Vereinten Nationen (KRK) als einzuhaltende Rechtsgüter
im Rahmen der unternehmerischen Sorgfaltspflicht ein
wichtiger Fortschritt gegenüber dem deutschen
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Dabei geht es
auch, aber bei weitem nicht nur um den Schutz vor
Kinderarbeit. Das EU-Lieferkettengesetz nennt ausdrücklich
die Kinderrechte auf Gesundheit, Bildung, angemessene
Lebensbedingungen, Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung,
sexuellem Missbrauch, Entführung und Kinderhandel.
Allerdings wäre es wichtig gewesen, die
gesamte UN-Kinderrechtskonvention als verpflichtend
aufzunehmen, denn die Kinderrechte sind universal und
unteilbar – und auch Unternehmen haben die Verantwortung
dafür, dass diese nicht beeinträchtigt werden. Das
EU-Lieferkettengesetz sieht außerdem vor, dass es nur für
Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden und mit einem Umsatz
über 450 Millionen Euro gilt und damit unter der Schwelle
des deutschen Gesetzes liegt. Das ist aus Sicht von UNICEF
problematisch, weil Kinderrechtsverletzungen, die sich auf
viele Kinder auswirken, auch bei kleineren Unternehmen
stattfinden können.
Auch die Definition der zu
prüfenden Lieferkette, der sogenannten
„Chain-of-Activities", bleibt hinter den Definitionen
internationaler Standards zurück, die eine Verantwortung zur
Prüfung der gesamten Wertschöpfungskette verlangen.
Kinderrechtsverletzungen in der Elektroschrottindustrie,
sexueller Missbrauch von Kindern im digitalen Raum oder
langfristige gesundheitliche Schäden aufgrund von
Marketingpraktiken drohen so übersehen zu werden.
Es wird entsprechend maßgeblich sein, dass die
EU-Mitgliedstaaten und die deutsche Bundesregierung das
EU-Lieferkettengesetz ambitioniert in nationale Gesetzgebung
umsetzen. Neben der Unterstützung von Unternehmen zur
Umsetzung der Richtlinie werden eine Reihe von weiteren
begleitenden Maßnahmen nötig sein, um der Komplexität von
Kinderrechtsverletzungen in Lieferketten weltweit gerecht zu
werden und auch Rechtsverletzungen zu adressieren, die nicht
nur ein einzelnes Unternehmen oder eine spezifische
Industrie betreffen.
UNICEF Deutschland wird
sich weiter mit seinen Partnern dafür einsetzen,
dass Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten entlang der
anerkannten Standards umsetzen können, dass die beteiligten
Institutionen und Behörden mit der nötigen Expertise und
Ressourcen ausgestattet werden und wirksame begleitende
Maßnahmen für die Wirtschaft und andere Akteure entwickelt
werden.
„Das EU-Lieferkettengesetz hat das
Potential, das Leben vieler Kinder zu verbessern, wenn es
richtig umgesetzt wird. Angesichts der globalen
Herausforderungen ist das für Kinder weltweit von enormer
Bedeutung“, sagte Schneider.
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Kindheit in Gaza: Überleben am Abgrund Kinder
brauchen einen sofortigen humanitären Waffenstillstand
|
Grenzübergänge müssen umgehend geöffnet werden
© UNICEF/UNI571263/El Baba
Köln/Duisburg, 16. Mai 2024 - Das kurzfristige
Überleben und die Zukunft einer ganzen Generation von
Kindern hängen an einem seidenen Faden, warnt UNICEF
Deutschland angesichts der katastrophalen Lage der Jungen
und Mädchen in Gaza. Die aktuelle Eskalation der Gewalt in
Rafah und im gesamten Gazastreifen sowie die dramatischen
Engpässe bei der Versorgung mit humanitären Gütern und
Treibstoff verschärfen die bereits extreme Notlage der
Kinder weiter.
•
„Rafah ist eine Stadt der Kinder –
600.000 Mädchen und Jungen drängten sich dort bis vor
wenigen Tagen. Jetzt sind fast eine halbe Million Menschen
erneut auf der verzweifelten Suche nach Sicherheit außerhalb
der Stadt, unter ihnen viele Kinder. Viele von ihnen wurden
bereits mehrfach vertrieben, jedes Kind hat Verlust, Angst
und Zerstörung erlebt“, sagte Christian Schneider,
Geschäftsführer von UNICEF Deutschland.
„Die
anhaltende Gewalt, der Tod ihrer Angehörigen und Freunde,
die schweren Verletzungen, die wiederholte Vertreibung aus
ihrem Zuhause und die katastrophale tägliche Not – die
Situation der Kinder in Rafah und dem gesamten Gazastreifen
ist untragbar. Das enorme Ausmaß der Traumatisierung der
Kinder lässt sich nur erahnen.“
•
Rund 78.000 Kinder unter zwei Jahren
leben in Rafah. Neun von zehn Kindern unter fünf Jahren
leiden an einer oder mehreren Infektionskrankheiten. Rund
8.000 Kinder unter zwei Jahren sind akut mangelernährt. In
den vergangenen Tagen sind bereits mehr als 450.000 Menschen
geflohen. Durch die schwierige Versorgungslage steigt das
Risiko von Krankheiten, Infektionen, Mangelernährung,
Dehydrierung und weiterer Gefahren für Kinder. Auch im
Norden des Gazastreifens ist die Lage der Kinder
katastrophal. Jedes dritte Kind ist dort akut mangelernährt.
Die grundlegende Infrastruktur für Kinder liegt in Trümmern.
Die aktuellen Kampfhandlungen verschärfen die Not der Kinder
und ihrer Familien.
•
UNICEF ist besonders besorgt über die
Schäden an der Wasser-Infrastruktur. Im Norden wurden
lebenswichtige Brunnen stark beschädigt. In Rafah sind
mindestens acht Anlagen ausgefallen. Rund 300.000 Menschen
sind davon betroffen. Der Konsum von verunreinigtem Wasser
würde bei vielen Kindern zu weiteren Infektionen und bei den
durch Mangelernährung geschwächten Kindern zu einer weiteren
Gefährdung führen.
•
„Die Kinder in Gaza stehen am
Abgrund. Nach mehr als sieben Monaten Krieg sind sie am Ende
ihrer Kräfte. Sie sind hungrig, erschöpft und oft
traumatisiert. Sie wissen nicht, wo sie Schutz vor den
Bombardierungen suchen können. Und ob sie die nächste Nacht
überleben werden. Dabei können sie nichts für den Krieg der
Erwachsenen. Sie brauchen endlich eine Atempause. Und die
Chance auf eine friedliche Zukunft“, sagte Schneider. Die
andauernde Gewalt im Gazastreifen hat zudem dazu geführt,
dass rund 625.000 Schulkinder im Gazastreifen nicht zur
Schule gehen können.
Nach aktuellen Schätzungen
müssen 72 Prozent aller Schulen im Gazastreifen entweder
vollständig wiederaufgebaut oder umfassend saniert werden,
um wieder funktionsfähig zu sein. Je länger Kinder nicht zur
Schule gehen können, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit,
dass sie nicht wieder dorthin zurückkehren, weil sie
arbeiten müssen oder früh verheiratet werden. Zudem steigt
die Gefahr von Ausbeutung und Missbrauch.
