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Lehmbruck Museum: „Sculpture 21st: Rineke Dijkstra”

Laufzeit der Ausstellung: 13. Mai bis 28. August 2022
Eröffnung: Donnerstag, 12. Mai 2022, 19 Uhr (Teilnahme auch ohne vorherige Anmeldung möglich!)

Duisburg, 10. Mai 2022 - Die niederländische Künstlerin Rineke Dijkstra (*1959) beschäftigt sich mit den großen Themen der Menschheit, mit Geburt und Tod, mit Krieg und Frieden und mit der dem Menschen eigenen Verletzlichkeit. Dijkstra ist mit ihren eindringlichen fotografischen Porträts junger Heranwachsender berühmt geworden. Ungeschönt zeigt sie junge Mütter direkt nach der Geburt und junge Männer, die freiwillig in den Krieg ziehen. Großformatige Foto-Serien wie die Aufnahmen von Almerisa, einem jungen Mädchen, das mit ihren Eltern vor dem Bosnien-Krieg in den Westen geflüchtet ist, sind heute Teil der Sammlung des Museum of Modern Art. Sie haben dazu beigetragen, die Gattung der Fotografie als eine ebenbürtige Form neben den anderen künstlerischen Gattungen zu etablieren.
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Rineke Dijkstra arbeitet seit den 1990er-Jahren auch mit dem bewegten Bild der Videokamera. Auch in diesem Medium wirken ihre Bilder ehrlich und unverstellt. Dijkstras Suche gilt dem Aufglimmen von Individualität in Posen, Gesichtern und subtilen Gesten. „Mich hat immer das Paradox zwischen Identität und Uniformität interessiert. [...] Ich warte auf den unbeschützten Moment, die Situation, in welcher jemand seine Pose vergisst und sich die wahre Natur eines Menschen zeigt”, so die Künstlerin.        

Mit der Präsentation der Videoarbeit „Ruth Drawing Picasso“ in der Reihe „Sculpture 21st“ zeigt das Lehmbruck Museum ein ikonisches Motiv der Versunkenheit und Konzentration. Dijkstra führt uns in ihrer charakteristischen intensiven Bildsprache ein junges Mädchen beim Zeichnen im Museum vor. Bei ihrem Besuch der Tate Liverpool studiert Ruth Pablo Picassos Gemälde „Weinende Frau” (1937). Das Werk Picassos bleibt dabei unsichtbar, Ruths Zeichnung können wir nur erahnen: Was fühlt sie im zeichnerischen Nachempfinden der „Weinenden Frau“? Können wir etwas von ihren Gefühlen in ihrem Gesicht, in ihren Gesten entdecken? Das berühmte Gemälde Picassos ist inmitten des Spanischen Bürgerkriegs entstanden, im selben Jahr wie sein Gemälde „Guernica“. Die „Weinende Frau“ folgt dem Topos der „Mater Dolorosa“, der in der spanischen Kunst weit verbreitet ist; sie ist der Inbegriff von Leid und Schmerz.     

Dijkstra erfindet eine zeitgenössische Form für dieses universelle Thema. Visuell isoliert erscheint Ruth im Moment versunken. Mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden sitzend, konzentriert sie sich vollkommen darauf, das berühmte Kunstwerk zu kopieren. Nur das Kratzen des Stiftes auf dem Papier ist zu hören. Die zurückhaltende und zugleich sensible filmische Aufnahme zeigt die konzentrierte Beobachtung des jungen Mädchens in all seiner Natürlichkeit. Inmitten der Glashalle auf einem 3,5 Meter hohen und 6,5 Meter breiten LED-Screen platziert, wirkt sie wie eine raumgreifende, bewegte Skulptur. Monumental und anrührend zugleich entwickelt die ruhige Szene eine stilbildende Kraft.

Die Präsentation von Rineke Dijkstra im Rahmen von „Sculpture 21st” wird gefördert durch die Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda-Bank West. Statements der Förder*innen „Mit Rineke Dijkstra hat das Lehmbruck Museum eine Künstlerin für diesen Ort gewonnen, die seit Jahrzehnten junge Menschen in anrührender Weise porträtiert. Diese Bilder erinnern uns an das eigene Heranwachsen und die Unsicherheit; sie sprechen uns direkt an”, so Matthias Börger, Kulturdezernent der Stadt Duisburg. „Damit erfüllt das Lehmbruck Museum aus meiner Sicht eine wichtige Funktion: Es tritt an die Menschen heran und berührt sie emotional.”