•
Gemeinsam mit seinen Partnern leistet
das UNICEF-Team im Gazastreifen lebensrettende Hilfe für
Kinder. Seit dem 21. Oktober 2023 hat UNICEF mehr als 800
LKW-Ladungen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen gebracht,
98 allein in der zweiten Aprilhälfte. Gemeinsam mit Partnern
hat das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen dazu
beigetragen, 1,6 Millionen Menschen Zugang zu Trinkwasser zu
ermöglichen und rund 567.000 Menschen mit Bargeldhilfen
erreicht. Doch ohne Treibstoff und die Öffnung der
Grenzübergänge in den Gazastreifen droht die humanitäre
Hilfe zum Erliegen zu kommen.
•
Die Eskalation der letzten Tage hat zur
Folge, dass kaum Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangen.
Vor allem der Mangel an Treibstoff kann nun sehr rasch dazu
führen, dass Generatoren für die Wasserversorgung oder
wichtige Geräte in den verbliebenen medizinischen
Einrichtungen nicht mehr betrieben werden können, mit
möglicherweise dramatischen Folgen für die betroffenen
Kinder.
•
UNICEF fordert weiter dringend einen
sofortigen humanitären Waffenstillstand. Alle Geiseln müssen
freigelassen werden. Die Grenzübergänge zum Gazastreifen
müssen schnellstens geöffnet werden. Und humanitäre
Organisationen benötigen ungehinderten, sicheren Zugang zum
und innerhalb des Gazastreifens, um Kinder in Not mit
lebensrettender Hilfe zu erreichen.
|
Gaza: „Die Kinder sind gefangen in einem Kreislauf
des Leidens“ |
Zusammenfassung des heutigen Statements
von James Elder, UNICEF-Sprecher, im Palais des Nations in
Genf
© UNICEF/UNI501984/Al-Qattaa
Gaza/Köln/Duisburg, 26.
März 2024 - Seit einigen Tagen ist UNICEF-Sprecher James
Elder in Gaza. Heute hat er von seinen Eindrücken vor Ort
berichtet. „Ich möchte über zwei wichtige Themen sprechen,
von denen die Menschen hier in Gaza sagen, dass sie für ihr
Überleben entscheidend sind. Die Sicherheit der Menschen in
Rafah und die Lieferung von Hilfsgütern. Rafah ist nicht
wiederzuerkennen, weil die Straßen überfüllt sind und Zelte
an Straßenecken und auf sandigen Flächen stehen. Die
Menschen schlafen auf der Straße, in öffentlichen Gebäuden
und an jedem anderen verfügbaren Platz. Die weltweiten
Standards für humanitäre Notsituationen legen fest, dass
maximal 20 Personen sich eine Toilette teilen sollten.
In Rafah gibt es etwa eine Toilette für 850
Menschen. Bei den Duschen sind es viermal so viele, also
eine Dusche für 3.600 Menschen. Das ist eine eklatante
Missachtung der menschlichen Grundbedürfnisse und der
Menschenwürde. Dieselben Standards besagen, dass jeder
Mensch täglich 15 Liter Wasser braucht, und ein absolutes
Minimum von drei Litern, nur um zu überleben. Als ich im
November hier war, waren Familien und Kinder im Gazastreifen
auf drei Liter oder weniger Wasser pro Person und Tag
angewiesen. Heute haben die befragten Haushalte im
Durchschnitt Zugang zu weniger als einem Liter sauberem
Wasser pro Person und Tag.
Das benachbarte Chan
Yunis ist ebenfalls nicht wiederzuerkennen, wenn auch aus
einem anderen Grund – es existiert kaum noch. In meinen 20
Jahren bei den Vereinten Nationen habe ich noch nie
derartige Zerstörung gesehen. Nur Chaos und Ruinen, Schutt
und Trümmer, die in alle Richtungen verstreut sind. Völlige
Vernichtung. Beim Gang durch die Straßen war ich überwältigt
von dem Verlust. Das bringt uns zurück nach Rafah und den
endlosen Diskussionen über eine groß angelegte
Militäroperation in Rafah. Rafah ist eine Stadt der Kinder.
600.000 Mädchen und Jungen leben dort. Rafah beherbergt
einige der letzten verbliebenen Krankenhäuser,
Notunterkünfte, Märkte und Wasserversorgungssysteme in Gaza.
Und dann ist da noch der Norden.
Gestern war ich
wieder in Jabalia. Zehntausende von Menschen drängen sich
auf den Straßen und halten sich die Hand vor den Mund – das
universelle Zeichen für Hunger. Als ich vor einer Woche in
den Gazastreifen kam, standen Hunderte von Lastwagen mit
lebensrettender humanitärer Hilfe bereit, die darauf
warteten, zu den Menschen zu gelangen, die sie dringend
benötigten – allerdings auf der falschen Seite der Grenze.
Hunderte von Lkw der UN und INGO [Internationalen
Nichtregierungsorganisationen] stehen dort im Stau und
warten auf die Einfahrt nach Gaza. In der Integrated Food
Security Phase Classification (IPC) [fünfstufige Skala für
Hungerrisiken] wurde letzte Woche festgestellt, dass im
nördlichen Gazastreifen eine Hungersnot unmittelbar
bevorsteht.
Der Gazastreifen hat nun den
höchsten Prozentsatz einer Bevölkerung, der die höchste
Einstufung seit Beginn der Klassifizierung im Jahr 2004
erhalten hat. Vor dem Krieg war Mangelernährung im
Gazastreifen selten, weniger als ein Prozent der Kinder
unter fünf Jahren war akut mangelernährt. Heute ist eines
von drei Kindern unter zwei Jahren akut mangelernährt. Es
liegt auf der Hand, dass der Norden dringend große Mengen an
Lebensmitteln und therapeutischer Nahrung benötigt. Aber wir
müssen uns darüber im Klaren sein, dass unsere Bemühungen,
diese Hilfe zu leisten, eingeschränkt werden. Es gibt den
alten Grenzübergang Erez, der genutzt werden könnte, nur
zehn Minuten von den hungernden Menschen entfernt. Zehn
Minuten.
Würde er geöffnet, könnten wir die
humanitäre Krise im Norden innerhalb weniger Tage
bewältigen. Aber er bleibt geschlossen. Zwischen dem 1. und
22. März wurde ein Viertel der 40 humanitären Hilfsmissionen
in den nördlichen Gazastreifen abgelehnt. UNRWA wird nun
daran gehindert, Lebensmittel in den Norden zu bringen,
obwohl bislang 50 Prozent der in den Norden gelieferten
Lebensmittel von UNRWA geliefert wurden. Um es klar zu
sagen: Lebensrettende Hilfe wird unterbunden. Menschen
verlieren ihr Leben. Die Menschenwürde wird missachtet. Die
Entbehrung, die aufgezwungene Ausweglosigkeit lassen die
Bevölkerung verzweifeln. Die Nerven der Menschen liegen
blank angesichts der ständigen Angriffe.
Sie
fragen oft, ob es noch Hoffnung gibt. Alles bewegt sich hier
zwischen den Extremen, auch diese Frage. Auf der einen Seite
erzählt mir eine Mutter, dass sie geliebte Menschen verloren
hat, ihr Zuhause und die Möglichkeit, ihre Kinder regelmäßig
zu ernähren. Alles, was sie noch besitzt, ist Hoffnung.
Gestern dann saß UNICEF mit Jugendlichen zusammen, von denen
einige sagten, sie wünschten sich so sehr, dass ihr Albtraum
ein Ende hätte und dass sie hofften, getötet zu werden. In
Gaza wird regelmäßig das Unaussprechliche gesagt.
Von Mädchen im Teenageralter, die hoffen, dass sie
getötet werden, bis hin zu der Aussage, dass ein Kind die
letzte noch lebende Person der gesamten Familie ist. Solches
Grauen ist hier nicht mehr einzigartig. Trotz allem gibt es
so viele tapfere, hilfsbereite und unermüdliche
Palästinenser*innen, die sich gegenseitig unterstützen. Und
die UN-Organisationen und UNICEF machen weiter.
Wir von UNICEF setzen uns weiterhin für jedes Kind ein.
Wasser, Schutz, Ernährung, Unterkunft – UNICEF ist hier. Wie
wir gestern gehört haben, muss der Waffenstillstand
umfassend sein, nicht nur symbolisch. Die Geiseln müssen
nach Hause zurückkehren. Die Menschen in Gaza müssen leben
dürfen. In den drei Monaten, die zwischen meinen Besuchen
lagen, sind alle schrecklichen Zahlen dramatisch
angestiegen. Gaza hat die Rekorde der Menschheit für ihre
dunkelsten Kapitel gebrochen. Die Menschheit muss jetzt
dringend ein anderes Kapitel schreiben.“
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UN-Bericht: Weltweite Kindersterblichkeit auf
historischem Tiefstand |
Trotz vieler Fortschritte starb im
Jahr 2022 weltweit alle sechs Sekunden ein Kind unter fünf
Jahren – schätzungsweise 4,9 Millionen Kinder insgesamt
© UNICEF/UNI535065/Willocq
Genf/New York/Washington/Köln/Duisburg,
13. März 2024 - Die Zahl der Kinder, die vor ihrem fünften
Geburtstag gestorben sind, erreichte im Jahr 2022 mit
schätzungsweise 4,9 Millionen einen historischen Tiefstand.
Dies geht aus heute veröffentlichten Schätzungen der
Vereinten Nationen zur Kindersterblichkeit (UN Inter-agency
Group for Child Mortality Estimation, UN IGME) hervor.
„Hinter diesen Zahlen stehen die Geschichten
von qualifiziertem Gesundheitspersonal und Hebammen, die
Müttern helfen, ihre Neugeborenen sicher zur Welt zu
bringen, von Gesundheitshelferinnen und -helfern, die Kinder
impfen und vor tödlichen Krankheiten schützen, und die
Hausbesuche in ihren Gemeinden machen, um Familien zu
unterstützen und eine angemessene Gesundheits- und
Ernährungsversorgung für Kinder sicherzustellen,” sagte
UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. „Das
jahrzehntelange Engagement von Einzelpersonen,
Gemeinschaften und Staaten, um Kinder mit kostengünstigen,
hochwertigen und wirksamen Gesundheitsdiensten zu erreichen,
zeigt, dass wir das Wissen und die Instrumente besitzen,
Leben zu retten."
Aus dem Bericht geht hervor, dass
heute mehr Kinder überleben als je zuvor: Die
Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren ist seit
dem Jahr 2000 weltweit um 51 Prozent gesunken. Mehrere
Länder mit niedrigem und niedrigem mittlerem Einkommen
konnten die Sterblichkeitsrate sogar noch weiter senken.
Dies zeigt, dass Fortschritte möglich sind, wenn ausreichend
Ressourcen für die medizinische Grundversorgung
bereitgestellt werden, einschließlich der
Gesundheitsversorgung von Kindern. Die Ergebnisse zeigen
beispielsweise, dass die Sterblichkeitsrate von Kindern in
Kambodscha, Malawi, der Mongolei und Ruanda seit 2000 um
über 75 Prozent gesunken ist.
Der Bericht macht jedoch auch
deutlich, dass trotz dieser Fortschritte noch eine lange
Wegstrecke bleibt, um dem vermeidbaren Tod von Kindern und
Jugendlichen weltweit ein Ende zu setzen. Zusätzlich zu den
4,9 Millionen Todesfällen vor dem fünften Lebensjahr – rund
die Hälfte davon waren Neugeborene – haben weitere 2,1
Millionen Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 24 Jahren
ihr Leben verloren. Die meisten dieser Todesfälle ereigneten
sich in Afrika südlich der Sahara und in Südasien.
Diese tragischen Todesfälle sind
in erster Linie auf vermeidbare Ursachen oder behandelbare
Krankheiten zurückzuführen, wie Frühgeburten, Komplikationen
während der Geburt, Lungenentzündungen,
Durchfallerkrankungen und Malaria. Viele Leben hätten
gerettet werden können, wenn die Kinder besseren Zugang zur
medizinischen Grundversorgung gehabt hätten. Dazu gehören
essenzielle kostengünstige Maßnahmen wie Impfungen, die
Verfügbarkeit von qualifiziertem Gesundheitspersonal bei der
Geburt, Unterstützung beim frühen und kontinuierlichen
Stillen sowie die Diagnose und Behandlung von
Kinderkrankheiten.
„Auch wenn es begrüßenswerte
Fortschritte gibt, leiden jedes Jahr noch immer Millionen
Familien unter dem erschütternden Verlust eines Kindes, oft
schon in den ersten Tagen nach der Geburt,” sagte
WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus. „Wo ein
Kind geboren wird, sollte nicht darüber entscheiden, ob es
leben oder sterben wird. Es ist von entscheidender
Bedeutung, den Zugang zu einer hochwertigen
Gesundheitsversorgung für jede Frau und jedes Kind zu
verbessern, auch in Krisensituationen und in abgelegenen
Gebieten.”
Dafür braucht es Investitionen in
Bildung, Arbeitsplätze und angemessene Arbeitsbedingungen
für das Gesundheitspersonal, einschließlich von
Gesundheitshelferinnen und -helfern in den Gemeinden.
Als vertrauenswürdige Gemeindemitglieder
spielen gemeindebasierte Gesundheitshelferinnen und -helfer
eine wichtige Rolle, um Kinder und Familien mit
lebensrettenden Gesundheitsdiensten zu erreichen. Sie
sollten in die Systeme der grundlegenden
Gesundheitsversorgung integriert, fair bezahlt, gut
ausgebildet und mit den Mitteln ausgestattet werden, die für
eine qualitativ hochwertige Versorgung erforderlich sind.
Studien zufolge könnte die Zahl
der Todesfälle bei Kindern in den Ländern mit dem höchsten
Risiko erheblich zurückgehen, wenn Kindern und ihren
Familien in ihrer Gemeinde Gesundheitsdienste zur Verfügung
stehen würden. Allein dadurch könnten Millionen Kinder
gerettet werden, und die Versorgung würde näher am Wohnort
erfolgen. Um die Gesundheit und Überlebensrate von Kindern
zu verbessern, bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes gegen
Kinderkrankheiten – insbesondere gegen die häufigsten
Ursachen für Todesfälle nach der Geburt, akute
Atemwegsinfektionen, Durchfälle und Malaria.