„Wir freuen uns sehr, seit 2018 gemeinsam mit dem Lehmbruck Museum im Rahmen der Reihe Sculpture 21st wichtige Kunstpositionen präsentieren zu können. Ein wichtiges Ziel unserer Ausstellungsförderung ist es, aktuelle Themen in unserer Gesellschaft zu beleuchten – genau dies setzt Rineke Dijkstra mit ihrer Videoarbeit Ruth Drawing Picasso um. Um möglichst viele Menschen für Dijkstras Arbeit zu begeistern und Kunst für alle zugänglich zu machen, freuen wir uns, auch in diesem Sommer wieder gemeinsam einen Sparda-Tag veranstalten zu können: Am 7. August sind Kinder, Jugendliche und Erwachsene bei freiem Eintritt zu einem Programm mit Musik, Workshops und Führungen eingeladen”, sagt Vera Pues von der Stiftung der Sparda-Bank West.

Sculpture 21st Unter dem Titel „Sculpture 21st” präsentiert das Lehmbruck Museum seit 2014, dem 50. Geburtstag des Museums, wechselnde Positionen zur Skulptur des 21. Jahrhunderts. Einige der wichtigsten Bildhauer*innen der Gegenwart, unter ihnen Tino Sehgal, Monika Sosnowska, Eija-Liisa Ahtila, Xu Bing, Julian Opie und Nevin Aladağ, präsentieren in der ikonischen Glashalle des Museums ihre Werke und unternehmen damit eine Positionsbestimmung zur Skulptur des 21. Jahrhunderts. Sie alle stellen auf sehr unterschiedliche Weise grundlegende Fragen an das Museum, die Kunst und ihr Verhältnis zur Gesellschaft.    

Die imposante Nordhalle des Lehmbruck Museums mit ihren an drei Seiten großflächig verglasten Scheibenfronten aus über sieben Meter hohen Glasscheiben bildet die architektonische Schnittstelle zwischen Museum und Öffentlichkeit: Wechselnde monographische Inszenierungen mit Werken international bedeutender Künstler*innen laden den musealen Raum der außergewöhnlichen Museumsarchitektur Manfred Lehmbrucks neu auf und kreieren ein Erfahrungsfeld, das sich in der Wahrnehmung der Betracher*innen realisiert und diese physisch einbezieht.

428479 rineke%20dijkstra%2c%20foto%20dana%20lixenberg ebdf4d original 1651665015Die Künstlerin Rineke Dijkstra wurde 1959 in Sittard, einer Stadt im südlichen Teil der niederländischen Provinz Limburg, geboren. Sie studierte von 1981 bis 1986 an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam. Dijkstra lebt und arbeitet in Amsterdam. Seit den frühen 1990er-Jahren hat sie ein prägnantes Foto- und Videowerk geschaffen, das eine zeitgenössische Form des Porträts erfindet. Ihre großformatigen Fotografien junger Heranwachsender erinnern in ihrer Größe und visuellen Schärfe an die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts. Die minimalen kontextuellen Details in ihren Fotografien und Videos regen uns dazu an, uns auf den Austausch zwischen Fotografin und Subjekt und die Beziehung zwischen Betrachter*innen und Betrachtendem zu konzentrieren. 

Rineke Dijkstras Arbeiten wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen weltweit präsentiert, unter anderem im Rijksmuseum in Amsterdam (2019), dem Museum of Fine Arts in Boston (2018), im Louisiana Museum of Modern Art in Humblebaek (2017), im Tate Modern in London (2014), dem Guggenheim Bilbao (2014), der Tate Liverpool (2010) und der Pinakothek der Moderne in München (2012).  1997 und 2001 nahm Dijkstra an der Biennale di Venezia teil.  

Dijkstras Werke sind in international renommierten Sammlungen vertreten, so zum Beispiel im Centre Pompidou, Paris, in der Pinakothek der Moderne, München, der Sammlung für zeitgenössische Kunst der Bundesrepublik Deutschland, der Sammlung der Neuen Nationalgalerie, Berlin, Vereinigte Arabische Emirate und der Sammlung der Thyssen-Bornemisza Art Contemporary (TBA21), Wien.   2020 wurde Rineke Dijkstra mit dem Johannes Vermeer Award ausgezeichnet. Sie ist zudem Trägerin des Hasselblad Foundation International Awards (2017) sowie des Macallan 2012 Royal Photographic Society Awards.