„Der diesjährige Bericht ist ein
wichtiger Meilenstein, der zeigt, dass weniger Kinder vor
ihrem fünften Geburtstag sterben,” sagte Dr. Juan Pablo
Uribe, Globaler Direktor für Gesundheit, Ernährung und
Bevölkerung, Weltbank & Direktor der Globalen
Finanzierungseinrichtung für Frauen, Kinder und Jugendliche.
„Aber dies reicht nicht aus. Wir müssen den Fortschritt
durch mehr Investitionen, Zusammenarbeit und Fokus
beschleunigen, um dem vermeidbaren Tod von Kindern ein Ende
zu setzen und unsere globalen Verpflichtungen zu erfüllen.
Wir sind allen Kindern schuldig, dafür zu sorgen, dass sie
Zugang zu einer vergleichbaren Gesundheitsversorgung und
gleiche Chancen haben, unabhängig davon, wo sie geboren
wurden."
Trotz der Fortschritte gibt es
auch erhebliche Risiken und Ungleichheiten, die das
Überleben von Kindern in vielen Teilen der Welt gefährden.
Zu diesen Bedrohungen gehören die zunehmende Ungleichheit
und wirtschaftliche Instabilität, neue und anhaltende
Konflikte, die sich verschärfenden Auswirkungen des
Klimawandels und die Folgen von COVID-19. Bei Kindern aus
den ärmsten Haushalten ist die Wahrscheinlichkeit, vor dem
fünften Lebensjahr zu sterben, doppelt so hoch wie bei
Kindern aus den wohlhabendsten Haushalten. Bei Kindern, die
in fragilen oder von Konflikten betroffenen Gebieten leben,
ist die Wahrscheinlichkeit, vor ihrem fünften Geburtstag zu
sterben, fast dreimal so hoch wie bei Kindern in anderen
Regionen.
„Die neuen Schätzungen zeigen,
dass ein besserer Zugang zu einer hochwertigen
Gesundheitsversorgung, insbesondere zum Zeitpunkt der
Geburt, dazu beiträgt, die Sterblichkeitsrate bei Kindern
unter fünf Jahren zu senken,” sagte Li Junhua,
Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen für
wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten. „Die
Meilensteine bei der Verringerung der Kindersterblichkeit
sind zwar wichtig, um Fortschritte zu verfolgen, sie sollten
uns aber auch daran erinnern, dass weitere Anstrengungen und
Investitionen erforderlich sind, um Ungleichheiten zu
verringern und vermeidbare Todesfälle bei Neugeborenen,
Kindern und Jugendlichen weltweit zu beenden.”
Insgesamt kommt der Fortschritt
zu langsam voran. Bei den derzeitigen Raten werden 59 Länder
das Nachhaltige Entwicklungsziel für die Senkung der
Kindersterblichkeit und 64 Länder das Ziel für die Senkung
der Neugeborenensterblichkeit verfehlen. Das bedeutet, dass
bis 2030 schätzungsweise 35 Millionen Kinder vor ihrem
fünften Geburtstag sterben werden – insbesondere in Afrika
südlich der Sahara und in Südasien sowie in Ländern mit
niedrigem und mittlerem Einkommen.
Der Bericht stellt zudem große
Datenlücken fest, insbesondere in Afrika südlich der Sahara
und in Südasien. Daten und Statistiken müssen verbessert
werden, um das Überleben und die Gesundheit von Kindern
besser erfassen und überwachen zu können. Dazu gehören
Indikatoren für Sterblichkeit und Gesundheit durch
Haushaltserhebungen, die Registrierung von Geburten und
Todesfällen durch Gesundheitsmanagement-Informationssysteme
(HMIS) und die zivile Registrierung und Vitalstatistik
(CRVS).
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UNICEF-Report: Über 230 Millionen
Mädchen und Frauen sind Überlebende von weiblicher
Genitalverstümmelung
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Neue Schätzungen von UNICEF
zeigen Anstieg um 15 Prozent seit 2016
Mutter in Guinea mit ihren drei Töchtern und einem Schild
„Nein zur Genitalverstümmelung von Mädchen“. ©
UNICEF/UN0769634/Camara
New York/Köln/Duisburg, 8. März 2024 - Laut einem
neuen UNICEF-Bericht haben über 230 Millionen heute lebende
Mädchen und Frauen weibliche Genitalverstümmelung (Female
Genital Mutilation, FGM) erlitten. Die ersten globalen
Schätzungen seit 2016 zeigen einen Anstieg der Gesamtzahl
der Überlebenden um 15 Prozent (30 Millionen Mädchen und
Frauen) im Vergleich zu den vor acht Jahren veröffentlichten
Daten.
Die am heutigen Weltfrauentag
veröffentlichten Schätzungen zeigen, dass die Fortschritte
bei der Beendigung von weiblicher Genitalverstümmelung nach
wie vor langsam sind und hinter dem Bevölkerungswachstum
zurückbleiben – insbesondere in den Regionen, in denen die
Praxis am häufigsten vorkommt. Um weiblicher
Genitalverstümmelung bis 2030 ein Ende zu setzen, wie es in
den Nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen
angestrebt wird, müsste der weltweite Rückgang 27-mal so
schnell sein.
„Weibliche Genitalverstümmelung
schadet dem Körper von Mädchen, trübt ihre
Zukunftsaussichten und gefährdet ihr Leben“, sagte
UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell in New York.
„Wir sehen auch einen besorgniserregenden Trend, dass mehr
Mädchen in jüngerem Alter dieser Praxis ausgesetzt sind,
viele sogar schon vor ihrem fünften Geburtstag. Dadurch wird
das Zeitfenster zum Eingreifen kürzer. Wir müssen die
Anstrengungen zur Beendigung dieser schädlichen Praxis
verstärken.“
Höchste Fallzahlen von
weiblicher Genitalverstümmelung in Afrika
Der neue UNICEF-Bericht „Female Genital
Mutilation: A Global Concern“ ist eine Zusammenstellung der
aktuell verfügbaren Statistiken zu weiblicher
Genitalverstümmelung – einer Praxis, die die Menschenrechte
von Mädchen und Frauen verletzt und dauerhafte physische,
psychische und soziale Auswirkungen haben kann. Die meisten
betroffenen Mädchen und Frauen (144 Millionen) leben in
afrikanischen Ländern, gefolgt von 80 Millionen in Asien und
sechs Millionen im Nahen Osten. Auch in kleinen
praktizierenden Gemeinschaften und Einwanderungsländern in
anderen Teilen der Welt treten Fälle auf.
Die Praxis der weiblichen
Genitalverstümmelung breitet sich global nicht weiter aus.
Die Analyse zeigt jedoch, dass die Zahl der Mädchen, die in
FGM praktizierenden Ländern geboren werden, im Vergleich zum
Rest der Welt schnell zunimmt. Dadurch ist eine größere
Bevölkerungsgruppe gefährdet und muss durch
Präventionsbemühungen erreicht werden.
Die Analyse zeigt auch, dass
vier von zehn FGM-Überlebenden in instabilen und von
Konflikten betroffenen Gebieten leben, in denen das
Bevölkerungswachstum ebenfalls schnell verläuft. Diese
Kombination kann Bildungs- und Gesundheitsdienste belasten,
Prioritäten bei der Finanzierung verschieben und dazu
führen, dass Programme zur Förderung der
Geschlechtergleichheit unterbrochen werden. Länder wie
Somalia und der Sudan sind mit einer Vielzahl von dringenden
Problemen konfrontiert, während Konflikte und
Bevölkerungswachstum die Herausforderungen noch erhöhen. In
Äthiopien sind kontinuierliche Fortschritte zu verzeichnen,
aber unvorhersehbare, massive Wetterereignisse (sogenannte
„climate shocks“), Krankheiten und Ernährungsunsicherheit
erschweren die zuverlässige Umsetzung von Programmen für
Mädchen.
Positive Beispiele zeigen,
dass Fortschritt möglich ist
Trotz der Herausforderungen zeigen
positive Beispiele in einigen Ländern, dass Fortschritte
möglich sind und teilweise an Fahrt gewinnen. Die Hälfte der
in den letzten 30 Jahren erzielten Fortschritte wurde erst
innerhalb des letzten Jahrzehnts erreicht. In Kenia ist
beispielsweise die Verbreitung von weiblicher
Genitalverstümmelung von „mäßig“ auf „niedrig“
zurückgegangen; in Sierra Leone gibt es einen Rückgang von
„hoher“ auf „mäßig hohe“ Prävalenz.
Auch in Ägypten, wo vor 30 Jahren noch
nahezu jedes Mädchen einer Genitalverstümmelung unterzogen
wurde, beginnt die Praxis zurückzugehen.
Auch die Einstellungen der Menschen zur
Praxis ändern sich. Dem Bericht zufolge sind rund 400
Millionen in praktizierenden Ländern in Afrika und im Nahen
Osten – oder zwei Drittel der Bevölkerung – gegen FGM.
UNICEF fordert Staaten und Gemeinschaften auf, ihre
bisherigen Anstrengungen zu verdoppeln, um
Geschlechterdiskriminierung und -ungleichheit zu beenden und
dringend in Dienstleistungen für Mädchen zu investieren.
UNICEF setzt sich in Kooperation mit dem
Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) dafür ein,
weibliche Genitalverstümmelung zu beenden. Das 2008
gestartete
gemeinsame UNFPA-UNICEF-Programm arbeitet in 17 Ländern
daran, soziale Normen in betroffenen Gemeinden zu verändern
und gleichzeitig Regierungen bei der Umsetzung nationaler
Maßnahmen zu unterstützen. Das gemeinsame Programm wird auch
von der Bundesregierung unterstützt.
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Zwei Jahre Krieg in der Ukraine: Aufwachsen mit
Angst, Angriffen und Luftalarm |
© UNICEF/UNI448435/Hrom
Berlin/Duisburg,
23. Februar 2024 - Kinder in den ukrainischen Frontgebieten
haben seit Kriegsbeginn bis zu 5.000 Stunden – umgerechnet
etwa sieben Monate – in Schutzkellern verbracht. Das geht
aus einer Analyse des UN-Kinderhilfswerks UNICEF anlässlich
des zweiten Jahrestags des Kriegs hervor. UNICEF und das
Bundesentwicklungsministerium haben in den vergangenen zwei
Jahren ihr Engagement für die Kinder in der Ukraine deutlich
ausgeweitet und werden es weiter fortführen: von
psychosozialer Betreuung über Lernangebote bis hin zu
Wasser- und Gesundheitsversorgung.
Der Krieg in
der Ukraine hat schwere Auswirkungen auf das Leben und die
Psyche der Kinder und Jugendlichen. Immer wieder müssen sich
Kinder in Schutzkellern, Bunkern und U-Bahn-Stationen vor
Angriffen in Sicherheit bringen. In Gebieten nahe der Front
haben nach Berechnungen von UNICEF Kinder in den vergangenen
zwei Jahren zwischen 3.000 und 5.000 Stunden in Kellern
Schutz vor Angriffen gesucht, während oben Luftalarm
herrschte. Dies entspricht umgerechnet etwa vier bis sieben
Monaten.
Bundesentwicklungsministerin Svenja
Schulze: „Die ukrainischen Kinder leiden besonders unter dem
brutalen Angriff Russlands. Statt in der Schule müssen viel
zu viele Kinder ihre Tage im Luftschutzkeller verbringen.
Damit die Ukraine stark bleiben kann, braucht sie mehr als
nur Waffen. Auch die Unterstützung der Kinder und
Jugendlichen ist wichtig für die Widerstandskraft der
Ukraine. Das gilt auch für den kommenden Wiederaufbau des
Landes. Denn es ist diese Generation, die nach Schule und
Ausbildung die Ukraine wiederaufbauen wird, als freies,
europäisches Land. Die Ukrainerinnen und Ukrainer können
sich dabei auf Deutschlands Unterstützung verlassen, solange
es nötig ist.“
Seit dem 24. Februar 2022 wurden
mindestens 579 Mädchen und Jungen getötet. 1.284 Kinder
wurden verletzt. Mehr als 3,3 Millionen Kinder aus der
Ukraine sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der Krieg hat
zudem zu schweren Beeinträchtigungen beim Lernen geführt.
Nach UNICEF-Berechnungen können die Hälfte aller Kinder in
der Ukraine nicht kontinuierlich am Präsenzunterricht
teilnehmen. „Die Kinder in der Ukraine sehnen sich nach
Sicherheit, dem Austausch mit Gleichaltrigen in der Schule
und einem friedlichen Aufwachsen. Doch mit jedem Tag dieses
zermürbenden Krieges wächst ihre Not. Dies schlägt sich auch
in ihrer seelischen Verfassung nieder“, sagte Christian
Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland.
„Es geht jetzt darum, die Angebote für Kinder in der
ganzen Ukraine zu stabilisieren und weiter auszubauen, damit
sie diese schwere Zeit überstehen können. Kinder und junge
Menschen sind diejenigen, die die Zukunft des Landes
gestalten werden und müssen. Sie brauchen langfristig
Perspektiven für ein Leben nach dem Krieg.“
Aufgrund der schweren Angriffe sind Millionen Menschen
zeitweise ohne Strom, Wasser und Gas. Besonders dramatisch
ist die Lage der Zivilbevölkerung in den umkämpften Gebieten
im Süden und Osten des Landes sowie für die rund 3,7
Millionen Menschen, die innerhalb des Landes vertrieben
wurden. Zahlreiche Familien müssen den Winter in
Notunterkünften oder beschädigten Gebäuden überstehen, ohne
ausreichenden Schutz vor der kalten Jahreszeit.
„In Charkiw und Cherson, in Saporischschja und Kramatorsk –
ganz gleich, wo wir im Einsatz sind, die Not der Kinder ist
überall spürbar“, sagte Mustapha Ben Messaoud, Leiter der
Nothilfeprogramme in der Ukraine. „Gleichzeitig zeigen sie
eine enorme Widerstandskraft, selbst in den schwierigsten
Situationen. Sie versuchen, mit aller Kraft an ihren Plänen
und Träumen für die Zukunft festzuhalten. Die UNICEF-Hilfe
ist für viele von ihnen ein Rettungsanker.“
Die
16-jährige Mariia aus Krywyj Rih in der schwer betroffenen
Region Dnipro engagiert sich im Rahmen eines
UNICEF-Programms für Gleichaltrige in ihrer Gemeinde. Sie
sagt: „Viele junge Menschen in unserem vom Krieg gebeutelten
Land benötigen mentale Unterstützung und Ermutigung. Ich
schöpfe Kraft und Inspiration daraus, mich zu engagieren und
etwas für junge Menschen zu bewirken.“
2023 hat
UNICEF beispielsweise dazu beigetragen, 1,3 Millionen Kinder
mit Lernangeboten und 2,5 Millionen Kinder und Betreuende
mit psychosozialer Hilfe zu erreichen. 5,5 Millionen
Menschen erhielten Zugang zu sauberem Wasser und rund fünf
Millionen Menschen zur Gesundheitsversorgung. Rund 60.000
Familien erhielten Bargeldhilfen. Das BMZ ist eine der
wichtigsten Stützen dieser Arbeit. UNICEF und das BMZ werden
die gemeinsame Arbeit in der Ukraine auch in den nächsten
Jahren fortsetzen. Bis 2026 wird UNICEF mit
BMZ-Unterstützung rund 3,3 Millionen Kinder und 1,8
Millionen Jugendliche in der Ukraine unterstützen.
Die Kooperation trägt dazu bei, Schulen, Kindergärten,
aber auch die Wasserversorgung und Sanitäreinrichtungen
wiederaufzubauen und Zugang zu Bildung in einem sicheren
Lernumfeld zu schaffen. Darüber hinaus werden Anlaufstellen
für Familien geschaffen, die Hilfe und Betreuung brauchen.
Das BMZ unterstützt auch die UNICEF-Programme UPSHIFT und
U-Report, die die aktive Teilhabe von Jugendlichen und
jungen Erwachsenen stärken.
Die
Ukraine-Wiederaufbaukonferenz, die Deutschland gemeinsam mit
der Ukraine im Juni in Berlin ausrichtet, wird auch einen
Fokus darauf legen, was Kinder, Jugendliche und ihre
Familien für ihre Zukunft in der Ukraine benötigen. Dabei
geht es um Schulen, Bildungschancen, Fachkräfteausbildung
und Wissenschaft.
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70 Jahre Weltkindertag - "Mit Kinderrechten in die
Zukunft" |
UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk
von Bund und Ländern fordern nachdrücklich die ebenfalls im
Koalitionsvertrag angekündigte Aufnahme der Kinderrechte ins
Grundgesetz.
© Deutsches Kinderhilfswerk – Paula G.
Vidal
Köln/Berlin/Duisburg, 14. Februar 2024 - Der
Weltkindertag am 20. September steht im Jahr 2024 unter dem
Motto „Mit Kinderrechten in die Zukunft“. UNICEF Deutschland
und das Deutsche Kinderhilfswerk fordern zum 70. Geburtstag
dieses Tages, dass die Politik ihre Prioritäten verstärkt
auf Kinder ausrichten muss. Denn jeder junge Mensch ist eine
große Chance für die Zukunft unserer Gesellschaft. Und es
ist das Recht jedes Kindes, sich gut zu entwickeln und sein
Leben gestalten zu können – ganz gleich, woher es kommt oder
welchen Aufenthaltsstatus es hat.
In Kinder zu
investieren, ist gerade jetzt notwendig, um die großen
Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Gleichzeitig
gilt es, die Kinder- und Menschenrechte als demokratische
Gesellschaft gegenüber jeglicher Form von Diskriminierung zu
verteidigen.
Im September 1954 empfahlen die Vereinten Nationen
ihren Mitgliedstaaten die Einführung eines weltweiten Tages
für Kinder. Sie wollten damit den Einsatz für Kinderrechte
stärken, die Freundschaft unter Kindern und Jugendlichen auf
der Welt fördern und die Regierungen auffordern, die
weltweite UNICEF-Arbeit zu unterstützen. Inzwischen wird der
Weltkindertag in über 145 Staaten am 20. September gefeiert;
seit 1989 sind die Kinderrechte mit einer UN-Konvention für
jedes Kind verbrieft.
„Wir brauchen
Vielfalt und die Zuversicht und Ideen der jungen Generation,
um unsere großen Zukunftsaufgaben als demokratische
Gesellschaft zu meistern. Deshalb ist es gerade in einer
Zeit großer Krisen und Herausforderungen so wichtig, sich
entschlossen für jedes Kind und seine Rechte einzusetzen”,
sagt Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF
Deutschland.
„Mit dem Motto des
Weltkindertags im Jahr 2024 möchten wir das besonders
unterstreichen.“ „Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten
mit vielfältigen Fähigkeiten. Staat und Zivilgesellschaft
müssen mehr dafür tun, dass sie stark und gleichberechtigt
mit ihrer Kreativität und Kompetenz unsere Gesellschaft
mitgestalten können“, sagt Holger Hofmann,
Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Die
Grundlage dafür ist die UN-Kinderrechtskonvention. Die muss
in Deutschland endlich vollständig umgesetzt werden.“
Rund um den Weltkindertag am 20. September
2024 werden bundesweit zahlreiche Initiativen mit
lokalen Demonstrationen, Festen und anderen Veranstaltungen
auf die Situation der Kinder, ihre Rechte und ihre Zukunft
aufmerksam machen. 70 Jahre, nachdem der Weltkindertag
eingeführt wurde, weisen UNICEF Deutschland und das Deutsche
Kinderhilfswerk mit dem Motto 2024 darauf hin, dass die
Interessen und Rechte der Kinder auch heute richtungweisend
für politische Entscheidungen der Gegenwart und Zukunft sein
müssen. Diskriminierung und Hass in jeglicher Form dürfen
keinen Platz in der Gesellschaft haben.
Die
Zusagen im 2021 geschlossenen Koalitionsvertrag für die
Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen müssen bis
zum Ende der Legislaturperiode umgesetzt werden – dazu
gehören beispielsweise die Verbesserung von Bildungs- und
Teilhabechancen für jedes Kind, unabhängig von Herkunft oder
Einkommen der Eltern und die Absicherung kindgerechter
Lebensbedingungen für geflüchtete Kinder. Zudem fordern
UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk von Bund
und Ländern nachdrücklich die ebenfalls im Koalitionsvertrag
angekündigte Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz.
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EU-Lieferkettengesetz: Große Chance für Kinderrechte
ist durch Enthaltung der Bundesregierung gefährdet |
Gemeinsamer
Aufruf von deutschen Kinderrechtsorganisationen vor der
Abstimmung in Brüssel am Freitag
©
UNICEF/UNI487754/Himu
Berlin/ Köln, 7. Februar 2024
- Deutsche Kinderrechtsorganisationen sind enttäuscht über
die Ankündigung der Bundesregierung, sich bei der Abstimmung
des EU-Lieferkettengesetzes am Freitag zu enthalten und
damit den über Monate hinweg verhandelten Kompromiss
eventuell scheitern zu lassen. In einem gemeinsamen Appell
fordern Kindernothilfe, Save the Children Deutschland,
SOS-Kinderdörfer weltweit, terre des hommes Deutschland,
UNICEF Deutschland und World Vision Deutschland die
Bundesregierung mit Nachdruck auf, dem EU-Gesetzvorhaben
zuzustimmen und so den Schutz von Kinderrechten in globalen
Lieferketten zu stärken.
„Wenn das
EU-Lieferkettengesetz nicht kommt, wäre das eine große
verpasste Chance für einen besseren Schutz der Kinderrechte
in globalen Lieferketten“, sagte Dr. Sebastian Sedlmayr,
Leiter der Politikabteilung bei UNICEF Deutschland. „Es gibt
viele gute Gründe für ein solches Gesetz: Kinder haben ein
Recht auf Schutz. Verbraucherinnen und Verbraucher wollen
darauf vertrauen können, dass für Produkte und
Dienstleistungen keine Kinder ausgebeutet, Menschenrechte
verletzt oder Umweltschäden in Kauf genommen werden. Auch
für Unternehmen sind Regelungen fairer, die europaweit
gelten. Das EU-Lieferkettengesetz wäre deshalb ein sehr
wichtiger Schritt.“
„Unsere intensive praktische
Zusammenarbeit mit Unternehmen in Risikolieferketten zeigt
tagtäglich, dass die kinderrechtlichen Anforderungen der
EU-Richtlinie für Unternehmen gut umsetzbar sind“, sagt
Eva-Maria Scholz, Abteilungsleitung
Unternehmenspartnerschaften & Stiftungen bei Save the
Children Deutschland. „Wir stehen ausdrücklich bereit,
Unternehmen in Deutschland bei der Umsetzung ihrer
kinderrechtlichen Sorgfaltspflichten aktiv zu unterstützen.“
Gemeinsamer Appell zum
EU-Lieferkettengesetz Das EU-Lieferkettengesetz
wäre ein Meilenstein für den Schutz der Kinderrechte in
globalen Lieferketten, da es Unternehmen in der gesamten EU
dazu verpflichten würde, die Menschen- und Kinderrechte im
Rahmen ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflichten zu
achten. Wir als deutsche Kinderrechtsorganisationen wären
sehr enttäuscht, wenn die Bundesregierung sich der
Abstimmung für ein EU-Lieferkettengesetz enthielte und damit
das Scheitern einer EU-einheitlichen Gesetzgebung riskierte.
Deshalb rufen wir die Bundesregierung heute mit
Nachdruck dazu auf, das EU-Lieferkettengesetz im Rat der
Europäischen Union zu unterstützen. Das
EU-Lieferkettengesetz enthält wichtige Elemente
internationaler Standards und Abkommen, die über das
deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
hinausgehen und schließt somit menschenrechtliche Lücken des
deutschen LkSGs. So sollen Kinder als spezifische
Personengruppe mit eigenen Rechten besser in
unternehmerischen Sorgfaltspflichten berücksichtigt werden.
Das EU-Lieferkettengesetz würde außerdem gleiche
Regeln für alle in der EU tätigen Unternehmen schaffen und
damit einer möglichen Benachteiligung deutscher Unternehmen
durch die nationale Gesetzgebung entgegenwirken. Bereits
während der EU-Ratspräsidentschaft in 2020 hatte sich die
Bundesregierung zu der Notwendigkeit eines
EU-Lieferkettengesetzes für den Schutz von Kinderrechten im
globalen Wirtschaftskontext bekannt. Die Bundesregierung hat
den abgestimmten Richtlinientext mitverhandelt und sollte
dem bereits ausgehandelten Kompromiss für ein
EU-Lieferkettengesetz entsprechend zuzustimmen.
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Ein Jahr nach den verheerenden
Erdbeben in der Türkei und in Syrien sind die Folgen für
Kinder weiter sehr präsent
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Anhaltende Krise in Syrien verschärft humanitäre Situation
der Kinder und Familien
© UNICEF/UN0793096/Ashawi
New
York/Amman/Genf/Köln/DUisburg, 6. Februar 2024 - Ein Jahr
nach den tödlichsten Erdbeben in der jüngeren Geschichte der
Türkei und Syriens sind die Auswirkungen der Katastrophe auf
Kinder noch sehr präsent. Für die Menschen in Syrien werden
die Auswirkungen der Erdbeben durch die anhaltende
humanitäre Krise noch verstärkt.
Bei den ersten
beiden verheerenden Erdbeben am 6. Februar 2023, auf die
zahlreichen Nachbeben folgten, wurden Tausende von Kindern
getötet und verletzt. Familien wurden obdachlos und hatten
keinen Zugang zur Grundversorgung wie sauberem Wasser,
medizinischer Versorgung und Bildungsangeboten. Gleichzeitig
waren Kinder vielfachen Risiken im Hinblick auf ihren Schutz
ausgesetzt.
Dank weitreichender humanitärer
Hilfe konnten viele Menschen unterstützt werden. Doch in
Syrien sind weiterhin rund 7,5 Millionen Kinder auf
humanitäre Hilfe angewiesen. In der Türkei benötigen 3,2
Millionen Kinder lebenswichtige Unterstützung. „Die
Erdbeben, die die Türkei und Syrien vor einem Jahr
erschütterten, haben das Leben von Millionen Kindern von
einer Minute auf die andere auf den Kopf gestellt. Tausende
von Menschen kamen ums Leben. Häuser, Schulen und
Gesundheitszentren wurden zerstört. Dadurch haben viele
Kinder ihr Gefühl von Sicherheit verloren“, sagte
UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell.
„Die Unterstützung der Regierungen und humanitären
Bemühungen hat dazu beigetragen, dass Familien ihr Leben
langsam wieder aufbauen und Kindern geholfen wurde, ihre
Erlebnisse zu verarbeiten. Aber viel zu viele Familien,
insbesondere im Norden Syriens, sind weiterhin von einer
humanitären Krise betroffen, deren Ende nicht absehbar ist.“
In Syrien befinden sich Kinder nach rund 13 Jahren Gewalt,
Zerstörung und anhaltender humanitärer Krisen in einer der
weltweit komplexesten Notsituationen.
Rund 7,5
Millionen Kinder benötigen aufgrund der sich zuspitzenden
Wirtschaftskrise, anhaltender lokaler Konflikte,
Massenvertreibungen und einer schwachen öffentlichen
Infrastruktur humanitäre Hilfe – vielerorts steht die
Grundversorgung vor dem Zusammenbruch. Die Wasser- und
Abwassersysteme sowie die öffentliche Gesundheitsversorgung
sind nach Jahren geringer Investitionen stark überlastet,
wodurch Krankheitsausbrüche drohen. Die anhaltende Dürre und
Wasserkrise sowie die unsichere Ernährungslage verschärfen
die Situation weiter, was wiederum dazu führt, dass immer
mehr Kinder unter Mangelernährung leiden und ihr Leben
verlieren. Rund 90 Prozent der Familien in Syrien leben in
Armut; mehr als 50 Prozent sind von Ernährungsunsicherheit
betroffen.
Die anhaltende Wirtschaftskrise führt
zudem dazu, dass insbesondere Frauen oft keine andere Wahl
haben, als auf negative Bewältigungsmechanismen
zurückzugreifen, während geschlechtsspezifische Gewalt und
die Ausbeutung von Kindern weiter zunehmen. In der Türkei
haben die Erdbeben die Bildung von mehr als vier Millionen
Kindern unterbrochen. Im vergangenen Jahr hat UNICEF dazu
beigetragen, rund eine Million der Kinder mit formalen und
informellen Bildungsangeboten zu erreichen. Obwohl große
Anstrengungen unternommen wurden, um den Zugang zu Bildung
zu verbessern, gehen viele Kinder in den betroffenen
Gebieten in der Türkei weiterhin nicht zur Schule.
Gemeinsam mit seinen Partnern hat UNICEF rund 4,7
Millionen Menschen mit Hilfsprogrammen erreicht, darunter
2,4 Millionen Kinder. Mehr als 1,5 Millionen Kinder und
Betreuende wurden mit psychischer und psychosozialer
Unterstützung und mehr als drei Millionen mit sauberem
Wasser erreicht. Für die Hilfe für von den Erdbeben
betroffenen Kindern in der Türkei benötigt UNICEF 2024 116
Millionen US-Dollar. Für die Hilfe für Kinder in Syrien
benötigt UNICEF in diesem Jahr 401,7 Millionen US-Dollar.
„Die Situation der betroffenen Kinder in der
Türkei verbessert sich weiter, auch wenn es noch viel zu tun
gibt", sagte Russell. „In Syrien verschlechtert sich die
humanitäre Lage für Kinder und Familien. Ohne weitere
humanitäre Anstrengungen und finanzielle Mittel zur
Wiederherstellung der Grundversorgung wie beispielsweise in
den Bereichen Bildung und Wasser- und Abwassersysteme werden
die Kinder in Syrien in einem Teufelskreis aus Not und
Krisen gefangen bleiben."
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Schätzungsweise 17.000 Kinder im Gazastreifen sind
unbegleitet oder von ihren Eltern getrennt
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Genf/ Köln/Duisburg, 2. Februar 2024
- „UNICEF schätzt, dass mindestens 17.000 Kinder im
Gazastreifen unbegleitet oder von ihren Familien getrennt
sind – jede dieser Trennungen bedeutet eine herzzerreißende
Geschichte von Verlust und Trauer. Die Zahl entspricht einem
Prozent der 1,7 Millionen Menschen, die innerhalb des
Gazastreifens vertrieben sind. Es handelt sich hierbei um
eine Schätzung, da es unter den derzeitigen Sicherheits- und
humanitären Bedingungen nahezu unmöglich ist, Informationen
zusammenzutragen und zu überprüfen.
In dieser
Woche bin ich aus Gaza zurückgekehrt. Ich bin vielen Kindern
begegnet – jedes von ihnen hat seine eigene erschütternden
Geschichte. Von den zwölf Kindern, die ich getroffen habe,
hatte mehr als die Hälfte ein Familienmitglied in diesem
Krieg verloren. Drei Kinder hatten einen Elternteil
verloren, zwei sowohl ihre Mutter als auch ihren Vater.
Hinter jeder dieser Zahlen steht ein Kind, das mit dieser
schrecklichen neuen Realität konfrontiert ist.
Die elfjährige Razan war mit ihrer Familie im Haus ihres
Onkels, als dieses in den ersten Wochen des Krieges
bombardiert wurde. Sie verlor fast alle ihre Angehörigen.
Ihre Mutter, ihr Vater, ihr Bruder und ihre beiden
Schwestern wurden getötet. Razans Bein musste amputiert
werden. Nach der Operation infizierte sich ihre Wunde. Razan
wird jetzt von ihrer Tante und ihrem Onkel versorgt, die
nach Rafah geflohen sind. In einem Zentrum, in dem
unbegleitete Kinder betreut werden, habe ich zwei Kinder im
Alter von sechs und vier Jahren kennengelernt. Sie sind
Cousins und ihre Familien wurden Anfang Dezember getötet.
Vor allem das vierjährige Mädchen steht noch unter Schock.
Ich habe diese Kinder in Rafah getroffen. Wir
befürchten, dass die Situation von Kindern, die ihre Eltern
verloren haben, im Norden und im Zentrum des Gazastreifens
noch dramatischer ist. In Konfliktsituationen kümmert sich
häufig die erweiterte Familie um verwaiste Kinder. Doch
viele Familien sind angesichts fehlender Nahrungsmittel,
Wasser und Unterkünfte verzweifelt. Es ist eine große
Herausforderung, sich um ein weiteres Kind zu kümmern,
während sie selbst mit aller Kraft versuchen, ihre Kinder
und Familien zu versorgen.
In dieser Situation
ist es wichtig, dass die vorübergehende Versorgung und
Unterstützung der Kinder sichergestellt wird. Wo immer
möglich, sollten Kinder mit ihren Familien in Kontakt
bleiben und Angehörige identifiziert werden, damit sie
wieder mit ihnen zusammengeführt werden können, sobald die
Situation sich stabilisiert. Razan steht wie die meisten
Kinder, die so Traumatisches erlebt haben, unter Schock.
Jedes Mal, wenn sie sich an die Ereignisse erinnert, bricht
sie in Tränen aus und ist kraftlos. Razans Situation ist
auch deshalb besonders belastend, weil sie sich nur
eingeschränkt bewegen kann und keine spezialisierten
Unterstützungs- und Rehabilitationsdienste zur Verfügung
stehen.
Die mentale Gesundheit der Kinder ist
stark beeinträchtigt. Sie zeigen Symptome wie extrem starke
anhaltende Angstzustände oder Appetitverlust. Sie können
nicht schlafen, brausen emotional auf oder geraten jedes Mal
in Panik, wenn sie Bomben hören.
UNICEF schätzt,
dass bereits vor diesem Krieg mehr als 500.000 Kinder im
Gazastreifen psychologische und psychosoziale Hilfe
benötigten. Wir gehen davon aus, dass mittlerweile alle
Kinder – eine Million insgesamt – Bedarf haben.
Gemeinsam mit seinen Partnern hat UNICEF mehr als 40.000
Kindern und 10.000 Betreuungspersonen mit psychologischer
und psychosozialer Hilfe erreicht. Ich habe an den Angeboten
teilgenommen und es war eine Erleichterung zu sehen, wie die
Kinder spielen, malen, tanzen, singen und lächeln.
Psychosoziale Angebote helfen ihnen, mit der schrecklichen
Situation umzugehen. Aber natürlich reichen diese bei weitem
nicht aus. Die einzige Möglichkeit, psychische und
psychosoziale Unterstützung in großem Umfang zu leisten, ist
ein Waffenstillstand.
Im Jahr 2022 hat der
sogenannte Kinderschutz-”Cluster” 100.000 Kinder mit
relevanten Programmen erreicht. Auch jetzt könnten wir diese
Hilfe ausweiten. Aber unter den derzeitigen Sicherheits- und
humanitären Bedingungen ist dies nicht möglich. Noch eine
Anmerkung: Die Kinder haben nichts mit diesem Konflikt zu
tun. Dennoch leiden sie, wie kein Kind jemals leiden sollte.
Kein einziges Kind sollte je solcher Gewalt ausgesetzt sein,
wie wir sie am 7. Oktober und seither gesehen haben."
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